Kanzlei Fathieh – Rechtsanwälte in Heidelberg

Informationen für den Kalendermonat Oktober 2008

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss im Impressum und die Hinweise zum Haftungssauschluss unter der Rubrik "Aktuelles“. Durch das Lesen der vorliegenden allgemeinen Informationen entsteht insbesondere kein Vertrag und kein Mandatsverhältnis. Die Bereitstellung der vorliegenden Informationen stellt keine Rechtsberatung oder steuerrechtliche Beratung dar. Allgemeine Informationen wie die vorliegenden können Rechtsberatungen nicht ersetzen.

Rückruf-Service

Die Schilderung Ihres konkreten Rechtsproblems und die Absendung als E-Mail lösen noch keine Gebühren aus. Sie gehen noch kein Risiko ein. Erst wenn Sie mein Honorarangebot annnehmen sollten, enststehen Ihnen Kosten. Bitte bedenken Sie, dass die Kommunikation per E-Mail nicht sicher ist. Ich werde Sie in der Mail in der ich mein Honorarangebot übermittle daher nochmals fragen, ob die Beantwortung Ihrer Rechtsfrage per E-Mail oder per herkömmlicher Post, Telefon oder vor Ort gewünscht wird.

Anfrage per E-Mail

Inhaltsverzeichnis:

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Steuerrecht:

Wirtschaftsrecht:

Abschließende Hinweise:

Zum Anfang

Arbeitsrecht

Teilzeitanspruch: Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitlage kann gegen Teilzeitwunsch sprechen

Arbeitnehmer haben nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung ihrer Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann den Teilzeitwunsch ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Aus einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung zur Regelung der Lage der Arbeitszeit im Betrieb können sich Gründe ergeben, aufgrund derer der Arbeitgeber die Zustimmung zu der vom Arbeitnehmer gewünschten Neuverteilung der Arbeitszeit verweigern kann.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG). Geklagt hatte dort ein Flugkapitän eines Luftfahrtunternehmens. Eine tarifliche Regelung in diesem Unternehmen sieht vor, dass die Personalvertretung über die Feststellung der Umlaufpläne des Cockpitpersonals auf den einzelnen Flugstrecken mitzubestimmen hat. Eine „Betriebsvereinbarung Teilzeit“ regelt verschiedene angebotene Teilzeitmodelle. Die dort vorgesehenen Blockteilzeitmodelle werden nur auf das Kalenderjahr befristet angeboten. Der Flugkapitän verlangt die unbefristete Verringerung seiner Arbeitszeit um 30 Kalendertage. Die Blockfreizeit soll jeweils vom 17. Dezember bis 15. Januar des Folgejahres dauern.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Auch die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Dem Verringerungs- und Neuverteilungswunsch des Flugkapitäns stünden nach Ansicht der Richter keine betrieblichen Gründe entgegen. Sie ergäben sich insbesondere nicht aus der „Betriebsvereinbarung Teilzeit“. Die Beschränkung auf befristete Blockteilzeit in der Betriebsvereinbarung gelte nur für die auf ihrer Grundlage angebotenen Teilzeitmodelle. Der gesetzliche Anspruch auf unbefristete Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit könne dagegen durch eine Betriebsvereinbarung nicht zeitlich begrenzt werden (BAG, 9 AZR 313/07).

Zum Anfang

Betriebsrat: Arbeitgeber muss Kosten für die Schulung über Strafvorschriften tragen

In Großunternehmen gehört die Kenntnis von Strafvorschriften der Betriebsverfassung (§§ 119 und 120 des Betriebsverfassungsgesetzes) zum Grundlagenwissen von Betriebsräten. Daher muss der Arbeitgeber die hierfür anfallenden Schulungskosten tragen.

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einem jetzt rechtskräftig gewordenen Beschluss. Dabei hat das Gericht insbesondere die Strafbestimmung des § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG herausgestellt, die die Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern um ihrer Tätigkeit willen untersagt. Unzulässig seien zum Beispiel die Zuweisung einer besonders verbilligten Werkswohnung, die Einräumung besonders günstiger Konditionen bei einem Firmendarlehen, die Bevorzugung bei der Gestellung von Firmenwagen oder bei der Gewährung von Personalrabatten. Die Grenzziehung zwischen erlaubter Behandlung und verbotener Vorzugsbehandlung sei im Einzelfall schwer zu bestimmen. Deshalb sei es erforderlich, dass Betriebsräte unabhängig von konkreten Anlässen über diese Grenzziehung informiert seien. Das LAG betonte auch die latente Gefahr, dass solche Begünstigungen begangen würden. Das würden die bekannt gewordenen Vorgänge in Großunternehmen zeigen, in denen unrechtmäßige Begünstigungen in Millionenhöhe in Rede stünden (LAG Köln, 14 TaBV 44/07).

Zum Anfang

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Entschädigung wegen Benachteiligung einer Schwangeren

Eine schwangere Arbeitnehmerin, deren befristetes Arbeitsverhältnis aufgrund des Vorliegens einer Schwangerschaft nicht verlängert wird, hat Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangenen Arbeitseinkommens und zusätzlich auf angemessene Entschädigung wegen einer Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Diese Klarstellung traf das Arbeitsgericht Mainz im Fall einer Arbeitnehmerin, die geltend gemacht hatte, ihr Arbeitsvertrag sei wegen ihrer Schwangerschaft nicht über das Fristende hinaus verlängert worden. Sie konnte den Beweis führen, dass ihr Vorgesetzter auf die telefonische Anfrage ihrer Mutter nach den Gründen für die Nichtverlängerung mitgeteilt hatte, Grund für die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrags sei die Schwangerschaft der Klägerin. Die damit indizierte Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts konnte der Arbeitgeber nicht widerlegen.

Entscheidend war in diesem Rechtsstreit die prozessuale Frage der Beweislastverteilung. Weil die klagende Arbeitnehmerin eine Indiztatsache dafür beweisen konnte, dass die Nichtverlängerung des befristeten Arbeitsvertrags auf einer Schwangerschaft und damit auf einer Benachteiligung wegen ihres Geschlechts beruhte, musste der Arbeitgeber beweisen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen habe. Das konnte er hier nicht. Hätte dagegen die Arbeitnehmerin ihren Indizienbeweis nicht führen können, hätte sie den Prozess verloren (Arbeitsgericht Mainz, 3 Ca 1133/08).

Zum Anfang

Beamtenrecht: Schadenersatz bei Falschtanken

Ein Beamter, der sich vor dem Betanken seines Dienstfahrzeugs nicht vergewissert, welcher Kraftstoff zu tanken ist und infolgedessen den falschen Kraftstoff tankt, muss den hierdurch entstehenden Schaden ersetzen.

Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz und wies die Klagen zweier Polizeibeamter ab. Beide hatten ihr Dienstfahrzeug versehentlich mit Super-Benzin anstatt mit Dieselkraftstoff betankt. Die Kraftstofftanks mussten jeweils entleert und gereinigt werden. Hierdurch entstand dem beklagten Land Kosten von mehreren hundert Euro. Diese verlangten sie von den Polizeibeamten im Wege des Schadenersatzes zurück. Hiergegen klagten die Beamten. Sie beriefen sich im Wesentlichen darauf, nicht grob fahrlässig gehandelt zu haben. Sie hätten unter erheblichem dienstlichen Belastungsdruck gestanden. Zudem hätte der Dienstherr nicht die notwendigen technischen Vorkehrungen getroffen, um eine Falschbetankung zu verhindern. Auch seien sie es gewohnt, ihre privaten Fahrzeuge mit Super-Kraftstoff zu betanken.

Ihre Klagen gegen die Kostenbescheide blieben vor dem VG ohne Erfolg. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es zu den Dienstpflichten des Beamten gehöre, das Eigentum und das Vermögen des Dienstherrn nicht zu schädigen. Verletze er dies vorsätzlich oder grob fahrlässig, müsse er dem Dienstherrn den daraus entstehenden Schaden ersetzen. Bei der Benutzung eines Dienstfahrzeugs, das aufgetankt werden müsse, handele ein Beamter angesichts der bekannten verschiedenen Kraftstoffsorten in der Regel grob fahrlässig, wenn er sich vor dem Tankvorgang nicht vergewissere, welcher Kraftstoff zu tanken sei. Ein minder schwerer Schuldvorwurf sei nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Jedenfalls müsse es für jeden Beamten eine auf der Hand liegende Selbstverständlichkeit sein, vor Beginn des Tankens auf die für das konkrete Fahrzeug zulässige Kraftstoffsorte zu achten. Auch eine hohe Arbeitsbelastung könne den Beamten nicht davon befreien, offenkundig auf der Hand liegende und ohne Mühe einzuhaltende Selbstverständlichkeiten zu beachten (VG Koblenz, 6 K 255/08.KO und 6 K 256/08.KO).

