Kanzlei Fathieh – Rechtsanwälte in Heidelberg

Informationen für den Kalendermonat Oktober 2010

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss im Impressum und die Hinweise zum Haftungssauschluss unter der Rubrik "Aktuelles“. Durch das Lesen der vorliegenden allgemeinen Informationen entsteht insbesondere kein Vertrag und kein Mandatsverhältnis. Die Bereitstellung der vorliegenden Informationen stellt keine Rechtsberatung oder steuerrechtliche Beratung dar. Allgemeine Informationen wie die vorliegenden können Rechtsberatungen nicht ersetzen.

Rückruf-Service

Die Schilderung Ihres konkreten Rechtsproblems und die Absendung als E-Mail lösen noch keine Gebühren aus. Sie gehen noch kein Risiko ein. Erst wenn Sie mein Honorarangebot annnehmen sollten, enststehen Ihnen Kosten. Bitte bedenken Sie, dass die Kommunikation per E-Mail nicht sicher ist. Ich werde Sie in der Mail in der ich mein Honorarangebot übermittle daher nochmals fragen, ob die Beantwortung Ihrer Rechtsfrage per E-Mail oder per herkömmlicher Post, Telefon oder vor Ort gewünscht wird.

Anfrage per E-Mail

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 10/2010:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Steuerrecht

Wirtschaftsrecht

Abschließende Hinweise

Zum Anfang

Arbeitsrecht

AGG: Stellenausschreibung “junger Bewerber gesucht“ ist diskriminierend

Eine Stellenausschreibung verstößt grundsätzlich gegen das Altersdiskriminierungsverbot, wenn ein „junger“ Bewerber gesucht wird.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines 52-jährigen Juristen. Dieser hatte sich auf eine Stellenanzeige beworben, in der ein Unternehmen für seine Rechtsabteilung „zunächst auf ein Jahr befristet eine(n) junge(n) engagierte(n) Volljuristin/Volljuristen“ suchte. Der Bewerber erhielt eine Absage, ohne zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Eingestellt wurde eine 33-jährige Juristin. Der Bewerber verlangte daraufhin von dem Unternehmen wegen einer unzulässigen Benachteiligung aufgrund seines Alters eine Entschädigung in Höhe von 25.000 EUR und Schadenersatz in Höhe eines Jahresgehalts.

Das BAG bestätigte nun die Entscheidung der Vorinstanz. Darin war das Unternehmen verurteilt worden, ein Monatsgehalt Schadenersatz zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Richter machten deutlich, dass die Stellenausschreibung gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoße. Die Arbeitsstelle sei unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ausgeschrieben worden. Danach seien Stellen u.a. „altersneutral“ auszuschreiben, wenn kein Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters vorliege. Die unzulässige Stellenausschreibung stelle ein Indiz dafür dar, dass der Bewerber wegen seines Alters nicht eingestellt worden sei. Da das Unternehmen nicht darlegen konnte, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorgelegen habe, stehe dem Kläger ein Entschädigungsanspruch zu. Hier sei ein Monatsgehalt angemessen. Der Bewerber habe nicht beweisen können, dass er bei einer diskriminierungsfreien Auswahl eingestellt worden wäre. Daher stehe ihm der geltend gemachte Schadenersatzanspruch in Höhe eines Jahresgehalts nicht zu (BAG, 8 AZR 530/09).

Zum Anfang

Dienstwagen: Widerrufsvereinbarung der privaten Nutzung nur bei Sachgrund möglich

Dem Arbeitnehmer ist die Vereinbarung eines Widerrufsrechts nur zumutbar, wenn es für den Widerruf einen sachlichen Grund gibt und dieser sachliche Grund bereits in der Änderungsklausel beschrieben ist.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) hin. Die Richter machten zwar deutlich, dass das Widerrufsrecht wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sein müsse. Bestehe allerdings kein sachlicher Grund für den Widerruf der Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung, überwiege das Interesse des Arbeitnehmers an der Unveränderlichkeit der vereinbarten Leistung. Das Interesse des Arbeitgebers an der Änderung der versprochenen Hauptleistungspflicht müsse dahinter zurückstehen (BAG, 9 AZR 113/09).

Zum Anfang

Kündigungsrecht: Keine Kündigung wegen Stromdiebstahls für 1,8 Cent

Bei einem Stromdiebstahl im Wert von 1,8 Cent ist eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers in der Regel unwirksam.

Das musste sich ein Arbeitgeber vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm sagen lassen, nachdem er einen Arbeitnehmer fristlos gekündigt hatte. Anlass der Kündigung war ein Elektroroller, mit dem der Arbeitnehmer eines Tages zum Dienst erschienen war. Diesen schloss er in den Firmenräumen an eine Steckdose an, um den Akku aufzuladen. Nachdem der Roller ca. 1 ½ Std. aufgeladen worden war, nahm er den Akku vom Stromnetz, nachdem er von einem Vorgesetzten dazu aufgefordert worden war. Dabei entstanden Stromkosten im Umfang von etwa 1,8 Cent.

Das LAG hielt die fristlose Kündigung für unwirksam. Zwar habe der Arbeitnehmer ein Vermögensdelikt zum Nachteil des Arbeitgebers begangen, weil er heimlich auf dessen Kosten seinen privaten Elektroroller am Stromnetz aufgeladen habe. Es müsse aber im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Diese gehe zulasten des Arbeitgebers aus. Zu berücksichtigen sei dabei der geringe Schaden von 1,8 Cent, die 19-jährige Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers und nicht zuletzt der Umstand, dass im Betrieb Handys aufgeladen und elektronische Bilderrahmen betrieben wurden, der Arbeitgeber aber bisher nicht eingegriffen hätte. Daher hätte das verloren gegangene Vertrauen durch eine Abmahnung wieder hergestelltwerden können (LAG Hamm, 16 Sa 260/10).

Zum Anfang

Kündigungsrecht: Falschgeld in der Kasse berechtigt zur Kündigung

Finden sich bei einer Kassenprüfung erhebliche Mengen von Falschgeld, kann das den Arbeitgeber zu einer Verdachtskündigung berechtigen.

