Kanzlei Fathieh – Rechtsanwälte in Heidelberg

Informationen für den Kalendermonat September 2007

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Inhaltsverzeichnis:

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Steuerrecht:

Wirtschaftsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht

Auszubildende: Wettbewerbsverstoß durch Konkurrenztätigkeit in der Ausbildung

Ein Auszubildender unterliegt wie ein Arbeitnehmer auch einem Wettbewerbsverbot. Verletzt er dieses schuldhaft, ist er seinem Arbeitgeber gegenüber schadenersatzpflichtig.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses sei einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil des Arbeitgebers untersagt. Dies ergebe sich aus der Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber.

Hinweis: Der Arbeitgeber muss die Konkurrenztätigkeit nicht ausdrücklich verbieten. Der Arbeitnehmer muss sich im Gegenteil das Einverständnis des Arbeitgebers hierzu einholen (BAG, 10 AZR 439/05).

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Lohnzahlung: Zahlungsanspruch auch nach Ablauf der Berufsausbildungszeit?

Ein Berufsausbildungsverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit. Es verlängert sich nicht automatisch bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung, auch wenn die Abschlussprüfung erst nach Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit stattfindet.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies daher die Klage einer Auszubildenden ab. Ihr Arbeitgeber hatte sie nach Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit nicht mehr beschäftigt. Sie bestand die Abschlussprüfung mit Ablegung der mündlichen Prüfung ein paar Monate später. Bis dorthin verlangte sie vom Arbeitgeber Lohn – ohne Erfolg.

Beachten Sie: Das Ausbildungsverhältnis verlängert sich auf Verlangen des Auszubildenden, wenn er die Abschlussprüfung nicht bestanden hat; allerdings nur bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung und maximal um ein Jahr (BAG, 9 AZR 494/06).

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Altersteilzeit: Schadenersatzanspruch wegen unrichtiger Auskunft über die Folgen eines Lohnsteuerklassenwechsels

In einem Arbeitsverhältnis besteht die Nebenpflicht des Arbeitgebers, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Vermögensinteressen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann.

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz. Die Richter präzisierten die Schadenersatzpflicht für den Fall, dass der Arbeitgeber im Zusammenhang mit einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis Fragen des Arbeitnehmers zu den Folgen eines Lohnsteuerklassenwechsels unrichtig beantworte. Dabei komme dem geschädigten Arbeitnehmer die Vermutung aufklärungspflichtigen Verhaltens zugute. Ein Schadenersatzanspruch scheide allerdings aus, wenn die erteilte Auskunft in sich widersprüchlich sei, der Arbeitnehmer dies ohne Weiteres erkennen könne und gleichwohl ohne weitere Rückfragen die einen Vermögensschaden herbeiführenden Dispositionen (hier: Lohnsteuerklassenwechsel mit der Folge eines geringeren Aufstockungsbetrags) treffe (LAG Rheinland-Pfalz, 9 Sa 811/06).

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Zeugnis: Gekündigter Arbeitnehmer muss entscheiden, ob er End- oder Zwischenzeugnis möchte

Der Arbeitnehmer hat nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses während des Laufs des Kündigungsschutzprozesses ein Wahlrecht, ob er ein Endzeugnis oder ein Zwischenzeugnis verlangt.

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm. Die Richter wiesen aber auch darauf hin, dass der Arbeitnehmer nicht noch zusätzlich ein Zwischenzeugnis beanspruchen könne, wenn er bereits auf sein Verlangen ein Endzeugnis erhalten habe. Das folge daraus, dass das Zwischenzeugnis dem Endzeugnis gegenüber subsidiär sei. Es fehle also an dem erforderlichen triftigen Grund für die zusätzliche Erteilung.

Hinweis: Der Arbeitnehmer muss bei seiner Entscheidung berücksichtigen, wie er das Zeugnis taktisch verwenden will. Oft ist es vorteilhafter, sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus zu bewerben. Dann müsste er seiner Bewerbung ein Zwischenzeugnis beifügen. Demgegenüber könnte die Bewerbung mit einem Endzeugnis bereits auf eine bestehende Arbeitslosigkeit hindeuten. Allerdings kann das Zwischenzeugnis nur bis zum tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses verlangt werden. Es soll nämlich die Leistung des Arbeitnehmers nur so lange dokumentieren, wie noch kein Endzeugnis über den gesamten Zeitraum des Arbeitsverhältnisses vorliegt (LAG Hamm, 19 Sa 1589/06).

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Baurecht

Mängelgewährleistungsrecht: Schon Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik macht Leistung mangelhaft

Gewährleistungsansprüche können unabhängig davon geltend gemacht werden, ob bereits ein konkreter Schaden eingetreten ist. Es reicht, wenn ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik vorliegt.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Fall eines Bauherrn hin, der im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens festgestellt hatte, dass das Gebäude Mängel an der Gründung aufwies. Die Sohlplatte hatte nicht die erforderliche Stärke und war nicht ausreichend bewehrt. Deshalb nahm er das Bauunternehmen auf Zahlung von Mängelbeseitigungskosten in Anspruch, obwohl seit der Abnahme des Gebäudes vor rund zwölf Jahren noch keine sichtbaren statischen Schäden aufgetreten waren.

Das OLG hat dem Antrag wegen eines Verstoßes gegen die anerkannten Regeln der Technik stattgegeben. Es bejahte einerseits einen Minderungsanspruch zur Abgeltung des Risikos, dass wegen des Regelverstoßes später noch eine Rissbildung eintreten könnte und deshalb Abdichtungsmaßnahmen notwendig würden. Zum Zweiten bestehe wegen des Verstoßes gegen die anerkannten Regeln der Technik auch ein Anspruch sowohl auf Schadenersatz als auch auf Minderung des Kaufpreises. Beim Schadenersatzanspruch stelle bereits der Verstoß gegen die Regeln der Technik (Nichteinhaltung der statischen Vorgaben) einen Mangel dar. Bezüglich des Minderungsanspruchs sei das Gebäude bereits vor dem Eintritt eines konkreten Schadens mit einem Minderwert belastet. Dessen Höhe spiegele sich in dem Betrag wider, der für die Beseitigung der Mängel im Zeitpunkt der Abnahme aufzuwenden sei (OLG Stuttgart, 12 U 85/05, Revision beim BGH wurde zurückgenommen).

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Bauvoranfrage: Schadenersatzansprüche wegen Untätigkeit der Behörde setzen Untätigkeitsklage voraus

Die Bescheidung einer Bauvoranfrage zur Errichtung einer Windkraftanlage innerhalb von 16 Monaten stellt regelmäßig keine angemessene, zügige Bearbeitung der Angelegenheit mehr dar.

Mit dieser Klarstellung bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz die Ansicht eines Bauherrn. Gleichwohl wurde seine Schadenersatzklage wegen Amtspflichtverletzung zurückgewiesen. Nach Ansicht der Richter habe der Bauherr nämlich schuldhaft versäumt, rechtzeitig die nach dem Gesetz vorgesehene Untätigkeitsklage zu erheben. Daher seien Ersatzansprüche wegen verzögerter Bearbeitung ausgeschlossen (OLG Koblenz, 1 U 248/06).

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Ausführungspläne: Herausgabeanspruch des Auftraggebers gegenüber dem Bauunternehmer

Der Auftraggeber hat nur aufgrund einer besonderen Vereinbarung gegenüber dem Bauunternehmer einen Anspruch auf Herausgabe von Ausführungsplänen.

