Kanzlei Fathieh – Rechtsanwälte in Heidelberg

Informationen für den Kalendermonat Januar 2010

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Inhaltsverzeichnis:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Steuerrecht

Wirtschaftsrecht

Abschließende Hinweise

Zum Anfang

Arbeitsrecht

Kündigungsrecht: Drohung mit einer Erkrankung als wichtiger Kündigungsgrund

Die Androhung einer Erkrankung nach abgelehntem Urlaubsantrag ist regelmäßig als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung anzusehen. Dies gilt selbst, wenn der Arbeitnehmer später wirklich erkrankt.

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gilt diese Doktrin hingegen nicht uneingeschränkt, wenn bereits zum Zeitpunkt der Androhung eine tatsächliche Erkrankung vorlag. Das zeigt der Fall eines Arbeitnehmers, der an einem Dienstag Urlaub für den folgenden Freitag verlangte, einen sogenannten „Brückentag“. Da die Arbeiten für die Jahresabschlüsse noch nicht beendet waren, lehnte der Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ab. Noch am selben Tag legte der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) bis zum Freitag vor und blieb der Arbeit fern. Der Arbeitgeber, der vorträgt, der Arbeitnehmer habe am Dienstag eine Erkrankung mündlich für den Fall der Urlaubsverweigerung angedroht, kündigte daraufhin fristlos. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos. Seine Revision führte zur Aufhebung des Urteils des LAG und zur Zurückverweisung.

Das Urteil des BAG enthält zunächst eine Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung, dass die „angedrohte“ Erkrankung nach Urlaubsverweigerung generell geeignet ist, einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu bilden. Dies gelte auch weiterhin selbst dann, wenn der Arbeitnehmer nach dieser Androhung tatsächlich erkranke. Diese Grundsätze würden jedoch nicht in voller Härte gelten, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich bereits zum Zeitpunkt der Androhung arbeitsunfähig erkrankt sei. Zwar dürfe er auch dann grundsätzlich seine Krankheit nicht als Druckmittel einsetzen. Die hieraus resultierende Störung des Vertrauensverhältnisses sei allerdings nicht so schwerwiegend, dass in diesem Fall ohne Weiteres von einem wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses auszugehen sei. Es müsse nun aufgeklärt werden, ob der Arbeitnehmer tatsächlich krank war (BAG, 2 AZR 251/07).

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Kündigungsrecht: Treuwidrige Berufung auf Formfehler in Eigenkündigung des Arbeitnehmers

Spricht ein Arbeitnehmer schriftlich eine fristlose Eigenkündigung gegenüber dem Arbeitgeber aus, kann er sich mehrere Monate später nicht mehr auf das Fehlen eines wichtigen Grunds und die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist berufen.

Das musste sich ein Arbeitnehmer vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) sagen lassen. Der frühere Betriebsleiter hatte wegen Verzugs der Gehaltszahlung fristlos gekündigt, als der Arbeitgeber einen Insolvenzantrag gestellt hatte. Anschließend wurde der Betrieb verkauft. Einige Monate später fordert der Arbeitnehmer von dem Betriebserwerber die Zahlung von Gehalt. Zu seiner Eigenkündigung trug er vor, diese sei unwirksam. Es habe kein wichtiger Grund vorgelegen und die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten.

Die Klage blieb jedoch in allen Instanzen erfolglos. Zwar stellt das BAG klar, dass grundsätzlich für die außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers dieselben Maßstäbe gelten würden, wie für diejenigen des Arbeitgebers. Das bedeute, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegen und die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des wichtigen Grunds erfolgen könne. Im Einzelfall könne es jedoch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn sich der Arbeitnehmer auf diese Wirksamkeitsvoraussetzungen berufe. Ein solcher Verstoß sei anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer ohne Zwang eine schriftliche Kündigungserklärung abgebe und damit ein deutliches Indiz für eine ernsthafte und endgültige Lösungsabsicht vorliege.

Die zeitlich von der Kündigung weit entfernte Berufung auf solche Verstöße (im entschiedenen Fall mehrere Monate) verstoße dann gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens. Hierzu führten die Richter aus, die Gesetzesvorschrift diene dem Schutz des Vertragspartners vor einem plötzlichen, unberechtigten Vertragsbruch. Regelmäßig könne sich daher nur der Empfänger der Kündigung und nicht der Kündigende selbst auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen (BAG, 2 AZR 894/07).

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Arbeitsvertrag: Verwirkungsklausel kann unwirksam sein

Die Klausel in einem Arbeitsvertrag, nach der im Falle einer berechtigten arbeitgeberseitigen fristlosen Kündigung die noch nicht geleisteten Tantiemen verwirkt sind, ist unwirksam.

Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz auf die Klage eines Arbeitnehmers. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Regelung den Rechtscharakter einer Vertragsstrafe habe. Dies benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen (LAG Rheinland-Pfalz, 9 Sa 277/08).

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Direktionsrecht: Versetzung in Nachbargemeinde ist grundsätzlich zulässig

Das Direktionsrecht (Arbeitsplatzverlegung) des Arbeitgebers ist nicht per se auf die politische Gemeinde beschränkt, in der der Arbeitgeber bei Vertragsschluss eine betriebliche Organisation unterhielt.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen im Fall einer geringfügig beschäftigten Arbeitnehmerin, die seit ihrer Einstellung vor sieben Jahren in der Niederlassung in B, ihrem Wohnort, beschäftigt war. Nach einer betrieblichen Umorganisation des Arbeitgebers fällt die zu erbringende Tätigkeit nun in der 14 km entfernten Niederlassung O an. Die Arbeitnehmerin weigerte sich, die Arbeit in O anzutreten.

Das LAG entschied, dass der Arbeitgeber berechtigt sei, die Arbeitnehmerin nach O zu versetzen. Der Arbeitgeber könne den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Eine Ausnahme gelte nur, wenn dieser durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sei. Vorliegend enthalte der Arbeitsvertrag keine Bestimmung des Leistungsorts. Er schließe daher nach seinem Wortlaut nicht aus, die Arbeitnehmerin auch in O zu beschäftigen. Die Richter wiesen zudem darauf hin, dass auch allein durch Zeitablauf keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf einen bestimmten Ort eintrete. Vielmehr müssten weitere Umstände hinzutreten, die zu einem Vertrauen des Arbeitnehmers führen, nicht in anderer Weise eingesetzt zu werden (LAG Niedersachsen, 10 TaBV 121/08).

