Kanzlei Fathieh – Rechtsanwälte in Heidelberg

Informationen für den Kalendermonat November 2009

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Inhaltsverzeichnis:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Steuerrecht

Wirtschaftsrecht

Abschließende Hinweise

Zum Anfang

Arbeitsrecht

Weihnachtsgeld: Keine gegenläufige betriebliche Übung durch mehrfachen Freiwilligkeitsvorbehalt

Zahlt der Arbeitgeber jahrelang und ohne Vorbehalt ein Weihnachtsgeld in bestimmter Höhe, entsteht ein Anspruch des Arbeitnehmers aus betrieblicher Übung. Dieser wird nicht durch die spätere Erklärung des Arbeitgebers aufgehoben, die Zahlung des Weihnachtsgelds sei lediglich eine freiwillige Leistung.

Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch, wenn der Arbeitnehmer der neuen Handhabung über einen Zeitraum von drei oder mehr Jahren hinweg nicht widerspricht. Selbst wenn ein Arbeitgeber unmissverständlich erkläre, dass die bisherige betriebliche Übung beendet und durch eine Leistung ersetzt werden solle, auf die in Zukunft kein Rechtsanspruch mehr bestehe, könne eine dreimalige widerspruchslose Entgegennahme der Zahlung allein nicht mehr den Verlust des Anspruchs auf das Weihnachtsgeld bewirken (BAG, 10 AZR 281/08).

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Streikrecht: BAG erlaubt streikbegleitende „Flashmob-Aktion“

Eine gewerkschaftliche Aktion, bei der kurzfristig aufgerufene Teilnehmer durch den Kauf geringwertiger Waren oder das Befüllen und Stehenlassen von Einkaufswagen in einem Einzelhandelsgeschäft eine Störung betrieblicher Abläufe herbeiführen, ist im Arbeitskampf nicht generell unzulässig.

Mit dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) neue Dynamik in das Streikrecht gebracht. Die Richter machten deutlich, dass auch eine derartige „Flashmob-Aktion“ grundsätzlich in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Arbeitgebers eingreife. Ein solcher Eingriff könne aber aus Gründen des Arbeitskampfes gerechtfertigt sein. Gewerkschaftliche Maßnahmen, die zur Durchsetzung tariflicher Ziele auf eine Störung betrieblicher Abläufe gerichtet seien, würden der durch das Grundgesetz gewährleisteten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften dienen. Zu dieser gehöre die Wahl der Arbeitskampfmittel. Deren Zulässigkeit richte sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Arbeitskampfmittel seien danach rechtswidrig, wenn sie zur Durchsetzung der erhobenen Forderungen offensichtlich ungeeignet oder nicht erforderlich oder wenn sie unangemessen seien. Dies müsse jeweils im Einzelfall geprüft werden. Für die Beurteilung der Angemessenheit einer gewerkschaftlichen Arbeitskampfmaßnahme sei von wesentlicher Bedeutung, ob für die Arbeitgeberseite Verteidigungsmöglichkeiten bestehen. Gegenüber einer „Flashmob-Aktion“ im Einzelhandel könne sich der Arbeitgeber durch die Ausübung seines Hausrechts oder eine kurzfristige Betriebsschließung zur Wehr setzen. Eine derartige Aktion sei typischerweise auch keine Betriebsblockade. Das BAG wies daher die Klage eines Arbeitgeberverbands ab, mit welcher der Gewerkschaft ver.di der Aufruf zu „Flashmob-Aktionen“ im Einzelhandel untersagt werden sollte (BAG, 1 AZR 972/08).

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Ausbildungskosten: Pflicht zur Rückzahlung unterliegt strengen Voraussetzungen

Nicht jede Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die den Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Ausbildungskosten bei vorzeitigem Ende des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, ist wirksam.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Apothekenhelferin hin. Diese hatte geklagt, nachdem ihr früherer Arbeitgeber nach ihrem Ausscheiden aufgrund einer Vereinbarung die Kosten einer Fortbildung zur „Fachberaterin Dermokosmetik“ vom Arbeitsentgelt einbehalten hatte. Die Vereinbarung war nach Abschluss der Schulungsmaßnahme, und nachdem der Arbeitgeber die Teilnahme an der für seinen Betrieb nützlichen Maßnahme nicht vergütet hatte, geschlossen worden.

Die Richter machten deutlich, dass Klauseln, nach denen der Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten verpflichtet ist, der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen. Voraussetzung für eine Rückzahlungsklausel sei danach, dass die Ausbildung von geldwertem Vorteil für den Arbeitnehmer sei und dieser nicht unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis gebunden werde. Sei eine zu lange Bindungsdauer vereinbart, führe dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel insgesamt; ein Rückzahlungsanspruch bestehe nicht. Sei der Arbeitgeber zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts während der Schulungsmaßnahme verpflichtet, verweigere er aber die Zahlung trotz eindeutiger Rechtslage und komme daraufhin eine Vereinbarung zustande, nach der der Arbeitgeber die Teilnahme an der Maßnahme zu vergüten und der Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen die Kosten zu erstatten habe, so sei diese Vereinbarung an den allgemeinen Grundsätzen zu messen. Im vorliegenden Fall hielt die Regelung der Überprüfung nicht stand. Der Arbeitgeber musste daher den einbehaltenen Betrag an die Apothekenhelferin auskehren (BAG, 3 AZR 173/08).

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Arbeitsunfall: Kein Schadenersatzanspruch einer Tierpflegerin bei Katzenbiss

Wird die Mitarbeiterin einer Tierarztklinik während der Behandlung eines Tieres verletzt, kann sie von dem Arbeitgeber kein Schmerzensgeld verlangen.

Hintergrund dieser Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) war die Behandlung einer Katze in einer Tierarztklinik. Die Mitarbeiterin arbeitete dort als Hilfstierpflegerin. Sie wurde von einem Kater, der untersucht und kastriert werden sollte, in die linke Hand gebissen. Eine Infektion verkomplizierte den Heilungsprozess, sodass der Mitarbeiterin eine Prothese eines Fingermittelgelenks eingesetzt werden musste. Sie leidet noch heute erheblich unter den Folgen der Bissverletzung und verlangte von ihrem Arbeitgeber u.a. die Zahlung von Schmerzensgeld. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die von der Tierpflegerin eingelegte Berufung blieb erfolglos.

Auch nach Auffassung des LAG kann sie kein Schmerzensgeld von ihrem Arbeitgeber verlangen. Dem stehe das Sozialgesetzbuch VII entgegen. Danach stehe dem geschädigten Arbeitnehmer bei Arbeitsunfällen nur ein Schadenersatz- bzw. Schmerzensgeldanspruch unmittelbar gegen den Arbeitgeber zu, wenn dieser den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Grund dieser Haftungsbeschränkung sei, dass an die Stelle der privatrechtlichen Haftung bei Arbeitsunfällen die sozialversicherungsrechtliche Gesamthaftung der Berufsgenossenschaft trete. Dadurch stehe dem Geschädigten einerseits stets ein solventer Anspruchsverpflichteter zur Verfügung. Andererseits würden Konfliktsituationen im Betrieb durch zivilrechtliche Haftungsfragen vermieden. Obwohl dadurch auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld ausgeschlossen sei und die gesetzliche Unfallversicherung dies nur teilweise kompensiere, sei diese zivilrechtliche Haftungsbeschränkung verfassungskonform. Auch wenn in dem betreffenden Fall anzuerkennen sei, dass sich die Mitarbeiterin in einer schwierigen persönlichen Situation befinde, sei nicht zu erkennen, dass der Arbeitgeber mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe, als er ihr die Anweisung gab, den widerspenstigen Kater zu fangen. Der Arbeitgeber musste zwar davon ausgehen, dass es beim Fangen eines renitenten Tieres in einer Tierklinik durchaus zu Verletzungen kommen könne. Er habe aber offenkundig nicht billigend in Kauf genommen, dass sich die Mitarbeiterin in derartiger Weise verletzen und einen solchen Schaden wie den tatsächlich eingetretenen davontragen würde (Hess. LAG, 13 Sa 2141/08).