Diesen Grundsatz stellte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. auf. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass mangels Vereinbarung eine Auslegung des Werkvertrags erforderlich sei. Danach bestehe jedoch regelmäßig weder eine Haupt- noch eine Nebenpflicht des Bauunternehmers zur Herausgabe der Ausführungspläne. Hauptpflicht des Werkvertrags sei allein die Ausführung der entsprechenden Arbeiten. Zwar müssten zur mangelfreien Herstellung des Werks Pläne und Berechnungen angefertigt werden. Diese Leistung würde damit aber nicht automatisch zur vertraglichen Hauptpflicht. Entscheidend sei vielmehr, wie stark das Interesse des Bestellers an der Nebenleistung sei und welchen Aufwand diese für den Bauunternehmer verursache. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Ausführungsplanung grundsätzlich vom Besteller zu erbringen sei. Er müsse sie dann dem Bauunternehmer überlassen. Sei die Ausführungsplanung dagegen dem Bauunternehmer überlassen, handele es sich um eine bloße Vorbereitungsmaßnahme zur mangelfreien Herstellung des Werks. Eine Pflicht zur Überlassung der Pläne sei deshalb nur anzunehmen, wenn sich dies aus der getroffenen Entscheidung klar und deutlich ergebe (OLG Frankfurt a.M., 26 U 2/06).

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Architektenhaftung: Gesamtschuldnerische Haftung von Architekt und Statiker bei fehlenden Dehnfugen

Es ist eine einfache bauphysikalische Grundregel, dass sich verschiedene Baustoffe thermisch bedingt unterschiedlich ausdehnen.

Diese Kenntnis kann nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf sowohl von einem Statiker als auch von einem Architekten vorausgesetzt werden. Daher hafte der Architekt dem Bauherrn gesamtschuldnerisch mit dem Statiker, wenn er nicht erkannt hat, dass die vom Statiker vorgegebene Konstruktion einer Balkonbrüstung aufgrund der thermisch bedingten Längenbewegungen der verschiedenen Baumaterialien (hier: Betonringbalken auf Porotonmauerwerk) ohne die Anordnung von Dehnungsfugen zu Zwängungen und damit zu Rissbildungen führt (OLG Düsseldorf, I-21 U 38/05).

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Familien- und Erbrecht

Ehescheidung: Eigenmächtige Wegnahme von Hausratsgegenständen nach Trennung muss rückgängig gemacht werden

Nimmt ein Ehegatte nach der Trennung eigenmächtig Hausratsgegenstände an sich, muss er dem anderen Ehegatten wieder Mitbesitz einräumen.

Das stellte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall eines getrennt lebenden Ehepaars klar. Nach der Trennung der Eheleute entnahm die Ehefrau verschiedene Hausratsgegenstände aus der vormals ehelichen Wohnung, um sie in ihrer eigenen Wohnung zu verwenden. Der Ehemann hat vor dem Familiengericht einen Anspruch wegen Besitzentziehung geltend gemacht. Der Ehefrau ist aufgegeben worden, dem Ehemann wieder Mitbesitz an den Hausratsgegenständen einzuräumen.

Das OLG hat die hiergegen eingelegte Beschwerde der Ehefrau mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes wegen verbotener Eigenmacht nicht voraussetze, dass ein Hausratsverteilungsverfahren anhängig gemacht werden müsse. Bei der eigenmächtigen Entfernung von Hausratsgegenständen durch einen Ehegatten bestehe zunächst ein Anspruch des anderen Ehegatten auf Wiedereinräumung des Besitzes. Grund dafür sei, dass die besitzrechtlichen Vorschriften einen schnellen Besitzschutz erstreben, während das Hausratsteilungsverfahren auf eine ausgewogene Verteilung des Hausrats nach Billigkeit ausgerichtet sei (OLG Koblenz, 9 UF 82/07).

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Kindesunterhalt: Die Kosten für eine neue Brille begründen keinen Sonderbedarf

Der für eine neue Brille anfallende Eigenanteil der Krankenversicherung begründet keinen vom Unterhaltsschuldner gesondert zu zahlenden Sonderbedarf.

Hierauf wies das Kammergericht (KG) hin. Die Richter machten deutlich, dass ein Sonderbedarf nur gegeben sei, wenn es sich um einen unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarf handele. Unregelmäßig sei der Bedarf nur, wenn er nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deswegen bei der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden könne. Wann ein in diesem Sinne unregelmäßiger Bedarf zugleich außergewöhnlich hoch sei, lasse sich nicht nach allgemein gültigen Maßstäben festlegen. Es komme insoweit auf die Umstände des Einzelfalls an. Hier müssten die Höhe der laufenden Unterhaltsrente und die sonstigen Einkünfte des Berechtigten, der Lebenszuschnitt der Beteiligten sowie der Anlass und der Umfang der besonderen Aufwendungen berücksichtigt werden. Letztlich richte sich die Frage, ob ein Bedarf außergewöhnlich hoch sei, danach, ob bei einer Gesamtbetrachtung dem Berechtigten zugemutet werden könne, den Bedarf selbst zu tragen. Im vorliegenden Fall stelle nach diesen Voraussetzungen der Eigenanteil für die Brille keinen Sonderbedarf dar. Die Kosten seien vorhersehbar gewesen. Da das Kind eine Brille benötige, sei absehbar gewesen, dass wegen des Wachstums und einer Veränderung der Sehstärke in unregelmäßigen Abständen eine neue Brille erforderlich sei. Zudem handele es sich bei dem Eigenkostenanteil auch nicht um einen außergewöhnlichen hohen Bedarf. Dieser könne ohne besondere Anstrengungen aus dem laufenden Unterhalt gedeckt werden (KG, 13 UF 46/06).

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Umgangsrecht: Nicht sorgeberechtigter Elternteil hat Anspruch auf Ferienregelung

Zum Umgangsrecht gehört bei einem knapp fünf Jahre alten Kind auch eine Ferienregelung, die es ihm und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil ermöglicht, einen längeren Zeitraum zusammen zu sein.

Mit dieser Entscheidung gab das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. einem Vater recht, der mit seinem Sohn eine 14-tägige Italienreise unternehmen wollte. Der Sohn lebte bei der Mutter, die alleinige Inhaberin des Sorgerechts war. Diese war gegen die Reise und hielt das Besuchsrecht im Zwei-Wochen-Rhythmus für ausreichend.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Ferienaufenthalt mit dem Vater grundsätzlich dem Kindeswohl diene. Auf diese Weise würde die Beziehung zu dem nicht betreuenden Elternteil verfestigt und auf eine der Normalität entsprechende Grundlage gestellt. Eine solche Ferienregelung könne auch eine Auslandsreise umfassen. Das gelte umso mehr, wenn es darum gehe, das Kind in den Kreis der dort lebenden Verwandten einzuführen. Sofern diese teilweise ebenfalls deutsch sprechen würden, sei eine Vereinsamung nicht zu erwarten. Zudem spreche nichts dafür, dass das Kind am Urlaubsort unerträgliche Verhältnisse vorfinden werde (OLG Frankfurt a.M., 2 UF 361/06).

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Erbrecht: Sind Abfindungen des Arbeitgebers vererblich?

Grundsätzlich sind arbeitsrechtliche Rechtspositionen höchst persönlicher Natur und daher nicht vererblich. So kann z.B. ein Arbeitsplatz nicht vererbt werden. Anders kann es aber bei finanziellen Forderungen des Arbeitnehmers sein. Die folgenden beiden Beispiele zeigen, unter welchen Voraussetzungen Ansprüche aus Abfindungsvergleichen vererblich sind.

Beispiel 1: Arbeitgeber (A) kündigte dem Arbeitnehmer (AN) zum 31.12.06. Im Kündigungsschutzprozess schlossen sie einen Vergleich, in dem sich A verpflichtete 10.000 EUR an AN als Abfindung zu zahlen. Die Abfindung sollte erst zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werden. AN verstarb am 23.11.06. Sein Erbe verlangt von A die 10.000 EUR. Zu Recht?