Zum Anfang

Baurecht

Baumangel: Sammelregenwasserableitung ist bei mehreren Reihenhäusern kein Mangel

Fehlt es bei einem Kauf- und Werkvertrag über eine Doppelhaushälfte, die im Rahmen eines Gesamtprojekts (hier 30 Doppelhäuser) errichtet werden soll, an einer ausdrücklichen Regelung zur Regenwasserableitung, liegt kein Mangel vor, wenn statt einer Einzelableitung eine Sammelableitung installiert wird.

Mit dieser Begründung wies das Kammergericht (KG) die Klage eines Hauskäufers ab. Durch die Sammelableitung ergebe sich keine Einschränkung der Funktionstauglichkeit. Auch sei ein Einzelanschluss nicht vertraglich vereinbart gewesen. Der Käufer hätte damit rechnen müssen, dass der Bauträger des Gesamtprojekts das Objekt über einen Gesamtanschluss anschließen werde. Dies sei nicht unüblich (KG, 21 U 202/05).

Zum Anfang

Verkehrssicherungspflicht: Unternehmer haftet nicht bei Schäden durch bekannte Gefahrenlage

Ein Bauunternehmer muss einen auf derselben Baustelle tätigen anderen Bauunternehmer nicht vor Gefahrenquellen warnen, deren Beseitigung seine Aufgabe ist und deren Bestehen allen Beteiligten bekannt ist.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Bremen im Fall eines Bauunternehmers hin, der bei einer Hafenbaustelle eine unter der Wasseroberfläche befindliche Spundwand beseitigen sollte. Allen auf der Baustelle tätigen Unternehmen war diese nicht sichtbare Wand bekannt. Gleichwohl fuhr ein anderer Unternehmer mit einem Boot über diese Stelle und stieß mit der Spundwand zusammen. Das Boot wurde dabei stark beschädigt.

Das OLG wies die Schadenersatzklage des geschädigten Bauunternehmers ab. Die Richter machten deutlich, dass dem ersten Unternehmer keine Verkehrssicherungspflichtverletzung vorgeworfen werden könne, wenn sich der andere Bauunternehmer in den Gefahrenbereich begebe, ohne zuvor eine konkrete Mitteilung über die Beseitigung der Gefahrenlage erhalten zu haben. Das gelte jedenfalls, wenn der erste Bauunternehmer von dem gefährlichen Tun des anderen Bauunternehmers keine Kenntnis habe (OLG Bremen, 1 U 26/07).

Zum Anfang

Liquidität: Keine Doppelsicherung für Gewährleistungsansprüche

Der eine oder andere Auftraggeber versucht schon mal, sich zwei Sicherheiten zu verschaffen, indem er abgelöste Bareinbehalte nicht auszahlt, sondern mit Ansprüchen aus anderen Bauvorhaben verrechnen will.

Solchen Vorhaben hat das Landgericht (LG) Münster eine glasklare Absage erteilt. Die Leitsätze des Urteils sprechen für sich: Die Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft im Austausch gegen die Auszahlung eines Bareinbehalts erfolgt unter der stillschweigend vereinbarten auflösenden Bedingung, dass der Bareinbehalt alsbald effektiv, also nicht durch Aufrechnung, ausgezahlt wird. Verwertet der Auftraggeber den Bareinbehalt durch Aufrechnung, tritt die auflösende Bedingung ein. Die Gewährleistungsbürgschaft kann nicht mehr in Anspruch genommen werden und ist herauszugeben. Dies gilt auch, wenn mit Ansprüchen aus anderen Bauvorhaben aufgerechnet wird (LG Münster, 2 O 569/07).

Zum Anfang

Familien- und Erbrecht

Elterliche Sorge: Übertragung auf einen Elternteil nur zum Wohle des Kindes

Sind die Eltern über Umgangs- und Sorgerechtsfragen so zerstritten, dass keine Einigung erzielt werden kann, kann das Sorgerecht auf einen Elternteil übertragen werden.

Dies ergibt sich aus zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) Köln. Die Richter machen in ihren Entscheidungen jedoch deutlich, dass es bei dieser Frage ausschließlich darauf ankommt, ob dies für das Wohl des Kindes erforderlich ist:

Zum Anfang

Ehegattenunterhalt: Erwerbsobliegenheit des selbstständigen Apothekers

Der auch nach Vollendung des 65. Lebensjahres weiterhin selbstständig tätige Apotheker muss sein Einkommen in vollem Umfang für Unterhaltszwecke verwenden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg im Fall einer 51-jährigen Ehefrau. Diese nahm ihren Mann, einen 68 Jahre alten selbstständig tätigen Apotheker, auf Trennungs- und – nach Rechtskraft der Scheidung – auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch. Das maßgebliche Durchschnittseinkommen des Ehemannes ermittelte das OLG aus dem Gewinn dreier aufeinanderfolgender Jahre. Dazu bezieht er mittlerweile eine Altersrente. Für die Unterhaltsbemessung zogen die Richter die Einkünfte des Mannes aus selbstständiger Tätigkeit und aus Rente kumulativ heran.

Die Richter erläuterten, dass jedenfalls abhängig Beschäftigte nach Erreichen des 65. Lebensjahres grundsätzlich nicht verpflichtet seien, weiter erwerbstätig zu sein. Wer eine solche Tätigkeit über diese Altergrenze hinaus ausübe, handele überobligatorisch. Er dürfe unterhaltsrechtlich die Tätigkeit jederzeit beenden. Ob er sich das daraus erzielte Einkommen anrechnen lassen müsse, sei eine Frage des Einzelfalls.

Anders sei dies jedoch bei Freiberuflern, wie Ärzten, Anwälten und Kaufleuten. Bei Selbstständigen, die üblicherweise über das 65. Lebensjahr hinaus tätig sind, sei das erzielte Einkommen regelmäßig voll für Unterhaltszwecke zu verwenden. Es sei davon auszugehen, dass die selbstständige Tätigkeit wahrscheinlich in demselben Umfang ausgeübt worden wäre, wenn die Ehe fortgesetzt worden wäre. Hinzu komme, dass der Pflichtige meist einverständlich mit dem Ehepartner noch keine hinreichende Alterssicherung auf den Zeitpunkt des Ruhestandsalters, sondern eine Berufstätigkeit bis zum höheren Alter geplant habe. Die so erzielten Einkünfte seien nach Treu und Glauben und unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalls anzurechnen (OLG Brandenburg, 10 UF 124/07).

Zum Anfang

Kindesunterhalt: Auskunftspflicht auch über Einkommensverhältnisse des Ehegatten

Der von seinem volljährigen Kind auf Unterhalt in Anspruch genommene Elternteil hat auf Verlangen – jedoch nur in groben Zügen – auch über die Einkommensverhältnisse seines Ehegatten Auskunft zu erteilen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Thüringen hin. Die Richter machten aber deutlich, dass dies nicht in jedem Fall gelte. Die Auskunftspflicht bestehe nur, soweit sie erforderlich sei, um den Anteil des Ehegatten am Familienunterhalt bestimmen zu können. Dabei bestehe auch kein Anspruch auf Erteilung von Belegen etc. (OLG Thüringen, 1 UF 397/07).

Zum Anfang

Kindesunterhalt: Kinder aus erster und zweiter Ehe beim Unterhalt gleichberechtigt

Kinder aus erster und zweiter Ehe sind jedenfalls in Sachen Unterhalt gegenüber dem Vater gleichberechtigt. Dieser kann daher nicht verlangen, dass bei der Bestimmung des „Selbstbehalts“ (pfändungsfreier Teil des Einkommens) die Interessen der Kinder aus zweiter Ehe stärker gewichtet werden als die seiner „Erstlinge“.