Das musste sich eine Angestellte vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm sagen lassen, die im Straßenverkehrsamt Führerscheinangelegenheiten bearbeitete und dabei Gebühren zu kassieren hatte. Bei einer Kassenprüfung wurde in der Kasse Falschgeld gefunden. Der Arbeitgeber ging davon aus, dass die Angestellte Geld aus der Kasse gegen Falschgeld ausgetauscht hatte. Anders könne nicht erklärt werden, dass bei einem Bestand in Höhe von 828 EUR falsche Scheine im Nennwert von 650 EUR in der Kasse gewesen seien. Dieses Falschgeld sei auch sehr leicht als Fälschung zu erkennen gewesen. Die Angestellte hat sich damit verteidigt, dass sie die Fälschungen nicht erkannt habe. Innerhalb der letzten Wochen vor der Kassenprüfung habe der behördeneigene Kassenautomat häufiger Geldscheine nicht angenommen. Sie habe zwei bis dreimal versucht Geldscheine einzuzahlen, was nicht gelungen sei. Da dies ein altbekanntes Problem gewesen sei, habe sie die Scheine „aussortiert“ und durch eigene Scheine ersetzt. Die separat gesammelten Geldscheine in Höhe von 650 EUR habe sie dann in die Barkasse gelegt und sich 650 EUR aus der Kasse genommen, weil sie in dieser Höhe im Laufe der 6-7 Wochen am Kassenautomat Privatgeld eingesetzt habe. Sie sei nicht mehr dazu gekommen, dies ihrem Vorgesetzten mitzuteilen.

Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist. Die Kündigung stützte er auf den Verdacht, dass die Angestellte bewusst Falschgeld in die Kasse gelegt habe. Sowohl das Arbeitsgericht, als auch das LAG hielten die Kündigung als Verdachtskündigung für wirksam. Die vom Arbeitgeber vorgetragenen Indizien würden die Angestellte dringend verdächtig machen, das Geld bewusst ausgetauscht zu haben. Bei Inaugenscheinnahme der Geldscheine durch das Gericht habe sich herausgestellt, dass die Fälschungen dilettantisch gemacht und sofort erkennbar gewesen seien. Vor- und Rückseite seien offenkundig zusammengeklebt worden, farblich hätten sie echten Geldscheinen nicht entsprochen. Zudem seien die Ränder ungleichmäßig und das Hologramm auffällig anders gewesen. Deswegen sei nicht nachvollziehbar, warum der Angestellten dies beim Empfang der Scheine nicht aufgefallen sei und sie angeblich nach erfolglosem Einzahlen in den Kassenautomaten noch aus eigenen Mitteln Einzahlungen gemacht habe (LAG Hamm, 17 Sa 537/10).

Zum Anfang

Baurecht

Architektenhaftung: Keine Arglist, wenn „Selbstverständliches“ nicht kontrolliert wird

Arglistig im Sinne des Gesetzes handelt nur derjenige, der bewusst einen offenbarungspflichtigen Mangel verschweigt. Ein solches Bewusstsein fehlt, wenn der Mangel von seinem Verursacher nicht als solcher wahrgenommen wird.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Architekten hin, der die Arbeiten beim Bau eines Doppelhauses zu überwachen hatte. Später stellte sich heraus, dass eine Dampfsperre nicht ordnungsgemäß eingebaut wurde und deshalb Feuchtigkeit in das Gebäude zog. Der Architekt hatte die Befestigung der Dampfsperre als „handwerkliche Selbstverständlichkeit“ angesehen und daher nicht besonders überprüft. Schadenersatzansprüche lehnte er wegen Verjährung ab.

Nach Ansicht des BGH könne ihm deshalb aber nicht der Vorwurf der Arglist gemacht werden. In verjährungsrechtlichen Fragen könne die Verletzung einer Organisationsobliegenheit durch einen arbeitsteilig tätigen Architekten nur mit arglistigem Verhalten gleichgesetzt werden, wenn den Architekten der Vorwurf treffe, er habe mit seiner Organisation die Arglisthaftung vermeiden wollen. Dieser Vorwurf könne sich z.B. daraus ergeben, dass er weder selbst tätig werde, noch einen Gehilfen einschalte. Hier habe der Architekt aber seine Tätigkeit grundsätzlich ausgeübt. Lediglich in einem bestimmten Punkt habe er nicht kontrolliert. Habe der Architekt aber die betreffende Bauleistung wegen ihrer „Selbstverständlichkeit“ nicht kontrolliert, verschweige er den Mangel an der Bauleistung nicht arglistig (BGH, VII ZR 77/08).

Zum Anfang

Architektenverträge: Koppelungsverbot ist verfassungsgemäß

Das gesetzliche Verbot der Koppelung von Grundstückskaufverträgen mit Ingenieur- und Architektenverträgen ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter führten aus, dass das Koppelungsverbot den Zweck verfolge, die freie Wahl des Architekten durch den Bauwilligen allein nach Leistungskriterien und das typische Berufsbild des freien Architekten zu schützen. Zudem solle der Wettbewerb unter den Architekten gefördert werden. Dabei handele es sich um wichtige Gemeinschaftsgüter. Sie würden den mit dem Koppelungsverbot verbundenen Eingriff in die durch das Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit der freien Architekten und deren unterschiedliche Behandlung gegenüber anderen am Bau Beteiligten rechtfertigen. Daher sei auch der grundgesetzliche Gleichheitssatz nicht verletzt. Ein Eingriff in das Grundrecht des Eigentums liege ebenfalls nicht vor (BGH, VII ZR 144/09).

Zum Anfang

Bauhandwerkersicherung: Anspruch entfällt, wenn Werkvertrag gekündigt wurde

Ein Bauunternehmer kann keine Bauhandwerkersicherung mehr verlangen, wenn der Werkvertrag gekündigt worden ist.

Dies musste sich ein Handwerker vor dem Landgericht (LG) Hamburg sagen lassen. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass dem Unternehmer ein Ausgleich dafür gewährt werden solle, dass er nach der gesetzlichen Konzeption des Werkvertragsrechts gegenüber dem Besteller vorleistungspflichtig sei. Daher trage er das Risiko, dass der Besteller in Zahlungsschwierigkeiten gerate oder gar insolvent werde. Dieses Risiko ende aber grundsätzlich mit der Kündigung des Vertrags. Hierdurch entfalle nämlich die vertragliche Verpflichtung des Unternehmers, weitere Werkleistungen zu erbringen. Entsprechend bestehe für ihn auch kein Risiko mehr (LG Hamburg, 325 O 469/09).

Zum Anfang

Abstandsflächenrecht: Errichtung einer Dachterrasse auf einer Grenzgarage

Wird auf einer an der Grundstücksgrenze stehenden Garage nachträglich eine Dachterrasse errichtet, verstößt dies gegen das Abstandsflächenrecht.

So entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg in einem bauordnungsrechtlichen Verfahren. Die Richter machten deutlich, dass es sich bei der Baumaßnahme um eine Nutzungsänderung handele. Dachterrasse und Garage würden eine bauliche Einheit bilden. Hierdurch würde ein Gebäude entstehen, das nicht mehr als grenzständige oder grenznahe Garage genehmigungsfähig wäre. Durch die zusätzliche Nutzung als Dachterrasse würde das Gebäude nämlich insgesamt seine Eigenschaft als an der Grundstücksgrenze privilegiert zulässiges Vorhaben verlieren. Es sei daher rechtmäßig, wenn die Behörde die Beseitigung der nachträglich aufgemauerten Brüstung verlange (OVG Berlin-Brandenburg, 10 N 13.07).

Zum Anfang

Familien- und Erbrecht

Sorgerechtsentzug: Rückführung der Kinder zu ihren Eltern bei positiver Veränderung der Rahmenbedingungen

Verändert sich die Überforderungssituation der Eltern nach einem Entzug des Sorgerechts stark zum Positiven, kann eine Rückführung der Kinder zu den Eltern geboten sein.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem entsprechenden Fall. Die Rückführung rechtfertigende Umstände könnten sich nach Ansicht der Richter daraus ergeben, dass der Kindesvater seine Anstellung verloren habe und in Zukunft bereit sei, nur noch in reduziertem Umfang berufstätig zu sein. Zudem seien beide Elternteile bereit, wieder Hilfen anzunehmen. Wegen grundlegend veränderter Rahmenbedingungen könnten weniger einschneidende Maßnahmen als ein Teilentzug der elterlichen Sorge vertretbar sein (OLG Oldenburg, 4 UF 117/09).

Zum Anfang

Ehevertrag: Keine Sittenwidrigkeit nur wegen Termindruck durch Hochzeit und Schwangerschaft

Die Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags kann nicht bereits angenommen werden, wenn er bei bestehender Schwangerschaft und deswegen vorgezogener Hochzeit nebst daraus resultierenden terminlichen Belastungen abgeschlossen worden ist.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Die Richter begründeten die Entscheidung damit, dass die Schwangerschaft allein keine ungünstige Position darstelle. Sie würde – wenn überhaupt – einen strengeren Prüfungsmaßstab an den Ehevertrag rechtfertigen. Eine strengere Beurteilung sei allerdings nicht notwendig, wenn gewichtige Indizien gegen eine Sittenwidrigkeit sprächen. Das sei z.B. der Fall, wenn nur solche Angelegenheiten geregelt würden, die auch üblicherweise Gegenstand eines Ehevertrags seien. Im vorliegenden Fall sei dies bei der vereinbarten Trennung von Privat- und Firmenvermögen anzunehmen (OLG Brandenburg, 13 UF 39/09).

Zum Anfang

Ehegattenunterhalt: Nichtangabe von Einkünften trotz ausdrücklicher Nachfrage

Verschweigt der unterhaltsberechtigte Ehegatte eigene Einkünfte, obwohl der Unterhaltsverpflichtete gezielt nach solchen Einkünften gefragt hat, und verhandelt er so zur Sache, so liegt ein Verwirkungstatbestand vor.

Das gilt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf auch, wenn die verschwiegenen Einkünfte verhältnismäßig gering waren und nur über einen begrenzten Zeitraum erzielt wurden. Ein solches Verhalten sei nach Ansicht der Richter nicht lediglich als Verschweigen von Einkünften zu werten. Vielmehr sei die Nichtangabe trotz ausdrücklicher Nachfrage als schwerwiegender Angriff auf die Vermögensinteressen des Verpflichteten anzusehen (OLG Düsseldorf, II-8 UF 14/10).

Zum Anfang

Erbrecht: Testamentsvollstrecker kann auch auf Briefumschlag bestimmt werden

Hat der Erblasser auf einem Briefumschlag handschriftlich eine Testamentsvollstreckung angeordnet, muss der Tatrichter durch Auslegung feststellen, ob die Urkunde mit Testierwillen errichtet wurde.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem Erbrechtsstreit über die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers. Die Richter machten deutlich, dass an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen seien, wenn die Form des Schriftstücks nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten entspreche. Allerdings sei es auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Erblasser eine rechtlich bedeutsame Erklärung abgeben wollte, als er auf dem verschlossenen Briefumschlag eine zusätzliche handschriftliche Erklärung abgab. Da diese die Überschrift „Testament“ hatte und zudem mit Datum und Unterschrift versehen war, spreche einiges dafür, dass damit nicht nur eine Bezeichnung des Umschlaginhalts gemeint gewesen sei (OLG Karlsruhe, 14 Wx 30/09).

Zum Anfang

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Nebenkostenabrechnung: Erläuterung kann auch schon im Mietvertrag erfolgen

Eine Betriebskostenabrechnung muss bestimmten Mindestanforderungen genügen. So muss sie gegebenenfalls erläutert werden, damit sie nachvollzogen werden kann.

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind dabei auch Erläuterungen zu berücksichtigen, die der Vermieter dem Mieter außerhalb der Abrechnung – aber noch vor Ablauf der Abrechnungsfrist – erteilt hat. Das kann zum Beispiel im Mietvertrag, in einer vorausgegangenen Abrechnung oder auf Nachfrage des Mieters erfolgen (BGH, VIII ZR 45/10).

Zum Anfang

Geschäftsraummiete: Änderung der Mieterstruktur berechtigt nicht zur Vertragsanpassung

Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage sind nicht anzuwenden, wenn sich die vorgesehene Mieterstruktur eines Geschäftsgebäudes ändert.

Das musste ein Mieter vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erfahren, der Räume im Erdgeschoss eines 6-geschossigen, im Bau befindlichen Gebäudes gemietet hatte. Dort wollte er ein Café betreiben. Nachdem die vom Vermieter geplante Büro-Vermarktung der ersten vier Obergeschosse scheiterte, wurden diese als Wohnraum umgebaut. Der Mieter hatte sich wegen der vorgesehenen Büronutzung einen regen Zulauf zu seinem Café versprochen. Das war nach der Umwandlung dieser Geschossebenen in Wohnraum nicht mehr realisierbar. Daher konnte er die geplanten Umsätze nicht erzielen und geriet in Mietrückstand. Nach einiger Zeit erklärte der Vermieter daher die ordentliche Kündigung des Mietvertrags. Der Mieter ist demgegenüber der Ansicht, dass der Vertrag angepasst werden müsse.

Der BGH erklärte die Kündigung für rechtmäßig. Einen Anspruch auf Vertragsanpassung lehnten die Richter ab. Der Vermieter habe die Büronutzung der über den Mieträumen gelegenen vier Stockwerke weder zugesichert, noch seien die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzuwenden. Für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage sei grundsätzlich kein Raum, soweit es um Erwartungen und Umstände gehe, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen. Bei der gemeinsamen Vorstellung der Parteien, die vier Stockwerke über den Mieträumen würden als Büroraum genutzt, handele es sich nicht um ein vom Vermieter übernommenes Risiko.