Lösung: Der Erbe hat Anspruch auf den Abfindungsbetrag. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, 2 AZR 250/02) bestätigt den allgemeinen Grundsatz, dass schuldrechtliche Ansprüche i.d.R. bereits mit Abschluss des Rechtsgeschäfts entstehen, das die vertraglichen Beziehungen der Beteiligten regelt. Es bekräftigt auch die nach h.M. in der Literatur für den Regelfall vertretene Rechtsfolge, dass der Abfindungsanspruch prinzipiell auf die Erben übergeht. Es sei nach allgemeiner Ansicht unerheblich, wenn der AN den vereinbarten Auflösungszeitraum nicht mehr erlebe. Allerdings könne der Abfindungsanspruch gefährdet sein, wenn die Vereinbarung der Parteien gerade festgelegt hätte, dass der Abfindungsanspruch davon abhängig sei, dass der AN das Ende des Arbeitsverhältnisses erlebe. Im Übrigen sei die durch Auslegung zu ermittelnde Interessenlage der Parteien entscheidend. Das BAG sieht hier insbesondere zwei Gründe für die Vererblichkeit des Zahlungsanspruchs aus dem Prozessvergleich:

Beispiel 2: A kündigte dem AN betriebsbedingt mit Schreiben vom 13.10.06 zum 30.4.07. AN nahm nach Maßgabe des § 10a KSchG die von A angebotene Abfindung von 10.000 EUR an und erhob folglich keine Kündigungsschutzklage. Der AN verstarb bereits am 22.4.07. Er wurde von seinen Eltern beerbt. Diese verlangten von A den Abfindungsbetrag, der ihnen als gesetzliche Erben zustehe. Zu Recht?

Lösung: Die Erben haben keinen Anspruch gegen A, da dieser nicht auf sie übergegangen ist. Denn der Abfindungsbetrag kam erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also mit Ablauf der Kündigungsfrist zur Entstehung. Da AN vor diesem Zeitpunkt verstorben sei, wurde der Anspruch nicht vererblich und konnte daher auch nicht von den Erben beansprucht werden. Der A habe auch gegenüber AN keine Pflicht gehabt, auf diese Besonderheit hinzuweisen (BAG, 2 AZR 45/06).

Die Fälle unterscheiden sich wie folgt: Im Beispiel 1 – vor Einführung des § 10a KSchG – war der Abfindungsanspruch bereits entstanden und damit vererblich. Nur der Fälligkeitspunkt lag in der Zukunft. Im Beispiel 2 – nach Einführung des § 10a KSchG – entstand der Anspruch erst mit Ablauf der Kündigungsfrist und war nicht vererblich, da AN vor der Entstehung verstarb.

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Mieterhöhung: Zulässigkeit, wenn sich die ortsübliche Vergleichsmiete seit Vertragsschluss nicht erhöht hat

Ein Anspruch des Vermieters auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete ist möglich, wenn die ursprünglich vereinbarte Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und sich die ortsübliche Vergleichsmiete seit Vertragsschluss nicht erhöht hat.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall, in dem die Parteien im Mietvertrag eine Miete von 4 EUR/m² vereinbart hatten. Die ortsübliche Vergleichsmiete belief sich zu dieser Zeit auf 4,60 EUR/m². Ein Jahr später verlangte die Vermieterin – bei unveränderter ortsüblicher Vergleichsmiete – die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete auf 4,26 EUR/m². Der Mieter verweigerte seine Zustimmung.

Der BGH hielt die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage der Vermieterin für berechtigt und verurteilte den Mieter entsprechend. Die Richter erläuterten, dass der Vermieter vom Mieter unter bestimmten Voraussetzungen Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen könne. Nach Wortlaut und Zweck dieser gesetzlichen Regelung setze ein Mieterhöhungsverlangen nicht voraus, dass sich die ortsübliche Vergleichsmiete seit Vertragsschluss erhöht habe. Das Vergleichsmietensystem solle dem Vermieter ermöglichen, eine am Markt orientierte, die Wirtschaftlichkeit der Wohnung regelmäßig sicherstellende Miete zu erzielen. Das treffe auch auf denjenigen Vermieter zu, der bei Vertragsbeginn eine für den Mieter besonders günstige, unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Miete vereinbart habe. Der Mieter müsse im Gegenteil von vornherein damit rechnen, dass die Miete stufenweise bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete angepasst werde, sofern die Parteien eine Mieterhöhung nicht ausgeschlossen hätten. Den Interessen des Mieters werde insbesondere durch die Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete, die Jahressperrfrist, die 15-monatige Wartezeit und die Kappungsgrenze Rechnung getragen (BGH, VIII ZR 303/06).

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Eigenbedarf: Kündigungsverzicht muss schriftlich erfolgen

Ein Verzicht des Vermieters auf das Recht, das Wohnraummietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, bedarf – wie der gesamte Mietvertrag – der Schriftform, wenn der Verzicht für mehr als ein Jahr gelten soll.

Mit dieser Begründung bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung, in der eine Mieterin zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt worden war. Zwar hatte die Mieterin der Kündigung widersprochen und sich auf die von ihr vorgelegte Version der Anlage zu § 27 des Mietvertrags berufen. Diese Anlage bestand aus einem einzelnen, losen Blatt mit der Überschrift „§ 27 – Sonstige Vereinbarungen“ ohne weitere Hinweise auf ein bestimmtes Mietverhältnis und ohne Unterschriften oder Paraphen. Hierin hieß es u.a. „Auf eine Kündigung wegen Eigenbedarf wird verzichtet“.

Ein Verzicht auf die Eigenbedarfskündigung in dieser Art und Weise sei nach Ansicht des BGH aber wegen fehlender Nichteinhaltung der erforderlichen Schriftform unbeachtlich. Das gesetzlich vorgesehene Formerfordernis verfolge vor allem den Zweck, es dem Grundstückserwerber zu erleichtern, in einen bestehenden Mietvertrag einzutreten. So könne er sich einfacher über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen unterrichten. Hauptzweck des Schriftformerfordernisses (neben Warn- und Beweisfunktion) sei damit der Schutz des Informationsinteresses eines potenziellen Grundstückserwerbers. Dabei betreffe die Formbedürftigkeit nicht nur Mietgegenstand, Mietzins, Dauer des Mietverhältnisses und genaue Bezeichnung der Vertragsparteien. Vielmehr seien alle Vertragsbestimmungen umfasst, die nach dem Willen der Parteien einen wesentlichen Vertragsbestandteil bilden würden. Hierzu zähle auch der Kündigungsverzicht wegen Eigenbedarfs, der eine wesentliche Einschränkung des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums des Erwerbers beinhalte. Ohne Einhaltung der Schriftform würde der Erwerber anhand des Mietvertrags die Beschränkung des Kündigungsrechts nicht erkennen, obwohl gerade der Erwerber von Wohnraum häufig ein gesteigertes Interesse am Sonderkündigungsrecht habe.

Die vorgelegte Anlage zum Mietvertrag entspreche jedoch nicht der gesetzlichen Schriftform. Aus den in mehreren Schriftstücken „verstreuten Bestimmungen“ der wesentlichen Vertragsbestandteile werde die Zusammengehörigkeit nicht zweifelsfrei erkenntlich. Die Anlage sei weder mit dem Mietvertrag verbunden noch unterzeichnet worden. Zudem nehme sie auch im Text nicht auf den Hauptvertrag Bezug (BGH, VIII ZR 223/06).