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Baurecht

Vergaberecht: Auslegung der Klausel zum Baubeginn in öffentlichen Ausschreibungen

Wird in den Ausschreibungsbedingungen eines öffentlichen Vergabeverfahrens die Klausel „Beginn der Ausführung spätestens 12 Werktage nach Zuschlagserteilung“ genutzt, knüpft der Baubeginn an die ausgeschriebene Zuschlagsfrist an, wenn der Zuschlag erst nach Ablauf der in den Ausschreibungsbedingungen festgelegten Zuschlagsfrist erfolgt.

So legte der Bundesgerichtshof (BGH) die zwischen den Parteien umstrittene Klausel aus. Der Auftragnehmer hatte von der beklagten Bundesrepublik Deutschland eine Mehrvergütung verlangt, weil sich nach seiner Auffassung infolge einer Verschiebung des in einer öffentlichen Ausschreibung vorgesehenen Zuschlagstermins um mehrere Monate auch die vorgesehene Bauzeit geändert habe. Die Baukosten seien infolgedessen gestiegen. Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, die vorgesehene Bauzeit habe sich nicht geändert. Der Beginn der Ausführung solle nach dieser Klausel an die tatsächliche Zuschlagserteilung geknüpft sein. Der Auftragnehmer meinte hingegen, Anknüpfungspunkt für den Baubeginn sei der in der Ausschreibung vorgesehene Zuschlagstermin. Dessen Verschiebung habe auch zu einer Verschiebung der vertraglich vorgesehenen Bauzeit geführt.

So sah es auch der BGH. Eine andere Auslegung sei nach Ansicht der Richter nicht möglich, weil sie gegen § 9 Nr. 2 VOB/A verstieße. Nach dieser Regelung dürfe dem Bieter kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss habe und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen könne. Ein derartiges unwägbares Risiko hätte die Beklagte den Bietern auferlegt, wenn der vertraglich an den Zuschlag gekoppelte Ausführungsbeginn über den in den Ausschreibungsbedingungen vorgesehenen Zuschlagstermin hinaus völlig offenbliebe. Denn dann könne eine Preiskalkulation nicht mehr auf verlässlichen Bauterminen, sondern nur auf Mutmaßungen aufbauen. Auf dieser Grundlage sei es vorliegend zu einer Verschiebung der vertraglich vorgesehenen Bauzeit gekommen. Der Vertrag sei daher durch eine nachträgliche Vereinbarung der Parteien oder durch ergänzende Vertragsauslegung an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen. Entsprechend sei der Mehrvergütungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt (BGH, VII ZR 152/08).

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Architektenhaftung: Zuziehung eines Spezialisten lässt Haftung nicht automatisch entfallen

Schlägt ein mit der Bauüberwachung eines Spezialgewerks (hier: Glasfassade) beauftragter Architekt vor, Sonderfachleute zur Bauüberwachung beizuziehen, wird er hierdurch nicht ohne Weiteres von seiner Haftung freigestellt.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. in einem Rechtsstreit. Die Richter machten deutlich, dass der Architekt weiterhin für die Bauüberwachung verantwortlich bleibe, wenn die Sonderfachleute nur einmal monatlich Stichproben durchführen würden. Notfalls müsse sich der Architekt die notwendigen Fachkenntnisse durch Befragen der Sonderfachleute beschaffen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun die Nichtzulassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung zurückgewiesen und die Entscheidung damit bestätigt (OLG Frankfurt a.M, 23 U 138/01; BGH, VII ZR 192/06).

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Haftung: Schäden, die der von Bäumen ausgehende Wasserentzug am Nachbarhaus verursacht

Wer sein Haus neben einem Grundstück mit umfangreichem Baumbestand errichtet, muss selbst Vorsorge treffen, dass der Wasserbedarf der Nachbarspflanzen sein Gebäude nicht schädigt. Denn wenn der „Durst“ der Bäume zu Setzungsrissen am Haus führt, kann er vom Nachbarn nicht mit Erfolg Schadenersatz verlangen.

Das entschied das Landgericht (LG) Coburg und wies die Klage einer Hausbesitzerin gegen die Eigentümerin eines mit Eichen bewachsenen Grundstücks – eine Gemeinde – auf Schadenersatz in Höhe von rund 21.500 EUR ab. Als diese ihr Haus errichten ließ, standen auf dem Nachbargrundstück im Abstand von ca. 10 Metern zum Haus bereits etliche Eichen. Diese waren im Bebauungsplan als erhaltenswerter Baumbestand ausgewiesen. Im Laufe der Jahre bildeten sich am Haus der Klägerin Risse, für die sie den Wasserbedarf der Bäume und damit die Gemeinde verantwortlich machte.

Das LG konnte aber schon kein schuldhaftes Fehlverhalten der Gemeinde erkennen. Vor dem Eintritt des Schadens hätten keine konkreten Anhaltspunkte für eine von den Eichen ausgehende Gefahr für das Anwesen der Klägerin bestanden. Ohne derartige Anzeichen einfach ein vorsorgliches Fällen der Bäume zu verlangen, würde die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Ebenso wenig hätte eine vorbeugende Sichtung oder gar Kappung der Wurzeln verlangt werden können. Im Übrigen hätte es der Klägerin oblegen, beim Bau durch entsprechend tiefe Fundamente von den bereits vorhandenen Bäumen ausgehenden Setzungsgefahren zu begegnen (LG Coburg, 12 O 399/07).

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Familien- und Erbrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Erbrechtsreform passiert den Bundesrat

Nach der Zustimmung des Bundesrats tritt die Erbrechtsreform am 1. Januar 2010 in Kraft. Mit der Reform soll vor allem Erben geholfen werden, deren Erbe im Wesentlichen aus einem Vermögensgegenstand besteht und die einen Pflichtteilsberechtigten auszahlen müssen. Damit der Erbe in einer solchen Situation nicht das geerbte Haus oder die geerbte Firma verkaufen muss, um den Pflichtteilsanspruch erfüllen zu können, wird die gesetzliche Stundungsmöglichkeit künftig auf alle Erben erweitert. Weiterhin sollen mit der Reform Pflegeleistungen von pflegenden Angehörigen berücksichtigt werden.

Die Neuregelungen im Überblick:

Modernisierung der Pflichtteilsentziehungsgründe

Das Pflichtteilsrecht lässt Abkömmlinge oder Eltern sowie Ehegatten und Lebenspartner auch dann am Nachlass teilhaben, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Der Pflichtteil umfasst die Hälfte des gesetzlichen Erbteils; diese Höhe bleibt durch die geplanten Neuerungen unberührt.

Ein wesentliches Anliegen der Reform ist die Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers, also seines Rechts, durch Verfügung von Todes wegen über seinen Nachlass zu bestimmen. Dementsprechend werden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen:

Maßvolle Erweiterung der Stundungsgründe

Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, müssen die Erben diese Vermögenswerte oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Lösung bietet hier die bereits geltende Stundungsregelung, die jedoch derzeit eng ausgestaltet und nur dem pflichtteilsberechtigten Erben (insbes. Abkömmling, Ehegatte) eröffnet ist. Mit der Reform soll die Stundung unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.

Beispiel: In Zukunft kann auch der Neffe, der ein Unternehmen geerbt hat oder die Lebensgefährtin des Erblassers eine Stundung gegenüber den pflichtteilsberechtigten Kindern geltend machen, sofern die Erfüllung des Pflichtteils eine „unbillige Härte“ darstellen würde.

Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch

Schenkungen des Erblassers können zu einem Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils gegen den Erben oder den Beschenkten führen. Durch diesen Anspruch wird der Pflichtteilsberechtigte so gestellt, als ob die Schenkung nicht erfolgt und damit das Vermögen des Erblassers durch die Schenkung nicht verringert worden wäre. Die Schenkung wird in voller Höhe berücksichtigt. Sind seit der Schenkung allerdings 10 Jahre verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Dies gilt auch, wenn der Erblasser nur einen Tag nach Ablauf der Frist stirbt.

