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Verjährung der Pflichtteilsansprüche

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Rechtsanwalt Fathieh ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Anwaltsvereins Heidelberg e.V., der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltsverein und der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e.V.

Mit seiner langjährigen Erfahrung als Rechtsanwalt berät Rechtsanwalt Fathieh Sie professionell und kompetent bei Rechtsfragen zu erbrechtlichen Angelegenheiten.

Wenn nahe Angehörige enterbt werden, können Sie gegenüber dem Erben ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen. Jedoch unterliegt der Pflichtteilsanspruch der Verjährung. Es stellt sich also die Frage, wie viel Zeit Pflichtteilsberechtigte haben, um ihren Anspruch geltend zu machen, bzw. einzuklagen. Grundsätzlich unterliegt der Pflichtteilsanspruch der Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB und verjährt somit innerhalb von drei Jahren. Jedoch gibt es einige Besonderheiten, auf die im Folgenden eingegangen wird.

Rechtsanwalt Fathieh

Verjährung von Pflichtteilsansprüchen gegenüber einer Erbengemeinschaft - Urteil des IV. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 04.06.2014, Aktenzeichen: IV ZR 348/13

Der Bundesgerichtshof hat am 04.06.2014 u.a. darüber entschieden, wie die Bestimmung des § 211 Satz 1 Var. 1 BGB auszulegen ist. In dem Fall ging es um die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen. Gemäß § 211 Satz 1 Var. 1 BGB tritt auch die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen wird. Diese Vorschrift bedeutet, dass die Verjährung erst dann eintritt, wenn sechs Monate nach dem Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft verstrichen sind, auch wenn die Verjährungsfrist als solche bereits verstrichen ist.

Unterschiedliche Annahmezeitpunkte bei mehreren Erben

Die Frage, auf welchen Zeitpunkt im Falle mehrerer Erben und unterschiedlicher Annahmezeitpunkte auch im Hinblick auf die Verjährung des Pflichteilsanspruches abzustellen ist, wird kontrovers beurteilt.

Meinung in der juristischen Literatur zur Verjährung von Pflichtteilsansprüchen

Die fast einstimmige Meinung in der juristischen Literatur geht davon aus, dass die sechs-monatige Ablaufhemmung, die auch bei der Verjährung von Pflichtteilsansprüchen Anwendung findet, erst zu dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem sämtliche Erben die Erbschaft angenommen haben (z. B. Niederführ, in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 211 Rz. 3; Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, 13. Aufl., § 211 Rz. 5; Grothe, in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 211 Rz. 3; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 73. Aufl., § 211 Rz.1).

Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt

Anderer Auffassung ist das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 03.09.2013 – 15 U 92/12, ZEV 2013, 674 ff. mit im Ergebnis zustimmender Anmerkung von Löhnig [ZEV 2013 677 f.]), das über den dem BGH vorliegenden Fall in der Vorinstanz zu entscheiden hatte. Das OLG meint, es komme auf den jeweiligen Annahmezeitpunkt durch den jeweiligen Miterben an, gegenüber dem die Ansprüche geltend gemacht würden.

Meinung des Bundesgerichtshofes

Der Bundesgerichtshof hat jetzt – entgegen nahezu dem gesamten Schrifttum – dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main Recht gegeben (Urteil vom 04.06.2014 – IV ZR 348/13, NJW 2014, 2574 ff.). Zwar sei der Wortlaut der Vorschrift, in dem lediglich „von dem Erben“ die Rede sei, nicht ausschlaggebend, da das BGB, wenn es vom Erben spreche, auch immer eine Mehrheit von Erben meine.

Maßgebend ist der Sinn und Zweck des § 211 BGB,

der die Ablaufhemmung in Nachlassfällen regelt

Maßgebend aber sei der Sinn und Zweck der Regelung. Käme es auf den Zeitpunkt an, zu dem der letzte Miterbe die Erbschaft angenommen habe, würde dies zu einer erheblichen Ausdehnung des Hemmungszeitraums führen. Ein Miterbe, der die Erbschaft frühzeitig angenommen habe, könnte sich unter Umständen für einen längeren Zeitraum nicht auf Verjährung berufen, nur weil andere Miterben die Erbschaft noch nicht angenommen hätten. Dies könne insbesondere in den Fällen problematisch werden, in denen zunächst nicht bekannt sei, wer Erbe geworden sei, so dass weitere Nachforschungen erforderlich seien, bis feststehe, welche Personen Erben geworden seien. Sinn und Zweck des § 211 BGB sei es, den Gläubiger in den Fällen zu schützen, in denen er ohne eigenes Verschulden an der Geltendmachung seines Anspruchs gehindert sei. Die Vorschrift trage insoweit den Schwierigkeiten Rechnung, die sich ergeben könnten, wenn nach dem Todesfall Ansprüche gegen den Nachlass erhoben würden. Vor derartigen Schwierigkeiten stehe der Gläubiger nicht mehr, sobald einer oder mehrere Miterben die Erbschaft angenommen hätten. In diesem Fall könne er seinen Anspruch gegen diese jedenfalls im Wege der Gesamtschuldklage nach § 2058 BGB verfolgen. (Eine Gesamtschuldklage ist eine Klage gegen einzelne Miterben als Gesamtschuldner zum Zwecke der Vollstreckung gegen diese persönlich [Palandt-Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 2059 Rz. 11] – Anmerkung des Verfassers.)

Bedeutung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 04.06.2014

im Hinblick auf die Geltendmachung des Pflichtteils

Diese Entscheidung hat beispielsweise die Bedeutung, dass ein Pflichtteilsberechtigter sich mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Miterben, die die Erbschaft bereits angenommen haben, nicht Zeit lassen darf, bis auch der letzte Miterbe die Erbschaft angenommen hat, wenn die Verjährungsfrist bezüglich der Miterben, die die Erbschaft schon angenommen haben, abzulaufen droht.

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