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Kaution: BGH stärkt Rechte des Erwerbers

Erwirbt ein Käufer ein Grundstück erst nach der Beendigung eines Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters, tritt er nicht in die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters aus dem beendeten Mietverhältnis ein.

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies darauf hin, dass dies auch für eine getroffene Sicherungsabrede zur Kaution gelte. Vielmehr obliege die Abrechnung der Nebenkosten aus der im Zeitpunkt des Auszugs des Mieters laufenden Abrechnungsperiode allein dem bisherigen Vermieter (BGH, VIII ZR 219/06).

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Verbraucherrecht

Reiserecht: Rechtliche Fragen zur Reiserücktrittskosten- und -abbruchversicherung

Zu den klassischen Versicherungsprodukten in der Touristik gehören die Reiserücktrittskosten- und die Reiseabbruchversicherung, auf die Reiseveranstalter und Reisemittler bei Abschluss des Reisevertrags hinweisen und über die sie die Kunden auch sachkundig informieren sollten.

Die Reiserücktrittskostenversicherung sichert das Risiko ab, dass der Reisende die Reise nicht antritt und mit Stornokosten belastet wird. Die Reiseabbruchversicherung gibt Deckungsschutz, wenn die Reise zwar angetreten, aber vorzeitig abgebrochen wird. Über die Versicherung können die zusätzlichen Rückreisekosten und der Wert der nicht genutzten Reiseleistungen ausgeglichen werden.

1. Versicherte Risiken
Durch die Reiserücktrittskosten- und die Reiseabbruchversicherung versicherte Risiken sind

Der Versicherungsschutz erfasst nicht nur die unmittelbar betroffene versicherte Person. Auch Angehörige der versicherten Person sowie der Lebenspartner sind mitversichert, ebenso Mitreisende bei Buchungen mit bis zu vier Personen sowie Reisende, die nicht mitreisende minderjährige oder pflegebedürftige Angehörige betreuen.

2. Typische Streitpunkte aus dem Versicherungsverhältnis
Im Folgenden stellen wir einige typische Streitpunkte vor, die sich aus dem Versicherungsverhältnis ergeben können.

Wann ist Reiseantritt?
Die Reiserücktrittskostenversicherung bietet Versicherungsschutz bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Reise angetreten ist. Das ist der Fall, sobald eine der gebuchten Reiseleistungen ganz oder teilweise in Anspruch genommen wurde. Maßgeblich ist hierbei die erstmalige Inanspruchnahme der versicherten Leistung.

Bei der Frage „Reiseantritt oder nicht“ kann es auf Sekunden ankommen. Wenn etwa der Reisende den begonnenen Abfertigungsvorgang beim Einchecken abbricht, weil er ans Telefon gerufen wird und von der schweren Erkrankung eines Angehörigen erfährt oder einen Herzinfarkt erleidet, hat er die Reise schon angetreten.

Somit gilt die Reise als angetreten,

Was ist eine „unerwartete schwere Erkrankung“?
Eine unerwartete schwere Erkrankung liegt vor, wenn bei einer (mit)versicherten Person aus dem Zustand des Wohlbefindens heraus ein so schwerer Krankheitszustand eintritt, dass die Durchführung der Reise nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Wann eine Krankheit oder eine Unfallverletzung als schwer einzuschätzen ist, richtet sich zwar auch nach der Art der gebuchten Reiseleistung. Vor allem sind aber die Symptome ausschlaggebend, die der Reisende beweisen muss. Voraussetzung für die Feststellung einer schweren Krankheit im Sinne der Versicherung ist nicht erst die Diagnose. Schon die Notwendigkeit stationärer Behandlung, gleichgültig ob zur Therapie oder zur weiterführenden Diagnose, zeigt in der Regel das Vorliegen einer schweren Krankheit an.

Beachten Sie: Ist eine schwerwiegende Diagnose schon bekannt, die sich aber bei Buchung der Reise in einer günstigen Phase befindet, kann keine Versicherungsleistung in Anspruch genommen werden, wenn sich die Symptome derart verstärken, dass die Reise nicht angetreten werden kann.

Die Rechtsprechung verneint regelmäßig das Vorliegen einer „unerwarteten schweren Erkrankung“, wenn sich der Reisende zur Zeit der Reisebuchung bzw. bei Abschluss des Versicherungsvertrags noch in ärztlicher Behandlung befindet und eben diese Krankheit später Anlass zur Stornierung der Reisebuchung war. Keinen Versicherungsschutz können daher zum Beispiel Patienten erwarten, bei denen bereits Symptome festgestellt wurden, die auf eine Krebserkrankung hindeuten, bei denen die Therapie noch nicht abgeschlossen ist oder der Patient sich nach einer Medikamentenumstellung nicht wieder in einem stabilen Zustand befindet.

Ein besonderer Streitpunkt sind die chronischen Krankheiten: Nach einschlägiger Rechtsprechung gibt es zum Beispiel bei der Schilddrüsenüberfunktion keinen „normalen“ komplikationslosen Heilverlauf. Bei der Behandlung mit jodhaltigen Präparaten seien eine Überreaktion des Körpers und daraus resultierende Komplikationen nicht ungewöhnlich. Folge: Der Reiserücktritt oder -abbruch aufgrund einer Verschlechterung des Krankheitsbilds ist nicht über die Versicherung abgedeckt.

Wie ist das Risiko der rechtzeitigen Stornoerklärung?
Grundsätzlich ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, eine gebuchte Reise sofort zu stornieren, wenn objektive Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit zum Zeitpunkt der Reise sprechen.

Stellt sich heraus, dass der Reisende mit einer Stornierung gewartet hat, weil er auf eine Verbesserung des Krankheitsbilds gehofft hat, und erhöht sich die Stornokostenpauschale, weil eine spätere Stornierung in eine höhere Zeitstufe fällt, wird die Versicherung entsprechend die Versicherungsleistung kürzen. Denn der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die Stornokosten möglichst gering zu halten (Pflicht zur Schadenminderung). Allenfalls in den Fällen, in denen der Arzt dem Reisenden mitteilt, dass die Erkrankung bzw. Verletzung nach ärztlicher Erfahrung verlässlich bis zum geplanten Reisetermin heilen wird und der Versicherte sich aufgrund seiner körperlichen Verfassung darauf verlassen kann, dass sich die Heildauer nicht weiter hinziehen wird, ist der Reisende berechtigt, seine Buchung aufrechtzuerhalten.

Lässt sich das Risiko aus höherer Gewalt versichern?
Die Risiken des Kriegs oder Bürgerkriegs, eines Streiks oder innerer Unruhe sowie das Risiko der vorsätzlichen Herbeiführung einer Verletzung oder einer Krankheit ist nicht versicherbar. Auch die Angst vor einem solchen Ereignis ist kein versicherter Grund zur Stornierung einer Reise.

Was bedeutet der Einwand der Vorvertraglichkeit?
Die Reiserücktritts- bzw. Reiseabbruchversicherung tritt erst ab dem Moment ein, in dem ein Versicherungsvertrag geschlossen worden ist. Bei einer Inanspruchnahme der Versicherung wird der Versicherer genau klären, ob das Ereignis, welches zur Stornierung oder zum Reiseabbruch geführt hat, erst nach Abschluss des Versicherungsvertrags eingetreten ist oder schon vorher vorhanden war. In diesem Fall gibt es keine Versicherungsleistung.

Wer muss was beweisen?
Der Versicherte hat den Eintritt des Rücktritts- bzw. Abbruchgrunds nachzuweisen. Bei Ereignissen, die die Gesundheit oder den Körper des Versicherten oder eines Mitreisenden betreffen, ist ein ärztliches Attest vorzulegen. Dieses muss den Beginn der Erkrankung und die Behandlungsdaten sowie die Beschwerden und die Diagnose nennen. Psychiatrische Erkrankungen können nur durch das Attest eines Facharztes für Psychiatrie nachgewiesen werden. Im Todesfall muss die Sterbeurkunde vorgelegt werden.