Die Reform sieht nun vor, dass die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt. Damit wird sowohl dem Erben als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt.

Bessere Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich

Auch außerhalb des Pflichtteilsrechts wird das Erbrecht vereinfacht und modernisiert. Ein wichtiger Punkt ist die bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung. Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, über die finanzielle Seite wird dabei selten gesprochen. Trifft der Erblasser auch in seinem Testament keine Ausgleichsregelung, geht der pflegende Angehörige heute oftmals leer aus. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche gibt es nur für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit gepflegt hat. Künftig soll der Anspruch unabhängig davon sein, ob für die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet wurde.

Beispiel: Die verwitwete Erblasserin wird über lange Zeit von ihrer berufstätigen Tochter gepflegt. Der Sohn kümmert sich nicht. Die Erblasserin stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Der Nachlass beträgt 100.000 EUR. Die Pflegeleistungen sind mit 20.000 EUR zu bewerten. Derzeit erben Sohn und Tochter je zur Hälfte. Künftig kann die Schwester einen Ausgleich für ihre Pflegeleistungen verlangen. Von dem Nachlass wird zugunsten der Schwester der Ausgleichsbetrag abgezogen und der Rest nach der Erbquote verteilt (100.000-20.000 = 80.000). Von den 80.000 EUR erhalten beide die Hälfte, die Schwester zusätzlich den Ausgleichsbetrag von 20.000 EUR. Im Ergebnis erhält die Schwester also 60.000 EUR.

Abkürzung der Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen

Änderungsbedarf hat sich auch im Verjährungsrecht ergeben. Mit dem Gesetzentwurf wird die Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen an die Verjährungsvorschriften des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von 2001 angepasst. Diese sehen eine Regelverjährung von drei Jahren vor. Dagegen unterliegen die familien- und erbrechtlichen Ansprüche noch immer einer Sonderverjährung von 30 Jahren, von denen das Gesetz zahlreiche Ausnahmen macht. Dies führt zu Wertungswidersprüchen in der Praxis und bereitet Schwierigkeiten bei der Abwicklung der betroffenen Rechtsverhältnisse. Die Verjährung familien- und erbrechtlicher Ansprüche wird daher der Regelverjährung von drei Jahren angepasst. Dort, wo es sinnvoll ist, bleibt jedoch die lange Verjährung erhalten.

Die Reform wird nach Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt am 1. Januar 2010 in Kraft treten. Die Rechtsänderung zum Jahreswechsel bietet sich insbesondere wegen der vorgesehenen Änderungen des Verjährungsrechts an.

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Ehegattenunterhalt: Keine Begrenzung des Unterhalts wegen nachehelicher Solidarität

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen.

Dabei beschränkt sich nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) das Gesetz allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Die Entscheidung erging im Rechtsstreit eines geschiedenen Ehepaars, das um nachehelichen Unterhalt stritt. Sie hatten 1972 geheiratet, als die Klägerin 16 Jahre alt und vom Beklagten schwanger war. Aus der Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen, von denen nur noch die jüngste Tochter unterhaltsbedürftig ist. Die Klägerin ist wegen einer Krebserkrankung als zu 100 Prozent schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente.

In erster Instanz sprach ihr das Amtsgericht eine monatliche Unterhaltszahlung zu. Das Oberlandesgericht wies den Antrag des Beklagten auf eine zeitliche Unterhaltsbegrenzung zurück. Diese Entscheidung bestätigte nun der BGH. Die Richter machten darauf aufmerksam, dass der Unterhalt in Höhe ehebedingter Nachteile grundsätzlich nicht begrenzbar sei. Beim Krankheitsunterhalt komme es darauf an, ob auch bei nicht ehebedingter Krankheit die Versorgungslage durch die Ehe schlechter sei als mit der Ehe. Im vorliegenden Fall sei die Krankheit nicht ehebedingt, sondern schicksalsbedingt. Allerdings ergebe eine Abwägung der Einzelfallumstände, dass eine Unterhaltsbegrenzung aus Billigkeitsgründen ausscheide, weil die Klägerin im Alter von 16 Jahren geheiratet und keine Berufsausbildung absolviert habe, vier Kinder großgezogen und sich nach der Schulausbildung vollständig für die Ehe eingesetzt habe. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass sie abzüglich aller Kosten lediglich geringe eigene Einkünfte erziele. Die nacheheliche Solidarität der Eheleute sei in diesem Fall höher einzustufen als die Pflicht zur Selbstversorgung (BGH, XII ZR 111/08).

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Geschiedenenunterhalt: Kosten einer privaten Krankenversicherung als ehebedingter Nachteil

Besteht für eine geschiedene Ehefrau die Notwendigkeit zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung, um den Umfang ihres aus der Ehe gewohnten Versicherungsschutzes aufrechtzuerhalten, kann in den hierdurch ausgelösten Mehrkosten ein fortwirkender ehebedingter Nachteil liegen.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm kann sich der Unterhaltspflichtige daher nicht auf eine zeitliche Begrenzung der Unterhaltszahlungen berufen. Die Frau hat vielmehr Anspruch auf zeitlich unbegrenzte finanzielle Unterstützung (OLG Hamm, 2 UF 6/09).

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Erbrecht: Errichtung eines Testaments in Briefform

Die Errichtung eines privatschriftlichen Testaments ist auch in Briefform möglich.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig in einem Rechtsstreit über die Frage, ob ein Brief auch ein Testament sein könne. Bei dieser Frage müsse nach Ansicht der Richter jeweils im Einzelfall geklärt werden, ob der Erblasser bei der Verfassung eines handschriftlichen Briefes Testierwillen habe und sein Brief mithin eine letztwillige Verfügung enthalte. Dies müsse von einer bloß unverbindlichen Mitteilung über eine mögliche Testierabsicht abgegrenzt werden. Die Richter machten deutlich, dass bei der Beantwortung dieser Frage auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände herangezogen werden könnten.

So deute z.B. auf den Testierwillen des Briefverfassers und die Einsetzung des Adressaten als Alleinerben hin, wenn dieser unter Reflexion auf sein bisheriges Leben und seinen künftigen Tod ausführe, der Adressat solle sein „Geld erben“, soweit er praktisch ausschließlich über Geldvermögen verfügt. Hinweise auf einen Testierwillen würden auch bestehen, wenn der Erblasser den an den mit ihm nahe verwandten Adressaten gerichteten Brief abweichend von seiner sonstigen Praxis mit Vornamen und Nachnamen unterzeichne (OLG Schleswig, 3 Wx 58/04).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Schönheitsreparatur: Pflicht zum Weißen der Decken ist unzulässige Farbwahlklausel

Eine Klausel über die Vornahme von Schönheitsreparaturen ist unwirksam, wenn sie die Verpflichtung zum „Weißen“ der Decken und Oberwände während der Mietzeit umfasst.

Diese Grundsatzentscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters, der nach seinem Mietvertrag dem Beklagten zur Übernahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet war. In dem Formularmietvertrag hieß es u.a.: „Die Schönheitsreparaturen umfassen insbesondere:

Anstrich und Lackieren der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände.“ Nach Beendigung des Mietverhältnisses hatte der Vermieter Schadenersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen verlangt.

Die Abweisung der Klage hat der BGH nun bestätigt. Die Richter entschieden, dass die Klausel unwirksam sei. Ein Schadenersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen bestehe daher nicht. Damit hat der BGH seine Rechtsprechung fortgeführt, nach der eine Klausel, welche den Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in „neutralen, hellen, deckenden Farben und Tapeten auszuführen“, wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam ist, wenn sie nicht auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Rückgabe beschränkt ist. Eine derartige Klausel benachteilige den Mieter regelmäßig unangemessen, weil sie ihn auch während des Mietverhältnisses zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbwahl verpflichte. Damit werde er in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränkt, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters bestehe. So verhalte es sich auch in dem hier zu entscheidenden Fall. Die Klausel beschränke sich nicht auf eine bloße Endrenovierungspflicht des Mieters (BGH, VIII ZR 344/08).