Hinweis: Bei der Gewerberaummiete trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Danach fällt es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfasst auch das Risiko einer Veränderung der Mieterstruktur im Umfeld des Mietobjekts (BGH, XII ZR 108/08).

Zum Anfang

Ehewohnung: Ehegatte muss trotz Auszugs Mietzins zahlen

Wird eine von einem Ehepaar gemeinsam angemietete Wohnung zu einem späteren Zeitpunkt von einem der Ehegatten verlassen, ist dieser dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten zumindest teilweise zum Ausgleich der Mietzinszahlungen, einer Nebenkostennachforderung sowie eines Kautionseinbehalts (hier: wegen abhanden gekommenem Schlüssel) verpflichtet.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines zerstrittenen Ehepaars. Die Richter wiesen darauf hin, dass in der Rechtsprechung anerkannt sei, dass die Mithaftung des Ausziehenden (wenn auch zeitlich beschränkt) zunächst bestehen bleibe, wenn er gegen den Willen des Verbleibenden auszieht. Sei das endgültige Scheitern der Ehe erkennbar, stehe dem verbleibenden Ehegatten eine Überlegungsfrist zu. Er müsse sich sodann um eine Beendigung des Mietverhältnisses bemühen. Andernfalls gebe er damit zu erkennen, dass er zu einer Fortführung des Vertrags unter alleiniger Kostentragung bereit sei.

Hinweis: Diese Entscheidung ist auch für Vermieter interessant, da sie den aus der Wohnung ausgezogenen Ehegatten zunächst auch weiterhin in Anspruch nehmen können (OLG Düsseldorf, I-22 U 142/09).

Zum Anfang

Mietminderung: Tauben auf dem Balkon sind kein Wohnungsmangel

Tauben sind ein großstadttypisches Phänomen. Ein starker Zuflug von Tauben gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Entscheidend für die Frage, ob eine Mietminderung zulässig ist, ist, ob der Vermieter eine wesentliche Ursache für den Taubenbefall gesetzt hat.

Mit dieser Begründung entschied das Amtsgericht (AG) München zugunsten eines Vermieters. Dessen Mieterin hatte bemängelt, dass immer wieder Tauben versuchen würden, auf ihrem Balkon zu nisten. Der Boden und die Möbel seien mit Taubenkot übersäht. Sie müsse den Balkon jeden zweiten Tag schrubben. Der Vermieter sah darin keinen Minderungsgrund und klagte den wegen Mietminderung einbehaltenen Betrag ein.

Der zuständige Richter gab ihm recht. Bei dem geschilderten Taubenbefall handele es sich nicht um einen Mangel. Etwas anderes gelte nur, wenn der Vermieter eine wesentliche Ursache für den Taubenbefall gesetzt habe, z.B. durch eine besondere Fassadengestaltung. Vorliegend sei aber nicht erkennbar, dass dies geschehen sei. Vielmehr habe die Mieterin angegeben, dass die Tauben aus einem gegenüberliegenden Baum zugeflogen seien. Eine Minderung wegen Taubenbefalls würde die Garantiehaftung des Vermieters zu weit ausdehnen. Es sei insbesondere auch kein Unterschied zu erkennen zu den Fällen, in denen es beispielsweise aufgrund eines feuchten Sommers zu einem besonders starken Stechmückenaufkommen käme oder in denen ein mitangemieteter Garten durch Maulwürfe umgegraben werde. Hier liege erkennbar kein Mangel vor. Der Vergleich damit zeige, dass der Vermieter ohne eigenes Zutun nicht für eine Taubenplage in einer innerstädtischen Wohnanlage verantwortlich gemacht werden könne (AG München, 461 C 19454/09).

Zum Anfang

Verbraucherrecht

Haftungsrecht: Auch kleine Kunden müssen im Supermarkt gefahrlos einkaufen können

Der Betreiber eines Supermarkts muss dafür sorgen, dass auch Kunden mit geringerer Körpergröße (hier: 1,56 m) die in den Verkaufsregalen angebotenen Waren erreichen und entnehmen können, ohne sich der Gefahr einer Körperverletzung auszusetzen.

Das musste sich ein Supermarktbetreiber vor dem Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg sagen lassen. Die Richter schrieben ihm ins Stammbuch, dass er besondere Schutzvorkehrungen treffen müsse, wenn er Dosenware auf einem Regal von 1,70 m Höhe in drei, mit Kartonböden getrennten Schichten stapele. Er müsse damit rechnen, dass einzelne Dosen in der obersten Lage instabil würden, ohne dass dies von Kunden kleinerer Größe bemerkt werden könne. Stürze eine Dose herab und verletze einen Kunden, müsse der Supermarktbetreiber für den entstandenen Schaden haften (OLG Brandenburg, 11 U 29/09).

Zum Anfang

Bodenreinigung: Reinigungsunternehmen muss Warnhinweise aufstellen

Ein Reinigungsunternehmen verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn es einen Flur mit Kautschukfußboden nass wischt und keine Hinweisschilder in Bezug auf die erhöhte Rutschgefahr aufstellt.

Diese Entscheidung traf das Landgericht (LG) Düsseldorf in einem entsprechenden Fall. Nach dem Urteil könne eine Gefahrenlage auch nicht verneint werden, wenn die Feuchtigkeit des Fußbodens ohne Weiteres für einen durchschnittlich aufmerksamen Nutzer erkennbar gewesen sei. So sei es insbesondere in Bürogebäuden auch zu den üblichen Nassreinigungszeiten den Beschäftigten und Besuchern nicht zuzumuten, dem Zustand des Fußbodens ständig erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken (LG Düsseldorf, 2b O 159/07).

Zum Anfang

Fahrzeugmietvertrag: Sogenannte „Polizeiklausel“ benachteiligt den Mieter unangemessen

Sieht ein Fahrzeugmietvertrag vor, dass bei einem Unfall ein wirksamer Versicherungsschutz nur besteht, wenn die Polizei hinzugerufen wird, ist die entsprechende Klausel unwirksam.

Sie benachteiligt nach einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Hamburg den Mieter des Fahrzeugs unangemessen. Dies gelte seit der Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Nach den neuen Gesetzesbestimmungen sei grobe Fahrlässigkeit für die Annahme von Vorsatz bereits ausreichend. Daher sei durch die Beweiserleichterungen für die Versicherung eine völlige Haftungseinschränkung oder -reduzierung nicht mehr sachgerecht. Die Klausel könne auch nicht teilweise ergänzt oder präzisiert werden. Dem stehe bei einem nach neuem Recht geschlossenen Vertrag das Verbot der sog. geltungserhaltenden Reduktion entgegen. Die Klausel sei daher unwirksam (LG Hamburg, 331 S 57/09).