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Baurecht

Baumangel: Geringfügige Mängel rechtfertigen keine Minderung des Werklohns

Geringfügige, kaum wahrnehmbare Mängel am Bodenbelag eines Wohnhauses rechtfertigen keine Minderung des Werklohns.

So entschied das Kammergericht (KG) in einer Baurechtsstreitigkeit. Stein des Anstoßes waren leichte Unebenheiten im Estrich. Nach Ansicht der Richter könne der Bauherr die Kosten der Mängelbeseitigung für das Spachteln und Grundieren des Estrichs nicht als Mängelbeseitigungskosten verlangen. Eine solche Forderung sei unverhältnismäßig, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung im Verhältnis zu den dafür erforderlichen Aufwendungen unter Abwägung aller Umstände mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren sei. Davon sei hier auszugehen. Es gebe kein vernünftiges Interesse der Bauherren an der Beseitigung der Unebenheiten des Estrichs, die mit der kostenaufwendigen Erneuerung des Fußbodenbelags einhergehen. Diese Unebenheiten würden optisch nicht ins Gewicht fallen. Auch würden sonst keine Beeinträchtigungen davon ausgehen. Verlangt werden könne in solchen Fällen nur der technische Minderwert, der sich aus der Beeinträchtigung der Nutzbarkeit des Gebäudes ergebe. Eine solche Beeinträchtigung sei hier aber nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht festzustellen (KG, 7 U 120/08).

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Produktempfehlung: Hersteller von Baumaterialien kann aus Beratungsvertrag haften

Zwischen einem Hersteller von Baumaterialien und einem Bauherren kommt ein Beratungsvertrag zustande, wenn der Hersteller auf Wunsch des Bauherren ein Produkt für eine konkrete Baumaßnahme empfiehlt.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart in einem entsprechenden Fall. Nach der Entscheidung muss der Hersteller in einem solchen Fall prüfen, ob das empfohlene Produkt für das konkrete Bauvorhaben geeignet ist. Unterlässt er diese Prüfung und stellt sich das empfohlene Produkt als ungeeignet heraus, ist er dem Bauherren zum Schadenersatz verpflichtet (OLG Stuttgart, 12 U 76/09).

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Einstweilige Verfügung: Nicht dringliche Abbruchverfügung darf nicht sofort vollziehbar sein

Eine Verfügung zum Abbruch von Gebäuderesten auf einem Grundstück kann nicht für sofort vollziehbar erklärt werden, wenn sich der Abbruch nicht als dringlich erweist.

Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens. Geklagt hatte der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich Gebäudereste befanden. Er war vom Landkreis verpflichtet worden, diese Gebäudereste sofort vollziehbar zu beseitigen.

Sein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz war erfolgreich. Zwar bestünden, so die Richter, keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angeordneten Abbruchs. Das Anwesen werde seit Jahren nicht mehr zweckentsprechend genutzt und sei ebenso lange im Verfall begriffen. Im Eilverfahren dürfe aber die Dringlichkeit der angeordneten Maßnahme nicht außer Betracht bleiben. Eine Dringlichkeit des Abrisses sämtlicher Gebäudereste ergebe sich vorliegend weder aus der Begründung der Abbruchverfügung noch aus den Verwaltungsakten. Unklar bleibe, weshalb entgegen früherer Einschätzungen des Landkreises ein Komplettabriss statt sonstiger Sicherungsmaßnahmen notwendig sei. Der Antragsgegner habe auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass eine Gefahr für Leib und Leben von Personen nur durch den sofortigen Abriss des gesamten Gebäudetorsos gebannt werden könne. Vielmehr spreche sein bisheriges Verhalten gegen die Annahme einer akuten Gefährdung. So sei nach einer Ortsbesichtigung noch eine mehrmonatige Frist zur Beseitigung eingeräumt worden. Gegen die Annahme der Dringlichkeit spreche zudem die weitere Zwei-Monats-Frist in der Verfügung. Außerdem sei der Landkreis selbst nach Ablauf dieser Frist untätig geblieben und habe bis dato keine Vorkehrungen für die Durchsetzung der Abbruchverfügung getroffen (VG Koblenz, 7 L 850/09.KO).

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Familien- und Erbrecht

Unterhaltsbedarf: Gleichbehandlung von Unterhaltsansprüchen aus erster und zweiter Ehe

Der geschiedene Ehemann kann die Herabsetzung des Unterhalts für die geschiedene Ehefrau verlangen, wenn er wieder geheiratet hat und nunmehr auch seiner neuen Ehefrau unterhaltspflichtig ist. In welchem Umfang er gegenüber der neuen Ehefrau unterhaltspflichtig ist, bestimmt sich dann allerdings nicht nach der frei wählbaren Rollenverteilung innerhalb der neuen Ehe, sondern nach den strengeren Maßstäben, wie sie auch für geschiedene Ehegatten gelten.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Ehepaars, das 2003 geschieden wurde. Der Mann musste seit der Scheidung Unterhaltszahlungen an die Frau erbringen. Er ist mittlerweile wieder verheiratet und hat zwei Kinder. Seine zweite Frau ist nicht berufstätig. Bei der gerichtlichen Neuberechnung des Unterhalts wurden zwar die Unterhaltspflichten gegenüber den beiden Kindern berücksichtigt, nicht aber die Unterhaltspflicht gegenüber der jetzigen Ehefrau. Hiergegen richtet sich die Klage des Mannes.

Der BGH hat in seiner Entscheidung noch einmal auf seine neue Rechtsprechung hingewiesen:

Im Rahmen der Unterhaltsberechnung hat der BGH hingegen nicht akzeptiert, dass die neue Ehefrau – anders als die geschiedene Frau – nicht erwerbstätig ist. Vielmehr seien für die geschiedene wie für die neue Ehefrau die gleichen Maßstäbe anzuwenden. Zwar sei die Rollenverteilung in der neuen Ehe gesetzlich zulässig und könne nicht als rechtsmissbräuchlich bewertet werden. Die Rollenverteilung betreffe indessen nur das Innenverhältnis zwischen den neuen Ehegatten. Dass diese im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten nicht ausschlaggebend sein dürfe, ergebe sich bereits aus der vom Gesetzgeber im anderen Zusammenhang getroffenen Entscheidung, wonach für den geschiedenen und den neuen Ehegatten im Hinblick auf die Erwerbsverpflichtung die gleichen Maßstäbe gelten sollten. Daher sei der Unterhalt der neuen Ehefrau zum Zwecke der Gleichbehandlung so zu ermitteln, als wäre die neue Ehe ebenfalls geschieden (BGH, XII ZR 65/09).

