Kanzlei Fathieh – Rechtsanwälte in Heidelberg

Informationen für den Kalendermonat August 2010

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Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 8/2010:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Steuerrecht

Wirtschaftsrecht

Abschließende Hinweise

Zum Anfang

Arbeitsrecht

Arbeitszeitverringerung: Auch Führungskräfte haben Anspruch auf Teilzeit

Allein die Angabe des Arbeitgebers, die Stelle einer Führungskraft sei nur in Vollzeit zu besetzen, ist keine ausreichende Darlegung dringender betrieblicher Gründe, die dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit entgegenstehen.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) zugunsten einer Arbeitnehmerin, die als Leiterin des Controllings mit Prokura bei einem Arbeitgeber in Vollzeit beschäftigt war. Nach der Geburt ihres Kindes beantragte sie Elternzeit. Dieser Antrag enthielt auch den Wunsch, die Arbeitszeit während ihrer Elternzeit auf 20 Wochenstunden zu verringern. Die Arbeitszeit sollte auf zwei Mal acht Stunden und ein Mal vier Stunden verteilt werden. Der Arbeitgeber lehnte den Antrag ab. Daraufhin zog die Arbeitnehmerin vor Gericht.

Das BAG hielt das Vorbringen des Arbeitgebers zur Frage einer möglichen Unteilbarkeit der Arbeitsstelle für unzureichend. Die Richter konnten keine dringenden betrieblichen Gründe erkennen, die einer Teilzeit während der Elternzeit entgegenstanden. Die Ansicht, die ausgeübte Führungsaufgabe einer „Leiterin Controlling“ sei ohne vollzeitige Anwesenheit des Stelleninhabers von Montag bis Freitag nicht zu bewältigen, konnte das Gericht nicht nachvollziehen. Der Arbeitgeber habe kein Organisationskonzept vorgetragen, das die gewünschte Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit ausschließe. Im vorliegenden Fall spreche außerdem gegen die vom Arbeitgeber behauptete Unteilbarkeit der Stelle, dass die Arbeitnehmerin während der Mutterschutzfristen und darüber hinaus mehrere Monate lang durch ihren Vorgesetzten vertreten worden sei. Der Arbeitgeber habe keine Vollzeitvertretung eingestellt, sondern die Aufgaben der Arbeitnehmerin auf mehrere Arbeitnehmer verteilt. Dienstreisen, die nur 15 Prozent der Aufgaben der Arbeitnehmerin ausmachten, könnten an den drei Anwesenheitstagen durchgeführt werden, zumal die Arbeitnehmerin vier Stunden variabel verteilen könne. Dienstreisen könnten außerdem an andere Arbeitnehmer des Controllings delegiert werden. Entsprechendes gelte für die Teilnahme an Besprechungen. Aber auch wenn der Arbeitgeber ein dem Teilzeitbegehren der Arbeitnehmerin entgegenstehendes Organisationskonzept hätte vorweisen können, hätte er, so das BAG mit großer Deutlichkeit, die mit der teilweisen Abwesenheit der Arbeitnehmerin verbundenen Schwierigkeiten hinnehmen bzw. bewältigen müssen. Bei solchen Problemen handele es sich nach Ansicht des BAG um Schwierigkeiten, die mit einer während der Elternzeit in Anspruch genommenen Teilzeit regelmäßig einhergingen. Sie müssten daher nach der gesetzgeberischen Zielvorstellung vom Arbeitgeber überwunden werden (BAG, 9 AZR 72/09).

Zum Anfang

Kündigungsrecht: Kündigungsmöglichkeit bei ungewöhnlichen Kassendifferenzen

Auch aus ungewöhnlichen Kassendifferenzen kann auf mangelnde Sorgfalt beim Kassiervorgang geschlossen werden.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem entsprechenden Rechtsstreit. Nach Ansicht der Richter liege hierin eine qualitative Minderleistung der Kassenkraft. Möchte der Arbeitgeber seine Kündigung auf diese qualitative Minderleistung stützen, müsse er allerdings zunächst darlegen, dass die Kassenkraft längerfristig die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller mit vergleichbaren Arbeiten beschäftigten Arbeitnehmer erheblich überschritten hat (LAG Schleswig-Holstein, 6 Sa 399/09).

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Änderungskündigung: Arbeitnehmer muss nicht mit angebotenen Arbeiten beschäftigt werden

Eine Änderungskündigung wird nicht dadurch unwirksam, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, der die Kündigung unter Vorbehalt angenommen hat, nicht mit den im Änderungsangebot bestimmten Arbeiten beschäftigt.

Vielmehr hat der Arbeitnehmer nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln den Anspruch auf vertragsgerechte Beschäftigung nach den geänderten Bedingungen, wenn die Kündigung im Übrigen wirksam ist. Bestand vor der Kündigung ein weites Direktionsrecht, so ändert sich hieran nichts, wenn die Änderungskündigung nur die Vergütungshöhe und den Arbeitsort ändern soll (LAG Köln, 2 Sa 994/09).

Zum Anfang

Arbeitgeberpflichten: Inhalt der Ermessensentscheidung bei der Bereitstellung eines Parkplatzes

Ein Arbeitgeber kann verpflichtet sein, einem Mitarbeiter kostenfrei einen Parkplatz zu überlassen, wenn die Entscheidung über den Entzug der Parkmöglichkeit eine unbillige Ermessensausübung durch den Arbeitgeber darstellt.

Hintergrund des Rechtsstreits vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) war eine in einem Vorverfahren um einen Parkplatz geführte gerichtliche Auseinandersetzung. Der Mitarbeiter, ein Flugkapitän, dessen Wohnort weit entfernt von seinem Stationierungsort liegt, hatte bisher vom Arbeitgeber die Parkgebühren für einen auf dem Flughafengelände seines Heimatorts liegenden Parkplatz erstattet bekommen. Nachdem der Arbeitgeber diese Kosten nicht mehr tragen wollte, führten die Parteien einen Rechtsstreit. Dieser endete mit der gerichtlichen Feststellung, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, auf dem Flughafengelände der Heimatstation einen unentgeltlichen Parkplatz zur Verfügung zu stellen. Bisher hatte der Mitarbeiter einen Parkplatz in einem bestimmten Parkhaus genutzt. Nach dem Urteil im Vorverfahren teilte der Arbeitgeber ihm mit, er solle an einer anderen, weiter entfernten Stelle auf dem Gelände parken und von dort mit einem Pendelbus zum Terminal fahren. Der Mitarbeiter wollte jedoch weiterhin in dem Parkhaus parken. Hierfür musste er Wertmarken erwerben, für die er in einem Zeitraum von ca. 1,5 Jahren einen Betrag von knapp 2.000,00 EUR zahlte. Diesen Betrag wollte er von seinem Arbeitgeber erstattet haben und im Übrigen wieder eine Parkmöglichkeit in dem Parkhaus eingeräumt bekommen.