Zum Anfang

Zivildienst: Lange Wartezeit bis Studienbeginn muss nicht hingenommen werden

Ein Zivildienstleistender kann vorzeitig aus dem Dienst entlassen werden, wenn das weitere Verbleiben für ihn eine unzumutbare Härte darstellen würde.

So entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz. Es gab damit dem Eilantrag eines Zivildienstleistenden statt, der den Zivildienst wegen Studienbeginns zum Wintersemester 2010/2011 vorzeitig beenden wollte. Der Antragsteller hätte seinen Zivildienst regulär noch bis zum Ende des Jahres 2010 leisten müssen. Er hatte sich noch während des Zivildienstes für ein Studium beworben, das jährlich nur zum Wintersemester aufgenommen werden kann. Nachdem seine Bewerbung für das Wintersemester 2010/2011 erfolgreich war, hat er beim Bundesamt für den Zivildienst erfolglos um eine vorzeitige Entlassung aus dem Zivildienst nachgesucht. Daraufhin beantragte er den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Das Gericht hat die beantragte einstweilige Anordnung erlassen und das Bundesamt für den Zivildienst verpflichtet, den Antragsteller vorzeitig aus dem Zivildienst zu entlassen. Für den Antragsteller bedeute das Verbleiben im Zivildienst wegen beruflicher Gründe, die nach dem Dienstantritt entstanden seien, eine besondere Härte. Nach regulärem Ende des Zivildienstes müsste der Antragsteller weitere neun Monate bis zum nächstmöglichen Studienbeginn warten. Diese Zeit übersteige die sechsmonatige Dauer des mittlerweile verkürzten Wehr- und Zivildienstes. Zudem sei er in dieser Zeit nicht finanziell abgesichert und könne sie auch nicht sinnvoll für das Studium nutzen. Auch nach den rechtskonform ausgelegten Vorgaben der Antragsgegnerin sei bei einer Wartezeit von mehr als sechs Monaten von einem Härtefall auszugehen. Weiter seien mit der Verkürzung der Wehr- und Zivildienstzeit die Überlegungen hinfällig, die Wartezeiten über die reine Dienstzeit hinaus früher gerechtfertigt hätten. Es sei bei sechsmonatigen Dienstzeiten kein Grund ersichtlich, weshalb die Dienstpflichtigen nicht so eingezogen werden könnten, dass keine weiteren Wartezeiten entstünden (VG Koblenz, 7 L 1010/10.KO).

Zum Anfang

Verkehrsrecht

Geschwindigkeitsüberschreitung: Verfassungsbeschwerde gegen „Blitzer“ erfolglos

Das Anfertigen von Bildaufnahmen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist nicht verfassungswidrig.

So entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Fall eines Autofahrers, der wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße verurteilt worden war. Die Verurteilung stützte sich vor allem auf die im Rahmen des Messverfahrens gefertigten Lichtbilder, auf denen der Autofahrer zu erkennen war. Seine hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Autofahrer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht verletzt sei. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Gerichte die Vorschrift des § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen zum Beweis von Verkehrsverstößen herangezogen hätten. Die Norm erlaube die Anfertigung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise weniger Erfolg versprechend oder erschwert wäre. Auch die Auslegung und Anwendung dieser Norm durch die Fachgerichte zeige keine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts. Eine Bildaufnahme, bei der Fahrer und Kennzeichen seines Fahrzeugs identifizierbar sind, sei zwar ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und betreffe das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Zweck derartiger Maßnahmen der Verkehrsüberwachung, nämlich die Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs, rechtfertige jedoch eine Beschränkung der grundrechtlichen Freiheiten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich nicht um verdeckte Datenerhebungen handelt. Es würden nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet, die für jedermann wahrnehmbar seien. Die Maßnahme ziele zudem nicht auf Unbeteiligte. Sie betreffe ausschließlich die Fahrzeugführer, die selbst Anlass zur Anfertigung von Bildaufnahmen gegeben hätten, da bei ihnen der Verdacht eines bußgeldbewehrten Verkehrsverstoßes bestehe. Schließlich entfalte die Maßnahme über die Ahndung der Verkehrsordnungswidrigkeit hinaus grundsätzlich keine belastenden Wirkungen für den Betroffenen. Denn es bestünden hinreichende grundrechtssichernde Verfahrensvorschriften über die Benachrichtigung sowie zur Kennzeichnung und Löschung von Daten. Vor diesem Hintergrund und angesichts des bezweckten Schutzes der Allgemeinheit vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben im Straßenverkehr bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden verkehrsrechtlichen Maßnahme (BVerfG, 2 BvR 759/10).

Zum Anfang

Prozessrecht: Kein Vertrauensvorschuss für den Messbeamten als Zeugen

Die bloße Behauptung, ein Zeuge (hier der eine Geschwindigkeitsmessung durchführende Polizeibeamte) sei dem Gericht als besonders zuverlässig bekannt, lässt – zumindest in dieser pauschalen Form – keinen Rückschluss auf die Zuverlässigkeit der Angaben oder der Vorgehensweise des Zeugen im betreffenden Fall zu.

Diese deutliche Aussage traf das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Fall eines Autofahrers (B.), der wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vom Amtsgericht verurteilt wurde. In den Urteilsgründen hieß es: „Der Zeuge X, der dem Gericht aus anderen Verfahren als äußerst erfahrener und gewissenhafter Messbeamter der Verkehrspolizei bekannt ist, bezeugte glaubhaft, dass B. in einer Entfernung von 366,1 m mit 140 km/h gemessen wurde. Der Zielerfassungsbereich sei dabei frei gewesen, B. habe sich alleine auf der Straße befunden.“

Diese pauschale Begründung reichte dem OLG für eine Verurteilung nicht aus. Die Begründung des Amtsrichters, dass ihm der Zeuge als „äußerst erfahren und gewissenhaft“ bekannt gewesen sei, begegne ernst zu nehmenden Bedenken. Die bloße Behauptung, ein Zeuge sei als besonders zuverlässig bekannt, sei in dieser pauschalen Form nicht zulässig. Um die Zuverlässigkeit tatsächlich beurteilen zu können, hätte sich der Amtsrichter vielmehr zuvor mehrfach, z.B. in unangekündigten Stichproben, tatsächlich von seiner Vorgehensweise und seinem Verhalten bei Messungen in Kenntnis setzen müssen. Diese „Überprüfungen“ hätten dann im Urteil zumindest kurz dargelegt werden müssen, um den daraus gezogenen Schluss für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbar bzw. überprüfbar werden zu lassen. Vermutlich beruhe die Formulierung aber allein darauf, dass der Amtsrichter den betreffenden Zeugen (den Messbeamten) in mehreren Hauptverhandlungen gehört und seinen Angaben jeweils Glauben geschenkt habe. Dies könne richtig oder auch unrichtig gewesen sein. Ein weitergehender Schluss auf eine personale Eigenschaft des betreffenden Zeugen, seine allgemeine Zuverlässigkeit, könne daraus nicht gezogen werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 12.4.2010, 4 Ss 62/10, Abruf-Nr. 102718).