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Wohnfläche: Zweite Berechnungsverordnung gilt auch für ältere Fachwerkhäuser

Ist in einem Wohnraummietvertrag über ein älteres Fachwerkhaus vereinbart, dass die Wohnfläche nach der zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) zu berechnen ist, kann die Maßgeblichkeit dieser Bestimmungen für die Wohnflächenermittlung nicht mit der Begründung verneint werden, derartige Gebäude mit niedriger Deckenhöhe und freiliegenden Deckenbalken habe die II. BV nicht im Blick gehabt.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall des Mieters einer Wohnung in einem Fachwerkhaus. Im Mietvertrag war die Mietflächenberechnung nach der II. BV vereinbart. Der Mieter hielt die im Mietvertrag genannte Wohnfläche für falsch berechnet. Wegen nicht ebener Ausführung von Deckenfeldern und freiliegender Balken würden mehrere Bereiche der Wohnung unter zwei Metern Raumhöhe liegen. Das sei bei der Berechnung zu berücksichtigen. Es ergebe sich mithin eine geringere Wohnfläche als vereinbart. Der Mieter klagte daher auf Rückzahlung überzahlter Miete und Nebenkosten.

Der BGH gab ihm recht. Die Richter machten deutlich, dass ein zur Mietminderung berechtigender Mangel vorliege, wenn die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 Prozent von der vereinbarten Wohnfläche abweiche. Überzahlte Miete könne in einem solchen Fall zurückgefordert werden. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 II. BV seien die Grundflächen von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens einem und weniger als zwei Metern nur zur Hälfte anzurechnen. Das gelte auch hinsichtlich der Abzüge für die Teilflächen unterhalb der Deckenbalken. Der Abzug könne auch nicht außer Betracht bleiben, weil die Balken als begehrte Dekoration angesehen werden. Seien für die Berechnung der Wohnfläche ausdrücklich die Vorschriften der II. BV vereinbart, müsse sich auch der Vermieter eines älteren Fachwerkhauses daran festhalten lassen. Er könne sich nicht darauf berufen, wegen der Verwendung bestimmter Baumaterialien seien bei Errichtung des Gebäudes keine gleichmäßigen ebenen Flächen zu erzielen gewesen. Eine indirekte Vereinbarung einer abweichenden Wohnflächenberechnung folge auch nicht daraus, dass der Mieter bei der Besichtigung die niedrige Raumhöhe erkennen konnte. Dem Mieter wäre es nämlich nicht möglich gewesen, die anrechenbare Wohnfläche nach der II. BV verlässlich einzuschätzen. Hierfür hätte es einer genauen Messung bedurft (BGH, VIII ZR 218/08).

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Gewerbemietrecht: Rückzahlung von unter Vorbehalt erbrachter Miete

Eine Vermieterin von Gewerberäumen ist dem Mieter zur Rückzahlung von unter Vorbehalt gezahlter Miete verpflichtet, wenn es in den angemieteten Lagerhallen zu regelmäßigen Wassereinbrüchen gekommen ist.

So entschied das Landgericht (LG) Coburg und verurteilte die Vermieterin der Lagerhallen, dem Mieter Mietzahlungen in Höhe von rund 20.000 EUR zu erstatten. Stein des Anstoßes war ein vermehrt auftretender Wassereinbruch in den Mieträumen eines Getränkelagers. Der Mieter zahlte daher über längere Zeit die Miete nur noch unter Vorbehalt. Als er dieses Geld von der Vermieterin zurückverlangte, verweigerte diese die Zahlung.

Das LG gab jedoch dem Mieter recht. Die Richter stellten fest, dass es über zwei Jahre lang nach Regenfällen immer wieder zum Eintritt von Wasser in die vermieteten Lagerräume kam. Aufgrund des Umfangs der Wassereintritte hielt das Gericht eine Mietminderung von 25 Prozent für angemessen. Eine Verjährung des Rückzahlungsanspruchs verneinte das Gericht. Auf Verwirkung könne sich die Vermieterin nicht berufen, da der Mieter nur unter Vorbehalt gezahlt habe (LG Coburg, 23 O 416/08).

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WEG: Hausordnung muss verbotene „Störungen“ deutlich definieren

Eine Bestimmung der Gemeinschaftsordnung (Hausordnung), die Ruhezeiten festlegt, in denen jedes unnötige und störende Geräusch zu vermeiden und die Ruhe beeinträchtigende Tätigkeiten zu unterlassen sind, genügt mangels Objektivierbarkeit unnötiger und störender Geräusche nicht dem Bestimmtheitserfordernis und ist deshalb unwirksam.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Streit einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Richter machten deutlich, dass in der Hausordnung unmissverständlich – zumindest beispielhaft – aufgeführt werden müsse, was zu den unnötigen und störenden Geräuschen gehöre, z.B. Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbelrücken, Türenknallen (OLG Düsseldorf, I-3 Wx 233/08).

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Verbraucherrecht

Ebay: Einrichten eines Mitgliedskontos unter fremden Namen kann strafbar sein

Die Einrichtung eines Mitgliedskontos unter falschen Personalien bei der Auktionsplattform ebay im Internet kann strafbar sein.

Hierauf wies das Kammergericht (KG) in einem Strafverfahren hin. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Einrichtung eines Mitgliedskontos bei ebay keinen rein internen Vorgang darstelle, sondern auf eine nach außen gerichtete und rechtlich wirkende Erklärung zurückgehe. Beim Abschluss des Nutzungsvertrags komme es ebay ersichtlich auf die tatsächliche Identität der Person an. Das folge zum einen daraus, dass mittels einer Schufa-Überprüfung die Bonität – auch zum Schutze anderer Nutzer – geprüft werde. Zum anderen wolle ebay auch den Zahlungseingang fälliger Gebühren sicherstellen.

Demgegenüber liege nach Ansicht der Richter keine Datenfälschung beim anschließenden Ankauf von Waren unter diesem Account vor. Die Vertragspartner würden hier nicht über die Identität des Angeklagten getäuscht. Dabei müsse nämlich auf den Zeitpunkt des Einstellens der Angebote abgestellt werden. Bereits damit gebe der Anbieter das verbindliche Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags über die angebotene Ware ab. Der Vertrag komme mit dem Höchstbietenden einer Auktion oder demjenigen Mitglied zustande, das bei einer „Sofort-Kauf“-Option seinerseits eine verbindliche Vertragserklärung abgibt. Der Anbieter habe insofern keinerlei Einfluss auf seinen Vertragspartner und wisse dies auch. Für ihn sei die Person des Käufers daher nicht von Interesse (KG, (4) 1 Ss 181/09 (130/09)).

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Kaufrecht: Käufer hat Rücktrittsrecht, wenn Möbel über längere Zeit unangenehm riechen

Wenn Schlafzimmermöbel auch mehr als ein Jahr nach dem Kauf noch einen unangenehmen Chemikaliengeruch verströmen, dann kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Dabei ist es ohne Belang, ob die Gerüche auch gesundheitsschädlich sind.

Das entschied das Landgericht (LG) Coburg, bestätigt durch das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg, und verurteilte den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises von rund 6.200 EUR. Die von ihm verkaufte Schlafzimmereinrichtung in Esche massiv verströmte auch Monate nach dem Kauf noch einen unangenehmen Chemikaliengeruch. Die Käuferin monierte das, der Verkäufer konnte aber keine Abhilfe schaffen. Als eine Raumluftanalyse eine auffällige Häufung flüchtiger organischer Verbindungen ergab, trat die Käuferin vom Kauf zurück und klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Mit Erfolg, denn das LG Coburg gab ihrer Klage statt. Unabhängig von der Frage, ob es für die organischen Verbindungen einen verbindlichen Grenzwert gebe und dieser überschritten sei, würden sich die Möbel nicht für die gewöhnliche Verwendung eignen, also das Schlafen in dem mit ihnen ausgestatteten Raum. Sie seien daher mangelhaft. Denn auch ohne besondere Vereinbarung könne ein Käufer solcher Möbel erwarten, dass sie geruchsneutral sind oder Geruchsentwicklungen, die wegen der Lackierung unvermeidbar seien, zumindest alsbald nach dem Aufstellen verschwinden (LG Coburg, 21 O 28/09; OLG Bamberg, 6 U 30/09).