Das LAG gab dem Flugkapitän recht. Zwar habe er grundsätzlich keinen Anspruch auf Bereitstellung eines bestimmten Parkplatzes. Auch könne der Arbeitgeber bestimmen, welchen Parkplatz er dem Mitarbeiter im Rahmen seiner Bereitstellungsverpflichtung zur Verfügung stellt. Allerdings müsse diese Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber nach billigem Ermessen getroffen werden. Dies sei hier nicht geschehen. Das führe dazu, dass die Leistungsbestimmung für den Mitarbeiter unverbindlich sei. Es bleibe deshalb bei der ursprünglichen Leistungsbestimmung, nach der ein Parkplatz im Parkhaus zugeteilt war. Die Zuweisung des anderen Parkplatzes auf dem Gelände entspreche nicht billigem Ermessen. Hierzu müsse der Arbeitgeber die wesentlichen Umstände des Falls abwiegen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen. Zur Wahrung billigen Ermessens habe der Arbeitgeber nichts Konkretes vorgetragen. Insbesondere habe er nicht offengelegt, aufgrund welcher Erwägungen er sich entschlossen habe, dem Flugkapitän einen anderen Parkplatz auf dem Gelände zuzuweisen und den bisherigen Parkplatz im Parkhaus zu entziehen. Soweit der Arbeitgeber auf Kosten abstelle, habe er nicht vorgetragen, welche Kosten für die Stellung eines Parkplatzes im Parkhaus aufzuwenden waren, und welche Kosten bei Stellung eines anderen Parkplatzes auf dem Gelände anfielen. Inwieweit bei der Entscheidung des Parkplatzwechsels die Interessen des Mitarbeiters berücksichtigt wurden, sei ebenfalls nicht dargelegt worden. Seine Interessen würden jedenfalls erkennbar berührt, wenn er statt eines Parkplatzes, von dem aus er binnen drei Minuten die sog. Crewstation bzw. binnen vier Minuten das Terminal erreichen konnte, nunmehr einen Parkplatz zugewiesen erhält, der einen entweder deutlich längeren Fußweg oder aber die Nutzung eines Pendelbusses erfordere. Das gelte insbesondere, da dieser nicht zu allen Zeiten verkehre (Hessisches LAG, 17 Sa 900/09).

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Baurecht

Fertighausanbieter: In AGB darf Bürgschaft vor Baubeginn gefordert werden

Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Einfamilienfertighausanbieters in Verträgen mit privaten Bauherrn ist wirksam, nach der der Bauherr verpflichtet ist, spätestens acht Wochen vor dem vorgesehenen Baubeginn eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines Kreditinstituts in Höhe der geschuldeten Gesamtvergütung zur Absicherung aller sich aus dem Vertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen des Bauherrn vorzulegen.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) und wies die Klage eines Verbraucherschutzvereins gegen einen Fertighausanbieter auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel ab. Die Richter machten dabei deutlich, dass die Klausel bei einer umfassenden Würdigung der Interessen beider Parteien den Bauherrn nicht unangemessen benachteiligen würde. Zwar werde der Bauherr mit den Kosten der Bürgschaft in Form der Avalprovision des Kreditinstituts belastet. Das sei aber durch ein zumindest gleichwertiges Interesse des Fertighausanbieters auf Absicherung seiner Forderung gerechtfertigt. Dieses ergebe sich aus dessen Vorleistungspflicht in Verbindung mit der Tatsache, dass es keine gesetzlichen Regelungen gebe, die sein Sicherungsbedürfnis ausreichend erfüllten. Die Kostenbelastung für den Bauherrn falle im Rahmen der üblichen Finanzierungskosten nicht entscheidend ins Gewicht. Die abzusichernden Risiken seien dagegen für den Fertighausanbieter nicht unwesentlich (BGH, VII ZR 165/09).

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Bauschutt: Keine Arglist des Werkunternehmers bei einvernehmlicher Nutzung für Parkplatzbau

Ist die vereinbarte fünfjährige Gewährleistungsfrist abgelaufen, kann der Bauherr eines Parkplatzes gegen den Bauunternehmer keine Mängelbeseitigungsansprüche mehr geltend machen, weil dieser kontaminierten Bauschutt und Abbruchmaterial bei der Herstellung des Unterbaus verwendet hat.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Die Richter ließen als Ausnahme nur den Fall zu, dass der Bauunternehmer arglistig gehandelt habe. Das sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen. Es liege nämlich kein schwerer Vertragsverstoß vor, zumal das Material einvernehmlich verwendet worden sei. Im Übrigen habe der Bauherr ein entsprechendes Gutachten zur Untersuchung auch erst rund vier Jahre nach Auftreten der Mängel in Auftrag gegeben (OLG Hamm, I-19 U 2/10).

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Mängelbeseitigungsvorschuss: Es ist keine Luxussanierung geschuldet

Kommt ein mit der Verlegung eines 16 mm dicken Standardholzfußbodens beauftragter Werkunternehmer seiner Pflicht zur Beseitigung auftretender Risse nicht nach, kann der Auftraggeber keine Mängelbeseitigungskosten geltend machen, die für den Einbau 22 mm dicker Massivholzdielen entstehen.

Das musste sich ein Bauherr vor dem Landgericht (LG) Kiel sagen lassen. Nachdem der von ihm beauftragte Unternehmer die Mängel an dem Fußboden nicht fristgerecht beseitigt hatte, wollte er den Boden selbst sanieren. Der von ihm eingeklagte Vorschuss für die Beseitigung der Mängel beinhaltete die Kosten für eine vollständige Entsorgung des alten Fußbodens, sowie den Einbau eines qualitativ erheblich höheren Belags. Das ließen die Richter jedoch nicht durchgehen. Sie entschieden, dass Vorschusskosten zur Mängelbeseitigung nur insoweit ersatzfähig seien, wie sie ein wirtschaftlich denkender, vernünftiger Bauherr für erforderlich halten dürfe, um den Mangel zuverlässig zu beheben. Der Werkunternehmer sei nicht verpflichtet, eine Sanierung zu bezahlen, die über die geschuldete Leistung hinausgehe. Der Bauherr dürfe nicht versuchen, sich Luxus auf Kosten des Werkunternehmers zu verschaffen (LG Kiel, 9 O 52/10).

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Bundesstraße: Kein Anspruch auf Schutzplanke für Grundstück

Der Eigentümer eines an einer Ortseinfahrt liegenden Grundstücks hat keinen Anspruch darauf, dass entlang seines Grundstücks eine Schutzplanke montiert wird.

Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz. Geklagt hatte der Eigentümer eines Grundstücks, das an einer Bundesstraße liegt. Im Bereich des Grundstücks verläuft die Straße in einer Linkskurve. Nachdem es seit 2003 zu insgesamt fünf Verkehrsunfällen gekommen war, bei denen das Grundstück des Klägers in Mitleidenschaft gezogen wurde, forderte dieser das beklagte Land auf, entlang seines Grundstücks eine Schutzplanke anzubringen. Dies lehnte das Land ab unter Verweis auf geplante Alternativen wie die Anbringung eines Geschwindigkeitstrichters vor der Ortstafel sowie die Überwachung des Verkehrs. Zudem sei das Aufstellen einer Schutzplanke nach den Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeuge-Rückhaltesysteme (RPS) nicht erforderlich.

Die daraufhin erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Der Kläger, so die Richter, habe keinen Anspruch auf eine Schutzplanke entlang seines Grundstücks. Nach den genannten Richtlinien seien Schutzmaßnahmen nur im Fall von Unfallhäufungen mit einer bestimmten Anzahl an Personenschäden innerhalb eines gewissen Zeitraums angezeigt. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Sachschäden würden insoweit nur berücksichtigt, wenn eine Gefahr für die Allgemeinheit und nicht nur – wie hier – für einen einzelnen Anlieger bestehe. Ein Anspruch auf die Schutzplanke bestehe auch nicht deshalb, weil sich auf dem Grundstück des Klägers ein Gastank befinde. Für diesen Schutz sei der Kläger selbst verantwortlich, da er den Gastank nach Errichtung der Straße aufgestellt habe. Zudem handele es sich hierbei nicht um eine explosionsgefährdete Chemieanlage, die nach den Richtlinien die Gefährdungsstufe 1 begründe. Der Kläger habe auch aus seinem Eigentumsrecht keinen Anspruch auf Aufstellung einer Schutzplanke, da die Nutzung seines Grundstücks zu Wohnzwecken nach dem Bau der Straße erfolgt sei. Damit sei die Schutzbedürftigkeit des Hauses und insbesondere des Gastankes nicht gegeben. Aus diesem Grund könne dahingestellt bleiben, ob verkehrsregelnde Alternativmaßnahmen ausreichend Erfolg versprechend seien (VG Koblenz, 4 K 1138/09.KO).