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Rückständiger Unterhalt: Nach einem Jahr droht Verwirkung

Rückständige Unterhaltsforderungen unterliegen der Verwirkung. Sie müssen deshalb binnen Jahresfrist geltend gemacht werden. Anderenfalls droht die Verwirkung; d.h. der rückständige Unterhalt kann nicht mehr geltend gemacht (eingeklagt oder auch vollstreckt) werden.

Hierauf hat das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) hingewiesen. Anlass der Entscheidung war die Klage eines Vaters, der sich gegen die Vollstreckung eines im März 2003 ergangenen Unterhaltsurteils zur Wehr gesetzt hat. Dies tat er zu Recht, denn die beiden minderjährigen Töchter hatten nach dem Urteil mehr als fünf Jahre verstreichen lassen und den Vater erst im Oktober 2007 wieder zur Zahlung aufgefordert. Damit war der rückständige Unterhalt zum großen Teil verwirkt. Nur die ab Oktober 2006 aufgelaufenen Rückstände muss der Vater noch bezahlen; die älteren Rückstände können die Töchter nicht mehr verlangen.

Zur Begründung wiesen die Richter darauf hin, dass Ansprüche auf rückständigen Unterhalt für den Zeitraum vor dem 1.10.2006 wegen langjähriger Nichtgeltendmachung verwirkt seien. Für Unterhaltsrückstände gelte nichts anderes als für andere in der Vergangenheit fällige Ansprüche. Sie unterlägen der Verwirkung, wenn sich ihre Geltendmachung unter dem Gesichtspunkt illoyal verspäteter Rechtsausübung als unzulässig darstelle. Dass die Verjährung der Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes bis zu dessen Volljährigkeit gehemmt sei, ändere hieran nichts, wenn aus besonderen Gründen sowohl das „Zeit- als auch das Umstandsmoment“ der Verwirkung erfüllt sei. Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei das Zeitmoment bereits nach etwas mehr als einem Jahr erfüllt; anderenfalls könnten Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. Das Umstandsmoment frage danach, ob sich der Schuldner mit Rücksicht auf das Verhalten des Gläubigers darauf einrichten durfte und auch darauf eingerichtet habe, dass das Recht auch künftig nicht mehr geltend gemacht werde. Von einem dringend auf den Unterhalt angewiesenen Gläubiger müsse erwartet werden, dass er sich zeitnah um dessen Durchsetzung kümmere. Werde hiervon abgesehen, erwecke dies regelmäßig den Eindruck, der Unterhaltsgläubiger sei in dem fraglichen Zeitraum nicht bedürftig (OLG Thüringen, 2 WF 85/09).

Zum Anfang

Geschiedenenunterhalt: Unterhaltsberechtigter muss Arbeitsstelle nicht in jedem Fall wechseln

Ein Unterhaltsberechtigter muss alle Anstrengungen unternehmen, seinen Unterhalt selbst sicherzustellen. So kann er z.B. verpflichtet sein, seine Arbeitsstelle zu wechseln, um ein höheres Einkommen zu erzielen.

Eine solche Pflicht zum Arbeitsplatzwechsel besteht jedoch nicht in jedem Fall, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Thüringen zeigt. Entspreche die Arbeitsstelle, die der Unterhaltsberechtigte innehabe, in etwa seinem beruflichen Werdegang, seinen beruflichen Fähigkeiten und sei auch die Bezahlung angemessen, so sei die Entscheidung des Unterhaltsberechtigten, diese Arbeitsstelle zu behalten, unterhaltsrechtlich auch dann nicht zu beanstanden, wenn die rein theoretische Möglichkeit bestehe, dass er irgendwo eine besser bezahlte Arbeitsstelle hätte finden können (OLG Thüringen, 1 UF 123/09).

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Erbrecht: Anordnungen für Erbauseinandersetzungen müssen im Testament erfolgen

Für eine Erbauseinandersetzung verbindliche Anordnungen können nicht durch Rechtsgeschäft unter Lebenden getroffen werden.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Falle mehrerer Erben, die sich darüber stritten, inwiefern frühere Schenkungen des Erblassers auf das Erbe anzurechnen seien. Die Richter führten aus, dass es – wie im vorliegenden Fall – nicht ausreiche, wenn in den jeweiligen Schenkungsverträgen eine Anrechnungsklausel enthalten sei. Wolle der Erblasser bei der Auseinandersetzung unter Miterben die Anrechnung von Vorempfängen auf den Erbteil über die dazu bestehenden gesetzlichen Regeln hinaus erreichen, müsse er dies durch letztwillige Verfügung anordnen. Die Anrechnungsregelungen hätten also im Testament stehen müssen, nicht im Schenkungsvertrag. Im Ergebnis mussten sich die einzelnen Erben daher nichts anrechnen lassen (BGH, IV ZR 82/08).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Schönheitsreparaturklausel: Vorschrift zum „Weißen“ der Decken ist unwirksam

Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters, Decken und Oberwände auch während der Mietzeit zu „weißen“, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters. Dessen Mietvertrag sah vor, dass er die Schönheitsreparaturen zu tragen habe. Weiterhin war vereinbart, dass die Renovierung nach Erforderlichkeit, spätestens aber zum Ende des Mietverhältnisses vorgenommen werden müsse. Dabei müssten die Schönheitsreparaturen insbesondere umfassen: Anstrich und Lackierungen der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von Innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände. Weil der Mieter die Renovierungen nicht durchgeführt hatte, klagte der Vermieter auf Schadenersatz.

Seine Klage blieb jedoch in allen Instanzen erfolglos. Der BGH nutze die Entscheidung, seine Rechtsprechung zur (Un-)Wirksamkeit von Farbgestaltungsklauseln zu verfeinern. Schon früher hatte er entschieden, dass eine Vertragsklausel unwirksam sei, die Schönheitsreparaturen „in neutralen, hellen, deckenden Farben“ vorsehe, sofern sie nicht auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache beschränkt sei, sondern auch für Schönheitsreparaturen im Laufe des Mietverhältnisses gelte. Durch die Vorgabe der Farben werde der Mieter in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränkt, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters bestehe. Im vorliegenden Fall ging die Formulierung „Weißen der Decken“ zulasten des Vermieters. Die Richter stellten klar, dass es nicht fernliegend sei, unter dem Begriff „Weißen“ nicht nur ein Synonym zu „streichen“, sondern einen Anstrich in der Farbe Weiß zu verstehen. Könne der Mieter die Klausel auch in dieser Weise verstehen, liege ebenfalls eine Einschränkung seines persönlichen Lebensbereichs vor. Die Klausel sei daher unwirksam, der Vermieter könne folglich auch keinen Schadenersatz für die unterbliebene Renovierung verlangen (BGH, VIII ZR 224/07; VIII ZR 344/08).