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Reiserecht: Reisepreisminderung bei Verlust des Koffers

Gelangt das Reisegepäck erst verspätet auf das Kreuzfahrtschiff, kann der Reisepreis pro Reisetag um 30 Prozent gemindert werden.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Ehepaars, das über den Jahreswechsel eine Mittelmeerkreuzfahrt gebucht hatte. Beim Einchecken auf dem Schiff in Genua stellten die Eheleute fest, das ihre am Flughafen aufgegebenen Koffer nicht eingetroffen waren. Erst fünf Tage später bekamen sie ihre Koffer mit Inhalt zurück. Wegen dieser Beeinträchtigung minderten sie den Reisepreis um jeweils 90 Prozent pro Tag. Sie hätten die ganzen fünf Tage nur das anzuziehen gehabt, was sie am Tage der Anreise getragen hätten. Damit hätten sie an den Galaabendessen, den Theater- und Tanzveranstaltungen nicht teilnehmen können. Aufgrund ihrer Kleidung hätten sie sich so erheblich von den übrigen Reiseteilnehmern abgehoben, dass die Teilnahme an den Veranstaltungen eine Art Spießrutenlaufen gewesen wäre. Daher hätten sie teilweise davon Abstand genommen. Außerdem hätte ihnen auch Sportkleidung für den Fitnessraum und die Sportprogramme gefehlt. Auch wären Hygiene- und Kosmetikartikel, Sonnenschutz sowie der Fotoapparat im Koffer gewesen. An Bord habe man zwar Kleidung kaufen können, allerdings nur T-Shirts, Herrenhemden, Unterwäsche und Sandaletten. Nachdem die Kleidung täglich gewaschen werden musste, seien sie auch immer wieder an die Kabine gefesselt gewesen. Aufgrund dessen habe auch eine Art Depression bei ihnen geherrscht, die Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude rechtfertige.

Das Reiseunternehmen weigerte sich zu bezahlen. Die Reisenden hätten Ersatzkäufe tätigen können. Eine derartige Reiseminderung oder ein Schadenersatz sei nicht gerechtfertigt. Der zuständige Richter beim AG München gab dem Ehepaar nur zu einem Teil recht: Das Fehlen der Koffer stelle zwar eine Beeinträchtigung der Reise dar. Da aber die vielfältigen Leistungen der Reise durchaus auch mit dieser Kleidung (und der gekauften Ersatzkleidung) hätten wahrgenommen werden können und auch zum Teil wahrgenommen wurden, erscheine eine Minderung, die über 30 Prozent hinausgehe, nicht gerechtfertigt. Deshalb könne auch kein Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude zugesprochen werden (AG München, 132 C 20772/08).

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Kindergarten: Für Mittagessen kann Pauschale erhoben werden

Die Erhebung eines monatlichen Pauschalbeitrags für die Teilnahme eines Kindes am Mittagessen im Kindergarten ist zulässig.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz auf die Klage der Eltern von zwei Kindern, die eine Kindertagesstätte besuchten. Für die Teilnahme am Mittagessen erhob die Verbandsgemeinde bis Mitte 2007 für jede Mahlzeit, die ein Kind eingenommen hatte, einen Beitrag von 2,50 EUR. Ab August 2007 müssen die Eltern unabhängig von der Anzahl der in Anspruch genommenen Mittagessen eine Verpflegungspauschale von 45,00 EUR pro Monat zahlen. Das Verwaltungsgericht hat den gegenüber den Klägern ergangenen Kostenbescheid aufgehoben. Auf die Berufung der Verbandsgemeinde wies das Oberverwaltungsgericht die Klage ab.

Die Richter entschieden, dass die Erhebung eines Mittagessensbeitrags nicht der Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs widerspreche. Nach dem Willen des Gesetzgebers erfasse die Beitragsfreistellung nur das Regelangebot der Kindergärten, nicht hingegen Wahlangebote wie das Mittagessen. Bei der Ausgestaltung der Kostenerhebung stehe dem Kindergartenträger ein weites Ermessen zu, das die Verbandsgemeinde rechtmäßig ausgeübt habe. Die individuelle Abrechnung habe eine listenmäßige Erfassung der konkret eingenommenen Mahlzeiten und eine Kontrolle durch die Erziehungsberechtigten erfordert. Zur Vermeidung dieses erheblichen Verwaltungsaufwands sei die Verbandsgemeinde berechtigt, eine Monatspauschale zu erheben (OVG Rheinland-Pfalz, 7 A 10431/09.OVG).

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Verkehrsrecht

Videoüberwachung: Grundsatzentscheidung zur Videoüberwachung im Verkehr

Der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung durch eine (verdachtsunabhängige) Videoüberwachung ist nur aufgrund eines Gesetzes und nicht nur aufgrund einer Verwaltungsanweisung erlaubt.

Diese Entscheidung traf das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Fall eines Autofahrers. Dieser war bei einer Videoüberwachung des Autobahnverkehrs aufgenommen worden. Dabei war eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt worden, für die er verurteilt wurde. Die Überwachung erfolgte auf Grundlage eines Ministeriums-Erlasses. Dabei wurden alle durchfahrenden Fahrzeuge verdeckt gefilmt. Auf dem Film war der jeweilige Fahrer erkennbar und identifizierbar. Es erfolgte keine Auswahl, ob der jeweilige Fahrer eines Verkehrsverstoßes verdächtig war.

Die Verfassungsbeschwerde des Autofahrers gegen seine Verurteilung aufgrund der Bilder hatte Erfolg. Das BVerfG sah einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Durch die Aufzeichnung des Bildmaterials seien die beobachteten Lebensvorgänge technisch fixiert worden. Sie hätten später zu Beweiszwecken abgerufen, aufbereitet und ausgewertet werden können. Eine Identifizierung des Kfz sowie des Fahrers sei beabsichtigt und technisch auch möglich gewesen. Zwar könne das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse eingeschränkt werden. Dies bedürfe jedoch einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspreche und verhältnismäßig sein müsse. Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs müssten in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden. Dem werde der Erlass des Ministeriums nicht gerecht. Dieser sei nur eine Verwaltungsvorschrift und damit eine verwaltungsinterne Anweisung. Derartige Regelungen, durch die eine vorgesetzte Behörde etwa auf ein einheitliches Verfahren oder eine einheitliche Gesetzesanwendung hinwirken würden, seien keine Gesetze im Sinne des Grundgesetzes. Ein solcher Eingriff bedürfe vielmehr einer formell-gesetzlichen Grundlage. Die Aufnahmen hätten daher bei der Verurteilung nicht herangezogen werden dürfen (BVerfG, 2 BvR 941/08).

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Fahrverbot: Absehen vom Fahrverbot wegen unübersichtlicher Beschilderung

Von der Anordnung eines Regelfahrverbots kann unter Anhebung der Geldbuße abgesehen werden, wenn sich die Straßenverkehrsbehörde trotz Kenntnis einer unübersichtlichen Beschilderung weigert, durch Änderung der Beschilderung für Rechtsklarheit zu sorgen.

Von dieser Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Stollberg profitierte ein Autofahrer, dem wegen Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit ein Fahrverbot drohte. Das Amtsgericht hat jedoch vom Fahrverbot abgesehen, weil es sich bei der Messstelle um eine „Radarfalle“ handle. Die Problematik der unübersichtlichen Beschilderung sei der Verkehrsbehörde bekannt. Sie weigere sich durch eine Änderung der Beschilderung für Klarheit zu sorgen. Deshalb sei ein Fahrverbot gegen den Betroffenen unverhältnismäßig.