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Werbe-SMS: Verbraucher hat Auskunftsanspruch gegen Telefongesellschaft bei unverlangt zugesendeter Werbung per SMS

Will der Inhaber eines privat genutzten Mobilfunkanschlusses, dem eine unverlangte Werbe-SMS zugesandt worden ist, den Veranlasser zivilrechtlich in Anspruch nehmen, kann er von der Telefongesellschaft Auskunft über Namen und Anschrift des Inhabers des Anschlusses verlangen, von dem aus die Nachricht versandt worden ist.

Diese Klarstellung traf nun der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mannes, der auf seinem Mobiltelefon eine unverlangte Werbe-SMS erhalten hatte. Weil er den Absender nicht ermitteln konnte, wandte er sich an die Telefongesellschaft, aus deren Rufnummernblock die betreffende Rufnummer stammte. Die Gesellschaft stellte sich auf den Standpunkt, nur gegenüber Verbänden, nicht aber gegenüber Verbrauchern zu einer solchen Auskunft verpflichtet zu sein.

Mit dieser Ansicht stand das Unternehmen jedoch alleine. Es wurde durch alle Instanzen hindurch verpflichtet, dem Kläger Namen und Anschrift des fraglichen Anschlussinhabers zu nennen. Der BGH stützte sich dabei auf die Bestimmung des § 13a des Unterlassungsklagengesetzes. Dessen etwas mehrdeutigen Wortlaut legte es in der Weise restriktiv aus, dass der Auskunftsanspruch des individuellen Verbrauchers nur ausscheide, wenn ein Verband den entsprechenden Auskunftsanspruch bereits geltend gemacht habe. Eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung führe zu dem – dem Willen des Gesetzgebers widersprechenden – Ergebnis, dass in der Praxis kaum jemals ein Auskunftsanspruch individueller Adressaten von Werbeanrufen bestünde, weil in der Praxis immer parallel auch Ansprüche eines Verbandes bestehen. Da im Streitfall kein Verband die fragliche Auskunft über Namen und Anschrift des Absenders der Werbeanrufe verlangt habe, sei die Telefongesellschaft zur Auskunftserteilung verpflichtet (BGH, I ZR 191/04).

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Pflegeheim: Betreiber muss nicht für Beerdigung eines Bewohners zahlen

Die Betreiberin eines Alten- und Pflegeheims muss die Kosten der Bestattung eines mittellosen früheren Bewohners nicht tragen.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz. Nach dem Tod eines Heimbewohners, der mittellos war und keine Verwandten hatte, forderte die beklagte Verbandsgemeinde die Leiterin des Alten- und Pflegeheims auf, die Beerdigungskosten in Höhe von 1.200 EUR zu erstatten. Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht statt.

Das OVG bestätigte nun diese Entscheidung. Die Pflicht, Bestattungskosten zu tragen, setze eine enge persönliche Nähe zu dem Verstorbenen voraus, die über den Tod hinaus wirke. Ein solches Näheverhältnis bestehe zu Erben und Verwandten, nicht hingegen zu der Betreiberin eines Alten- und Pflegeheims, in dem der Verstorbene bis zu seinem Tod gelebt habe. Das Heim erbringe aufgrund vertraglicher Verpflichtung gegenüber dem Heimbewohner zu dessen Lebzeiten entgeltliche Hilfeleistungen, die zudem keine persönlichen Bindungen voraussetzten (OVG Rheinland-Pfalz, 7 A 11566/06.OVG).

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Ungebührliches Verhalten vor Gericht: Ordnungsgeld wegen Weigerung, eine Mütze abzusetzen

Gegen einen Angeklagten kann ein Ordnungsgeld verhängt werden, wenn er sich trotz ausdrücklicher Aufforderung des Richters weigert, eine Schildmütze vom Kopf abzunehmen.

Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Fall eines Angeklagten, der zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht mit einer Schildmütze auf dem Kopf erschienen war. Der Vorsitzende des Schöffengerichts forderte ihn auf, die Mütze abzunehmen. Das verweigerte er. Nach Androhung eines Ordnungsgelds, das auch die Staatsanwaltschaft beantragt hatte, nahm der Angeklagte die Mütze kurze Zeit ab, setzte sie danach aber wieder auf und nahm sie dann nicht mehr ab. Das Amtsgericht verhängte daraufhin ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 EUR, ersatzweise vier Tage Ordnungshaft. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des OLG stelle das Erscheinen in der Hauptverhandlung mit einer Schildmütze keine Ungebühr im Sinne des Gesetzes dar. Denn es sei vor allem unter Jugendlichen üblich geworden, auch in geschlossenen Räumen eine Schildkappe, Kapuze oder Wollmütze auf dem Kopf zu behalten. Ebenso wie das Erscheinen in Freizeitkleidung, Berufskleidung, kurzen Hosen, „bauchfreien“ Shirts u.ä. verletze das Erscheinen vor Gericht mit einer Schildkappe allein nicht die Würde des Gerichts. Allerdings stelle die provokative Weigerung des Angeklagten, seine Schildmütze ohne nachvollziehbare Begründung abzunehmen, einen erheblichen Angriff auf die Würde des Gerichts und damit eine Ungebühr im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes dar. Eine derartige Aufmachung eines Verfahrensbeteiligten oder Zeugen in einer Gerichtsverhandlung erscheine nämlich unangemessen, sofern der Betreffende seine Kopfbedeckung nicht wegen gesundheitlicher, religiöser, kosmetischer oder sonstiger nachvollziehbarer Gründe erklären könne. Die Aufforderung des Schöffengerichtsvorsitzenden, die Schildmütze abzunehmen, sei daher nicht zu beanstanden (OLG Stuttgart, 1 Ws 126-127/07).

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Verkehrsrecht

Nötigung: Anforderungen an die Feststellung einer Nötigung im Straßenverkehr

Ist festgestellt, dass ein Autofahrer über eine Strecke von etwa 2 km bei einer Geschwindigkeit von 100 – 120 km/h auf der linken Fahrspur mehrfach bis auf etwa 4 m auf das vorausfahrende Fahrzeug, dessen Fahrer verkehrsbedingt nicht auf die rechte Fahrspur wechseln konnte, aufgefahren ist und er neben dem Abblendlicht – offenbar ohne verkehrsbedingten Grund – auch die Nebelscheinwerfer eingeschaltet hatte, sind die von der Rechtsprechung für eine Annahme einer Nötigung im Straßenverkehr hinsichtlich Streckenlänge, Intensität und Dauer der Einwirkung geforderten Kriterien hinreichend dargestellt.

Das musste sich ein Autofahrer vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm sagen lassen, der gegen eine Verurteilung wegen versuchter Nötigung in Revision gegangen war. Die Richter führten aus, dass es sich bei einem solchen Vorgehen keinesfalls um ein nur kurzfristiges Bedrängen oder eine nur kurzfristige Behinderung handele. Schon wegen der objektiven Gegebenheiten könne auf einen Nötigungsvorsatz geschlossen werden. Die Revision wurde deshalb verworfen – die Verurteilung hat Bestand (OLG Hamm, 2 Ss 50/07).

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Überholvorgang: Kein Fahrverbot bei Überfahren der Fahrstreifenbegrenzung

Wer bei unklarer Verkehrslage überholt und dabei die „durchgezogene Mittellinie“ überfährt, verwirklicht nicht den Tatbestand der Nr. 19.1.1 des Bußgeldkatalogs. Ein Fahrverbot kann daher nicht verhängt werden.