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Familien- und Erbrecht

Schenkung: „Geschenkt ist geschenkt“ gilt bei Gaben von Schwiegereltern nicht mehr unbedingt

Schwiegereltern können Zuwendungen jetzt unter erleichterten Voraussetzungen zurückfordern. Das folgt aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH).

Geklagt hatte ein Schwiegervater, dessen Tochter mit ihrem Partner zunächst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammengelebt hatte. Als sie heiraten wollten, ersteigerte der Schwiegersohn in spe eine Eigentumswohnung. Der Schwiegervater überwies ihm daraufhin 58.000 DM auf sein Konto. Nach der Scheidung forderte der Schwiegervater das Geld zurück.

Nach bisheriger Rechtsprechung wäre der Schwiegervater mit der Klage gescheitert. Denn danach kam zwischen den Beteiligten regelmäßig ein „Rechtsverhältnis eigener Art“ zustande, wenn Schwiegereltern dem Ehepartner ihres leiblichen Kindes mit Rücksicht auf dessen Ehe und zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens Vermögenswerte zugedacht haben. Ihre Zuwendungen konnten die Schwiegereltern nicht zurückfordern, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatten.

Diese Rechtsprechung hat der BGH jetzt aufgegeben. Derartige Leistungen der Schwiegereltern sind eine Schenkung. Diese geschehen regelmäßig in dem Bewusstsein, künftig den Gegenstand nicht mehr selbst nutzen zu können. Daher seien auf solche Schenkungen die Grundsätze des „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ anwendbar. Die Geschäftsgrundlage sei hier regelmäßig, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen Kind und Schwiegerkind fortbestehe und das eigene Kind somit dauerhaft in den Genuss der Schenkung komme. Mit dem Scheitern der Ehe würde diese Geschäftsgrundlage entfallen. Dies müsse auch gelten, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Die Rückabwicklung der Schenkung sei unabhängig von güterrechtlichen Erwägungen.

Hinweis: Hat das eigene Kind über einen längeren Zeitraum von der Schenkung profitiert, zum Beispiel durch die Nutzung einer geschenkten Wohnung, kommt in der Regel nur eine teilweise Rückzahlung in Betracht. Wenn die Eltern dieses Risiko komplett vermeiden wollen, müssen sie ihr Kind direkt beschenken (BGH, XII ZR 189/06).

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Formbedürftiger Ehevertrag: Privatschriftliche Abänderungen sind unwirksam

Soll ein notariell beurkundeter formbedürftiger Ehevertrag abgeändert werden, ist auch diese Änderung formbedürftig.

Das gilt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Bremen selbst, wenn der Regelungsgegenstand als solcher allein keinen Formvorschriften unterliegt. Halten sich die Parteien nicht an diese Formbedürftigkeit und nehmen noch vor der Eheschließung wesentliche Änderungen lediglich in privatschriftlicher Form vor, sind diese formunwirksam und nichtig. Eine hierdurch hervorgerufene Teilnichtigkeit kann sogar zu einer vollständigen Nichtigkeit des notariellen Vertrags führen (OLG Bremen, 5 UF 76/09).

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Kindesunterhalt: Abbruch einer nicht den Neigungen entsprechenden Erstausbildung

Der barunterhaltspflichtige Elternteil eines Kindes in Ausbildung muss dessen Abbruch eines nicht den Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Studiums und einen Wechsel der Berufsausbildung in Bezug auf seine weiterbestehende Unterhaltspflicht hinnehmen.

Dies gelte nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg insbesondere, wenn es sich um die Erstausbildung handele, der Unterhaltsberechtigte eine zur Verunsicherung neigende Persönlichkeitsstruktur aufweise und der Wechsel für den Unterhaltspflichtigen wirtschaftlich zumutbar sei (OLG Brandenburg, 10 WF 111/10).

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Elternunterhalt: Kürzung bei über Jahrzehnte abgebrochenem Kontakt zu den Eltern

Der Anspruch auf Elternunterhalt kann zu kürzen sein (hier um 25 Prozent), wenn zwischen dem unterhaltspflichtigen Kind und dem Elternteil, dessen Unterhaltsanspruch auf den Sozialleistungsträger übergegangen ist, über einen sehr langen Zeitraum (hier 30 Jahre) keinerlei Kontakt bestanden hat.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Fall eines Kindes, das vom Sozialleistungsträger auf Erstattung von Unterhaltsleistungen in Anspruch genommen worden war. Die Richter machten deutlich, dass die Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Elternteil in Höhe des vollen rechnerischen Unterhaltsanspruchs nicht der Billigkeit entspreche, wenn die vom Gesetz vorausgesetzte verwandtschaftliche Beziehung im Eltern-Kind-Verhältnis praktisch nicht gelebt wurde. Eine weitergehende Reduzierung komme zudem in Betracht, wenn der Kontaktabbruch allein auf das Verhalten des Elternteils zurückzuführen sei (OLG Celle, 15 UF 272/09).

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Erbrecht: Auf den Hund gekommen...

Wie wichtig es ist, ältere Testamente immer mal wieder überprüfen zu lassen, zeigt ein Rechtsstreit vor dem Amtsgericht (AG) München.

Dem Gerichtsverfahren lag das 2001 errichtete Testament einer damals 60-jährigen Besitzerin einer Jack Russell Hündin zugrunde. Diese hatte verfügt, dass im Falle ihres Todes diese Hündin eine Bekannte von ihr erhalten solle. Diese sollte dafür auch 100.000 DM bekommen. Acht Jahre später verstarb die Hundebesitzerin und die Bekannte forderte von deren Ehemann die Herausgabe der Hündin. Dieser wollte den Jack Russell aber nicht hergeben. Schließlich hätte sich die Situation seit der Testamentserstellung erheblich geändert. Damals hätte sich seine Frau gesorgt, dass im Falle ihres Todes niemand da sei, der sich um die Hündin kümmern könne. Er selbst sei damals voll berufstätig gewesen, Kinder seien keine vorhanden. Die Hündin sei auch noch sehr jung gewesen und hätte sich problemlos an eine neue Bezugsperson gewöhnt. Da die Hündin damals noch ein beträchtliches Alter vor sich gehabt hatte, sei auch die großzügige Summe von 100 000 DM im Testament vorgesehen worden. All dies sei jetzt anders. Er versorge nunmehr die Hündin schon seit 4 Jahren, da er nicht mehr arbeite. Auch diese sei älter geworden und habe sich an ihn als Bezugsperson gewöhnt. Auch bei der Bekannten habe sich eine neue Situation ergeben. Diese sei inzwischen erheblich gehbehindert und könne nicht einmal für sich selbst sorgen, geschweige denn Spaziergänge mit der Hündin unternehmen. Deshalb habe seine Ehefrau in den letzten Jahren auch immer wieder geäußert, dass sie an ihrem letzten Willen nicht mehr festhalte. Im Übrigen gehöre ihm der Jack Russell auch zur Hälfte.

So sei es ganz und gar nicht, erwiderte die Bekannte. Die Hündin habe allein der Verstorbenen gehört. Der Ehemann habe den Jack Russell nie gewollt und sie auch als „Köter“ bezeichnet. Die Hündin sei ihm lästig und jeder Euro, den er ausgeben müsse, sei ihm zuviel. Es sei auch nicht richtig, dass der Ehemann die Hündin alleine versorgt habe, dies habe schon die Verstorbene gemacht oder – bei deren Auslandsaufenthalten – habe sie den Jack Russell ihr gebracht. Zwischen 2002 und 2008 sei die Hündin jährlich mehrere Wochen bei ihr gewesen. In dieser Zeit habe sie auch die Tierarztrechnungen bezahlt. Natürlich sei sie zur Betreuung in der Lage. Es sei auch weiter der Wunsch der Erblasserin gewesen, dass die Hündin zu ihr komme.