Das zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Coburg in einer Zwangsvollstreckungssache eines Vaters von vier Kindern. Zwei davon stammten aus seiner ersten Ehe, zwei weitere gingen aus seiner jetzigen zweiten Ehe hervor. Als er die Unterhaltszahlungen an die ersten beiden Kinder einstellte, erwirkten diese eine gerichtliche Pfändung in das Arbeitseinkommen ihres Vaters. Von dem monatlichen Nettoeinkommen von 1.350 EUR verblieb dem Vater ein Selbstbehalt in Höhe von 1.085 EUR. Zu wenig für den notwendigen Lebensunterhalt seiner neuen Familie, meinte er, und beschwerte sich beim Landgericht (LG) Coburg, um eine Erhöhung auf 1.170 EUR zu erreichen.

Der Antrag blieb jedoch ohne Erfolg. Denn wegen der Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen Kindern Nummer drei und vier war der ihm eigentlich zustehende Selbstbehalt von 821 EUR ohnehin schon um die Hälfte seines diesen Betrag übersteigenden Einkommens (also um 274 EUR) gesteigert. Die andere Hälfte dieses „Mehreinkommens“ müsse aber nach der Entscheidung des Gerichts für den Unterhalt der Kinder aus erster Ehe verbleiben. Sonst würden diese nämlich gegenüber ihren Halbgeschwistern benachteiligt. Und das dürfe nicht sein, weil alle vier Kinder gleichrangige Unterhaltsberechtigte seien (LG Coburg, 41 T 56/08).

Zum Anfang

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Schadenersatz: Haftung des Mieters besteht nur für gemeldete Mängel

Stolpert der Mieter über Risse schadhafter Bodenplatten der angemieteten Flächen und verletzt er sich dabei, kommt eine Haftung des Vermieters nur in Betracht, wenn der Mieter den Mangel angezeigt hat.

Mit dieser Begründung wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf die Klage eines Mieters zurück. Dieser war in seinen Mieträumen gestürzt und hatte sich dabei schwer verletzt. Ein Schmerzensgeld könne er nach Ansicht der Richter dafür von seinem Vermieter jedoch nicht erhalten. Zwar sei der Vermieter verpflichtet, die Mietsache für die Dauer des Mietverhältnisses instand zu halten. Er könne aber nicht ständig die Mieträume betreten und kontrollieren, ohne den Mieter in seinem Besitz zu stören. Daher müsse er ohne konkreten Anlass die Mieträume nicht untersuchen. Erst wenn der Mieter einen Mangel anzeige, müsse der Vermieter aktiv werden. Obwohl der Mieter im vorliegenden Fall die schadhafte Bodenplatte gekannt habe, habe er dies dem Vermieter nicht angezeigt. Der Vermieter habe daher auch keine Veranlassung zur Reparatur gehabt. Entsprechend sei er nicht zum Schadenersatz verpflichtet (OLG Düsseldorf, I-24 U 44/08).

Zum Anfang

Mietzahlung: Kein Verzug, wenn Vermieter ohne Ankündigung Lastschriftverfahren aussetzt

Wird die Einziehung von Mietzinsforderungen im Lastschriftverfahren vereinbart, so kommt der Schuldner nicht in Verzug, wenn der Gläubiger von der Ermächtigung keinen Gebrauch mehr macht, ohne dies vorher anzukündigen.

Dies gilt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart grundsätzlich auch, wenn die Einziehung im Lastschriftverfahren unterbleibt, weil es zuvor zu einzelnen Rücklastschriften gekommen ist. Anders verhält sich die Sachlage nach Ansicht der Richter nur, wenn so konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass keine Deckung besteht, dass es treuwidrig wäre, wenn der Schuldner sich weiterhin auf das Lastschriftverfahren berufen könnte. Diese Ausnahme liege aber üblicherweise nicht vor, wenn es in mehreren Monaten nur zu vereinzelten Rücklastschriften gekommen ist (OLG Stuttgart, 5 U 20/08).

Zum Anfang

Befristetes Mietverhältnis: Krankheit ist kein Grund zur fristlosen Kündigung

Eine schwere Krankheit des Mieters rechtfertigt nicht die Kündigung des Mietvertrags.

Mit dieser Begründung verweigerte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf einem Mieter die beantragte Prozesskostenhilfe. Die Richter machten deutlich, dass seine beabsichtigte Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Der schwer krebskranke Mieter wollte wegen seiner Erkrankung das befristete Mietverhältnis fristlos kündigen.

Nach Ansicht der Richter rechtfertige die Erkrankung jedoch keine Kündigung des Vertrags aus wichtigem Grunde. Habe der Vermieter seine Vertragspflichten unstreitig nicht verletzt, könne ein befristeter Mietvertrag allenfalls ausnahmsweise vorzeitig gekündigt werden, wenn sonstige wichtige Gründe aus dem lnteressenbereich des Mieters vorlägen, die nicht in dessen Risikosphäre fallen. Das treffe für eine Erkrankung des Mieters aber nicht zu. Dieser trage vielmehr das persönliche Verwendungsrisiko. Dabei sei gleichgültig, warum er für die langfristig angemieteten Räume keine Verwendung mehr habe. Zu dem vom Mieter zu tragenden Risiko gehöre deshalb auch der Erhalt seiner Gesundheit. Nach den Gesetzesvorschriften falle selbst sein Tod in seinen Risikobereich. Dieser beende das Mietverhältnis nicht, sondern lasse es auf die Erben übergehen. Dieser gesetzlich vorgesehenen Risikoverteilung stünden auch nicht die Grundsätze von Treu und Glauben entgegen. Der Mieter habe nämlich die Möglichkeit der Untervermietung. Hierdurch werde sein Risiko deutlich reduziert (OLG Düsseldorf, I-24 W 53/08).

Zum Anfang

Nebenwohnsitz: Student muss keine Zweitwohnungsteuer zahlen

Ein Student, der im Haushalt seiner Eltern mit Hauptwohnsitz gemeldet ist, kann für seinen Nebenwohnsitz am Studienort nicht zur Zweitwohnungsteuer herangezogen werden.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Studenten, der mit Hauptwohnsitz in der elterlichen Wohnung in Landau und mit Nebenwohnsitz in seinem Studienort Mainz gemeldet war. Die Stadt forderte von ihm für die Nebenwohnung Zweitwohnungsteuer in Höhe von 340,00 EUR jährlich. Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht statt.

Das OVG wies die von der Stadt Mainz eingelegte Berufung zurück. Eine Zweitwohnungsteuer könne nur erhoben werden, wenn für eine weitere Wohnung ein besonderer Aufwand betrieben werde, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehe und deshalb eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen vermuten lasse. An dem danach für die Steuererhebung erforderlichen Wohnen in zwei Wohnungen fehle es im Allgemeinen bei Studenten, die in der elterlichen Wohnung melderechtlich ihre Hauptwohnung beibehielten. Denn über die ihnen von den Eltern überlassenen Räumlichkeiten stehe Studenten in der Regel keine tatsächliche und rechtliche Verfügungsmacht zu, sodass sie dort nicht Inhaber einer Erstwohnung im steuerrechtlichen Sinne seien. Deshalb könnten sie am Studienort auch keine zweite Wohnung innehaben (OVG Rheinland-Pfalz, 6 A 11354/07.OVG).

Zum Anfang

Verbraucherrecht

Knastladen.de: Neuer Onlineshop im Internet

Am Samstag, den 30.8.2008 um 12.00 Uhr war es soweit: Die neue Verkaufsplattform für Produkte aus den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen wurde im Rahmen des Nordrhein-Westfalen-Tages in Wuppertal eröffnet.

Es wurde nicht nur ein neuer Name erdacht, sondern ein vollkommen neuer Shop für interessierte Bürgerinnen und Bürger entwickelt. Im Knastladen.de können ca. 350 verschiedene Produkte aus mehr als 20 Justizvollzugsanstalten erworben werden. Den Kunden erwartet eine viel größere Produktauswahl, alle angebotenen Artikel können jetzt unmittelbar an den Käufer versandt werden. Auch die Benutzerfreundlichkeit wurde stark verbessert, so reicht nun nur eine Anmeldung aus, um alle Produkte ansehen und bestellen zu können.