Mit dieser Entscheidung hob das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart das gegen einen Autofahrer verhängte Fahrverbot wieder auf. Der Autofahrer hatte den vor ihm in einer Fahrzeugkolonne stehenden Lkw überholt. Dieser hatte eine Lücke zum vorausfahrenden Verkehr eingehalten, um einen Pkw vorzulassen, der aus einer Seitenstraße in die Vorfahrtstraße einbiegen wollte. Als dieser in die Straße einfuhr, kam es zum Zusammenstoß der beiden Pkw.

Das OLG bestätigte, dass sich der Autofahrer verkehrswidrig verhalten habe. Er habe überholt, obwohl die Fahrzeugkolonne gehalten habe. Dabei hätte er damit rechnen müssen, dass Fahrzeuge vor ihm eine Lücke lassen, um wartenden Querverkehr einbiegen zu lassen. Er habe daher nicht mit einem ungefährlichen Überholvorgang rechnen dürfen, sodass eine unklare Verkehrslage im Sinne der Straßenverkehrsordnung vorgelegen habe. Dieser Verstoß rechtfertige jedoch nicht das verhängte Fahrverbot nach Nr. 19.1.1 des Bußgeldkatalogs. Zwar habe der Autofahrer auch die Fahrstreifenbegrenzung überfahren. Diese begrenze jedoch vor allem den für den Gegenverkehr bestimmten Teil der Fahrbahn, sie diene dessen Schutz. Die „unklare Verkehrslage“ beziehe sich dagegen auf den Schutz des zu Überholenden und den Querverkehr. Es sei aber nicht sinnvoll, ein Fehlverhalten gegenüber dem Querverkehr als schwerwiegender einzustufen (und außerdem mit einem Fahrverbot zu belegen), wenn zusätzlich eine Vorschrift verletzt werde, die nicht dessen Schutz, sondern dem Schutz des Gegenverkehrs diene. Entsprechend sei das Fahrverbot aufzuheben.

Hinweis: Es verblieb jedoch ein Bußgeld in Höhe von 80 EUR für das Überholen bei unklarer Verkehrslage im Zusammenhang mit der fahrlässigen Schädigung eines Anderen im Straßenverkehr (OLG Stuttgart, 4 Ss 132/07).

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Mitverschulden: Keine Helmpflicht für „normale“ Radfahrer

Befährt ein Erwachsener mit einem gewöhnlichen Tourenrad einen innerörtlichen Radweg, ohne einen Schutzhelm zu tragen, trifft ihn nicht der Vorwurf des Mitverschuldens, wenn er infolge Unachtsamkeit einer Fußgängerin stürzt und sich dabei Kopfverletzungen zuzieht.

Mit dieser Entscheidung sprach das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf einem Radfahrer die volle Entschädigung für seinen erlittenen Schaden zu. Dieser war auf einem Radweg unterwegs. Dabei musste er eine Bushaltestelle passieren, an der eine Fußgängerin mit dem Rücken zu ihm stand. Sein Tempo zu reduzieren oder sich bremsbereit zu halten, hielt er trotz des fehlenden Blickkontakts nicht für nötig. Er klingelte lediglich 10 Meter vor der Haltestelle. Als die Fußgängerin plötzlich einen Schritt auf den Radweg machte, führte der Radfahrer eine Vollbremsung durch. Dabei fiel er über den Lenker zu Boden. Das Landgericht hat die Haftung im Verhältnis 70:30 zum Nachteil des Radfahrers verteilt. Dabei hat es ihm neben einer fehlerhaften Fahrweise eine Obliegenheitsverletzung wegen Fahrens ohne Helm angerechnet.

Die Berufung des Radfahrers vor dem OLG führte zur vollen Verurteilung der Fußgängerin. Das OLG hielt die Fahrweise und das Annäherungsverhalten des Radfahrers nicht für fahrlässig. Ein Geschwindigkeitsverstoß liege bei Tempo 15 km/h (mehr war nicht feststellbar) nicht vor. Dem Radfahrer könne auch nicht angelastet werden, mit unverminderter Geschwindigkeit in Richtung auf die Fußgängerin zugefahren zu sein. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Fußgängerin mit dem Rücken zu ihm in unmittelbarer Nähe des Radwegs gestanden habe. Er werde vielmehr durch sein Klingeln entlastet. Im vorliegenden Fall könne schließlich auch nicht das Tragen eines Helms gefordert werden. Bei dieser Frage müsse insbesondere auf den Typ des Rads und den Grad der Gefährlichkeit des Radfahrens abgestellt werden. Anders als vom Rennradfahrer könne von einem „normalen“ Radfahrer für die Alltagsfahrt derzeit noch nicht gefordert werden, einen Schutzhelm zu tragen. Dies gelte insbesondere, da insoweit noch kein allgemeines Bewusstsein einer Schutznotwendigkeit festzustellen sei (OLG Düsseldorf, I-1 U 278/06).

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Führerscheinentzug: Übermäßiger Alkoholkonsum führt nicht automatisch zum Verlust der Fahrerlaubnis

Eine Fahrerlaubnis kann wegen übermäßigem Alkoholkonsum nur entzogen werden, wenn die Trunkenheit einen Bezug zum Straßenverkehr aufweist oder eine Alkoholabhängigkeit besteht

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Gastwirts. Dieser war in seiner Wohnung an einer tätlichen Auseinandersetzung beteiligt. Die herbeigerufene Polizei stellte beim ihm eine Alkoholkonzentration von 3,00 Promille fest. Nach Einholung eines verkehrsmedizinischen Gutachtens entzog die Verkehrsbehörde die Fahrerlaubnis. Die hiergegen eingelegte Klage wies das Verwaltungsgericht ab.

Das OVG hob die Entziehung der Fahrerlaubnis hingegen auf. Die Richter argumentierten, dass die Fahrerlaubnis nur demjenigen entzogen werden könne, der entweder zwischen Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs nicht sicher trennen könne oder der alkoholabhängig sei. Nach dem über den Kläger eingeholten verkehrsmedizinischen Gutachten lägen Anhaltspunkte für eine Alkoholabhängigkeit nicht vor. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in Zukunft ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Der von der Polizei festgestellte Alkoholkonsum habe in keinerlei Zusammenhang mit dem Straßenverkehr gestanden. Bisher sei der Kläger insoweit auch nicht aufgefallen und nicht, wie z.B. ein Berufskraftfahrer, auf das regelmäßige Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr angewiesen (OVG Rheinland-Pfalz, 10 A 10062/07.OVG).

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Steuerrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Betriebliche Altersvorsorge soll beitragsfrei bleiben

Auch zukünftig sollen auf Beiträge zur Betriebsrente keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Die Sozialversicherungsfreiheit der Entgeltumwandlung soll wie bisher über 2008 hinaus unbefristet fortgesetzt werden. Weiter ist vorgesehen, dass das Lebensalter für die Unverfallbarkeit von arbeitgeberfinanzierten Betriebsrentenanwartschaften vom 30. auf das 25. Lebensjahr abgesenkt wird. Das Bundeskabinett verabschiedete im August 2007 einen entsprechenden Gesetzentwurf.

Hinweis: Seit der Rentenreform 2001 haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht, Teile des Gehalts steuer- und sozialabgabenfrei zum Aufbau einer Betriebsrente zu verwenden. Dieses Verfahren wird als Entgeltumwandlung bezeichnet. Die Sozialabgabenfreiheit war bislang lediglich bis Ende 2008 befristet (Entwurf des „Gesetzes zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung“).