Als sich beide nicht einigen konnten, kam der Streit vor das Amtsgericht München. Hier verlangte die Bekannte die Herausgabe der Hündin. In der daraufhin stattfindenden Hauptverhandlung konnte die zuständige Richterin Klägerin und Beklagten allerdings davon überzeugen, dass es zum Wohl der Hündin besser sei, sich doch zu einigen. Schließlich verzichtete die Klägerin auf den Jack Russell. Der Beklagte darf diesen behalten, zahlt aber dafür an die Klägerin 20.000 EUR. Ein Gerichtsurteil konnte durch diesen Vergleich vermieden werden.

Hinweis: Der Fall zeigt, dass man bei älteren Testamenten immer wieder mal überprüfen sollte, ob sich etwas geändert hat, und ob dieses dem jetzigen Willen noch entspricht und dies auch dokumentieren.

Zum Anfang

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Mietspiegel: Mieterhöhungsverlangen kann auf Mietspiegel der Nachbarstadt gestützt werden

Der Vermieter kann sein Mieterhöhungsverlangen auf einen für die Nachbarstadt erstellten Mietspiegel stützen, der von dem örtlichen Mieterverein, dem örtlichen Haus- und Grundeigentümerverein sowie dem Bürgermeisteramt gemeinsam erstellt worden ist.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Vermieters, der von seinem Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 76,69 EUR monatlich verlangt hatte. Bei der Berechnung hatte er den Mietspiegel der Nachbarstadt zugrunde gelegt. Dies hatte er damit begründet, dass es sich dabei um eine vergleichbare Gemeinde handele. Diese Vorgehensweise wurde in allen Instanzen bestätigt. Auch der BGH machte deutlich, das der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen ordnungsgemäß begründet habe. Die Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt sei ausreichend gewesen. Zum einen sei für die Heimatgemeinde kein Mietspiegel erstellt worden. Zum anderen seien beide Städte im Hinblick auf das Mietniveau vergleichbar (BGH, VIII ZR 99/09).

Zum Anfang

Wohnfläche: Vereinbarung ist durch Absprachen im Vorfeld des Vertragsschlusses möglich

Bei einer Mietwohnung kann aufgrund einer Flächenabweichung ein Mangel auch vorliegen, wenn der schriftliche Mietvertrag keine Angaben zu der Wohnfläche enthält.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Mieterin, die eine Dachgeschosswohnung gemietet hatte. Der schriftliche Mietvertrag enthielt keine Angaben zur Größe der Wohnung. Diese waren in dem verwendeten Vordruck auch nicht vorgesehen. Die Wohnung war von einer Immobilienmaklerin mit folgender Annonce in der Zeitung angeboten worden: „3 ZKB-DG, Balkon, ca. 76 m², Parkett, EBK, DM 890,- + NK“. Vor Abschluss des Mietvertrags wurden der Mieterin eine Grundrissskizze sowie eine detaillierte Wohnflächenberechnung übergeben, in der die Gesamtgröße der Wohnung mit 76,45 Quadratmetern ausgewiesen wird. Die Mieterin hat mit der Begründung, die Wohnung habe lediglich eine Wohnfläche von 53,25 Quadratmetern, unter anderem die Rückzahlung überzahlter Miete geltend gemacht.

Der BGH entschied, dass die Rückforderung berechtigt sei. Angesichts der Geschehnisse bis zur Unterzeichnung des Mietvertrags könne alleine dem Fehlen von Angaben zur Wohnungsgröße in dem Vertragstext, die dort auch nicht vorgesehen waren, nicht entnommen werden, dass sich die Parteien bei Vertragsschluss bezüglich der Wohnfläche nicht vertraglich binden wollten. Die Gesamtumstände würden vielmehr darauf schließen lassen, dass die Parteien den schriftlichen Vertrag in der beiderseitigen, dem jeweiligen Vertragspartner erkennbaren Vorstellung geschlossen haben, die Wohnung weise die zuvor angegebene Wohnfläche auf. Dies begründe eine konkludente Vereinbarung über die Wohnungsgröße. Liege – wie im entschiedenen Fall – eine Wohnflächenunterschreitung um mehr als zehn Prozent vor, führe dies nach ständiger BGH-Rechtsprechung zu einer Mietminderung. Die Sache wurde daher an das Landgericht zurückverwiesen, weil weitere Feststellungen getroffen werden müssen (BGH, VIII ZR 256/09).

Zum Anfang

Modernisierung: Mieter muss Einbau neuer Fenster dulden

Will ein Vermieter eine Wohnung modernisieren, indem er neue Fenster einbaut, muss der Mieter dies dulden, sofern ihm rechtzeitig eine Modernisierungsankündigung zugegangen ist. Diese muss die Energieeinsparung nachvollziehbar darlegen, z.B. durch Angabe des alten und neuen U-Wertes. Eine fehlende Ankündigung kann im Prozess nachgeholt werden, muss dann aber alle Anforderungen an eine wirksame Ankündigung erfüllen.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Vermieters, der in seinem älteren Wohnhaus umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchführte. Unter anderem sollten in einer Wohnung sämtliche Fenster gegen neue Fenster mit Isolierverglasung ausgetauscht werden. Deshalb sandte er an die dortige Mieterin ein Schreiben, indem er den Austausch ankündigte. Die Mieterin wollte allerdings ihre alten Fenster behalten und weigerte sich, den Einbau der neuen zu dulden. Daraufhin erhob der Eigentümer Klage vor dem Amtsgericht München. Er war der Auffassung, die Mieterin müsse den Einbau dulden, da die Maßnahmen der Energieeinsparung dienten. Die Mieterin war der Ansicht, dies nicht beurteilen zu können. Eine Einsparung ergäbe sich aus dem Schreiben nicht.

Der zuständige Richter wies die Klage ab. Der Vermieter habe hier gegen die Mieterin keinen Anspruch auf Duldung der Modernisierungsmaßnahme. Die Ankündigung sei den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht geworden. Auch sei der Fehler im Prozess nicht geheilt worden. Grundsätzlich müsse ein Mieter Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache und zur Einsparung von Energie dulden, es sei denn, diese würden für ihn eine Härte bedeuten, die nicht zu rechtfertigen sei. Damit der Mieter in die Lage versetzt werde, die Zumutbarkeit zu überprüfen, etwaige Härtegründe vorzubringen und abzuwägen, ob er von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen solle, müsse der Vermieter ihn ausreichend informieren. Dabei dürften keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Der Vermieter müsse den voraussichtlichen Umfang, den Beginn und die Dauer der Maßnahme mitteilen, die Verbesserung der Mietsache und die Energieeinsparung müssten nachvollziehbar begründet sein. Dies liege hier aber nicht vor. Hier würde die Energieeinsparung lediglich behauptet. Der Vermieter hätte den bisherigen und den neuen U-Wert mitteilen müssen. Auch im Prozess sei die Ankündigung nicht wirksam nachgeholt worden. Grundsätzlich sei dies auf zwei Arten möglich. Der Vermieter könne außerhalb des Verfahrens eine wirksame Ankündigung übersenden und dies dem Gericht und der Gegenseite mitteilen oder die Ankündigung in einen Schriftsatz an das Gericht mit aufnehmen. Dabei müsse er aber deutlich machen, dass der Schriftsatz neben einem Sachvortrag auch eine materiellrechtliche Modernisierungsankündigung enthalte. Dies habe seinen Grund darin, dass der Mieterin klar sein müsse, wann ihre Überlegungsfrist zu laufen beginne. Ein stückweiser Zugang von Informationen in verschiedenen Schriftstücken, wie hier vorliegend, benachteilige die Mieterin unangemessen. Es sei ihr nicht zuzumuten, sich diese zusammenzusuchen (AG München, 424 C 19779/09).