Hinweis: Diese Entscheidung, mit der das AG im Grunde von einem sog. Augenblicksversagen des Betroffenen ausgegangen ist, wird bei einer Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft im Zweifel aber keinen Bestand haben. Denn es lag kein „Augenblicksversagen“ bzw. eine diesem ähnliche Fallgestaltung vor. Der Betroffene hatte die Beschilderung eindeutig erkannt. Damit musste er die vorgegebene Geschwindigkeit einhalten. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Beschilderung so unübersichtlich war, dass sie nichtig war. Dafür lagen aber keine Anhaltspunkte vor (AG Stollberg, 2 OWi 550 Js 10913/08).

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Verkehrswidriges Parken: Minderjähriges Kind haftet nicht für Schäden

Verursacht ein Rad fahrendes 7-jähriges Kind einen Schaden an einem ordnungswidrig und verkehrsbehindernd parkenden Pkw, haftet es nicht. Auch die Eltern haben keine Aufsichtspflicht verletzt, insbesondere müssen sie ihr Kind nicht zum Absteigen auffordern.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Pkw-Fahrers. Dieser hatte seinen Wagen so auf dem Gehweg geparkt, dass dieser auf eine Breite von einen Meter verengt wurde. Ein 7-jähriges Kind fuhr mit seinem Fahrrad auf dem Bürgersteig. Es wurde von seinen Eltern begleitet. Als das Kind das Auto passierte, verlor es das Gleichgewicht und stieß an die Stoßstange. Diese wurde beschädigt, ebenso wie der Spoiler. Es entstand ein Schaden von 1105 EUR. Der Autobesitzer wollte nun den Schaden ersetzt verlangen. Die Eltern des Kindes weigerten sich jedoch zu bezahlen.

Der zuständige Richter gab jedoch den Eltern recht. Das 7-jährige Kind genieße das gesetzliche Haftungsprivileg. Danach seien Kinder zwischen dem siebten und zehnten Lebensjahr für Schäden, die sie bei einem Unfall einem anderen zufügten, nicht verantwortlich. Zwar gelte dieses Privileg nicht, wenn das geschädigte Kraftfahrzeug geparkt sei. Dies gelte aber nur für ordnungsgemäß abgestellte Autos. Das Kind habe nach der Straßenverkehrsordnung mit seinem Kinderfahrrad auf dem Bürgersteig fahren müssen. Der Kläger habe mit seinem Pkw den Verkehrsraum des Kindes massiv beeinträchtigt. Da besonders Engstellen eines ansonsten breiten Weges zu den Situationen gehören, die Kinder in diesem Alter überfordern, habe der Kläger durch die von ihm erzeugte Engstelle eine für das Kind nur schwer beherrschbare Gefahrensituation herbeigeführt. Es entspräche gerade dem Zweck des § 828 BGB, Kinder vor solchen Situationen und daraus erwachsenden Schadenersatzansprüchen zu schützen, sodass die Regelung hier anzuwenden sei. Auch die Eltern würden nicht haften, da sie ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt hätten. Bei schulpflichtigen Kindern sei beim Radfahren eine ständige Aufsicht nicht mehr erforderlich. Dass das Kind die Straßenverkehrsregeln kannte, ergäbe sich schon daraus, dass es auf dem Bürgersteig fuhr. Die Eltern seien auch nicht verpflichtet gewesen, ihr Kind zum Absteigen vor dem klägerischen Fahrzeug zu veranlassen. Zum Erwachsenwerden gehöre auch, dass man mit Gefahren und Hindernissen umgehen lerne. Die Eltern mussten daher ihren Sohn nicht bei jedem Hindernis zum Absteigen auffordern. Es sei durchaus veranlasst gewesen, dass sich das Kind der Herausforderung stellt. Die Risiken eines rechtswidrig abgestellten Fahrzeugs habe in erster Linie der Parkende, nicht die Passanten zu tragen. Es sei dem Kläger zumutbar gewesen, sein Fahrzeug ordnungsgemäß abzustellen (AG München, 331 C 5627/09).

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Fahrverbot: Kein Fahrradverbot nach Alkoholmissbrauch

Einem Fahrradfahrer, der keine Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge besitzt und erstmals mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss aufgefallen ist, darf das Fahrradfahren nicht verboten werden.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Radfahrers, der einer nächtlichen Polizeistreife aufgefallen war, weil er mit einem Fahrrad auf einem Radweg „Schlangenlinien” fuhr. Die Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,33 Promille. Wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 400 EUR. Die zuständige Verkehrsbehörde forderte ihn auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen. Nachdem er sich – auch aus Kostengründen – geweigert hatte, ein solches Gutachten beizubringen, verbot ihm die Behörde mit sofortiger Wirkung das Führen von Fahrrädern. Seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die hiergegen beim OVG eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

Die Richter entschieden, dass die Verkehrsbehörde bei dem ausgesprochenen Fahrverbot den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend beachtet habe. Zwar könne eine Fahrt mit dem Fahrrad bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,33 Promille Zweifel an der Eignung zum Fahrradfahren begründen. Jedoch seien die Besonderheiten erlaubnisfreier Fahrzeuge zu berücksichtigen. Ihre Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr falle in den Kernbereich der grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit. Deshalb könnten alle Personen, z.B. auch kleine Kinder, voraussetzungslos mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen. Außerdem werde die Sicherheit des Straßenverkehrs und anderer Verkehrsteilnehmer durch Fahrräder erheblich weniger beeinträchtigt als durch Kraftfahrzeuge. Die Verursachung schwerer Verkehrsunfälle durch betrunkene Fahrradfahrer sei die Ausnahme. Dementsprechend könne ein Fahrradfahrverbot nur angeordnet werden, wenn die Gefährdung des öffentlichen Straßenverkehrs durch den alkoholisierten Radfahrer aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit den Risiken des Kraftfahrzeugverkehrs vergleichbar sei. Daran fehle es im Fall des Antragstellers. Er sei erstmals auffällig geworden. Dabei habe er den Fahrradweg benutzt und andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet. Anhaltspunkte dafür, dass er in Zukunft betrunken Fahrrad fahren und deshalb eine ständige Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen werde, lägen – auch wegen der dem Antragsteller auferlegten Geldstrafe – nicht vor (OVG Rheinland-Pfalz, 10 B 10930/09.OVG).

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Steuerrecht

Riester-Rente: Zulagen auch für „Mallorca-Rentner“

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stärkt Grenzgängern und „Mallorca-Rentnern“ den Rücken: Nach einem aktuellen Urteil müssen Deutsche, die ihren Ruhestand im Ausland genießen möchten, die staatlichen Zulagen auf den Riestervertrag nicht mehr zurückzahlen.

Die Bedingungen für den Erhalt staatlicher Zulagen sind nach Ansicht des EuGH diskriminierend. Benachteiligt würden insbesondere Grenzgänger, die im Ausland wohnen, aber in Deutschland beschäftigt sind. Bisher blieb ihnen die staatliche Förderung vorenthalten.

Aufatmen dürften auch deutsche Rentner mit Wohnsitz im Ausland.

Bislang mussten Rentner, die ihren Lebensabend im Ausland genießen wollten, die Riester-Förderung zumindest teilweise zurückzahlen. Künftig dürfen sie die staatlichen Zulagen aber behalten (EuGH, Urteil vom 10.9.2009, C-269/07).

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Auswärtstätigkeit: Keine regelmäßige Arbeitsstätte beim Kunden

Der Bundesfinanzhof hat erneut klargestellt, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers auch dann keine regelmäßige Arbeitsstätte ist, wenn der Arbeitnehmer dort längerfristig eingesetzt ist. Insoweit lassen sich die Fahrten nach Reisekostengrundsätzen (0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer) und nicht nur über die Entfernungspauschale (0,30 EUR für den einfachen Weg) absetzen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte der Bundesfinanzhof darauf verwiesen, dass sich ein Arbeitnehmer, der vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden für seinen Arbeitgeber tätig ist, nicht langfristig auf diese Tätigkeitsstätte einstellen kann.