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Außergewöhnliche Belastung: Pflegeaufwand für die „Stufe 0“ abziehbar

Außergewöhnliche Belastungen liegen immer dann vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Ist ein Steuerpflichtiger in einem Wohn- und Pflegeheim untergebracht, können die gesondert in Rechnung gestellten Pflegesätze, die das Alten-/Pflegeheim mit dem Sozialhilfeträger für pflegebedürftige Personen der „Pflegestufe 0“ vereinbart hat, als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein.

Damit kann im Ergebnis die Pflegebedürftigkeit nicht nur durch einen Bescheid der Pflegekasse über die Feststellungen des Medizinischen Dienstes zur Einstufung in eine Pflegestufe nachgewiesen werden. Vielmehr können für die Berücksichtigung von Pflegeaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen auch andere objektive Nachweise genügen. Werden wie im Urteilsfall einem Heimbewohner Pflegesätze der „Pflegestufe 0“ gesondert in Rechnung gestellt, ist davon auszugehen, dass er pflegebedürftig war und das Heim entsprechende erforderliche Pflegeleistungen erbracht hat. Dass mit diesem Pflegesatz, ebenso wie mit den Pflegesätzen für die Pflegestufen I bis III, neben den stationären Pflegeleistungen auch die soziale Betreuung vergütet wird, steht der Abziehbarkeit nicht entgegen.

Hinweis: Der Pflegesatz der „Pflegestufe 0“ ist von Pflegebedürftigen, die keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, selbst zu tragen. Die Pflegekassen übernehmen diese Aufwendungen nicht (BFH, III R 39/05).

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Werbungskosten: Aufwendungen für Werbegeschenke und Bewirtung

Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Werbegeschenke und Bewirtung können als Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Arbeitnehmer ein variables und erfolgsabhängiges Gehalt bezieht. Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass diese Aufwendungen auch dann beruflich veranlasst sein können, wenn eine derartige Entlohnung nicht vorliegt. Denn der Erwerbsbezug kann sich auch aus anderen Umständen ergeben.

Ob Bewirtungsaufwendungen und Werbegeschenke tatsächlich durch den Beruf veranlasst sind, entscheidet sich grundsätzlich nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls. Ausreichend für einen Werbungskostenabzug könnte nach Ansicht der Bundesrichter demnach bereits sein, dass der Steuerpflichtige neben dem Festgehalt zumindest im geringeren Umfang auch jährliche umsatzabhängige Sonderzahlungen erhält. Eine Voraussetzung, die z.B. bei Vertriebsmitarbeitern in der Praxis nahezu immer vorliegt. Der Bundesfinanzhof hat den Urteilsfall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Hinweis: Aufwendungen eines angestellten Pharmaberaters für die Bewirtung von Ärzten und deren Mitarbeitern sind allerdings mangels konkretem beruflichen Bezug nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen (BFH, VI R 78/04).

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Kindergeldfestsetzung: Aufhebung aufgrund geänderter Rechtsauffassung

Eine Kindergeldfestsetzung ist regelmäßig aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Einkünfte und Bezüge eines volljährigen Kindes – neben weiteren Voraussetzungen – die gesetzlich festgelegte Einkommensgrenze von aktuell 7.680 EUR (= Jahresgrenzbetrag) über- oder unterschreiten.

Ein bereits bestandskräftiger Bescheid (der nicht mit dem Einspruch innerhalb der Monatsfrist angefochten wurde) über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung wegen zu erwartender höherer Einkünfte und Bezüge des Kindes kann aber nicht allein aufgrund geänderter Rechtsauffassung wieder aufgehoben werden. Lag das Einkommen des Kindes in diesen Fällen nur deshalb über dem Jahresgrenzbetrag, weil die Familienkasse entgegen der späteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die Sozialversicherungsbeiträge in die Berechnung des Jahresgrenzbetrags einbezogen hat, kommt eine Aufhebung nach Jahresablauf nicht in Betracht.

Im Urteilsfall hatten die Eltern nachträglich Werbungskosten des Kindes geltend gemacht. Gemeinsam mit dem nunmehr zulässigen Abzug der Sozialversicherungsbeiträge gemäß der geänderten Rechtsauffassung des BVerfG wurde der Jahresgrenzbetrag unterschritten. Die Aufhebung und Änderung der Kindergeldfestsetzung kommt hier zur Anwendung, weil das nachträgliche Bekanntwerden des Nichtüberschreitens des Jahresgrenzbetrags nicht allein auf der unzutreffenden Behandlung der Sozialversicherungsbeiträge beruht (BFH, III R 103/06).

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Zufluss von Arbeitslohn: Bei Überlassung einer Jahresfahrkarte

Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Jahresnetzkarte der Deutsche Bahn AG, führt dies zum sofortigen Zufluss von Arbeitslohn, wenn dem Arbeitnehmer mit der Karte ein uneingeschränktes Nutzungsrecht eingeräumt wird.

Der Argumentation des Arbeitnehmers im Urteilsfall, den geldwerten Vorteil auf der Grundlage seiner tatsächlichen Nutzung laut beigefügter Einzelaufstellung anzusetzen, folgte das Gericht nicht. Es setzte den Tarifwert der Jahresnetzkarte an. Denn die Netzkarte gewährt die umfassende, uneingeschränkte Möglichkeit zur Nutzung, wofür weder eine Anzeige der einzelnen Fahrten noch das Lösen weiterer Tickets erforderlich ist. Weitere Auswirkungen der Entscheidung:

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Grunderwerbsteuer: Verlängerung der Zahlungsfrist

Der Grunderwerbsteuer unterliegen Kaufverträge und sonstige Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründen. Die Grunderwerbsteuer beträgt zurzeit 3,5 Prozent vom Kaufpreis bzw. der Gegenleistung.

Der Übergang an dem Grundstückseigentum vom Verkäufer auf den Käufer erfolgt durch die Umschreibung im Grundbuch. Diese kann aber erst stattfinden, wenn die Grunderwerbsteuer bezahlt ist und dem Notar die grunderwerbsteuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliegt. Die Grunderwerbsteuer wird regelmäßig einen Monat nach der Bekanntgabe des Grunderwerbsteuerbescheids fällig. Das Finanzamt darf bereits in diesem Bescheid eine längere Zahlungsfrist setzen. Bis zu dieser „neuen“ Fälligkeit entstehen dem Steuerschuldner in diesen Fällen weder Säumniszuschläge noch Stundungszinsen. Die Gewährung einer längeren Zahlungsfrist kommt insbesondere in Betracht, wenn

Hinweis: Eine Zahlungsfristverlängerung ist aber z.B. in folgendem Fall nicht zu gewähren:

Es liegt ein notarieller Kaufvertrag vom 1.2.2007 über eine Eigentumswohnung vor. Die Wohnung wird am 1.11.2007 fertiggestellt. Da der Kaufpreis ebenfalls erst am 1.11.2007 fällig ist, stellt die Bank die Darlehensmittel erst zum Fertigstellungstermin der Wohnung zur Verfügung. In diesem Fall wird die Grunderwerbsteuer bereits zeitnah nach Abschluss des Kaufvertrags fällig, da sich die Auszahlung der Finanzierungsmittel nicht unvorhersehbar verzögert (OFD Hannover, A 4537 – StO 262).