Zum Anfang

Supermarktparkplatz: Zusammenstoß beim beiderseitigen Rückwärtsausparken

Kommt es auf einem Supermarktparkplatz zwischen zwei rückwärts ausparkenden Fahrzeugen zu einem Zusammenstoß, darf der entstandene Schaden nicht hälftig geteilt werden, wenn eines der Fahrzeuge im Moment der Kollision bereits zum Stillstand gekommen war.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Saarbrücken hin. Das gelte zumindest, wenn den Fahrer des stehenden Wagens auch kein sonstiges Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls treffen würde. Auf einem Supermarktparkplatz würden – anders als im fließenden Verkehr – die Beweismaßstäbe für den ruhenden Verkehr gelten. Das folge daraus, dass hier grundsätzlich mit rückwärts rangierenden Fahrzeugen gerechnet werden müsse. Ein Autofahrer müsse deshalb stets bremsbereit sein. Nur weil das bereits stehende Fahrzeug vorher rückwärts gefahren sei, ergebe sich daraus kein Anscheinsbeweis für ein hälftiges Verschulden beider Rückwärtsfahrer, wenn zumindest einer bereits vollständig abgebremst habe (LG Saarbrücken, 13 S 61/10).

Zum Anfang

Nachbarrecht: Auch auf engen Straßen darf die Garage des Nachbarn nicht zugeparkt werden

Das mehrfache Abstellen eines Pkw vor der Garagenzufahrt des Nachbarn ist eine Besitz- und Eigentumsbeeinträchtigung, die zu einer Klage auf Unterlassung berechtigt. Der Parkende kann sich nicht darauf berufen, dass der Nachbar bei ihm klingeln und bitten könnte, das Auto wegzufahren.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Streit zweier Nachbarn. Ihre Grundstücke grenzten an eine Privatstraße. An deren Ende befand sich die Garage des einen Nachbarn. Gleichzeitig lag dort auch der Zugang zum Haus des anderen Nachbarn. Der eine Nachbar stellte seinen Pkw regelmäßig vor seiner Haustür ab. Damit blockierte er aber die Garagenzufahrt des anderen Nachbarn. Dessen Bitten, dies doch zu unterlassen, blieben unerhört. So kam es zum Prozess.

Die zuständige Richterin gab dem Garagenbesitzer recht. Das Abstellen des Pkw vor der Garageneinfahrt stelle eine Besitz- und Eigentumsbeeinträchtigung dar, da die Zu- und Abfahrt behindert werde. Es sei unerheblich, dass der Garagenbesitzer seinen Nachbarn jeweils auffordern könne wegzufahren. Dies ändere nichts an der Eigentumsbeeinträchtigung. Diese liege bereits in dem Moment vor, in dem das Auto abgestellt werde. Es handele sich auch nicht nur um ein kurzes Anhalten zum Aussteigen. Das Auto sei jeweils über einen längeren Zeitraum geparkt worden. Der Pkw könne auch durchaus woanders abgestellt werden. Ein Hausbewohner habe keinen Anspruch darauf, Gegenstände direkt vor seinem Eingang ein- und auszuladen, wenn er damit das Eigentum anderer Menschen behindere (AG München, 241 C 7703/09).

Zum Anfang

Steuerrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Kabinett beschließt Haushaltsbegleitgesetz 2011

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Haushaltsbegleitgesetz 2011 sieht ab dem kommenden Jahr verschiedene Sparmaßnamen vor. Wichtige Punkte werden nachfolgend vorgestellt.

Beim Elterngeld sind folgende Einschränkungen vorgesehen:

Durch die Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes sollen Subventionen für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und in der Land- und Forstwirtschaft in 2011 und 2012 reduziert werden. Dies soll ab 2013 fortgesetzt werden, sofern die Ermächtigung der EU-Kommission vorliegt. Vorgesehen ist u.a. eine Absenkung der Entlastungssätze von derzeit 40 % auf 20 % des Regelsteuersatzes, eine Anhebung des Sockelbetrags auf 2.500 EUR sowie die Reduzierung beim Spitzenausgleich von 95 % auf 73 %.

Die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung soll beim Bezug von Arbeitslosengeld (ALG) II entfallen, sodass diese Zeiten dann keine Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung mehr darstellen. Künftig soll die Bezugszeit von ALG II als Anrechnungszeit berücksichtigt werden (Haushaltsbegleitgesetz 2011, Regierungsentwurf 1.9.2010).

Zum Anfang

Grundsteuer: Bundesfinanzhof fordert zeitgemäße Neuordnung

Trotz verfassungsrechtlicher Zweifel hatte der Bundesfinanzhof die Einheitsbewertung des Grundvermögens bislang als verfassungsgemäß beurteilt. In einem aktuellen Urteil hat er daran jedenfalls für Stichtage bis zum 1.1.2007 festgehalten, aber zusätzlich darauf hingewiesen, dass es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn eine Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer weiterhin unterbleibt.

Hintergrund

Eigentümer von Haus- und Grundbesitz müssen an die Gemeinden Grundsteuer zahlen. Die Festsetzung erfolgt dabei in drei Stufen. Die Finanzämter ermitteln die Einheitswerte und setzen die Grundsteuermessbeträge fest. Die eigentliche Grundsteuer wird dann im dritten Schritt von den Gemeinden festgesetzt.

Kritikpunkte

Hauptkritikpunkt ist seit langem die Feststellung der Einheitswerte, da hierbei die Wertverhältnisse bzw. Preise zum 1.1.1964 maßgebend sind. In den neuen Bundesländern wird sogar auf die Wertverhältnisse zum 1.1.1935 abgestellt.

Nach Meinung des Bundesfinanzhofs sind die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens nur noch für Stichtage bis zum 1.1.2007 verfassungsgemäß, weil die Festschreibung der Wertverhältnisse auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 anschließend wegen Überschreitung einer angemessenen Dauer nicht mehr als sachgerecht hinnehmbar ist. Die über mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung verfehlt vor allem die sich aus dem Grundgesetz ergebenden Anforderungen an eine realitätsgerechte Bewertung.