Zum Anfang

Nachbarrecht: Wann auf das Nachbargrundstück hängende Äste beseitigt werden müssen

Wachsende und gedeihende Bäume in des Nachbars Garten sieht nicht jeder mit ungeteilter Freude. Bedeuten Sie doch für den eigenen Grund und Boden mitunter Schatten und verstreute Pflanzenteile. Wenn dann sogar die Äste über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen, kann man sich in der Regel dagegen wehren und Beseitigung verlangen.

Das zeigt ein von Amts- und Landgericht Coburg jetzt entschiedener Fall, in dem ein Grundstückseigentümer auf Antrag seines Nachbarn verurteilt wurde, seinen Bäumen die auf den Nachbarsgrund ragenden Äste zu stutzen. Entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze standen seit mehr als 30 Jahren auf Seiten des Beklagten 18 Fichten und eine Birke. Ganz nach Baumart wuchsen sie nicht nur beständig gen Himmel, sondern streckten ihre Äste auch immer weiter in Richtung Garten des Klägers. Nachdem sie bis zu 4 m in seinen „Luftraum“ vorgedrungen waren, hatte der genug und verlangte Beseitigung dieses Überwuchses. Der Beklagte aber meinte, der Kläger werde doch gar nicht spürbar beeinträchtigt.

Das sahen die Coburger Gerichte nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten aber anders. Sie führten aus, dass der Kläger die überhängenden Äste nur dulden müsse, wenn sein Grundstück durch sie nicht beeinträchtigt werde. Angesichts eines Überhangs von bis zu 4 m mit dadurch verstärkter Schattenbildung und den Naturgesetzen entsprechend herabfallenden Nadeln, Zapfen und abgestorbenen Zweigen sei eine Beeinträchtigung jedoch nicht zu bezweifeln. Der Beklagte müsse dem Wachstum seiner Bäume daher an der Grundstücksgrenze Einhalt gebieten (AG Coburg, 15 C 1615/07; LG Coburg, 33 S 26/08).

Zum Anfang

Versicherungsrecht: Mitversicherte Personen in der Reiserücktrittsversicherung

Die Aufzählung der in einer Reiserücktrittskostenversicherung angeführten mitversicherten Personen ist abschließend. Ein Verlobter, der nicht in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherungsnehmer lebt, gehört nicht dazu.

Das musste sich eine Frau vor dem Amtsgericht (AG) München sagen lassen, die für sich und ihren Verlobten eine vierzehntägige Reise nach Korfu gebucht hatte. Die Reisekosten betrugen 1088 Euro. Gleichzeitig schloss sie auch eine Reiserücktrittsversicherung ab. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen waren als versicherte Personen aufgeführt der Vertragspartner, der Ehepartner, der eingetragene Lebenspartner und der in häuslicher Gemeinschaft wohnende Lebensgefährte sowie deren Kinder. In der Nacht vor dem Reiseantritt verstarb der Bruder des Verlobten der Antragstellerin, die daraufhin die Reise stornierte. Den Reisepreis verlangte sie von der Versicherung ersetzt. Diese weigerte sich aber zu zahlen, da der Verlobte aufgrund seines Arbeitsplatzes noch in einer anderen Stadt, somit nicht in häuslicher Gemeinschaft mit der Antragstellerin lebte.

Daraufhin erhob die Antragstellerin Klage vor dem AG und begehrte darüber hinaus Prozesskostenhilfe, da sie nicht in der Lage sei, den Rechtsstreit selbst zu finanzieren. Die zuständige Richterin lehnte die beantragte Prozesskostenhilfe jedoch ab, da die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. In den Versicherungsbedingungen seien die mitversicherten Personen abschließend aufgezählt. Der Verlobte als solcher gehöre nicht dazu, sondern nur, wenn er in häuslicher Gemeinschaft mit dem Vertragspartner lebe. Diese Aufzählung diene dazu, eindeutig vertraglich festzulegen, wer zu den mitversicherten Personen gehöre, um die vertragliche Verpflichtung der Versicherung klar zu definieren. Sie könne deshalb nicht durch Analogie erweitert werden. Der Stornierungsgrund, der in der Sphäre des nicht mitversicherten Verlobten liege, verpflichte die Versicherung nicht zur Zahlung (AG München, 274 C 35174/07).

Zum Anfang

Insolvenzrecht: Versicherungsleistungen fallen in die Insolvenzmasse

Wer Privatinsolvenz angemeldet hat, kann über Zahlungen seiner Versicherungen in der Regel nicht verfügen. Das gilt auch für Leistungen der Kfz-Kaskoversicherung, wenn der Insolvente den Pkw nicht unbedingt für die Arbeit braucht. Die Gelder stehen allein den Insolvenzgläubigern zu. Keine Rolle spielt, ob das Auto aus Mitteln angeschafft wurde, die nicht der Insolvenz unterliegen.

Das entschied das Landgericht (LG) Coburg in einem jetzt veröffentlichten Urteil und wies die Klage eines insolventen Berufssoldaten auf Zahlung von fast 6.900 EUR gegen seine Kaskoversicherung ab. Über dessen Vermögen war das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Einige Zeit später erwarb er aus dem Zusatzsold für einen Auslandseinsatz und einem Geldgeschenk seiner Mutter ein Mercedes Sportcoupé, das er bei der Beklagten kaskoversicherte. Nach einem Einbruch in den Pkw verlangte er von der Versicherung Reparaturkosten von fast 4.200 EUR sowie 2.700 EUR für ein gestohlenes Navi. Die Beklagte meinte aber, nur an den Insolvenzverwalter leisten zu dürfen und verweigerte die Zahlung.

Völlig zu Recht, wie das LG befand. Versicherungsleistungen würden nur bei Gegenständen, die nicht pfändbar seien, nicht in die Insolvenzmasse fallen. Da der Kläger seine Arbeitsstelle (eine Kaserne) ohne Weiteres mit der Bahn erreichen könne, sei der Mercedes keine beschlagfreie Sache. Ohne Belang sei zudem, ob das Auto mit insolvenzfreien Mitteln (z.B. Schenkung) erworben wurde. Weil der Schuldner nach Abschluss der Insolvenz von seinen gesamten Schulden befreit sei, habe der Gesetzgeber bewusst angeordnet, dass sämtliche pfändbaren Gegenstände (und Zahlungen einer Versicherung für diese) zur Schuldentilgung verwendet werden müssten (LG Coburg, 23 O 26/08).

Zum Anfang

Vereinsrecht: So überprüfen Zivilgerichte Vereinsstrafen

Vereinsstrafen unterliegen nur eingeschränkt der Überprüfung durch staatliche Gerichte. Das folgt aus dem Grundsatz der Vereinsautonomie. Was gerichtlich geklärt wird, hat das Landgericht (LG) Dortmund in einer erst jetzt bekannt gewordenen Entscheidung aus dem Jahr 2007 klargestellt. In der Klage gegen die Vereinsstrafe wird Folgendes geprüft:

Im konkreten Fall ging es um die Annullierung der Ergebnisse von Fußballspielen, bei denen ein Verein einen nicht versicherten ausländischen Spieler eingesetzt hatte. Das LG sah keinen Anlass, an der Entscheidung des Verbands gegen den Verein irgendetwas auszusetzen. So ergab es sich aus der Wettkampfordnung, dass Spiele mit nicht zugelassenen Spielern als verloren gewertet werden. Die Strafe war auch nicht willkürlich oder „grob unbillig“, weil der Verein auf den Einsatz des Spielers bei den betreffenden Partien hätte verzichten können und der fehlende Versicherungsschutz gravierende Risiken beinhaltete (LG Dortmund, 3 O 255/07).

Zum Anfang

Verkehrsrecht

Unfallschadensregulierung: Keine Nutzungsentschädigung bei Wohnmobil

Kann ein für reine Freizeitzwecke vorgesehenes Wohnmobil zeitweilig wegen eines Unfallschadens nicht genutzt werden, hat der Eigentümer keinen Anspruch auf abstrakte Nutzungsentschädigung.

Mit dieser Ansicht entschied der Bundesgerichtshof (BGH) zulasten eines Geschädigten, der zwei Fahrzeuge hatte. Zur Beförderung und zum Transport im Alltag benutzte er seinen Pkw. Außerdem besaß er ein Wohnmobil. Dieses wurde von dem Beklagten bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Für die Zeit der Reparatur verlangte der Kläger eine Nutzungsentschädigung. Sein Anspruch wurde in allen Instanzen zurückgewiesen, weil er keinen ersatzfähigen Vermögensschaden erlitten habe.