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Mietminderung: Feuchter Keller in alten Gebäuden ist normal

Bei Gebäuden, die um 1950 herum gebaut wurden, ist bekannt, dass diese mit eingeschränkten Mitteln errichtet wurden. Mit Feuchtigkeit im Keller ist daher zu rechnen.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) München in einem Mietrechtsstreit. Ein Mieter hatte die Miete gemindert, da er den Keller seiner Wohnung nicht nutzen könne. Dessen Boden sei feucht. Es seien dort schon mehrere Gegenstände verschimmelt.

Das AG verurteilte den Mieter zur Nachzahlung des einbehaltenen Betrags. Eine Minderung wegen des feuchten Kellers scheide aus. Das Anwesen sei um das Jahr 1950 erbaut worden. Nach dem zweiten Weltkrieg sei in Deutschland innerhalb kürzester Zeit sehr viel Wohnraum benötigt worden. Es sei daher allgemein bekannt, dass Wohngebäude in dieser Zeit mit lediglich eingeschränkten Mitteln und nicht in bester Qualität errichtet werden konnten. Deshalb ginge auch der Mietspiegel der Stadt München bei Gebäuden aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts von einem deutlich niedrigeren Grundpreis aus als bei den Gebäuden, die vor 1929 errichtet wurden. Der Mieter hätte daher bereits bei Einzug damit rechnen müssen, dass der Keller über eine ungenügende Bodendämmung oder eine nicht ausreichende Feuchtesperre verfüge und damit nicht uneingeschränkt zur Lagerung von Gegenständen geeignet sei (AG München, 461 C 19454/09).

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Verbraucherrecht

Bankrecht: Bank kann Doppelüberweisung nicht vom Anweisenden zurückverlangen

Führt eine Bank versehentlich eine Anweisung doppelt aus, darf sie das Konto des Anweisenden nicht doppelt belasten.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem betreffenden Fall. Die Richter machten deutlich, dass die Bank keinen Bereicherungsanspruch gegen den Anweisenden habe. Sie könne den versehentlich zuviel überwiesenen Betrag daher nur von dem Anweisungsempfänger herausverlangen. Sei dieser zwischenzeitlich entreichert, bleibe die Bank auf dem Schaden sitzen (BGH, XI ZR 389/09).

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Gebrauchtwagenhandel: Gewerbliche Vorbenutzung ist nicht unbedingt ein Mangel

Die Vorbenutzung eines Fahrzeugs durch einen Pflegedienst mit wechselnden Fahrern ist kein Mangel und daher auch nicht offenbarungspflichtig.

Diese Entscheidung traf das Landgericht (LG) Kassel im Streit um einen Gebrauchwagen. Im Bestellformular war ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der VW Lupo nicht als Taxi/Miet- oder Fahrschulwagen genutzt worden war. Das Autohaus hatte aber nicht erwähnt, dass der Wagen (Leasingrückläufer) 2,5 Jahre lang von wechselnden Fahrern für Einsatzfahrten zur Betreuung pflegebedürftiger Personen eingesetzt worden war. Weil ihr die Vorbenutzung als „Firmenwagen“ verschwiegen worden sei, wollte die Käuferin vom Kaufvertrag zurücktreten. Außerdem rügte sie einen technischen Mangel (plötzlicher Leistungsabfall in der Startphase).

In keinem der beiden Punkte hatte ihre Klage vor dem LG Erfolg: Der technische Mangel sei bei Auslieferung nicht vorhanden gewesen, befand das Gericht nach Auswertung eines Gutachtens. Die Vorbenutzung durch den Pflegedienst sei nicht als Mangel zu qualifizieren und damit auch nicht offenbarungspflichtig. Selbst wenn man die für Taxis und Mietwagen entwickelten Rechtsgrundsätze auf sonstige Firmenwagen übertrage, liege kein Fall der Sachmängelhaftung vor, so die Richter. Dafür sei der Lupo mit zweieinhalb Jahren und 27.007 km verhältnismäßig geringfügig im „gewerblichen“ Einsatz gewesen (LG Kassel, 7 O 2091/08).

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Reitstall: Kündigungsrecht, wenn bisheriger Reittrainer nicht mehr dort tätig ist

Für einen Reitanfänger ist die persönliche Betreuung durch einen bestimmten Trainer von erheblicher Bedeutung. Verlässt dieser den Reitstall, kann dies zur fristlosen Kündigung berechtigen.

Das musste sich eine Frau vom Amtsgericht (AG) München ins Stammbuch schreiben lassen, die mit ihrem Mann einen Reitstall betrieb. Hier hatte der spätere Beklagte einen Mitgliedschaftsvertrag für ein Jahr abgeschlossen. Kurze Zeit später kam es zu einer Ehekrise bei den Reitstallbesitzern. Der Ehemann nahm sechs der Pferde mit und eröffnete einen eigenen Reitstall. Daraufhin kündigte der Beklagte fristlos und zahlte auch keine Beiträge mehr. Schließlich sei es ihm auf die Reit- und Turniererfahrung sowie Fachkompetenz des Ehemanns angekommen. Der habe ihn bisher unterwiesen und auf Ausritten begleitet. Dadurch habe sich ein solides Vertrauensverhältnis entwickelt. Ihm sei die Betreuung durch den Ehemann bei Vertragsschluss auch zugesichert worden, ebenso wie die Möglichkeit, zeitlich unbeschränkt und zwar auf den von ihm bevorzugten Pferden Max und Moritz, zu denen er ebenfalls eine besondere Beziehung entwickelt habe, zu reiten. Diese Pferde habe der Ehemann mitgenommen. Die Ehefrau nahm die fristlose Kündigung nicht an und klagte auf Zahlung der ausstehenden Mitgliedsbeiträge. Sie verfüge über dieselben Kenntnisse wie ihr Ehemann. Auch habe sie weitere Reitlehrer unter Vertrag. Es bestehe daher keine Veranlassung zu kündigen.

Das AG wies ihre Klage jedoch ab. Die fristlose Kündigung sei wirksam. Unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien sei dem Beklagten die Fortsetzung des Vertrags nicht zumutbar gewesen. Für einen Reitanfänger spiele die persönliche Betreuung eine bedeutende Rolle. Hier sei die fachliche Anleitung allein durch den Ehemann erfolgt. Es sei daher nachvollziehbar, dass es dem Beklagten aufgrund des sich daraus entwickelten Vertrauensverhältnisses wichtig war, weiterhin vom Ehemann betreut zu werden. Das sei ihm zunächst ja auch zugesichert worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Vertrag (ohne die Betreuung) noch über neun Monate gelaufen wäre. Die Interessen der Reitstallbesitzerin würden demgegenüber nicht überwiegen. Zwar sei diese auf die Einnahmen aus dem Vertrag zur Lebensführung und Weiterführung des Betriebs angewiesen. Es sei aber ihrer Risikosphäre zuzurechnen, wenn die Betreuung durch den Ehemann entfallen würde. Der Beklagte habe damit nicht rechnen können (AG München, 275 C 24038/08).

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Pflegeheim: Heimvertrag endet stets mit Tod des Pflegeleistungsempfängers

Heimverträge mit Bewohnern, die stationäre Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhalten, enden stets mit dem Sterbetag des Bewohners. Vereinbarungen, die eine Fortgeltung des Vertrags darüber hinaus vorsehen und zur Fortzahlung des Heimentgelts bezüglich der Unterkunft und der gesondert berechenbaren Investitionskosten verpflichten, dürfen mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung nicht geschlossen werden und sind unwirksam.