Zum Anfang

Einbruchsschutz: Besondere Maßnahmen können ohne Vereinbarung nicht erwartet werden

Aus dem Vorhandensein einer bestimmten Sicherungsanlage kann nicht geschlossen werden, dass auch weitere besondere Sicherungsmaßnahmen in anderen Bereichen vorhanden sind.

Mit dieser Entscheidung gab das Kammergericht (KG) einem Vermieter recht. Dieser hatte im Mietvertrag mit seinem Mieter zugesichert, dass die Wohnanlage durch eine Videoüberwachung gesichert sei. Der Mieter hatte später die Miete gemindert, da keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen, wie etwa Sicherheitsbeschläge an der Balkontür vorhanden waren. Die Richter hielten diese Mietminderung jedoch für unzulässig. Nur weil eine Videoüberwachung vorhanden sei, könne der Mieter keine darüber hinausgehenden Sicherheitsmaßnahmen erwarten. Diese hätte er ausdrücklich vereinbaren müssen. Er muss daher die einbehaltene Miete nachzahlen (KG, 8 U 33/08).

Zum Anfang

Kündigungsrecht: Mieter kann fristlos kündigen, wenn Gebrauch durch Vermieter entzogen wird

Der Mieter kann den Mietvertrag ohne vorausgehende Abmahnung kündigen, wenn ihm der Vermieter den Gebrauch zwar nur teilweise, aber dauerhaft entzieht und diesen Mangel hartnäckig leugnet.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem Rechtsstreit zwischen Mieter und Vermieter. Stein des Anstoßes war die anderweitige Vermietung von Park- und Zufahrtsflächen vor einer Lagerhalle. Der Mieter benötigte diese Fläche, um die Halle sinnvoll nutzen und eine An- und Abfahrt sicherstellen zu können. Der Vermieter wollte jedoch nichts mehr davon wissen, dass diese Flächen zum Mietobjekt gehörten. Nach Ansicht der Richter habe der Mieter rechtmäßig gehandelt, als er den Mietvertrag fristlos kündigte und die Mietzahlung einstellte. Die Klage des Vermieters auf weitergehende Mietzahlungen wurde daher abgewiesen (OLG Düsseldorf, I-24 U 179/08).

Zum Anfang

Kündigungsrecht: Unterlassene Zwischenrenovierung ist nicht immer ein Kündigungsgrund

Ist der Vermieter zur Zwischenrenovierung der Wohnung verpflichtet, kann der Mieter nicht in jedem Fall außerordentlich kündigen, wenn die Renovierung unterbleibt.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. hin. So bestehe z.B. kein Grund zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses, wenn das Mietverhältnis in absehbarer Zeit ende und keine Nutzungsbeeinträchtigung für den Mieter bestehe (OLG Frankfurt a.M., 15 U 129/08).

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Verbraucherrecht

Haftungsrecht: Kein Schadenersatz bei unbefugtem Betreten eines Privatgrundstücks

Wer unbefugt ein fremdes Privatgrundstück betritt, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz, wenn er dort zu Schaden kommt.

So entschied das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) im Fall eines Mannes, der wegen eines Unfalls an einem Strohlager Schadenersatz forderte. Auf dem Grundstück des beklagten landwirtschaftlichen Betriebs waren große, bis zu 200 kg schwere Strohballen außen an den Mauerwänden eines ehemaligen Lagers aufgeschichtet. Der Mann wurde unter einem herabgestürzten Strohballen begraben und schwer verletzt (u.a. Beckenbruch). Im Prozess hat er behauptet, er habe im Sichtschutz des Strohlagers seine Notdurft verrichten wollen, als plötzlich und ohne sein Zutun aus ca. 4m Höhe ein Strohballen auf ihn herabgestürzt sei.

Das OLG hat die Klage jedoch abgewiesen. Die Richter hatten festgestellt, dass sich der Unfall auf einem Privatgrundstück ereignet habe, das der Mann unbefugt betreten habe. Der Eigentümer habe aber keine Maßnahmen zum Schutz von Personen treffen müssen, die sich unbefugt auf seinem Grundstück aufhielten. Dieser habe nicht damit rechnen müssen, dass das Strohlager als „Toilette“ benutzt werde. Entsprechende „Besucher“ habe er daher auch nicht vor eventuellen Gefahren des Strohlagers schützen müssen. Dies würde die Verkehrssicherungspflicht für Eigentümer privater Grundstücke in unzumutbarer Weise erweitern und ausdehnen. Der geschützte Personenkreis würde faktisch ins Unermessliche ausgedehnt (OLG Thüringen, 5 U 31/09).

Zum Anfang

Haftungsrecht: Autowaschanlage haftet nicht in jedem Fall

Weist der Betreiber einer Auto-Waschanlage nach, dass diese ordnungsgemäß funktioniert hat, muss der Eigentümer eines beschädigten Pkw beweisen, dass der Schaden auf einen Fehler beim Betrieb der Waschanlage zurückzuführen ist. Kann er den Beweis nicht führen, hat er keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Mit dieser Begründung wies das Landgericht (LG) Coburg die Schadenersatzklage eines Autobesitzers ab. Sein Fahrzeug war in der Waschanlage beschädigt worden, weil sich der Kofferraumdeckel geöffnet hatte und durch die Trockenanlage verbogen worden war. Er behauptete, dass sich die Trocknungsanlage im Bereich des Kofferraumdeckels verhakt und diesen dadurch geöffnet habe. Der Betreiber der Waschstraße wies im Prozess nach, dass die Trocknungsanlage einwandfrei funktioniert hatte.