Seine Revision vor dem BGH blieb ebenfalls ohne Erfolg. Der vorübergehende Verlust der Nutzungsmöglichkeit des beschädigten Gegenstands könne nicht grundsätzlich als wirtschaftlicher Schaden gewertet werden. Nach Ansicht des BGH müsse hier ein strenger Maßstab angelegt werden. So bestehe für den Ausfall von anderen Gegenständen als Kfz eine Entschädigungspflicht (z.B. Sportmotorboot). Zwar erhöhe die jederzeitige Benutzbarkeit des Wohnmobils die Lebensqualität. Dieser Vorteil stelle jedoch keinen ersatzfähigen materiellen Wert dar. Soweit das Wohnmobil auch der Personenbeförderung diene, habe der Eigentümer diese Nutzung nicht unfallbedingt entbehren müssen, weil ihm ein Pkw zur Verfügung gestanden habe (BGH, VI ZR 248/07).

Zum Anfang

Rotlichtverstoß: Anhalten in Gelbphase muss möglich sein

Der Führer eines Fahrzeugs mit einem längeren Bremsweg muss seine Fahrweise so auf die Dauer der Gelbphase von drei Sekunden innerörtlich einrichten, dass er in der Gelbphase zum Halten kommen kann.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg kann sich der Fahrer nicht auf einen längeren Bremsweg berufen. Die Länge der Gelbphase (drei Sekunden innerörtlich) sei so ausgerichtet, dass ein Kfz bei Wechsel von Grün auf Gelb innerhalb der Gelbphase mittels normaler Betriebsbremsung anhalten könne. Habe das Fahrzeug einen längeren Bremsweg (z.B. Lkw, Straßenbahn) müsse der Fahrer gegebenenfalls bereits in der Grünphase seine Geschwindigkeit unter die zulässige Höchstgeschwindigkeit reduzieren (OLG Oldenburg, Ss 205/08).

Zum Anfang

Entziehung der Fahrerlaubnis: Keine Anwendung des § 69 StGB bei Booten

Nach § 69 Strafgesetzbuch (StGB) kann die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn der Betroffene wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wird, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Rostock fallen hierunter jedoch keine motorbetriebenen Boote oder Schiffe. Daher hoben die Richter eine Entscheidung der Vorinstanz wieder auf, mit dem ein Mann wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und ihm die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen worden war. Er hatte alkoholisiert einen Fischkutter geführt.

Nach Ansicht der Richter würden von § 69 StGB nur Landfahrzeuge erfasst, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. § 69 StGB bezwecke eine Sicherung des Straßenverkehrs vor ungeeigneten Kraftfahrern. Aus diesem Schutzzweck folge, dass ein Bezug zum Straßenverkehr bestehen müsse. Boote würden damit generell nicht unter das Merkmal Kraftfahrzeug fallen (OLG Rostock, 1 Ss 95/08).

Zum Anfang

Falschparker: Fahrrad durfte nicht abgeschleppt werden

Werden durch ein abgestelltes Fahrrad Fußgänger nicht behindert, darf es durch das Ordnungsamt nicht versetzt werden.

Das musste sich das Ordnungsamt der Stadt Münster sagen lassen. Stein des Anstoßes war ein Fahrrad, das ein Radfahrer unmittelbar an der südlichen Seitenwand des überdachten Treppenaufgangs vor dem Haupteingang des Hauptbahnhofs abgestellt hatte. Im Laufe des Tages versetzten Mitarbeiter des Ordnungsamts das Rad zu einer mehrere Straßen entfernten Sammelstelle. Hier konnte es der Eigentümer einige Tage später abholen. Weil er das Entfernen des Fahrrads für rechtswidrig hielt, reichte er Klage ein.

Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Münster bekam er recht. Die Richter entschieden, die Stadt Münster habe nicht innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt. Die Art und Weise, wie der Kläger sein Fahrrad vor dem Bahnhof abgestellt habe, habe nicht – wie von der Stadt geltend gemacht – gegen die Straßenverkehrsordnung oder brandschutzrechtliche Vorschriften verstoßen. Das Abstellen von Fahrrädern auf Gehwegen oder anderen dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen öffentlichen Verkehrsflächen sei grundsätzlich zulässig. Es verstoße nur gegen die Straßenverkehrsordnung, wenn andere geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt würden. Von dem Fahrrad des Klägers seien aber keine Behinderungen oder Belästigungen für Fußgänger ausgegangen, die den Hauptbahnhof Münster durch den Haupteingang betreten oder verlassen wollten. Das Rad habe sich nicht auf dem direkten Weg zwischen den Bushaltestellen bzw. den östlich der Radstation gelegenen Fußgängerwegen und dem Haupteingang des Bahnhofs befunden. Außerdem sei die 6,25 m breite, für den Fußgängerverkehr bestimmte Verkehrsfläche durch das Rad maximal um einen Meter verkürzt worden. Fußgänger, die üblicherweise zu einer Wand ohnehin etwas Abstand hielten, hätten an dem Fahrrad des Klägers vorbeigehen können, ohne ihre Bewegungsrichtung wesentlich ändern zu müssen. Ein Verstoß gegen brandschutzrechtliche Vorschriften sei ebenfalls nicht ersichtlich. Durch das Fahrrad seien Zufahrten und Aufstellflächen für Fahrzeuge der Feuerwehr nicht blockiert worden. Das werde bereits dadurch deutlich, dass der Beklagte den überdachten Treppenaufgang baurechtlich genehmigt und südlich dieses Aufgangs, etwa in der Mitte der für den Fußgängerverkehr bestimmten Verkehrsfläche, einen Laternenpfahl und zwei weitere Pfosten aufgestellt habe. Dieser Teil der Verkehrsfläche sei auch nicht als Rettungsweg zu qualifizieren.

Hinweis: Das VG hob abschließend hervor, dass durch diese Entscheidung selbstverständlich ein Vorgehen der Stadt gegen verkehrs- oder ordnungswidrig abgestellte Fahrräder nicht berührt werde (VG Münster, 1 K 1536/07).

Zum Anfang

Steuerrecht

Die neue Steuer-Identifikationsnummer: Konsequenzen für den Einzelnen

Das Bundeszentralamt (BZSt) für Steuern versendet seit dem 1.8.2008 die neue Steuer-Identifikationsnummer. Spätestens Ende 2008 wird jeder bei einem Einwohnermeldeamt registrierte Bürger mit einem unveränderlichen Kennzeichen von Geburt bis 20 Jahre nach dem Tod durch eine staatliche Verwaltung zentral erfasst sein. Nachfolgend die wichtigsten Auswirkungen für die Praxis:

Zum Anfang

Umsatzsteuer: Aspekte bei gewerblichen Ebay-Verkäufen

Unabhängig davon, ob Ebay und Co.-Verkäufer privat oder gewerblich tätig werden, das Finanzamt interessiert sich verstärkt für sie. So suchen die Finanzbehörden mit der Software XPIDER gezielt nach privaten Verkäufern, deren Verkaufsverhalten doch eher als gewerblich einzustufen ist. Aber auch bereits als gewerblich registrierte Verkäufer sollten diese die steuerlichen Folgen Ihres Tuns im Auge haben.

Da die ersteigerte Ware bei Ebay und Co. in der Regel bereits bezahlt werden muss bevor sie vom Verkäufer verschickt oder bei diesem abgeholt wird, entsteht die Umsatzsteuerschuld auch bereits in dem Voranmeldungszeitraum, in dem das Entgelt eingeht.

Wird man als Wiederverkäufer tätig, also als jemand, der bewegliche Gebrauchtgegenstände erwirbt und diese weiter veräußert, ist die sogenannte Differenzbesteuerung anzuwenden. Danach unterliegt der Umsatzsteuer nur die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis. Im Gegenzug ist dann allerdings kein Vorsteuerabzug möglich. Zudem wird die Umsatzsteuer in diesen Fällen nicht in der Rechnung ausgewiesen.

Hinweis: Das Finanzamt nimmt neben den Kauf- und Verkaufsvorgängen insbesondere auch die Handhabung bei den Porto- und Verpackungskosten genauer ins Visier. Deshalb sollte beachtet werden, dass Einnahmen für Porto und Verpackung der Umsatzsteuer unterliegen da sie umsatzsteuerrechtlich eine Nebenleistung zum Verkauf darstellen.