Diese Klarstellung traf das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und bestätigte damit entsprechende heimaufsichtsrechtliche Anordnungen. Geklagt hatte eine Pflegeeinrichtung, nach derem Mustervertrag der Heimvertrag erst zwei Wochen nach dem auf den Sterbetag des Bewohners folgenden Tag endet, falls der Heimplatz nicht zuvor neu belegt wurde. Für diesen Zeitraum mussten die Unterkunfts- und die anteiligen Investitionskosten weitergezahlt werden. Nur ersparte Aufwendungen wurden angerechnet. Die Aufsichtsbehörde beanstandete diese Vertragsklausel. Sie sei rechtswidrig, soweit sie Leistungsempfänger der Pflegeversicherung betreffe. Deren Zahlungspflicht ende nach dem Pflegeversicherungsrecht mit dem Sterbetag. Gegen die Anordnung, die Heimverträge daran anzupassen, berief sich die Pflegeeinrichtung auf eine inzwischen außer Kraft getretene und durch eine vergleichbare Regelung im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ersetzte Vorschrift des Heimgesetzes. Diese lässt Vereinbarungen über eine Fortgeltung des Heimvertrags in begrenztem Umfang zu.

Die Pflegeeinrichtung blieb in allen Instanzen erfolglos. Das BVerwG führte aus, dass das Pflegeversicherungsrecht für Heimverträge mit Bewohnern, die stationäre Leistungen der sozialen Pflegeversicherung empfangen, eine spezielle, abschließende Regelung treffe. Danach ende der Heimvertrag ebenso wie die Verpflichtung zur Zahlung des Heimentgelts stets mit dem Sterbetag des Leistungsempfängers. Dies schließe eine Anwendung der allgemeinen heimrechtlichen Regelungen aus, die eine Fortgeltungsvereinbarung zugelassen hätte. Sie sei nur anzuwenden auf Verträge mit Bewohnern, die keine stationären Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Mit der Spezialregelung für Verträge mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung habe der Gesetzgeber eine Doppelfinanzierung von Leerständen verhindern wollen. Diese würden in der Praxis bereits bei den Verhandlungen der Pflegesatzparteien im Rahmen der Auslastungskalkulation berücksichtigt (BVerwG, 8 C 24.09).

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Verkehrsrecht

Radfahrerunfall: Nicht immer besteht haftungsbegründender Ursachenzusammenhang

Fährt ein Pkw aus einer Einfahrt, wobei er einen kombinierten Fuß- und Radweg überqueren müsste und kommt er nach einem Sturz eines Radfahrers auf diesem Radweg noch vor dem Radweg zu stehen, so lässt sich ohne weitere Anhaltspunkte kein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang herleiten.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg im Fall eines Autofahrers, der von einem Radfahrer in Anspruch genommen worden war. Die Richter entschieden, dass der Autofahrer hier nicht haftbar sei. Zwar sei der Radfahrer möglicherweise aus Schrecken etc. wegen des herannahenden Pkw gestürzt. Der rein zeitliche und räumliche Zusammenhang beider Ereignisse erlaube aber nicht, einen Anscheinsbeweis zulasten des Autofahrers anzunehmen. Dieser hafte also nicht automatisch. Vielmehr müsse der Radfahrer beweisen, dass der Autofahrer an seinem Sturz die Schuld trage. Das habe er vorliegend nicht gekonnt (OLG Naumburg, 1 U 124/09).

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Verkehrsunfall: Beweislage bei gemeinsamem „Unfallbericht“

Die für den Unfallhergang beweisbelastete Partei ist durch Vorlage eines von beiden Unfallbeteiligten unterzeichneten „Unfallberichts“ von den Beweisanforderungen, denen sie ohne den „Unfallbericht“ zur Erreichung ihres Prozessziels genügen müsste, zunächst enthoben. Erst wenn der Gegenpartei der Nachweis gelingt, dass der „Unfallbericht“ unrichtig ist, gilt wieder die beweisrechtliche Ausgangslage.

Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden kam einem Autofahrer zugute, der beim Verlassen einer Grundstücksausfahrt mit seinem Fahrzeug mit dem Pkw des Beklagten kollidiert war. Die Unfallschuld war vor Ort strittig. Beide Unfallbeteiligten unterschrieben sodann einen „Unfallbericht“. Hierin räumte der Beklagte u.a. ein, das haltende Fahrzeug schlecht erkannt zu haben („wegen Scheiben verschmiert“). Unter Vorlage dieser Urkunde machte der Autofahrer seinen Unfallschaden geltend. Das OLG erkannte auf eine Quote von 75:25 zu seinen Gunsten. Nach dem „Unfallbericht“ treffe ihn kein Verschulden. Ein solches sei auch nicht nach Anscheinsgrundsätzen feststellbar. Demgegenüber sei nach dem „Unfallbericht“ von einem Verschulden des Beklagten auszugehen (überhöhte Geschwindigkeit oder Unaufmerksamkeit) (OLG Dresden, 7 U 949/09).

Hinweis: Es kann nicht oft genug davor gewarnt werden, nach einem Verkehrsunfall irgendwelche Schuldanerkenntnisse abzugeben. Das kann nicht nur zu prozessualen Nachteilen, sondern auch zu Problemen mit dem eigenen Versicherer führen.

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Verhandlungstermin: Vertrauen auf Verteidigerauskunft

Dem Angeklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung zu gewähren, wenn die Versäumung darauf beruht, dass er einer Auskunft seines Verteidigers, dass der Termin aufgehoben werde, vertraut hat.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) zugunsten eines Angeklagten, der nicht zu seiner Berufungshauptverhandlung erschienen war. Seine Berufung wurde daraufhin verworfen. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde damit begründet, dass der Angeklagte einer Auskunft seines Verteidigers vertraut hatte, dass der Termin – weil der Verteidiger krank sei – aufgehoben werde.

Das OLG hielt die Begründung für ausreichend. Solange der Angeklagte auf die Auskunft seines (Pflicht-)Verteidigers vertraut habe, dass dessen Krankheit zu einer Aufhebung des Hauptverhandlungstermins führen werde, müsse ihm eine Wiedereinsetzung gewährt werden (OLG Hamm, 3 Ws 51/10).

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Halterhaftung: Vollstreckung österreichischer Geldbußen

Eine Vollstreckung österreichischer Geldbußen wegen Nichtbenennung des Fahrers ist in der Bundesrepublik (vorläufig) nicht möglich.

Sie kann nach einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Hamburg gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, wie dem Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung oder dem Schutz des Kernbereichs des Angehörigenverhältnisses, verstoßen. Das FG hat darauf hingewiesen, dass § 25a Straßenverkehrsgesetz (StVG) mit der österreichischen Regelung des § 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 nicht vergleichbar sei. § 25a StVG ordne eine bloße Kostenhaftung für den Halter des Fahrzeugs nur für den ruhenden Verkehr an. Dem Halter werde ausschließlich der durch eine ordnungswidrige Kfz-Benutzung verursachte Aufwand auferlegt, wenn Verkehrsverstöße gegen seinen Willen mit vertretbarem Aufwand typischerweise nicht aufgeklärt werden können. Eine Sanktion i.S. einer strafähnlichen Maßnahme ordne § 25a StVG nicht an, da eine Schuld nicht zugewiesen werde. Insbesondere solle die Vorschrift keine Aussage des Halters herbeiführen. Demgegenüber sei eine Schuld bei der Ahndung der Nichtaussage des Halters gem. § 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 ohne Weiteres anzunehmen (FG Hamburg, 1 V 289/09).

Hinweis: Die Fragen werden auch noch von Bedeutung sein, wenn zum 1.10.10 das Gesetz zur Regelung der Vollstreckung von ausländischen Geldsanktionen in Kraft tritt. Allerdings führt der Umstand, dass eine ausländische Geldsanktion auf sog. (bloßer) Halterhaftung beruht dazu, dass dann gem. § 87d Abs. 2 IRG-E die Vollstreckung der ausländischen Geldsanktion im Inland abgelehnt werden kann.

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Steuerrecht

Gesundheitsreform: Höhere Krankenkassenbeiträge ab 2011 geplant

Die christlich-liberale Koalition hat sich am 6.7.2010 auf eine Gesundheitsreform verständigt, die de facto weniger Netto vom Brutto bedeutet. Ab 2011 sollen auf die Krankenversicherten nämlich höhere Beitragssätze und höhere Zusatzbeiträge zukommen.