An dieser Rechtsprechung und der Ablehnung einer regelmäßigen Arbeitsstätte hält er auch in einer neuen Entscheidung fest. Selbst wenn dies über Jahre hinweg erfolgt, kann sich keine andere Beurteilung ergeben. Ob sich ein Arbeitnehmer nämlich auf einen bestimmten Ort einstellen kann, ist stets aus der Sicht zum Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Tätigkeit zu prüfen.

Hinweis: Dies gilt auch für den Geschäftsführer einer GmbH, sofern er nicht von vornherein von einem über lange Jahre gesicherten Auftrag ausgehen kann (BFH, Urteil vom 9.7.2009, VI R 21/08).

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Baudenkmäler: Neubau als Förderobjekt

Baumaßnahmen an Baudenkmälern können steuerlich begünstigt sein. Sind die Arbeiten allerdings so umfangreich, dass es sich später um einen Neubau handelt, können Vermieter – nach Ansicht der Finanzverwaltung – keine erhöhten Abschreibungen als Werbungskosten absetzen.

Diese Auffassung wird vom Bundesfinanzhof nun auf den Wiederaufbau oder die völlige Neuerrichtung des Gebäudes beschränkt. Baumaßnahmen, die zu einem Neubau im bautechnischen Sinne führen, schließen die Förderung hingegen nicht aus. Der Zweck der Vorschrift, kulturhistorisch wertvolle Gebäude zu erhalten und zu modernisieren, rechtfertige es, den Begriff des Neubaus einzuschränken.

Die Steuerförderung ist von der Bescheinigung der zuständigen Denkmalbehörde abhängig. Hierbei handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, der für die Finanzverwaltung bindend ist. Sofern der Hinweis enthalten ist, dass steuerrechtliche Fragen allein vom Finanzamt zu prüfen sind, entscheidet dieses über die Voraussetzungen für die Gewährung erhöhter Abschreibungen. Fehlt dieser Vermerk jedoch, ist das Finanzamt an die Feststellungen der Denkmalbehörde gebunden. Andernfalls könnte die denkmalschutzrechtliche Beurteilung durch eine abweichende Entscheidung des Finanzamts unterlaufen werden.

Im Regelfall beurteilt die Denkmalbehörde nicht, ob das Gebäude steuerlich saniert oder neu errichtet wird. In diesen Fällen kann das Finanzamt die Abgrenzung zwischen Sanierung, Neubau, Erhaltungsaufwand und nicht abziehbaren Kosten vornehmen. Bestätigt die Denkmalbehörde hingegen die Förderung der begünstigten Aufwendungen, kann der Vermieter dies nach Treu und Glauben nur so verstehen, dass die Bescheinigung das Finanzamt hinsichtlich des Abzugsbetrags umfassend bindet.

Hinweis: Wird ein Baudenkmal zu eigenen Wohnzwecken genutzt, kann der Steuerpflichtige Steuervergünstigungen in Form von Sonderausgaben geltend machen (BFH, Urteil vom 24.6.2009, X R 8/08).

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Arbeitszimmer: Aufwendungen vorerst nach der alten Rechtslage absetzbar

Der Bundesfinanzhof hat verfassungsmäßige Zweifel an der seit 2007 geltenden Einschränkung, wonach Steuerpflichtige ihre Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann steuerlich geltend machen können, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Auf dieses Urteil hat die Finanzverwaltung mittlerweile reagiert: Danach können Steuerpflichtige ihre Aufwendungen vorerst auch wieder nach der alten Rechtslage (vor 2007) mit bis zu 1.250 EUR geltend machen.

In einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren musste der Bundesfinanzhof über den folgenden Fall entscheiden: Ein Lehrerehepaar, dem für die Vor- und Nachbereitung des Schulunterrichts keine geeigneten Arbeitsplätze in der Schule zur Verfügung standen, wollte die Aufwendungen für die häuslichen Arbeitszimmer über das Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren als Freibetrag auf den Lohnsteuerkarten 2009 eintragen lassen. Gegen den ablehnenden Bescheid legten die Lehrer erfolglos Einspruch ein. Ihren Antrag, die Freibeträge im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung) einzutragen, lehnte das Finanzamt zwar ab, nicht aber der Bundesfinanzhof.

Der Bundesfinanzhof hat ernstliche Zweifel, ob die seit 2007 geltende Verschärfung verfassungsgemäß ist. In dem Beschluss weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit in der Literatur kontrovers diskutiert wird und zu unterschiedlichen Entscheidungen der Finanzgerichte geführt hat. So stuft das Finanzgericht Münster die Kürzung zumindest teilweise als verfassungswidrig ein und hat das Bundesverfassungsgericht angerufen.

In Reaktion auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs hat das Bundesfinanzministerium die Finanzämter nunmehr angewiesen, Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung stattzugeben, wenn die vor 2007 geltenden Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit vorliegen. Demnach muss

Da auf die Rechtslage vor 2007 abgestellt wird, werden die Aufwendungen allerdings höchstens bis zu einem Betrag von 1.250 EUR berücksichtigt.

Anwendungsfälle:

Aussetzung der Vollziehung wird gewährt, wenn ein Einspruch gegen

gerichtet ist.

Pro und Contra:

Steuerpflichtige sollten abwägen, ob sie die Aufwendungen vorab im Wege der Aussetzung der Vollziehung geltend machen – und sich somit einen Liquiditätsvorteil verschaffen – oder, ob sie den weiteren Verfahrensverlauf abwarten. Denn die letztendliche Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit kann durchaus anders als bei der Entfernungspauschale

ausfallen, zumal der Bundesfinanzhof eine gesetzliche Änderung nur für die Zukunft für denkbar hält. In diesem Fall müsste der ausgesetzte Betrag zuzüglich Zinsen an das Finanzamt zurückgezahlt werden.

Hinweis: Da die Finanzverwaltung Einkommensteuer- und Feststellungsbescheide in Hinsicht auf die Neuregelung zum häuslichen Arbeitszimmer seit April 2009 nur noch vorläufig festsetzt, bleibt der Sachverhalt insoweit bis zur endgültigen Entscheidung offen. Ein Einspruch mit Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist somit nicht zwingend erforderlich (BMF-Schreiben vom 6.10.2009, IV A 3 – S 0623/09/10001; BFH, Urteil vom 25.8.2009, VI B 69/09).

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Pendlerpauschale: Finanzverwaltung ­veröffentlicht Anwendungsschreiben

In einem aktuellen Anwendungserlass erläutert das Bundesfinanzministerium die Neuregelungen zur Entfernungspauschale, die durch die gesetzliche Änderung rückwirkend ab 2007 gelten. Im Folgenden werden wichtige praxisrelevante Aspekte dargestellt:

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Lohnsteuerkarten: 2010 letztmals auf Papier

Die Gemeindebehörden verschicken derzeit die Lohnsteuerkarten 2010 an alle Arbeitnehmer. Diese werden von den Gemeinden für das Jahr 2010 letztmals auf Karton ausgestellt. Ab 2011 werden die Lohnsteuerabzugsmerkmale aller Arbeitnehmer, wie die Steuerklassen, die Kirchensteuermerkmale, die Zahl der Kinderfreibeträge und vom Finanzamt im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren gewährte Freibeträge, den Arbeitgebern über ein elektronisches Verfahren zum Abruf bereitgestellt. Die Lohnsteuerkarte auf Karton entfällt.

In der Übergangsphase bis zur Einführung dieses elektronischen Verfahrens hat die Lohnsteuerkarte 2010 besondere Bedeutung. Daher sollte die Lohnsteuerkarte 2010 von den Arbeitgebern über den 31.12.2010 hinaus weiter aufbewahrt und in keinem Fall vernichtet werden. Dasselbe gilt für Lohnsteuerkarten 2010, die sich im Besitz der Arbeitnehmer befinden.