Zum Anfang

„Arbeit suchend“: Meldung bei Arbeitsagentur hat begrenzte Wirkung

Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird beim Kindergeld berücksichtigt, wenn

Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs wirkt eine einmalige Meldung als Arbeit suchend bei einer Agentur für Arbeit nur drei Monate fort. Nach Ablauf dieser Frist muss sich das Kind erneut als Arbeitsuchender melden. Unterlässt es dies, entfällt der Kindergeldanspruch, denn das Kind ist nicht mehr als Arbeitsuchender gemeldet. Die Erneuerung der Meldung bedarf keiner besonderen Form.

Das volljährige, aber noch nicht 21 Jahre alte Kind muss in der Zeit allerdings nicht arbeitslos im Sinne des Sozialgesetzbuches sein. Es genügt, dass es nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist. Die übrigen Merkmale der Arbeitslosigkeit wie Eigenbemühungen und Verfügbarkeit brauchen nicht mehr nachgewiesen zu werden. Wirkt ein Kind allerdings nicht ausreichend bei der Vermittlung mit, kann die Agentur für Arbeit die Vermittlung einstellen. Endet die Arbeitsvermittlungspflicht der Agentur, ist das Kind nicht mehr als Arbeit suchend gemeldet und ab dem Folgemonat entfällt der Kindergeldanspruch.

Hinweis: Damit reicht im Ergebnis ein einmal an die Agentur für Arbeit gerichtetes Vermittlungsgesuch nicht aus, um den Wunsch nach Vermittlung dauerhaft zu dokumentieren und den Anspruch auf Kindergeld zu erhalten. Für die Vermittlung ist eine Zeitgrenze gezogen, nach deren Ablauf die Erledigung des Gesuchs automatisch vermutet wird (BFH, III R 68/05).

Zum Anfang

Werbungskosten: Aufwand für vergebliche Planungsarbeiten können Werbungskosten sein

Aufwand für eine ursprüngliche, aber nicht verwirklichte Planung gehören regelmäßig zu den Herstellungs- und nicht den Werbungskosten eines Gebäudes. Dies ist zumindest immer dann der Fall, wenn sie bei gleichem Zweck und bei gleicher Bauart des geplanten und des später errichteten Bauwerks in dieses wertbestimmend eingegangen sind. Handelt es sich bei dem ursprünglich geplanten und dem dann tatsächlich errichteten Gebäude nach Zweck und Bauart aber um zwei völlig verschiedene Bauwerke und dient die Planung des ersten Gebäudes in keiner Weise der Errichtung des neuen Gebäudes, gehören vergebliche Planungskosten zu den sofort abziehbaren Werbungskosten.

Im Urteilsfall hatte der Steuerpflichtige 1995 ein mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebautes Grundstück gekauft. Die Mieterin der Wohnung war bereits vor dem Kauf ausgezogen, weil die Wohnverhältnisse nicht dem üblichen Standard entsprachen. Seitdem stand das Gebäude leer. 1998 erstellte ein Planungsbüro Pläne für eine Modernisierung des Gebäudes. U.a. aufgrund von Finanzierungsproblemen wurden diese Pläne nicht weiter verfolgt. Das Gebäude wurde stattdessen abgerissen. Errichtet wurde danach ein Einfamilienhaus, welches vermietet werden sollte. Die ursprünglichen Planungskosten für den Umbau hätten in diesem Fall nur dann zu Herstellungskosten geführt, wenn der Umbau wie zunächst geplant realisiert worden wäre.

Hinweis: Die Aufwendungen sind in dem Zeitpunkt als Werbungskosten abziehbar, in dem sie geleistet wurden (BFH, IX R 50/07).

Zum Anfang

Bewirtungskosten: Aufwand für Bewirtung im Namen des Arbeitgebers ist voll abzugsfähig

Übernehmen Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass die Kosten für eine Bewirtung im Namen ihres Arbeitgebers, können sie diese Aufwendungen ungekürzt und ohne Verpflichtung zur Benennung der Gäste als Werbungskosten abziehen. Die Nachweisanforderungen und der beschränkte Kostenabzug gelten nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs nur, wenn der Arbeitnehmer selbst als bewirtende Person auftritt.

Hinweis: Mit dieser Entscheidung setzt der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zum Bewirtungsaufwand im Werbungskostenbereich zugunsten der Arbeitnehmer fort. Jüngst hatte er bereits entschieden, dass Aufwendungen eines Außendienstmitarbeiters für Bewirtungsleistungen und für Werbegeschenke an Kunden beruflich veranlasst sein können, auch wenn der Mitarbeiter keine erfolgsabhängige Entlohnung erhält. Ähnlich fiel das Urteil bei einem Geschäftsführer mit Tantiemeanspruch aus, der für Betriebsangehörige im eigenen Garten eine Feier veranstaltet hatte (BFH, VI R 48/07).

Zum Anfang

Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Finanzamt darf nicht kürzen

Erzielt ein Steuerpflichtiger sowohl Einnahmen aus selbstständiger als auch aus nichtselbstständiger Tätigkeit, sind die durch diese Arbeiten veranlassten Aufwendungen den jeweiligen Einkunftsarten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuzuordnen. Sind danach die Werbungskosten niedriger als der Werbungskosten-Pauschbetrag, so ist dieser dennoch in voller Höhe anzusetzen. Der Steuerpflichtige hat einen Rechtsanspruch auf den ungekürzten Ansatz selbst wenn feststeht, dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind.

Hinweis: Zu beachten ist aber, dass als Betriebsausgaben von den Einnahmen aus selbstständiger Arbeit nur diejenigen Aufwendungen abzuziehen sind, die durch die selbstständige Arbeit veranlasst wurden. Soweit die Aufwendungen des Erwerbs, der Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit dienen, sind die bei der Ermittlung dieser Einkünfte zu berücksichtigen. Ein anteiliger betrieblicher Veranlassungszusammenhang führt grundsätzlich zur anteiligen Berücksichtigung im betrieblichen Bereich. Soweit die Aufwendungen nicht eindeutig zugeordnet werden können, ist regelmäßig eine Aufteilung durch Schätzung vorzunehmen (BFH, VIII R 76/05).

Zum Anfang

Wirtschaftsrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Gesetz zum Schutz des geistigen Eigentums ist in Kraft getreten

Am 1. September 2008 ist das Gesetz zur Umsetzung der EU-Durchsetzungs-Richtlinie in Kraft getreten. Das Gesetz erleichtert den Kampf gegen Produktpiraterie und stärkt damit das geistige Eigentum.

Das Gesetz setzt die Richtlinie 2004/48/EG durch eine Novellierung von mehreren Gesetzen zum Schutz des geistigen Eigentums um: Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Markengesetz, Halbleiterschutzgesetz, Urheberrechtsgesetz, Geschmacksmustergesetz, Sortenschutzgesetz werden weitgehend wortgleich geändert. Außerdem wird der Kostenerstattungsanspruch bei Abmahnungen im Rahmen von Urheberrechtsverstößen auf 100 Euro begrenzt. Ferner passt das Gesetz das deutsche Recht an die neue EG-Grenzbeschlagnahme-Verordnung an. Diese Verordnung sieht ein vereinfachtes Verfahren zur Vernichtung von Piraterieware nach Beschlagnahme durch den Zoll vor. Darüber hinaus enthält das Gesetz eine Anpassung an eine EG-Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel und schließt hinsichtlich der unberechtigten Verwendung von geografischen Herkunftsangaben eine Strafbarkeitslücke.

Zum Inhalt des Gesetzes im Einzelnen:

Abmahnung bei Urheberrechtsverletzungen
Das Gesetz verbessert die Situation von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die sich hohen Rechnungen für eine anwaltliche Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung ausgesetzt sehen. Künftig sollen bei einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Anwaltsgebühren für die erste Abmahnung nicht mehr als 100 Euro betragen. Das gilt für Urheberrechtsverletzungen, die ab dem 1. September 2008 begangen werden.