Beitragssätze

Der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung soll ab 2011 von derzeit 14,9 auf 15,5 Prozent steigen. Damit wird die Mitte 2009 vorgenommene Beitragssenkung um 0,6 Prozent im Ergebnis rückgängig gemacht. Der Sonderbeitrag für Arbeitnehmer in Höhe von 0,9 Prozent soll weiterhin gelten.

Die Beiträge verteilen sich wie folgt:

Der Arbeitgeberanteil von 7,3 Prozent soll eingefroren werden, um die Gesundheitskosten von den Arbeitskosten für die Zukunft zu entkoppeln.

Rechenbeispiel: Erhält ein Arbeitnehmer einen monatlichen Bruttolohn von 2.000 EUR, so bedeutet die Beitragssatzerhöhung für ihn eine monatliche Mehrbelastung von 6 EUR (164 EUR statt 158 EUR). Bei einem Bruttolohn ab 3.750 EUR (Beitragsbemessungsgrenze) liegt die monatliche Mehrbelastung bei 11,25 EUR (307,50 EUR statt 296,25 EUR).

Zusatzbeiträge

Die Krankenkassen sollen von den Versicherten ab 2011 einen Zusatzbeitrag in unbegrenzter Höhe verlangen dürfen. Nach derzeitiger Regelung ist dieser Beitrag auf 1 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens beschränkt. Die Höchstgrenze liegt bei 37,50 EUR (1 Prozent von 3.750 EUR) im Monat.

Übersteigt der Zusatzbeitrag 2 Prozent des individuellen sozialversicherungspflichtigen Einkommens, soll es für Geringverdiener einen Ausgleich aus Steuermitteln geben – allerdings nur auf Grundlage eines durchschnittlichen, nicht des tatsächlich gezahlten Zusatzbeitrags. Nach den jetzigen Berechnungen des Bundesversicherungsamts wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag bis 2014 16 EUR nicht übersteigen.

Hinweis: Der Zusatzbeitrag ist nur von Mitgliedern zu zahlen. Der Zusatzbeitrag gilt somit nicht für mitversicherte Familienmitglieder.

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Auswärtstätigkeit: „Frühstücksregelung“ gilt auch für Selbstständige

Das Finanzministerium Schleswig-Holstein stellte aktuell klar, dass die Vereinfachungsregelung für die Frühstückskürzung in Höhe von 4,80 EUR auch bei den Gewinneinkunftsarten, also z.B. für Gewerbetreibende und Freiberufler, anzuwenden ist.

Hintergrund: Seit dem 1.1.2010 unterliegen Beherbergungsleistungen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent. Die Steuerermäßigung gilt jedoch nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen. Dazu zählen z.B. auch Verpflegungsleistungen wie das Frühstück.

Nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums ist die bis Ende 2009 geltende lohnsteuerliche 4,80 EUR-Regelung weiterhin zulässig, sofern das Frühstück auf der Rechnung in einem Sammelposten ausgewiesen wird. Die positive Folge: Der Frühstücks-Wert kann vom Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen abgezogen werden, sodass dem Arbeitnehmer ein Betrag von 19,20 EUR (24 EUR abzüglich 4,80 EUR) zusätzlich zur Übernachtung steuerfrei erstattet werden kann (FinMin Schleswig-Holstein, VI 304 – S 2145 – 110; BMF-Schreiben, IV D 2 – S 7210/07/10003, IV C 5 – S 2353/09/10008).

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Heimkosten: Nur der pflegebedürftige Ehegatte ist steuerlich begünstigt

Der Bundesfinanzhof hat jüngst entschieden, dass Aufwendungen des nicht pflegebedürftigen Steuerpflichtigen, der mit seinem pflegebedürftigen Ehegatten in ein Wohnstift übersiedelt, nicht als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer abziehbar sind.

Im Urteilsfall hatten Ehegatten Wohn-, Verpflegungs- und Betreuungskosten von rund 51.000 EUR geltend gemacht. Der Ehemann, der auf einen Rollstuhl angewiesen war (Grad der Behinderung 90, Merkzeichen „aG“), war in die Pflegestufe 1 eingeordnet. Die nicht pflegebedürftige Ehefrau war ihrem Ehemann ins Wohnstift gefolgt. Das Finanzamt ließ von den geltend gemachten Kosten nur die auf den Ehemann entfallenden Aufwendungen – gekürzt um eine sogenannte Hauhaltsersparnis – als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zu. Die auf die Ehefrau entfallenden Kosten berücksichtigte es nicht.

Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Handhabung. Er entschied, dass Aufwendungen des nicht pflegebedürftigen Steuerpflichtigen, der mit seinem pflegebedürftigen Ehegatten in ein Wohnstift übersiedelt, nicht zwangsläufig erwachsen. Allein der Umstand, dass die Ehefrau ihrem pflegebedürftigen Ehemann in das Heim gefolgt ist, begründet noch keine unausweichliche Zwangslage.

Hinweis: Die Kürzung der auf den Ehemann entfallenden Heimkosten um eine Haushaltsersparnis beanstandete der Bundesfinanzhof ebenfalls nicht. Denn ein Steuerpflichtiger habe nach Auflösung seines normalen Haushalts nur Kosten durch die Heimunterbringung. Entsprechend seien die Unterbringungskosten um eine Haushaltsersparnis, die der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten entspricht und vom Bundesfinanzhof mit 7.680 EUR angesetzt wurde, zu kürzen (BFH, VI R 51/09).

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Für Eltern: Kindergeldbezug verlängert sich um die Dauer des Zivildienstes

Ein Kind, das sich in der Berufsausbildung befindet und Zivildienst geleistet hat, wird beim Kindergeld über das vollendete 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt. Der Verlängerungszeitraum entspricht auch dann der kompletten Dienstzeit, wenn der Dienst nicht am Monatsersten begann und daher im ersten Monat des Zivildienstes noch Kindergeld bezogen wurde.

Damit widerspricht der Bundesfinanzhof der Finanzverwaltung und führt aus, dass der Gesetzeswortlaut nicht zulasten der Eltern eingeschränkt werden darf. Dem Gesetz lässt sich nämlich weder eine Beschränkung dieser Verlängerung noch ein Verbot der Doppelberücksichtigung entnehmen.

Hinweis: Bereits in 2008 entschied der Bundesfinanzhof, dass die gesamte Wehrdienstzeit auch dann zu berücksichtigen ist, wenn der Dienst wegen des davor liegenden Wochenendes erst am Dritten des Monats angetreten und daher im ersten Monat des Wehrdienstes noch Kindergeld bezogen wurde (BFH, III R 4/10; BFH III R 88/07).

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Fahrtenbuch: Keine Anerkennung bei widersprüchlichen Tankbelegen

Fahrtenbücher mit geringen Fehlern werden noch anerkannt. Treten jedoch bei einer Vielzahl von Eintragungen in einer gewissen Regelmäßigkeit und Ähnlichkeit Fehler auf und ergeben sich zudem zu den Tankbelegen offenkundige Widersprüche, so ist das für das betreffende Kalenderjahr geführte Fahrtenbuch insgesamt als nicht ordnungsgemäß zu verwerfen.

Diesem Tenor des Finanzgerichts Nürnberg lagen Erkenntnisse einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei einer Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH mit einem Firmenwagen zugrunde. Teilweise gab es über mehrere Wochen keine Tankbelege, obwohl der Wagen laut Fahrtenbuch benutzt wurde. Darüber hinaus lagen Tankbelege von Orten vor, für die kein Eintrag im Fahrtenbuch erkenntlich war. Nach Gegenüberstellung der vorgelegten Tankbelege mit den aufgezeichneten Fahrten ergab sich in einem Jahr ein Benzinverbrauch von 7,5 Liter pro 100 km und im Folgejahr von 14 Liter.