Der vom Gericht bestellte Sachverständige schloss aus, dass ein ordnungsgemäß geschlossener Kofferraum durch die Trockenanlage geöffnet werden könne. Insbesondere seien an der Außenseite des Kofferraumdeckels keinerlei Beschädigungen festzustellen gewesen. Auch würden die mechanischen Kräfte einer Trockenanlage nicht ausreichen, um den Kofferraum zu öffnen. Einzige Erklärung für das Öffnen des Kofferraumdeckels sei das Betätigen eines Schalters im Fahrzeuginnenraum. Dazu sei nur der Fahrer selbst in der Lage gewesen. Es sei nicht auszuschließen, dass dieser mögliche Warnhinweise durch Summton und Leuchte im Rahmen des Wasch- und Trockenvorgangs nicht mitbekommen habe. Der Kofferraumdeckel könne auch schon während des Waschvorgangs geöffnet gewesen sein. Das Gericht schloss sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen an und wies die Klage ab (LG Coburg, 11 O 440/08).

Zum Anfang

Versicherungsrecht: Teilkaskoversicherung umfasst auch Beschädigung des Pkw bei Diebstahl

Wird bei einem Diebstahl aus einem Auto auch das Auto beschädigt, um an das Diebesgut zu gelangen, hat die Teilkaskoversicherung auch diesen Schaden zu ersetzen, da er aus dem Diebstahl selbst resultiert. Anders ist es nur bei reinem Vandalismus.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Versicherungsnehmers, der eine Kfz-Teilkaskoversicherung abgeschlossen hatte. Diese umfasste die Beschädigung, die Zerstörung oder den Verlust des Autos, insbesondere auch wenn diese durch einen Diebstahl herbeigeführt werden. Im August 2008 wurde auf einem Parkplatz das Verdeck des Cabriolets des Versicherungsnehmers aufgeschnitten und eine Jacke aus dem Auto entwendet. Die Reparatur des Verdecks kostete 832 EUR. Nach Abzug seiner Selbstbeteiligung verlangte der Versicherungsnehmer 682 EUR von der Versicherung. Diese weigerte sich zu bezahlen. Schäden am Kraftfahrzeug, die bei Diebstahl von nicht versichertem Gepäck entstünden, seien nicht mitversichert.

Das AG verurteilte die Versicherung zur Zahlung. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen seien von der Teilkaskoversicherung solche Schädigungen des Fahrzeugs umfasst, die durch Diebstahl herbeigeführt werden. Eine Einschränkung, wie die Versicherung sie vornehme, nämlich dass nur solche Beschädigungen umfasst werden, die bei Diebstahl des Fahrzeugs verursacht werden, gebe der Wortlaut nicht her. Bei den Versicherungsbedingungen handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese seien so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung und aufmerksamer Durchsicht verstehen müsse. Aus dem Wortlaut ergebe sich die genannte Einschränkung gerade nicht. Eine solche hätte auch leicht in die Klausel aufgenommen werden können, wenn es der Versicherung darauf ankäme. Schließlich trete dieser Streitpunkt öfter auf und sei den Versicherungen auch bekannt. Es sei auch kein Zweck ersichtlich, den Versicherungsschutz bei Diebstählen aus dem Auto nicht eingreifen zu lassen. Gerade der Vergleich mit der Vollkaskoversicherung ergäbe, dass der verständige Leser der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehr wohl davon ausgehen könne, dass ein Versicherungsschutz bestünde. Bei Vollkasko sei festgelegt, dass auch Schäden mitversichert seien, die durch Mut- und Böswilligkeit entstünden. Daraus sei aber gerade der Schluss zu ziehen, dass Schäden, die nicht mut- und böswillig, sondern im Zusammenhang mit dem Diebstahl entstanden seien, bei Teilkasko zu ersetzen seien (AG München, 223 C 6889/09).

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Gesetzliche Unfallversicherung: Unfall auf dem Weg zum Mittagessen bei der Freundin

Auch der Weg zum Mittagessen bei der Freundin steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Mit dieser Entscheidung gab das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz einem Arbeitnehmer recht. Dieser war bei einer Firma beschäftigt, auf deren Betriebsgelände sich auch seine Wohnung befand. Eine Betriebskantine existierte nicht. Während seiner 30-minütigen Mittagspause wollte er mit seinem Motorrad zu seiner Freundin fahren, um bei ihr zu Mittag zu essen. Dabei verunglückte er und verletzte sich erheblich. Gegenüber der zuständigen Berufsgenossenschaft gab er an, er sei trotz der knappen Zeit zu seiner Freundin gefahren, weil ihm die Zeit mit ihr wichtiger sei als Zeit mit den Kollegen. Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Unter Berücksichtigung der langen Fahrtzeit verblieben nur wenige Minuten zur Essenseinnahme. Die Entfernung zur Wohnung der Freundin sei daher unverhältnismäßig weit gewesen. Auch habe im Vordergrund die Motivation gestanden, die Mittagspause mit der Freundin zu verbringen.

Das sah das LSG nicht so und verurteilte die Berufsgenossenschaft zur Entschädigung des Unfalls als Arbeitsunfall. Unfallversicherungsschutz bestehe grundsätzlich auch auf dem Weg zur Essensaufnahme, die der Erhaltung der Arbeitskraft diene. Hier sei die Einnahme des Mittagsessens auch neben dem Besuch der Freundin ein zumindest gleichwertiger Grund und damit ursächlich für das Zurücklegen des Wegs gewesen. Es entspreche der Lebenswirklichkeit und verbreiteten Gepflogenheiten, das Mittagessen in selbst gewählter und angenehmer Gesellschaft einzunehmen. Der Weg sei auch nicht so weit gewesen, dass das Mittagessen bereits aufgrund der Fahrtdauer als unwesentliche Mitursache qualifiziert werden könnte. Einem Arbeitnehmer könne grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden, wie er seine zur freien Verfügung stehende Arbeitspause einteile. Eine zeitliche Obergrenze für den Weg zum Mittagessen, ab dem der Versicherungsschutz ausscheide, existiere daher nicht. Entscheidend sei allein, ob möglicherweise ein anderer Grund für den Weg vorliege, welcher den Zweck der Nahrungsaufnahme in den Hintergrund dränge. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen (LSG Rheinland-Pfalz, L 2 U 105/09).

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Verkehrsrecht

Sorgfaltspflicht: Unfälle beim Ein- und Aussteigen

Die Sorgfaltsanforderung nach der Straßenverkehrsordnung erfasst auch Situationen beim Ein- und Aussteigen.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall hin, in dem sich der Insasse eines Kraftfahrzeugs im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Kraftfahrzeug gebeugt hatte. Komme es dabei zur Berührung der geöffneten Fahrzeugtür mit einem in zu geringem Abstand vorbeifahrenden Lkw, könne eine hälftige Schadensteilung gerechtfertigt sein. Die Richter machten deutlich, dass dabei unerheblich sei, ob der Fahrer etwa Gegenstände ein- oder auszuladen oder einem Kind beim Ein- oder Aussteigen helfen wolle.