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Wirtschaftsrecht

GmbH: Ausländischer Geschäftsführer muss jederzeit in Deutschland einreisen können

Die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen eines Geschäftsführers ist nur sichergestellt, wenn er die jederzeitige Möglichkeit hat, ins Inland einzureisen, um auch von dort die gesetzlichen Aufgaben eines Geschäftsführers wahrnehmen zu können.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Celle stehe es daher einer Bestellung als Geschäftsführer entgegen, wenn für den in Aussicht genommenen Geschäftsführer ein besonderer Aufenthaltstitel erforderlich sei. Ungeachtet der heutigen Kommunikationsmöglichkeiten über Staatsgrenzen hinweg sei es nicht möglich, vom Ausland die Geschäftsführeraufgaben wahrzunehmen. Dazu sei es nämlich unerlässlich, jederzeit selbst und unmittelbar Einsicht in Bücher und Schriften der Gesellschaft nehmen zu können und direkten persönlichen Kontakt zu Mitarbeitern und Geschäftspartnern zu haben. Zudem müsse eine ständige Überwachung der Mitarbeiter gewährleistet sein, auf die Aufgaben und Pflichten delegiert worden seien. Im Endergebnis lehnte das OLG daher die Eintragung eines Russen als Geschäftsführer ab. Dieser genieße nicht die Freizügigkeit des EU-Vertrags. Er sei vielmehr bei jeder Einreise auf eine Aufenthaltsgenehmigung angewiesen. Hierauf bestehe jedoch kein Rechtsanspruch (OLG Celle, 9 W 26/07).

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Gebührenrecht: Keine pauschale Rundfunkgebühr für Kfz-Händler

Allein der Umstand, dass ein Autohändler im Besitz eines roten Nummernschilds ist, rechtfertigt nicht die Erhebung von Rundfunkgebühren.

Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz. In dem Verfahren hatte sich ein Kfz-Händler gegen einen Gebührenbescheid zur Wehr gesetzt, nach dem er Rundfunkgebühren für seinen Kfz-Handel in Höhe eines Pauschalbetrags von ca. 1500 EUR nachzahlen sollte.

Der Gebührenbescheid sei nach Ansicht des VG rechtswidrig. Es bestehe kein Grund zur Zahlung der Gebühren. Der Autohandel unterfalle nicht dem sogenannten Händlerprivileg des Rundfunkgebührenstaatsvertrags. Danach seien Unternehmen, die sich gewerbsmäßig u.a. mit dem Verkauf oder dem Einbau von Rundfunkgeräten befassten, berechtigt, bei Zahlung von Gebühren für ein Gerät weitere Geräte für Prüf- und Vorführzwecke gebührenfrei zum Empfang bereitzuhalten. Dieser Regelung unterlägen nur solche Unternehmen, deren Gewerbetätigkeit sich typischerweise mit Rundfunkgeräten befasse. Hierzu gehöre der Autohandel des Klägers nicht. Auch das Vorhandensein eines „roten Kennzeichens“, das einen Autohändler berechtige, mit diesem Kennzeichen für verschiedene Fahrzeuge Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrten durchzuführen, rechtfertige keine pauschale Gebührenerhebung entsprechend dem Händlerprivileg. Wenn ein Auto mit rotem Kennzeichen fahre, beschränke sich die Zulassung des betreffenden Fahrzeugs auf die jeweilige Nutzungsdauer. Nur insoweit könne eine Rundfunkgebührenpflicht durch die Benutzung eines „roten Kennzeichens“ entstehen. Für eine durchgängige pauschalierende Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht des Kraftfahrzeughändlers an die Anzahl der von ihm vorgehaltenen „roten Kennzeichen“ gebe der Rundfunkgebührenstaatsvertrag nichts her. Nur für die tatsächlich vom Fahrzeughändler gehaltenen Pkw sei dieser rundfunkgebührenpflichtig. Hierzu müssten aber von der Rundfunkanstalt konkrete Feststellungen getroffen werden (VG Koblenz, 1 K 1818/06.KO).

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Vorsorgeaufwendungen: Gleiche Pensionszusagen bei unterschiedlich beteiligten Gesellschaftern

Erteilt eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern (GGf) trotz unterschiedlich hoher Beteiligung eine Pensionszusage in gleicher Höhe, ist beim Minderheits-GGf der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen zu kürzen. Denn die Pensionszusage beruht nicht vollständig auf eigener Beitragsleistung des Minderheitsgesellschafters.

Das gilt auch, wenn der durch die überquotale Pensionszusage begünstigte Minderheits-GGf eine höhere Arbeitsleistung für die Gesellschaft erbringen muss als der im Hinblick auf die Altersversorgung benachteiligte Mehrheits-GGf. Eine erhöhte Arbeitsleistung schafft keinen Ausgleich, weil diese gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber dem Mehrheits-GGf erbracht wird.

Hinweis: Vorsorgeaufwendungen (z.B. Krankenversicherungsbeiträge) können als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Ihre Abzugsfähigkeit ist jedoch auf einen bestimmten Höchstbetrag begrenzt. Im Rahmen der Höchstbetragsberechnung ist der Vorwegabzug ein Abzugsbetrag (BFH, X R 10/06).

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Betriebseinnahme: Entschädigung aus einer Praxis-Ausfallversicherung

Leistungen, die ein Unternehmer aus einer Praxis-Ausfallversicherung erhält, sind steuerpflichtig und erhöhen den Gewinn aus selbstständiger Arbeit. Das gilt zumindest immer dann, wenn die Prämien für die Praxis-Ausfallversicherung als Betriebsausgabe abgesetzt worden sind.

Hinweis: Eine Praxis-Ausfallversicherung ersetzt die laufenden Betriebsaufwendungen bei Krankheit, Unfall oder Unterbrechung des Praxisbetriebs. Es handelt sich dabei nach Ansicht des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern nicht um eine „Quasi-Krankentagegeldversicherung“. Das letzte Wort hat nun aber der Bundesfinanzhof (FG Mecklenburg-Vorpommern, 3 K 384/05, Revision eingelegt unter VIII R 6/07).

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Vorsteuerabzug: Geschäftsmodell „Pkw-Gemeinschaftsleasing“

Beim Pkw-Gemeinschaftsleasing (oder RentSharing) mieten Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Fahrzeug gemeinsam. Der Arbeitgeber ist Mieter für die Zeit, in der das Fahrzeug unternehmerisch genutzt wird, während der Arbeitnehmer für die Zeit Mieter ist, in der er das Fahrzeug für private Fahrten nutzt. Die umsatzsteuerliche Beurteilung hängt von den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen ab.

Grundsätzlich kann man aber davon ausgehen, dass die Leasing-Gesellschaft mit Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils eigene Mietverträge abschließt und der Arbeitnehmer eine eigene Mietrate zahlt. Entspricht diese Mietrate mindestens dem ertragsteuerlichen Vorteil der Privatnutzung bei einer Fahrzeugüberlassung durch den Arbeitgeber, gilt:

Das Fahrzeug ist dem Unternehmer zuzurechnen und ihm steht regelmäßig der Vorsteuerabzug aus seinen anteiligen Leasingraten zu, die er für die unternehmerische Nutzung des Fahrzeugs entrichten muss (OFD Chemnitz S 7100 – 308/1 – St 23).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2007 beträgt 3,19 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

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Steuertermine im Monat September 2007

Im Monat September 2007 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels Barzahlung – bis Montag, den 10. September 2007 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Freitag, den 7. September 2007.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels Barzahlung – bis Montag, den 10. September 2007 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Freitag, den 7. September 2007.

Einkommensteuerzahler (vierteljährlich): Vorauszahlung – mittels Barzahlung – bis Montag, den 10. September 2007 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Freitag, den 7. September 2007.

Kirchensteuerzahler (vierteljährlich): Vorauszahlung – mittels Barzahlung – bis Montag, den 10. September 2007 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Freitag, den 7. September 2007.

Körperschaftsteuerzahler (vierteljährlich): Vorauszahlung – mittels Barzahlung – bis Montag, den 10. September 2007 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Freitag, den 7. September 2007.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung auf das Konto des Finanzamts endet am Donnerstag, den 13. September 2007. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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