Hinweis: Das Urteil bestätigt die aktuelle Tendenz, wonach sich Betriebsprüfer und Lohnsteueraußenprüfer die Tankquittungen genauer anschauen. So schauen sich die Prüfer Einzeleintragungen an, die Fehler oder Widersprüche zu den Belegen aufweisen. Klassisches Beispiel ist die im Fahrtenbuch eingetragene berufliche Fahrt in die Stadt A, obwohl die Tankquittung vom gleichen Tag in der Region B ausgestellt wurde. Sofern dies mehrmals vorkommt, wird die Beweiskraft des Fahrtenbuchs in erheblichem Maße in Zweifel gezogen, sodass es der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann. Wird ein Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß geführt, wird der Privatanteil bei mindestens 50-prozentiger betrieblicher Nutzung anhand der Listenpreisregelung ermittelt. Ansonsten wird der Privatanteil geschätzt (FG Nürnberg, 4 K 843/2009).

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Wirtschaftsrecht

Kurzarbeitergeld: Verlängerung bis März 2012

Der Bundestag hat dem Beschäftigungschancengesetz am 8.7.2010 zugestimmt. Dadurch wird das bislang bis Ende 2010 befristete Kurzarbeitergeld um 15 Monate bis Ende März 2012 verlängert.

Hinweis: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) übernimmt beim Kurzarbeitergeld einen Teil des Lohns. Ferner trägt die BA in den ersten sechs Monaten die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge – ab dem siebten Monat sogar komplett (Mitteilung der Bundesregierung vom 8.7.2010).

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Gesellschafterklage: Rechtsmissbrauch bei der „actio pro socio“

Die Ausübung der Klagebefugnis des einzelnen Gesellschafters („actio pro socio“) unterliegt der gesellschafterlichen Treuepflicht. Sie kann sich nach den konkreten Gesellschaftsverhältnissen, zu denen auch das Verhalten des sich auf die Befugnis berufenden Gesellschafters gehört, als rechtsmissbräuchlich darstellen.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtsstreit hin. Der Kläger und der Beklagte sind Gesellschafter einer GmbH & Co. KG. Der Kläger macht im Wege der „actio pro socio“ einen Anspruch der GmbH & Co. KG auf Rückgewähr von Entnahmen des Beklagten geltend, die dieser nach Auffassung des Klägers zu Unrecht vorgenommen hatte. Der Beklagte wendet hiergegen ein, ihm stünden Gewinnansprüche in Höhe der entnommenen Gelder zu. Der Kläger verweigere jedoch die Feststellung der Jahresabschlüsse der Gesellschaft für die maßgeblichen Geschäftsjahre aus sachfremden Erwägungen. Die Geltendmachung der Ansprüche der GmbH & Co. KG im Wege der „actio pro socio“ verstoße deswegen gegen Treu und Glauben.

Die Richter machten deutlich, dass der GmbH & Co. KG ein Rückgewähranspruch gegen den Beklagten zustünde, wenn dieser zu Unrecht Entnahmen getätigt hätte. Bei diesem Anspruch handele es sich um einen Sozialanspruch, der grundsätzlich im Wege der „actio pro socio“ von jedem Gesellschafter geltend gemacht werden könne. Die „actio pro socio“ sei insoweit Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters. Allerdings unterliege die Ausübung dieser Klagebefugnis gesellschafterlichen Treuepflichten und könne sich unter diesem Blickwinkel als rechtsmissbräuchlich darstellen. Verweigere ein Mitgesellschafter tatsächlich aus sachfremden Erwägungen die Feststellung der Jahresabschlüsse, sei die Ausübung der Klagebefugnis rechtsmissbräuchlich. Zur weiteren Tatsachenaufklärung hat der BGH die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, II ZR 69/09).

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Abzugsverbot bei Aufgabeverlusten: Verwaltung macht einen Rückzieher

Die Ungewissheit ist zu Ende. Nachdem das Bundesfinanzministerium seinen Nichtanwendungserlass brandaktuell zurückgezogen hat, können Erwerbsaufwendungen, die im Zusammenhang mit wesentlichen Kapitalbeteiligungen stehen, ohne Abzugsverbot geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige keinerlei Einnahmen durch seine Beteiligung erzielt hat.

Hintergrund

Grundsatz: Veräußert ein Gesellschafter seine wesentliche Beteiligung (mindestens 1 %) an einer Kapitalgesellschaft, ist die Veräußerung nur zu 60 % steuerpflichtig. Da der Veräußerungspreis zu 40 % steuerfrei ist, können Aufwendungen, die mit den Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, auch nur zu 60 % abgezogen werden.

Das vorgenannte Teileinkünfteverfahren gilt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs jedoch nicht, wenn der Steuerpflichtige keinerlei Einnahmen durch seine Beteiligung erzielt hat. Die Folge: Erwerbsaufwendungen (z.B. Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) können ohne Abzugsbeschränkung geltend gemacht werden. Diese Sichtweise teilte das Bundesfinanzministerium nicht und belegte das Urteil mit einem Nichtanwendungserlass. Nur kurze Zeit danach bestätigte der Bundesfinanzhof seine Auffassung erneut und kritisierte in dem Beschluss die Auffassung der Finanzverwaltung.

Durch das aktuelle Schreiben des Bundesfinanzministeriums hat die Finanzverwaltung ihren Nichtanwendungserlass aufgehoben. Dies bedeutet schlussendlich, dass Steuerpflichtige ihre Erwerbsaufwendungen in vergleichbaren Fällen vollumfänglich steuerlich geltend machen können.

Profiskalische Änderung ab 2011 anvisiert

Aus dem Schreiben geht hervor, dass die ursprüngliche Verwaltungsauffassung durch das Jahressteuergesetz 2010 gesetzlich verankert werden soll. Zukünftig wird vermutlich die Absicht zur Erzielung von Einnahmen ausreichen. Ob der Steuerpflichtige durch seine Beteiligung tatsächlich Einnahmen erzielt hat, ist somit unbedeutend (BMF-Schreiben, IV C 6 – S 2244/09/10002).

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Schwesterpersonengesellschaften: Übertragung zu Buchwerten möglich?

Können Wirtschaftsgüter zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften steuerneutral (also zu Buchwerten) übertragen werden? Die Meinung des Bundesfinanzhofs ist hierzu alles andere als einheitlich:

Hinweis: Weicht ein Senat von einer Entscheidung eines anderen Senats ab, setzt dies grundsätzlich voraus, dass bei dem Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, angefragt wird, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält. Hält der Senat an seiner Rechtsauffassung fest, muss der Große Senat des Bundesfinanzhofs entscheiden. Dies gilt jedoch nicht, wenn – wie vorliegend der Fall – die abweichende Rechtsauffassung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (AdV-Verfahren) ergeht. Sollte sich der 4. Senat jedoch auch in der Hauptsache mit dem Streitfall befassen, wird letztlich wohl der Große Senat entscheiden müssen (BFH, IV B 105/09; BFH, I R 72/08).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2010 beträgt 0,12 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

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Steuertermine im Monat August 2010

Im Monat August 2010 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 10.8.2010 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 7.8.2010.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 10.8.2010 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 7.8.2010.

Gewerbesteuerzahler Zahlung – mittels Barzahlung – bis zum 16.8.2010 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 13.8.2010.

Grundsteuerzahler Zahlung – mittels Barzahlung – bis zum 16.8.2010 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 13.8.2010.

Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend nach dem vierteljährigen Zahlungsgrundsatz gemäß § 28 Abs. 2 GrStG verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal am 16.8.2010 und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 15.2.2010 und am 16.8.2010 zu zahlen sind. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch jeweils am 1. Juli in einem Jahresbetrag entrichtet werden.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.8.2010 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 19.8.2010 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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