Ähnlich entschied das Kammergericht (KG) in Berlin. Komme es im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür eines Pkw, der im Haltestellenbereich eines Linienbusses steht, zu einer seitlichen Kollision mit einem anfahrenden Bus, so spreche der Anscheinsbeweis für eine Verletzung der Sorgfaltspflichten. Die Richter hielten im konkreten Fall eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zulasten des Pkw-Halters für angemessen. Er habe grob verkehrswidrig gehandelt, wenn er trotz herannahendem Bus nach dem Aussteigen nach links nicht die Fahrertür vollständig schließe und sich von der Fahrbahn entferne oder sich wenigstens vor oder hinter seinen Pkw begebe. Ein Mitfahrer müsse zudem mit dem Aussteigen so lange warten, bis sich links kein Verkehr nähert, der dadurch gefährdet werden könnte (BGH, VI ZR 316/08; KG, 12 U 175/08).

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Videodauerüberwachung: Messergebnisse können vor Gericht nicht als Beweis verwertet werden

Die fortlaufende Überwachung der Fahrbahnen einer Autobahn mit Videoaufnahmen zur Feststellung von Verkehrsverstößen wegen Abstandsunterschreitungen oder Geschwindigkeitsverstößen ist unzulässig.

So entschied aktuell das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg im Fall eines Autofahrers. Ihm war vorgeworfen worden, auf der Autobahn A1 den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten zu haben. Das Messergebnis beruhte auf einer Dauervideoüberwachung. Gegen den Bußgeldbescheid hatte der Autofahrer Einspruch eingelegt. Das Amtsgericht sprach ihn daraufhin frei. Es berief sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach eine gesetzliche Grundlage für diese Art der Messung fehle. Das Messergebnis sei daher rechtswidrig erlangt worden und deshalb auch nicht als Beweismittel verwertbar. Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg. Die OLG-Richter verwiesen darauf, dass eine solche Dauervideoüberwachung einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstelle. Daraus gewonnene Messdaten könnten nicht als Beweismittel dienen. Der Autofahrer sei daher freizusprechen (OLG Oldenburg, Ss Bs 186/09).

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Trunkenheitsfahrt: Vorsatz allein wegen hoher BAK?

Bei Trunkenheit im Verkehr kann die Annahme einer vorsätzlichen Tat nicht allein auf die Höhe der Blutalkoholkonzentration (BAK) gestützt werden.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg im Fall eines Autofahrers, der alkoholisiert öffentliche Straßen befahren hatte. Die ihm entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 2,37 Promille. Vor dem Landgericht wurde er wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt verurteilt. Seine Revision hatte vor dem OLG Erfolg.

Die Richter machten deutlich, dass es keinen Erfahrungssatz gebe, dass derjenige, der in erheblichen Mengen Alkohol getrunken hat, seine Fahruntüchtigkeit erkenne. Mit steigender Alkoholisierung verringere sich auch die Erkenntnis- und Kritikfähigkeit. Daher könne die Fähigkeit, die eigene Fahruntüchtigkeit zu erkennen, in einer zwar den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründenden, jedoch den Vorsatz ausschließenden Weise beeinträchtigt sein. Um auf eine vorsätzliche Begehungsweise schließen zu können, müssten weitere darauf hinweisende Umstände hinzutreten. Dabei komme es auf die vom Tatgericht näher festzustellende Erkenntnisfähigkeit des Fahrzeugführers bei Fahrtantritt an. Erforderlich sei die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Täterpersönlichkeit, des Trinkverlaufs wie auch dessen Zusammenhang mit dem Fahrtantritt sowie das Verhalten des Täters während und nach der Fahrt (OLG Brandenburg, 2 Ss 17/09).

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Rotlichtverstoß: Ermittlung der Rotlichtzeit beim qualifizierten Rotlichtverstoß

Beruht die Feststellung der Dauer der Rotlichtphase auf Angaben zufällig anwesender Zeugen, muss die Fehleranfälligkeit solcher Schätzungen bei der Beweiswürdigung im Urteil eingehend anhand objektiver Anknüpfungstatsachen erörtert werden, um bloß gefühlsmäßige „freie“ Schätzungen auszuschließen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Die Richter machten deutlich, dass an die Ermittlung der sog. Rotlichtzeit von der Rechtsprechung besondere Anforderungen gestellt würden. Das gelte vor allem im Hinblick auf das drohende Fahrverbot bei einer Rotlichtzeit von mehr als einer Sekunde. Besondere Sorgfalt müsse daher greifen, wenn nur die Angaben zufälliger Zeugen zur Verfügung stünden. Es sei darauf zu achten, dass es sich insoweit nicht bloß um reine Schätzungen der Rotlichtzeit handeln dürfe. Entscheidend seien konkrete Tatsachen, wie z.B. Geschwindigkeit und Entfernungen, aus denen auf die Richtigkeit der Schätzung geschlossen werden könne. Im Zweifel sei zugunsten des Betroffenen zu entscheiden (OLG Hamm, 2 Ss OWi 550/09).

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Steuerrecht

Solidaritätszuschlag wackelt: Bescheide ergehen nur noch vorläufig

Das Finanzgericht Niedersachsen stuft den Solidaritätszuschlag spätestens seit dem Jahr 2007 als verfassungswidrig ein, weil eine Ergänzungsabgabe nur der Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen dienen darf. Letztendlich entscheiden muss aber das Bundesverfassungsgericht.

Da mit dem Solidaritätszuschlag die Kosten der Wiedervereinigung finanziert werden sollen, bestehe kein vorübergehender, sondern ein langfristiger Bedarf – und dieser dürfe eben nicht durch die Erhebung einer Ergänzungsabgabe gedeckt werden. Das Gericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorgelegt.

Hintergrund

Der Solidaritätszuschlag wird seit 1991 (mit Unterbrechungen) in Höhe von 5,5 Prozent auf die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer erhoben. Das jährliche Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag beträgt derzeit rund 12 Milliarden EUR.

Der Bundesfinanzhof hatte den Solidaritätszuschlag zumindest für das Jahr 2002 noch für verfassungsgemäß angesehen. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht seinerzeit nicht zur Entscheidung angenommen.