Insbesondere in den neuen Bundesländern ist eine neue Hauptfeststellung verfassungsrechtlich geboten, weil dort die Wertverhältnisse noch auf den 1.1.1935 festgeschrieben sind. Der sich daraus ergebende gleichheitswidrige Zustand kann nicht mehr mit den Übergangsschwierigkeiten nach der Wiedervereinigung gerechtfertigt werden.

Hinweis: Der Bundesfinanzhof musste den jetzt entschiedenen Fall nicht dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, weil es um einen Einheitswert auf den 1.1.2005 und somit um einen noch tolerierbaren Zeitraum ging.

Ausblick

Derzeit werden mehrere Reformpläne diskutiert. Nach einem Entwurf der Finanzminister Hessens, Bayerns und Baden-Württembergs sollen z.B. die Grundstücksfläche, die Art und der Umfang der Bebauung maßgebend sein. Damit würden zwei Grundstücke mit gleicher Nutzungsart und identischen Flächenmerkmalen innerhalb der Kommune unabhängig von ihrem Wert gleich hoch belastet werden. Das Verfahren soll es zudem ermöglichen, dass nur noch wenige Grundstückseigentümer eine Steuererklärung zur Ermittlung der Grundsteuer abgeben müssen. Insbesondere die vielen Ein- und Zweifamilienhäuser, die knapp drei Viertel der Gesamtzahl der Grundstücke ausmachen, sollen automatisch erfasst werden.

Ob dieses Reformpapier umgesetzt wird oder ob eine andere Regelung präferiert wird, ist offen. Viele Fachleute gehen davon aus, dass es eine Neuregelung erst dann geben wird, wenn das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber dazu auffordert (BFH, II R 60/08).

Zum Anfang

Pflichtteilsansprüche: Keine Einkommensteuer bei Verzicht gegen Rente

Verzichtet ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche und erhält dafür von den Eltern wiederkehrende Zahlungen wie eine Rente, muss das Kind nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs dafür keine Einkommensteuer zahlen.

Der Pflichtteilsverzicht führt zu keinem entgeltlichen Leistungsaustausch und auch zu keiner Kapitalüberlassung des Kindes an die Eltern. Daher ist in der Rente auch kein Zinsanteil enthalten, der zu steuerpflichtigen Einkünften führt. Der BFH gab damit eine gegenteilige Auffassung auf, die er in einem früheren Urteil vertreten hatte.

Hinweis: Wegen des unentgeltlichen Vorgangs kann auf den Kapitalwert der Rente gegebenenfalls Schenkungsteuer festgesetzt werden (BFH, VIII R 43/06).

Zum Anfang

Kindergeld: Anspruch auch bei Vollzeiterwerbstätigkeit

Eltern haben für ein volljähriges Kind u.a. dann Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird, sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Zudem dürfen die Einkünfte und Bezüge des Kindes in den Monaten, in denen diese Voraussetzungen vorliegen, einen Grenzbetrag von derzeit 8.004 EUR im Jahr nicht übersteigen.

Nach bisheriger Rechtsprechung war ein Kind, das in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder während des Wartens auf einen Ausbildungsplatz einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachging, für die Monate der Vollzeiterwerbstätigkeit nicht als Kind zu berücksichtigen. Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass dem Kindergeldberechtigten zwar für die Monate der Vollzeiterwerbstätigkeit kein Kindergeld zustand, das Kindergeld aber möglicherweise für die übrigen Monate zu gewähren war, wenn die in diesen Monaten erzielten Einkünfte und Bezüge den (anteiligen) Grenzbetrag nicht überschritten.

Diese Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof nun aufgegeben. Ob ein Kind wegen eigener Einkünfte typischerweise nicht auf Unterhaltsleistungen der Eltern angewiesen ist, hängt nicht von der finanziellen Situation des Kindes im jeweiligen Monat ab. Vielmehr nimmt der Gesetzgeber eine typische Unterhaltssituation dann an, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes im Kalenderjahr den Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen bzw. den anteiligen Betrag, wenn das Kind z.B. nur während eines Teils des Jahres zu berücksichtigen ist.

Bei der Grenzbetragsprüfung sind daher alle Einkünfte des Kindes in dem maßgebenden Zeitraum anzusetzen – und zwar unabhängig davon, ob sie aus einer Vollzeit- oder einer Teilzeiterwerbstätigkeit stammen. Dies kann wie im Streitfall dazu führen, dass kein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn das Kind während der Monate, in denen es auf einen zugesagten Ausbildungsplatz wartet, noch berufstätig ist und seine Einkünfte wegen der Einbeziehung des Arbeitslohns für diese Monate insgesamt über dem Jahresgrenzbetrag liegen.

Hinweis: Entsprechend hat der Bundesfinanzhof bislang auch schon die Fälle entschieden, in denen das Kind neben einer Ausbildung einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht (BFH, III R 34/09).

Zum Anfang

Fachliteratur: Strenge Nachweiserfordernisse bei Lehrern

Ein Realschullehrer für Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Ethik machte insgesamt rund 2.000 EUR für Bücher und Zeitschriften rund um das Thema Anthropologie (Lehre vom Menschen) als Werbungskosten geltend. Zum Nachweis hatte er eine Liste erstellt, wann er welches Buch im Unterricht verwendet hatte. Wegen einer möglichen Privatnutzung ließ das Finanzamt aber nur 50 % der Aufwendungen zu. Das war dem Lehrer aber nicht genug und er klagte vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz.

Vor dem Finanzgericht musste der Lehrer erfahren, dass selbst die 50 % nicht im Wege einer Schätzung hätten zugelassen werden dürfen. Denn allein eine abschnittsweise Wiedergabe im Unterricht macht ein Buch noch nicht zu einem typischen Fachbuch eines Lehrers. Da es sich im Urteilsfall nicht um unentbehrliche Fachbücher eines Lehrers handelte, bei denen eine private Mitverwendung i.d.R. ausgeschlossen werden kann, hätte der Lehrer vielmehr detailliert darlegen müssen, in welchem Umfang er die Literatur im Unterricht verwendet hat.

Hinweis: Aufgrund der anhängigen Revision muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für Fachliteratur bei Lehrern anzuerkennen sind (FG Rheinland-Pfalz, 4 K 2895/04, Revision eingelegt).

Zum Anfang

Wirtschaftsrecht

GmbH: Fremdgeschäftsführer ist bei Abschluss des Anstellungsvertrags Verbraucher

Ein GmbH-Geschäftsführer handelt beim Abschluss seines Anstellungsvertrags als Verbraucher.

