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Wozu eine Vertragsstrafe?

Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bedeutet die verbindliche Zusage des Schuldners, dem Gläubiger bei Verletzung einer vertraglichen Pflicht eine Geldsumme zu zahlen. Auf diese Weise wird die Sanktion vertragswidrigen Verhaltens ermöglicht und etwaige Wiederholungsgefahr ausgeräumt. Das Versprechen einer Vertragsstrafe dient damit der effektiven Verfolgung von Vertragsverletzungen.

Wie werden Vertragsstrafen verwendet?

Besonders im Patentrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Urheberrecht wird Rechtsverletzungen mit individuell ausgehandelten strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen begegnet. Vor und bei Abschluss eines solchen Vertrages sollte unbedingt rechtliche Beratung durch einen Anwalt erfolgen, der über die weiteichenden Konsequenzen und erheblichen finanziellen Risiken aufklärt.

Vertragsstrafeversprechen können auch als AGB-Klauseln ausgestaltet sein. Dies ist insbesondere in Arbeitsverträgen der Fall, wenn der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen in seinem Interesse einseitig bei Vertragsschluss stellt, vgl. § 305 I BGB. Anders als individuell ausgehandelte Vertragsstrafen greift hier ein strenger gesetzlicher Prüfungsmaßstab.

Wann ist eine Vertragsstrafe zu zahlen?

Verschuldensprinzip

Die Pflicht, im Einzelfall eine Vertragsstrafe zu zahlen, ist grundsätzlich verschuldensabhängig. Verschuldet ist jedoch nicht nur eine vorsätzliche, sondern schon jede fahrlässige Verletzungshandlung, § 276 I BGB. Die Schuldhaftigkeit der Verletzung einer vertraglichen Plicht wird bei objektivem Vorliegen einer Vertragsverletzung zudem vermutet, sodass es dem Schuldner obliegt, das Gegenteil darzulegen und zu beweisen. Das Verschuldenserfordernis an sich muss im Vertrag zum Ausdruck kommen.

Eine abweichende Vereinbarung, nach der eine Vertragsstrafe auch ohne Verschulden anfällt, ist außerhalb von AGB zulässig, § 339 BGB. Dies ist bei strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen die Regel, sodass allein die Abmahnung wegen eines Verstoßes zur Zahlung der Vertragsstrafe verpflichtet.

Haftung für Dritte

Nicht nur eigene Verstöße, sondern auch die von sog. Erfüllungsgehilfen können eine Pflicht zur Zahlung einer Vertragsstrafe auslösen, § 278 I BGB. Erfüllungsgehilfen sind solche Personen, die mit Wissen und Wollen des Schuldners zur Erfüllung von dessen Verbindlichkeiten als Hilfsperson tätig werden. Darunter können Mitarbeiter wie bloß einmalig Beauftragte gleichermaßen fallen.

Genauso haftet eine Gesellschaft für das Verhalten ihrer Organe, § 31 BGB. Folglich wird eine Vertragsstrafe für die Vertragsverletzung eines einzelnen Organs grundsätzlich nur einmal fällig, und zwar für die Gesellschaft als Haftungsverband. Wurde der vertragswidrig Handelnde indes nicht in seiner Funktion innerhalb der Gesellschaft tätig, so haftet das Organ selbst.

Grundsätzlich wird durch die vertragliche Vereinbarung auch der Gesamtrechtsnachfolger gebunden, § 1922 BGB. Dies gilt insbesondere für die Rechtsnachfolger eines Unternehmens, § 25 HGB.

Höhe der Vertragsstrafe

Wie hoch kann und darf eine Vertragsstrafe sein?

Da es sich bei der Vertragsstrafe um ein Instrument handelt, das eine konkrete Rechtsverletzung sanktionieren und deren Wiederholung verhindern soll, bestimmt sich ihre Höhe nach den Umständen des Einzelfalls. Eine feste Obergrenze besteht nicht. Um ihre Abschreckungswirkung beizubehalten muss die Höhe der Vertragsstrafe erheblich über den wirtschaftlichen Vorteilen liegen, die aus der Verletzungshandlung resultieren würden.

Für die konkrete Berechnung werden Schwere und Ausmaß der Verletzung, deren Gefährlichkeit für den Berechtigten, das Verschulden Handelnden, dessen Interesse an vergleichbaren Verletzungshandlungen und sein nachträgliches Verhalten sowie ggf. Art und Größe seines Unternehmens berücksichtigt.

Nach Beispielen aus der Rechtsprechung liegt in Geschäftsbereichen mit normaler wirtschaftlicher Bedeutung die Spanne einer ausreichenden Vertragsstrafe zwischen 2.500,00 € bis 10.000,00 €, während Beträge bis 2.000,00 € nicht ausreichen sollen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 21.08.2018, Az. 3 U 1138/18).

Wer bestimmt die Höhe der Vertragsstrafe?

Eine Möglichkeit besteht darin, dass der Gläubiger einen Festbetrag bestimmt. Üblich sind hier die Beträge 5.001 € und 5.100 €, weil ein Streitwert über 5.000 € Zahlungsklagen vor den als besonders kompetent erachteten Landgerichten ermöglicht, §§ 23 Nr. 1, 71 GVG.