Vorläufige Veranlagungen

Das Bundesfinanzministerium hat auf das Urteil mittlerweile reagiert. Danach ergehen Steuerbescheide ab 2005 insoweit nur noch vorläufig. Sollte das Bundesverfassungsgericht zugunsten der Steuerzahler entscheiden, werden die entsprechenden Bescheide automatisch korrigiert. Einsprüche sind insoweit nicht erforderlich.

Sofern Steuerbescheide bereits ohne Vorläufigkeitsvermerk vorliegen, sollte Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Dies ist aber nur möglich, wenn der Einspruch innerhalb eines Monats nach Erhalt des Steuerbescheids eingelegt wird, da er ansonsten bestandskräftig wird (FG Niedersachsen vom 25.11.2009, Az. 7 K 143/08; BMF vom 7.12.2009, Az. IV A 3 – S 0338/07/10010).

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Keine Werbungskosten: Leerstand bei nicht marktgerechter Immobilie

Ist eine Immobilie aufgrund ihrer baulichen Gestaltung nicht vermietbar, müssen unter Umständen auch bauliche Umgestaltungen vorgenommen werden, um vorweggenommene Werbungskosten geltend machen zu können, so der Tenor des Bundesfinanzhofs in einem aktuellen Urteil.

Im Streitfall ging es um ein Wohn- und Geschäftsgrundstück, auf dem 1976 ein dreigeschossiges Gebäude errichtet wurde. Im Erdgeschoss, Keller und ersten Obergeschoss waren ein Ladengeschäft, Lager- und Personalräume gewerblich vermietet. Demgegenüber standen seit der Fertigstellung einige Räume leer. Die auf die leer stehenden Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen erkannte der Bundesfinanzhof bei der Einkommensteuerveranlagung 2003 nicht als Werbungskosten an, da keine ernsthafte Vermietungsabsicht bestand.

Hinweis: In der Urteilsbegründung führten die Richter aus, dass Aufwendungen für eine leer stehende Wohnung als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein können, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, daraus Einkünfte zu erzielen (Einkünfteerzielungsabsicht). Sofern die Vermietungsbemühungen allerdings zeigen, dass für das Objekt kein Markt besteht, muss der Steuerpflichtige zielgerichtet darauf hinwirken einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen. Bleibt er untätig und nimmt er den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen die Vermietungsabsicht (BFH-Urteil vom 25.6.2009, Az. IX R 54/08).

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Firmenwagen: Die Vermutung der Privatnutzung widerlegen

Die Vermutung der Privatnutzung eines auf den Gesellschafter einer GbR zugelassenen Fahrzeugs kommt nur in Betracht, wenn dem Gesellschafter und seiner Ehefrau in dieser Zeit im Privatvermögen keine gleichwertigen Fahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung gestanden haben.

Im Streitfall wurde die Vermutung einer auch privaten Nutzung eines Porsches widerlegt, weil sich im Privatvermögen der Eheleute zusätzlich zwei gleichwertige Fahrzeuge befanden. Nach Auffassung des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt ist das Halten von zwei vergleichbaren privaten Pkw wirtschaftlich nämlich völlig unvernünftig, wenn stattdessen das betriebliche Fahrzeug privat genutzt würde.

Hinweis: Da die Revision anhängig ist, bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof die Vorinstanz bestätigen wird (FG Sachsen-Anhalt vom 6.5.2009, Az. 2 K 442/02, Revision unter VIII R 42/09).

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Umzugskosten: Nur bei beruflicher Veranlassung abzugsfähig

Umzugskosten können Werbungskosten darstellen, sofern sie beruflich veranlasst sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein Umzug beruflich veranlasst, wenn der Umzug aus Anlass eines Arbeitsplatzwechsels erfolgt oder sich der erforderliche Zeitaufwand für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte um mindestens eine Stunde täglich verkürzt. Auf die Umzugsmotive des Arbeitnehmers, z.B. der Umzug in eine größere Mietwohnung, ist dann nicht mehr abzustellen, wenn die berufliche Veranlassung des Umzugs nach objektiven Kriterien eindeutig feststeht.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hält das Finanzgericht München einen Umzug wegen einer gescheiterten Ehe auch dann nicht für beruflich veranlasst, wenn sich dadurch die Entfernung zum Arbeitsplatz deutlich verkürzt, im Urteilsfall von 30 auf drei Kilometer. Solche Umzugskosten bleiben aufgrund der privaten Veranlassung unberücksichtigt. Denn der Wohnungswechsel hängt in einem solchen Fall ursächlich mit der Trennung zusammen.

Hinweis: Da der Umzug nicht aus beruflichen Gründen erfolgte, spielt es keine Rolle, dass sich der Wohnungswechsel auch beruflich durch die Fahrzeitverkürzung positiv ausgewirkt hat. Dies ist lediglich eine nicht zu beachtende Nebenfolge der privat veranlassten Veränderungen (FG München vom 24.3.2009, Az. 6 K 683/08).

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Bewirtung von Arbeitskollegen: Keine Abzugsbeschränkungen

Die Bewirtungsanlässe Ein- und Ausstand sind dem beruflichen Bereich zuzuordnen, da eine Versetzung maßgeblich durch die berufliche Tätigkeit veranlasst ist. Auch wenn der Grund für die Abschiedsfeier direkt mit der Person des scheidenden Arbeitnehmers zusammenhängt, folgt daraus keine private Veranlassung. Gleiches gilt für die Zuschüsse zu allgemeinen Feiern der Belegschaft, wenn hiermit die eigene Stellung durch finanzielle Unterstützung eines allgemeinen Festes gefördert werden soll. Im zugrunde liegenden Fall ging es um einen Beamten, der an eine Außenstelle wechselte. Keine Rolle spielte hierbei, dass er kein variables Gehalt bezog, was als Kriterium für die berufliche Veranlassung spricht.

Das Finanzgericht München folgt mit seinem aktuellen Urteil der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach zwischen den Bewirtungsaufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen eines Arbeitnehmers ein Veranlassungszusammenhang bestehen kann und der Werbungskostenabzug nicht schon dann ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer eine Feier aus rein persönlichen Gründen ausrichtet. Die Oberfinanzdirektion Hannover erläutert die Auswirkungen der Urteile für die Praxis, die von der Finanzverwaltung grundsätzlich angewendet werden:

Organisieren hingegen Angestellte auf eigene Initiative und Kosten für die Mitarbeiter Feiern, spricht einiges dafür, dass die privaten Gründe in den Vordergrund treten. Denn hier nimmt die Pflege der persönlichen Beziehungen zu Mitarbeitern und Kollegen einen hohen Stellenwert ein. Doch auch dies schließt die berufliche Veranlassung nicht grundsätzlich aus. Letztendlich muss anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden.