Hierauf hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) aufmerksam gemacht. Die Richter stellten klar, dass er bereits bei der Tätigkeit als Geschäftsführer keine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit ausübe. Das gelte umso mehr für den Abschluss des Anstellungsvertrags, zumindest wenn er nicht zugleich als Gesellschafter über zumindest eine Sperrminorität verfüge und Leitungsmacht über die Gesellschaft ausüben könne.

Hinweis: Diese Entscheidung hat auch direkte Konsequenzen für die Geltung des AGB-Rechts in Bezug auf den Anstellungsvertrag. Ist dort geregelt, dass von der Gegenseite abgelehnte Ansprüche binnen einer Drei-Monats-Frist gerichtlich geltend zu machen sind (Ausschlussklausel), ist bereits eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung ausreichend, um auch das Erlöschen der vom Ausgang des Rechtsstreits abhängigen Vergütungsansprüche zu verhindern (BAG, 5 AZR 253/09).

Zum Anfang

Widerrufsbelehrung: 40-Euro-Klausel muss besonders vertraglich vereinbart werden

Will der Verkäufer für den Fall einer Warenrücksendung in einem Fernabsatzgeschäft die hierfür anfallenden Kosten auf den Kunden abwälzen (40-Euro-Klausel gem. § 357 Abs. 2 S. 3 BGB), muss er dies zuvor zusätzlich vertraglich vereinbaren.

Diese wichtige Entscheidung für den Fernabsatzhandel hat das Landgericht (LG) Bochum getroffen. Die Richter wiesen darauf hin, dass dies etwa durch eine entsprechende Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen könne. Fehle eine solche Vereinbarung, sei dies ein Wettbewerbsverstoß. Dieser könne von Mitbewerbern entsprechend abgemahnt werden (LG Bochum, 17 O 108/09).

Zum Anfang

Haftungsrecht: Arbeitgeber haftet für die durch Mitarbeiter hinterzogene Lohnsteuer

Wenn eine für die Lohnabrechnung und die Lohnsteueranmeldung zuständige Arbeitnehmerin ihre eigenen Gehaltsabrechnungen zu ihren Gunsten manipuliert hat, haftet der Arbeitgeber nach der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs für die verkürzte Lohnsteuer.

Der Arbeitgeber haftet für die Lohnsteuer, die aufgrund fehlender Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird. Ein Haftungsausschluss ist möglich, wenn eine Korrekturberechtigung besteht. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist dies bei vorsätzlichem fehlerhaftem Lohnsteuereinbehalt jedoch ausgeschlossen, sodass keine haftungsbefreiende Anzeige möglich ist.

Der Arbeitgeber kann sich nicht auf mangelnde eigene Kenntnis berufen, wenn ein von ihm eingesetzter Mitarbeiter von dem fehlerhaften Lohnsteuereinbehalt wusste. Dadurch, dass ein Arbeitgeber seine Pflichten durch Dritte erfüllt, kann er sich seiner Verantwortung nicht entziehen (BFH, VI R 29/08).

Zum Anfang

Wesentliche Beteiligung: Haltedauer ist irrelevant

Veräußert ein GmbH-Gesellschafter seine Beteiligung, ist die Veräußerung zu 60 % steuerpflichtig, wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre einmal zu mindestens 1 % beteiligt war (sogenannte wesentliche Beteiligung).

Da es auf die Beteiligungsdauer nach Meinung des Finanzgerichts Köln nicht ankommt, liegt eine wesentliche Beteiligung auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Zuge einer einheitlichen Vertragsurkunde zunächst eine wesentliche Beteiligung übernimmt und diese durch eine Kapitalerhöhung eine juristische Sekunde später wieder verliert.

Hinweis: Da die Revision anhängig ist, bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof die Vorinstanz bestätigen wird (FG Köln, 2 K 1049/03, Revision eingelegt).

Zum Anfang

Vorsteuerabzug: Keine abweichende Zuordnung für den Gebäudeanbau

Bei einem teilweise unternehmerisch und teilweise privat genutzten Gebäude können Unternehmer das Gebäude insgesamt dem Unternehmen zuordnen und die Vorsteuer voll abziehen (sogenanntes Seeling-Modell). Dieses Wahlrecht besteht aber nicht für einen Anbau, sofern das bisherige Gebäude zuvor nur anteilig dem Unternehmensvermögen zugeordnet worden ist.

Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine Entscheidung des Unternehmers bei dessen Anschaffung, Herstellung oder Einlage. Dabei ist eine nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffene Zuordnung ebenso wenig zulässig wie eine nachträgliche Änderung des einmal gewählten Aufteilungsmaßstabes für die Vorsteuer.

Wurden also nur die unternehmerisch genutzten Gebäudeteile dem Unternehmensvermögen zugeordnet, ist diese Entscheidung für das Wirtschaftsgut bindend. Für einen anschließend errichteten Anbau, der mit dem Gebäude bautechnisch verbunden ist, kann somit keine abweichende Zuordnung erfolgen. Dementsprechend können Vorsteuern auch nur für die unternehmerisch genutzten Gebäudeteile geltend gemacht werden.

Anders sieht es hingegen aus, wenn es sich bei dem Anbau nicht um einen Bestandteil des bisher schon vorhandenen Altbaus, sondern um einen selbstständigen Gegenstand handeln würde. In diesem Fall hängt die Zuordnung nicht von der vorher ausgeübten Wahl ab und der Anbau kann dem Unternehmen vollständig zugeordnet werden.

Nach dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 soll der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke ab 2011 auf die unternehmerische Verwendung beschränkt werden. Der volle Vorsteuerabzug und die unentgeltliche Wertabgabe für die Privatnutzung scheiden folglich aus.

Geplant ist ein Bestandsschutz, wonach die derzeitige Regelung noch für Objekte gelten soll, bei denen im Erwerbsfall der Kaufvertrag vor dem 1.1.2011 abgeschlossen oder in Errichtungsfällen vor dem 1.1.2011 mit der Herstellung begonnen wurde. Bei baugenehmigungspflichtigen Objekten gilt insofern der Zeitpunkt der Bauantragstellung. Bei baugenehmigungsfreien, aber meldepflichtigen Objekten ist der Zeitpunkt der Einreichung der Bauunterlagen maßgebend.

Um von dem Zins- und Liquiditätsvorteil des Seeling-Modells profitieren zu können, sollten Investitionen daher nach Möglichkeit vorgezogen werden (FG Niedersachsen, 16 K 11384/08).

Zum Anfang

Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2011 beträgt 0,12 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

Zum Anfang

Steuertermine im Monat Oktober 2010

Im Monat Oktober 2010 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 11.10.2010 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 8.10.2010.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 11.10.2010 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 8.10.2010.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung auf das Konto des Finanzamts endet am 14.10.2010. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

Zum Anfang