Verbreitet ist jedoch auch, die Bestimmung der Höhe der Vertragsstrafe dem billigen Ermessen Gläubigers (sog. neuer Hamburger Brauch) zu überlassen. Für den Gläubiger ist dies insoweit attraktiv, als dass er regelmäßig über mehr Sachkenntnis als das Gericht verfügt und je nach Verletzung flexibel entscheiden kann. Der Vorteil für den Schuldner liegt darin, dass er gerichtliche Überprüfung verlangen kann. Maßstab dafür ist jedoch nur die Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe, ein Anspruch auf Nachbesserung durch das Gericht steht dem Schuldner indes nicht zu.

Wie oft sind Vertragsstrafen zu zahlen?

In der Praxis stellt sich oft die Frage nach dem genauen Umfang einer Unterlassungspflicht. Auch hier ist neben der unterschriebenen Erklärung letztlich deren Zielsetzung ausschlaggebend, jedwede Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern.

Gleichartige Verletzungshandlungen

In diesem Zusammenhang hat der BGH deshalb die sog. Kerntheorie formuliert:

„Eine Verletzungshandlung begründet die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt.“ (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 – I ZR 46/07 – Fischdosendeckel).

Folglich sind neben der im Vertragsstrafeversprechen beschriebenen Handlung auch alle vergleichbaren Verhaltensweisen erfasst.

Mehrere Verletzungshandlungen als natürliche Handlungseinheit

Andererseits können mehrere Verletzungshandlungen aufgrund ihres engen zeitlichen Zusammenhangs sowie einer äußerlich erkennbaren Zusammengehörigkeit zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst sein, für die nur einmalig eine Vertragsstrafe zu zahlen ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2015, Az. I ZR 224/13 – Kopfhörer-Kennzeichnung). Hier gilt es zu beachten, dass Verletzungshandlungen auf verschiedenen Internetplattformen schon mangels Erkennbarkeit der zusammenhängenden Einzelakte nach außen keine natürliche Handlungseinheit darstellen.

Welche Vertragsstrafen sind unzulässig?

Wenn die Festlegung der Höhe der Vertragsstrafe in Form eines Leistungsbestimmungsrechts, §§ 315, 317 BGB auf einen Dritten übertragen werden soll, so muss der Dritte eindeutig bestimmt sein (LG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2014, Az. 34 O 35/14).

Nicht erlaubt ist weiterhin eine Vertragsstrafe in Form einer Spende an Dritte (LG Köln, Urteil vom 20.08.2013, Az. 33 O 292/12).

Vertragsstrafen, die als AGB-Klauseln ausgestaltet sind, unterliegen zum Schutz des Schuldners der sog. AGB-Kontrolle. Das absolute Verbot von Vertragsstrafen für Vertragsbruch (§ 309 Nr. 6 BGB) gilt im Arbeitsrecht nicht, da dem Arbeitgeber sonst kein Rechtsmittel bleibt, sich gegen den Arbeitnehmer zu wehren, § 310 IV 2 BGB. Trotzdem muss er ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung des in der Klausel festgelegten Verhaltens des Arbeitnehmers haben. Ein wirksames Vertragsstrafeversprechen muss klar verständlich formuliert sein, § 307 I 2 BGB und darf nicht an unerwarteter Stelle im Vertrag untergeschoben werden, § 305c I BGB. Außerdem darf die Klausel den Schuldner nicht unangemessen benachteiligen, § 307 I 1 BGB. Hier besteht Raum für die Überprüfung der Vertragsstrafe auf ihre Angemessenheit. Die Arbeitsgerichte orientieren sich dabei an einem Monatsgehalt als Obergrenze. Zugunsten des Schuldners führen unwirksame Klauselbestandteile immer zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel.

Antrag auf Herabsetzung der Vertragsstrafe

Neben der gerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit im Rahmen des neuen Hamburger Brauchs und der AGB-Kontrolle kann der Schuldner durch Antrag verlangen, dass eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe auf einen angemessenen Betrag herabgesetzt wird, § 343 BGB. Im kaufmännischen Verkehr ist dies grundsätzlich ausgeschlossen, § 348 HGB. Entscheidend ist die Qualifikation als Kaufmann, § 1 HGB.

Hinweis: Im Rahmen des Vertragsschlusses kann diese Regelung abbedungen werden. Ist dies nicht geschehen erlaubt der BGH bei offenkundig unverhältnismäßigen Vertragsstrafen auch im kaufmännischen Verkehr eine Herabsetzung nach Treu und Glauben, § 242 BGB (BGH, Urteil vom 17.07.2008, Az. I ZR 168/05 – Kinderwärmekissen).

Welche Kosten können entstehen?

Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe begründet einen vertraglichen Zahlungsanspruch und keinen Schadensersatz. Folglich kann der Gläubiger keine Rechtsanwaltskosten, die ihm im Voraus entstanden sind, vom Schuldner ersetzt verlangen. Der Schuldner macht sich nur schadensersatzpflichtig, wenn er verspätet erfüllt und zusätzlich Verzug vorliegt, §§ 280 I, II, 286 BGB. Dafür ist ein fälliger Anspruch sowie eine Mahnung nötig, die bei vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht vorliegen.

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