Beispiel:
Die Schülerin S (16 Jahre) hat auf ihrer privaten Homepage einen Stadtplanausschnitt eingebunden, damit ihre Freunde sie besser finden. Dies ist eine Urheberrechtsverletzung (§§ 19a, 106 UrhG). Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt. Eine Kanzlei hat die Schülerin abgemahnt, die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert und als Anwaltshonorar einen Betrag von 1.000 Euro gefordert. Künftig kann die Kanzlei für ihre anwaltlichen Dienstleistungen nur 100 Euro von S erstattet verlangen, wenn es sich um einen einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung handelt. Unberührt von dieser Begrenzung bleibt der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen seinen Mandanten, also etwa dem Rechtsinhaber. Bei den übrigen Schutzrechten wie dem Marken- oder Patentrecht ist diese Ergänzung nicht erforderlich, da hier Abmahnungen ohnehin nur ausgesprochen werden können, wenn das Recht im geschäftlichen Verkehr verletzt wurde.

Auskunftsansprüche
Bereits heute gibt es einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch des Rechtsinhabers gegen denjenigen, der geistiges Eigentum verletzt (z.B. § 101a UrhG). Sehr häufig liegen die Informationen, die erforderlich sind, um den Rechtsverletzer zu identifizieren, jedoch bei Dritten (wie z.B. Internet-Providern oder Spediteuren), die selbst nicht Rechtsverletzer sind. Künftig soll der Rechtsinhaber unter bestimmten Bedingungen auch einen Auskunftsanspruch gegen diese Dritten haben. Der Rechtsinhaber soll damit die Möglichkeit erhalten, den Rechtsverletzer mit zivilrechtlichen Mitteln zu ermitteln, um so seine Rechte gerichtlich besser durchsetzen zu können. Voraussetzung für den Auskunftsanspruch ist u.a., dass der Rechtsverletzer im gewerblichen Ausmaß gehandelt hat. Ein Zugriff auf die sogenannten Vorratsdaten findet für zivilrechtliche Auskunftsansprüche nicht statt.

Beispiele:
Bei einem Spediteur werden mehrere Container mit gefälschten Markenturnschuhen gefunden. Bei einer solchen „offensichtlichen Rechtsverletzung“ kann jetzt auch der Dritte, d.h. der Spediteur, auf unverzügliche Auskunft über die „Herkunft und den Vertriebsweg“ der Waren in Anspruch genommen werden.

Der Musikverlag M entdeckt, dass jemand komplette Musikalben einer bei ihm unter Vertrag stehenden Künstlerin im Internet zum Download anbietet. Außerdem stellt M durch Einsichtnahme in die Dateiliste des Anbieters A fest, dass auch noch zahlreiche weitere Alben anderer Künstler angeboten werden. Der Name des Anbieters dieser Musikstücke ist dabei nicht ersichtlich, M kann lediglich die Internet-Protokoll-(IP)-Adresse erkennen, die der Computer des Download-Anbieters verwendet. Diese IP vergibt der Internetzugangsvermittler des A (sein Acces-Provider), wenn A mit seinem Computer online geht. M kann neben der IP-Adresse von A auch erkennen, über welchen Provider er die Daten ins Netz stellt. Von diesem möchte M nun wissen, welcher Kunde die fragliche IP-Adresse benutzt hat. Bisher darf der Provider diese Informationen nicht an Private herausgeben. M muss stattdessen Strafanzeige erstatten und ist darauf angewiesen, dass die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren einleitet und kraft ihres strafprozessualen Auskunftsanspruchs beim Provider die Information einholt, welcher Internet-Nutzer die fragliche IP-Adresse benutzt hat. Erst wenn M in dem Strafverfahren Akteneinsicht erhalten hat, erfährt er das Ergebnis dieser Abfrage und weiß dann, gegen wen er seine zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen kann.

Künftig kann M vom Acces-Provider direkt Auskunft verlangen. Voraussetzung dieses Auskunftsanspruchs ist, dass die zugrunde liegende Urheberrechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß begangen wurde. Auf diese Weise kann M eine Klage vor dem Zivilgericht auf Unterlassung oder Schadenersatz vorbereiten. Um den Verletzer zu ermitteln, muss er nicht mehr den Umweg über das Strafverfahren nehmen.

Kann der Auskunftsverpflichtete – wie der Acces-Provider im Beispiel – die begehrte Auskunft nur unter Verwendung von sogenannten Verkehrsdaten der Telekommunikation erteilen, ist für die Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich. Verkehrsdaten sind Daten zu den Umständen der Kommunikation wie etwa die Zuordnung einer Nummer zu einem Anschlussinhaber oder die Zeitdauer, wann zwischen zwei Anschlüssen eine Verbindung bestand.

Schadenersatz
Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung wird klargestellt, dass nach Wahl des Verletzten neben dem konkret entstandenen Schaden auch der Gewinn des Verletzers oder eine angemessene fiktive Lizenzgebühr – d.h. das Entgelt, das für die rechtmäßige Nutzung des Rechts zu zahlen gewesen wäre – als Grundlage für die Berechnung des Schadenersatzes dienen können.

Beispiel:
Ein Fälscher ahmt ein patentgeschütztes Medikament nach. Der Patentinhaber verlangt Schadenersatz. Da es für ihn schwierig ist, seinen konkreten Schaden zu berechnen, fordert er vom Fälscher eine angemessene Lizenzgebühr. Die Höhe der Lizenzgebühr bemisst sich danach, was der Patentinhaber erhalten hätte, wenn er mit demjenigen, der das Patent verletzt hat, vorher einen Lizenzvertrag über die Verwendung des Patents abgeschlossen hätte. Stattdessen kann der Patentinhaber aber auch von dem Fälscher den Gewinn verlangen, den dieser durch die Benutzung des Patents erzielt hat. Der Rechtsinhaber erhält ferner bei offensichtlichem oder festgestelltem Schadenersatzanspruch einen Anspruch gegen den Verletzer auf Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen, wenn ohne diese Unterlagen die Erfüllung von Schadenersatzansprüchen fraglich wäre. Hierdurch kann er Erkenntnisse gewinnen, um seine Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.

Vorlage und Sicherung von Beweismitteln
Wenn ein Schutzrecht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verletzt ist, hat der Rechtsinhaber ferner einen Anspruch gegen den Verletzer auf Vorlage von Urkunden und die Zulassung der Besichtigung von Sachen, der über die nach der Zivilprozessordnung bereits bestehenden Möglichkeiten hinausgeht. Gegebenenfalls erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen. Diese Beweismittel können zur Abwendung der Gefahr ihrer Vernichtung oder Veränderung auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung gesichert werden. Soweit der Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen (z. B. Geschäftsgeheimnisse) handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um die Vertraulichkeit zu sichern.

Grenzbeschlagnahmeverordnung
Die EU-Grenzbeschlagnahmeverordnung, deren Vorschriften im Allgemeinen unmittelbar anzuwenden sind, sieht Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums unmittelbar an den Außengrenzen der EU vor. Damit soll verhindert werden, dass Waren, die im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen, überhaupt in die EU eingeführt werden können. Diese Verordnung regelt auch die Vernichtung beschlagnahmter Piraterieware. Die Anwendbarkeit dieser Regelung hängt jedoch davon ab, dass die Mitgliedstaaten sie billigen, d.h. in ihr Recht übernehmen.

Beispiel:
Der Hersteller von Automobilersatzteilen H stellt fest, dass in Deutschland vermehrt Fälschungen seiner Produkte auftauchen, die sein Recht an dem Design, seine Marke oder ein Patent verletzen. In einem Antrag teilt er der Zollbehörde (in Deutschland der Zentralstelle für gewerblichen Rechtsschutz in München) seine geistigen Eigentumsrechte mit. Bei einer Einfuhrkontrolle eines Containerschiffs im Hamburger Hafen kommt der Verdacht auf, dass es Waren geladen hat, die eines dieser Schutzrechte verletzen. Der Zoll hält die Ware zurück und informiert H sowie den Eigentümer der Ware.

Gegenwärtig kann die beschlagnahmte Ware nur vernichtet werden, wenn die Verletzung des Rechts gerichtlich festgestellt wurde. Die neue Grenzbeschlagnahmeverordnung sieht ein vereinfachtes Verfahren vor, wonach die Vernichtung auch dann möglich ist, wenn der Verfügungsberechtigte nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Sein Schweigen gilt dann als Zustimmung. Diese Regelung, die in Deutschland früher schon einmal gegolten hat, ist in den Mitgliedstaaten jetzt aber nur anwendbar, wenn das jeweilige innerstaatliche Recht dies ausdrücklich so bestimmt. Das heute verabschiedete Gesetz sieht dies vor.