Hinweis: Grundsätzlich sind Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass nur bis zu 70 Prozent abzugsfähig. Die gesetzliche Abzugsbeschränkung gilt aber dann nicht, wenn ein Arbeitnehmer Dritte nicht aus geschäftlichem Anlass, sondern aus allgemeinen beruflichen Gründen bewirtet. Dies hat den weiteren Vorteil, dass die besonderen Aufzeichnungspflichten für die Bewirtungskosten nicht zu beachten sind, da diese nur für geschäftliche Anlässe und nicht für die Bewirtung von Arbeitskollegen gelten (FG München vom 21.7.2009, 6 K 2907/08; OFD Hannover vom 1.9.2009, S 2350 – 32 – StO 217).

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Wirtschaftsrecht

GmbH: Unwirksamer Gesellschafterbeschluss bei fehlender Feststellung durch Versammlungsleiter

Im Gesellschaftsrecht ist eine Einhaltung der Formalien von besonderer Wichtigkeit.

Das zeigte sich in einem Prozess vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter dort entschieden, dass ein Gesellschafter durch Erhebung einer Feststellungsklage klären könne, ob und mit welchem Inhalt ein Beschluss gefasst worden sei, wenn das Ergebnis der Abstimmung in der GmbH-Gesellschafterversammlung nicht durch einen Versammlungsleiter festgestellt wurde. Dieser ganze Rechtsstreit hätte bei Beachtung der vorgesehenen Formalien vermieden werden können (BGH, II ZR 169/07).

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Vorauszahlungen im Januar 2010: Zehn-Tage-Regel greift nicht

Da der 10.1.2010 ein Sonntag ist, verschiebt sich die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung auf den 11.1.2010. Die im Januar zu leistende Umsatzsteuervorauszahlung ist bei Einnahmen-Überschuss-Rechnern somit als Betriebsausgabe im Jahr 2010 zu erfassen.

Umsatzsteuervorauszahlungen sind grundsätzlich fällig am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldezeitraums. Da sie als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben bzw. Einnahmen behandelt werden, gilt für Einnahmen-Überschuss-Rechner die Zehn-Tage-Regel. Infolgedessen sind Umsatzsteuervorauszahlungen in dem Kalenderjahr zu erfassen, in dem sie entstanden sind, sofern sie innerhalb von 10 Tagen nach Beendigung dieses Kalenderjahres entrichtet werden.

Hinweis: Verschiebt sich die Fälligkeit auf den nächsten Werktag, weil der 10. Tag des Monats ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist, gilt die Vorauszahlung nicht mehr als innerhalb der ersten 10 Tage abgeflossen. Es bleibt nach Auffassung der Oberfinanzdirektion Rheinland also bei der konsequenten Anwendung der Zehn-Tage-Regel (OFD Rheinland vom 17.9.2009 – Kurzinfo ESt 49/2009).

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Überversorgung: Auflösung der Pensionsrückstellung bei Gehaltskürzung

Ist die finanzielle Lage angespannt, vereinbaren Kapitalgesellschaften mit ihren Gesellschafter-Geschäftsführern oftmals eine Herabsetzung der laufenden Bezüge. Besteht daneben noch eine Pensionszusage, ist aber Vorsicht geboten, da das Risiko der steuererhöhenden Auflösung der Pensionsrückstellung droht.

Im Endeffekt geht es hier um den Tatbestand der Überversorgung. Eine Pensionsrückstellung führt dann zu einer Überversorgung, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 Prozent der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. Erfolgt nun eine Gehaltskürzung, ohne die Pensionszusage entsprechend anzupassen, kann im Einzelfall eine Überversorgung vorliegen. Grundsätzliche Konsequenz: Die Pensionsrückstellung ist insoweit ergebniswirksam zu kürzen.

Das Finanzgericht München vertritt hierzu die Auffassung, dass eine befristete Gehaltsabsenkung zu Sanierungszwecken jedoch nicht zwingend eine Überversorgung zur Folge haben muss, sondern im Einzelfall durchaus gerechtfertigt sein kann. Denn die 75-Prozent-Grenze bildet lediglich ein Indiz bzw. einen Anhaltspunkt für eine steuerrechtlich unzulässige Vorwegnahme künftiger Lohntrends und führt deshalb nicht automatisch zur teilweisen Auflösung der Pensionsrückstellung.

Da die Umstände des Einzelfalls zu betrachten sind, musste die Rückstellung im Urteilsfall angepasst werden. In dem Geschäftsführerbeschluss war nämlich weder ein Hinweis auf die schwierige wirtschaftliche Lage der Gesellschaft enthalten noch wurde eine nur vorübergehende Absenkung der Geschäftsführerbezüge vermerkt. Zudem wurde nur wenige Monate nach der Gehaltsreduzierung das Gehalt eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers deutlich angehoben.

Hinweis: Vor dem Hintergrund des Urteils sollte über die Gehaltsreduzierung des Gesellschafter-Geschäftsführers eine schriftliche Vereinbarung abgefasst werden. In dieser sollte ausdrücklich vermerkt werden, dass die Reduzierung befristet zu Sanierungszwecken erfolgt. Für die Befristung sollte nach Möglichkeit ein Zeitrahmen vorgegeben werden, der bei Bedarf verlängert werden kann (FG München vom 6.5.2008, Az. 6 K 4096/05).

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Freiwillige Unfallversicherungen: Drei Fallgestaltungen im Überblick

Das Bundesfinanzministerium hat die steuerliche Behandlung von freiwilligen Unfallversicherungen in allen offenen Fällen an die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angepasst. Folgende Aspekte sind hervorzuheben:

Versicherungen des Arbeitnehmers

Deckt die vom Arbeitnehmer abgeschlossene Police ausschließlich beruflich bedingte Unfälle ab, liegen Werbungskosten vor. Wurden hingegen außerberufliche Unfälle abgesichert, handelt es sich um Sonderausgaben. Bei gemischten Verträgen erfolgt eine entsprechende Aufteilung nach Angaben des Versicherungsunternehmens oder eine hälftige Schätzung für beide Bereiche.

Versicherungen des Arbeitgebers

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2009 beträgt 0,12 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

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Steuertermine im Monat Januar 2010

Im Monat Januar 2010 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 11.1.2010 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 8.1.2010.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 11.1.2010 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 8.1.2010.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung auf das Konto des Finanzamts endet am 14.1.2010. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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