Schutz geografischer Herkunftsangaben
Die zivilrechtliche Durchsetzung von Schutzrechten wird auch für geografische Herkunftsangaben in der beschriebenen Weise erleichtert. Außerdem soll durch die Änderung des Markengesetzes ein strafrechtlicher Schutz für solche geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen geschaffen werden, die auf europäischer Ebene nach der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 93 S. 12) geschützt sind. Dazu gehören die Bezeichnungen zahlreicher landwirtschaftlicher Produkte wie z.B. die berühmten „Spreewälder Gurken“. Bisher gab es einen solchen Schutz nur für die nach rein innerstaatlichem Recht geschützten Bezeichnungen.

Urteilsbekanntmachung
Der Rechtsinhaber kann schon jetzt bei der Verletzung eines Urheber- oder Geschmacksmusterrechts die Veröffentlichung des Gerichtsurteils beantragen. Diese Möglichkeit wird auf alle Rechte des geistigen Eigentums erstreckt.

Zum Anfang

Sozialversicherung: Beitragsnachweise pünktlich abgeben

Die Beitragsnachweise müssen zwei Tage nach Fälligkeit der Beiträge bei der Einzugsstelle vorliegen. Das heißt für den Arbeitgeber, dass der Beitragsnachweis am fünftletzten Bankarbeitstag bereits um 0 Uhr bei der Einzugsstelle vorliegen muss. Darauf haben die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger noch einmal ausdrücklich hingewiesen.

Hinweis: Da in der Regel niemand seinen Beitragsnachweis um 0 Uhr an die Einzugsstelle schickt, sollten Arbeitgeber einen Arbeitstag zusätzlich einplanen. Für die Monate Oktober bis Dezember ergeben sich somit folgende Termine:

Beiträge für ... ... 10/2008 ... 11/2008 ... 12/2008
Beitragsnachweis 24.10.2008* 21.11.2008 18.12.2008
Beiträge 29.10.2008* 26.11.2008 23.12.2008

* In Bundesländern, in denen der 31. Oktober (Reformationstag) ein Feiertag ist, gilt der 23. Oktober (Beitragsnachweis) bzw. der 28. Oktober (Beiträge).

Zum Anfang

Verkehrssicherungspflicht: Bei Verletzung haftet Organ der juristischen Person persönlich

Das Organ einer juristischen Person haftet bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht persönlich.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Fall einer Diskothekenbesucherin. Diese war auf dem Parkplatz auf einem baufälligen Kanaldeckel eingebrochen und in den Kanalschacht gestürzt. Ihre Klage auf Schmerzensgeld hatte sie gegen den Inhaber der Diskotheken-GmbH & Co. KG persönlich gerichtet.

Der Beklagte sah sich hier nicht in der Pflicht, musste sich aber durch das OLG eines Besseren belehren lassen. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass grundsätzlich denjenigen die Verkehrssicherungspflicht treffe, der eine Gefahrenquelle eröffne. Das sei vorliegend die Gesellschaft, die die Diskothek betreibe. Bei Gesellschaften bestehe zudem das allgemeine Gebot für die Geschäftsführer und Organe, die innerbetrieblichen Abläufe so zu organisieren, dass Dritte nicht geschädigt würden. Dazu müssten sie die nachgeordneten Mitarbeiter sorgfältig auswählen, diese in dem gebotenen Umfang einweisen und ihre Tätigkeit sorgfältig überwachen. Komme der Geschäftsführer oder das Organ dieser Pflicht nicht nach, hafte er aus unerlaubter Handlung dem Geschädigten persönlich (OLG Stuttgart, 5 W 9/08).

Zum Anfang

Lohnsteuer: Arbeitgeber haftet bei späterer Einstufung als Arbeitnehmer

Beschäftigt ein Unternehmen Arbeitnehmer und geht es davon aus, dass diese freie Mitarbeiter sind, kann es trotzdem als Lohnsteuer-Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden. Zwar ist die Abgrenzung zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit schwierig und oft nur anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale zu beurteilen. Das reicht nach Ansicht des Bundesfinanzhofs aber nicht aus, um sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum zu berufen.

Für personalintensive Unternehmen ist die Qualifizierung der Beschäftigten als Arbeitnehmer oder Selbstständige für die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung besonders wichtig. Wer hier keine Anrufungsauskunft einholt, kann weder darauf vertrauen, dass die von ihm vertretene Rechtsansicht Bestand haben wird, noch sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen.

Im zugrunde liegenden Fall wurden rund 1.000 Telefoninterviewer beschäftigt und das Honorar brutto ausbezahlt. Es wurden weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Die Lohnsteuer-Außenprüfung stufte die Tätigkeit als nichtselbstständig ein und forderte vom Unternehmen zu recht rund 350.000 EUR für nicht abgeführte Lohnsteuer nach.

Hinweis: Bei einer Vielzahl nachzufordernder Lohnsteuerbeträge kann es das Finanzamt für zweckmäßig erachten, den Arbeitgeber als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, statt die Steuer von den einzelnen Arbeitnehmern nachzufordern (BFH, VI R 11/07).

Zum Anfang

Sozialversicherungspflicht: Ehefrau des GmbH-Geschäftsführers

Die Ehefrau eines mit 90 Prozent an einer GmbH beteiligten Gesellschafters, die ebenfalls bei der GmbH beschäftigt ist, muss trotz ihrer 10-prozentigen Kapitalbeteiligung an der GmbH Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Eine Rückerstattung von Beiträgen aufgrund behaupteter Selbstständigkeit kommt nicht in Betracht.

Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin, eine GmbH, von den Eheleuten bereits 1978 gegründet. Seither war die Ehefrau, die mit 10 Prozent an der GmbH beteiligt ist, als kaufmännische Leiterin der GmbH beschäftigt und zur Sozialversicherung angemeldet. Es wurde Lohnsteuer entrichtet, die auch als Betriebsausgabe verbucht wurde. Im Jahre 1996 wurde aus steuerrechtlichen Gründen zusätzlich ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen. Im Jahr 2004 beantragte die GmbH die Feststellung, dass die Ehefrau seit 1976 selbstständig tätig sei und deshalb nicht der Versicherungspflicht unterliege.

Maßgebend bei der Abgrenzung von selbstständiger Tätigkeit zur Unternehmereigenschaft sind – auch bei Familienunternehmen – die Umstände des Einzelfalls. Bei einem derart niedrigen Kapitalanteil von 10 Prozent sei im Regelfall immer ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis anzunehmen. Die Ehefrau im konkreten Fall hat Weisungen des Geschäftsführers bzw. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung aufgrund ihres geringen Kapitalanteils nicht verhindern können. Nach den Regelungen des Arbeitsvertrags hatte die Ehefrau auch keine Möglichkeit, ihre Tätigkeit unmittelbar selbst zu gestalten, sondern sie war wie eine Arbeitnehmerin in den Betrieb eingebunden.

Hinweis: In jüngster Zeit wird des Öfteren von Familienunternehmen geltend gemacht, ein Angehöriger unterliege nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung. Hintergrund dafür ist, dass eine zu geringe Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung befürchtet wird. Man erhofft sich nach einer Beitragsrückerstattung und einer gewinnbringenden privaten Anlage dieser Gelder eine höhere private Alterssicherung. Diese Entscheidung hat allerdings u.a. gezeigt, dass Arbeitsverträge nicht danach unterschiedlich ausgelegt werden können, ob sie den Betroffenen individuell jeweils steuerlich oder sozialrechtlich nützlich sind (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 3.9.2008).

Zum Anfang

Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008 beträgt 3,19 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

Zum Anfang

Steuertermine im Monat Oktober 2008

Im Monat Oktober 2008 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels Barzahlung – bis Freitag, den 10. Oktober 2008 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Dienstag, den 7. Oktober 2008.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels Barzahlung – bis Freitag, den 10. Oktober 2008 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Dienstag, den 7. Oktober 2008.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung auf das Konto des Finanzamts endet am Montag, den 13. Oktober 2008. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

Zum Anfang