Vor der Weitergabe der Lohnsteuerkarte 2010 an den Arbeitgeber, sollten die Eintragungen der Gemeinde im eigenen Interesse überprüft werden. Die elfstellige Identifikationsnummer (ID-Nummer) ist auch in 2010 auf der Lohnsteuerkarte eingetragen. Der Arbeitgeber ist hierdurch in der Lage, die ID-Nummer des Arbeitnehmers in seine Lohnabrechnung zu übernehmen. Enthält die Lohnsteuerkarte 2010 keine ID-Nummer, kann der Arbeitnehmer diese dem Arbeitgeber nach Erhalt auch nachträglich mitteilen (gegebenenfalls handschriftlich ergänzt in dem vorgesehen Eintragungsfeld auf der Lohnsteuerkarte 2010).

Für Berichtigungen und Änderungen der Steuerklassen bei Ehegatten, die beide auf Lohnsteuerkarte arbeiten, sind die Gemeinden vorerst weiter zuständig.

Hinweise: Arbeitnehmer, die für ihre Aufwendungen einen Freibetrag auf ihrer Lohnsteuerkarte eintragen lassen wollen, müssen bei ihrem Wohnsitz-Finanzamt einen Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung stellen. Durch die Eintragung des Freibetrages wird weniger Lohnsteuer vom Arbeitslohn einbehalten und dem Arbeitnehmer verbleibt ein höheres Nettogehalt. Dies kann sich auch positiv auf andere staatliche Leistungen, wie beispielsweise das Elterngeld, auswirken. Wer 2010 keinen höheren Freibetrag als im Jahr 2009 beantragt, braucht – wie bisher – nur einen vereinfachten Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung auszufüllen.

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Wirtschaftsrecht

Sabotageverdacht: Wettbewerber muss Unternehmer Detektivkosten ersetzen

Verdächtigt ein Unternehmer einen Mitbewerber der regelmäßigen Sabotage, kann er von ihm den Ersatz der entstandenen Kosten verlangen, wenn er einen Detektiv mit der Observierung beauftragt und hierdurch der Verdacht bestätigt wird.

Mit dieser Entscheidung gab das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe einem Plakatierungsunternehmen recht. Dieses verdächtigte einen Mitbewerber, systematisch Plakate abzuhängen und zu beschädigen. Um seinen Verdacht belegen zu können, schaltete er eine Detektei ein. Diese observierte den Mitbewerber und schleuste bei ihm einen Mitarbeiter als Praktikanten ein. Dieser trug einen GPS-Sender bei sich und begleitete den Mitbewerber bei der Plakatierung. Bei der Observation konnten mehrere Aktionen festgestellt werden, in denen der Mitbewerber Plakate des Unternehmers abhängte, in der Nähe ablegte und dort selbst Plakate aufhängte. Der Unternehmer verlangte nun den Ersatz der Detektivkosten von dem Mitbewerber.

Das OLG führte aus, dass der Unternehmer dem Grunde nach Detektivkosten verlangen könne. Das Abhängen fremder Plakate stelle eine unlautere Behinderung des Wettbewerbers dar und löse einen Schadenersatzanspruch aus. Hierzu würden auch die Detektivkosten gehören. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit sei ein konkreter Verdacht, der hier vorliege. Erforderlich sei weiter, dass der Geschädigte die vom Detektiv getroffenen Feststellungen nicht mit eigenen Mitteln, z.B. eigenen Angestellten hätte treffen können. Hier sei der Unternehmer nicht in der Lage gewesen, die zahlreichen möglichen Plakatierungsorte selbst zu beobachten. Der Erstattungsanspruch sei auch nicht wegen der Verwendung von GPS-Sendern ausgeschlossen. Es sei nicht das vom Mitbewerber auch privat genutzte Fahrzeug „verwanzt“ und über einen längeren Zeitraum rund um die Uhr verfolgt worden. Vielmehr habe die Detektei lediglich ihren Mitarbeiter mit einem GPS-Sender ausgestattet. Dass man so feststellen könne, wo er und der Mitbewerber sich während der Observation befand, stelle keine über eine „klassische“ Observationsmaßnahme wesentlich hinausgehende Beeinträchtigung des Mitbewerbers dar und lasse den Bereich seiner privaten Lebensgestaltung unberührt (OLG Karlsruhe, 6 U 52/09).

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Jahresabschlüsse: Verfahrensgebühren trotz Offenlegung in der Nachfrist

Offenlegungspflichtige Gesellschaften (insb. AG, GmbH und GmbH & Co. KG) müssen ihre Jahresabschlüsse spätestens zwölf Monate nach Ablauf des betreffenden Geschäftsjahres beim elektronischen Bundesanzeiger einreichen.

Unterbleibt die Offenlegung, fordert das Bundesamt für Justiz das jeweilige Unternehmen unter Androhung eines Ordnungsgeldes (zwischen 2.500 und 25.000 EUR) zur Offenlegung innerhalb von sechs Wochen auf. Bei Offenlegung innerhalb der Frist wird kein Ordnungsgeld fällig.

Das Landgericht (LG) Bonn stellte nunmehr klar, dass die Verfahrensgebühren in Höhe von 50 EUR zuzüglich 3,50 EUR Zustellungsauslagen auch dann zu zahlen sind, wenn die Offenlegung innerhalb der gesetzten sechswöchigen Nachfrist nachgeholt wird (LG Bonn, 30 T 878/08).

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Auszubildende: Minijob- und Gleitzonenregeln nicht anwendbar

Auszubildende fallen in Bezug auf die Sozialversicherungsbeiträge nicht unter die Minijobregelung. Ferner haben sie keinen Anspruch auf die Gleitzonenregel, wonach „normale“ Arbeitnehmer bei Einkünften von 400,01 bis 800,00 EUR im Monat niedrigere Beiträge zur Sozialversicherung zahlen müssen.

Das hat das Bundessozialgericht (BSG) nun endgültig entschieden. Auszubildende sind laut Gesetz immer versicherungspflichtig beschäftigt, sodass die vollen Beiträge zur Sozialversicherung geleistet werden müssen. Diese Spezialregelung für Berufsausbildungsverhältnisse ist nach Auffassung des BSG nicht verfassungswidrig.

Hinweis: Beträgt die monatliche Ausbildungsvergütung nicht mehr als 325 EUR, muss der Arbeitgeber die gesamten Sozialversicherungsbeiträge übernehmen (BSG, B 12 KR 14/08 R).

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Betriebsaufgabe: Freibetrag gibt es nur einmal im Leben

Bei der Betriebsveräußerung und -aufgabe muss ein Unternehmer neben dem laufenden Gewinn auch den Veräußerungs- bzw. den Aufgabegewinn versteuern. Hat der Unternehmer das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, kann er von einem Freibetrag profitieren, wenn der maßgebliche Gewinn unter 181.000 EUR liegt.

Nach der gesetzlichen Regelung darf ein Freibetrag aber nur einmal in Anspruch genommen werden. Der Freibetrag ist auch dann verbraucht, wenn er in der Vergangenheit zu Unrecht gewährt worden ist und der Bescheid nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, so das Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern.

Es kommt demnach nicht auf die Rechtmäßigkeit der Freibetragsgewährung an. Vielmehr ist maßgeblich, dass sich die Vergünstigung auf die Steuerfestsetzung ausgewirkt hat. Sofern sich der Steuerpflichtige die Inanspruchnahme für einen späteren Veräußerungsgewinn vorbehalten wollte, hätte er den damaligen Bescheid anfechten müssen.

Der Freibetrag auf einen gewerblichen Veräußerungsgewinn ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) auch nicht deshalb zu gewähren, weil er zuvor bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit und damit für eine andere Einkunftsart berücksichtigt wurde.

Hinweis: Vor 1996 in Anspruch genommene Freibeträge bleiben unberücksichtigt (FG Mecklenburg-Vorpommern, 3 V 30/09; BFH, X R 2/09).

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Betriebsprüfung: Datenzugriff auf elektronische Aufzeichnungen

Seit 2002 haben Betriebsprüfer die Möglichkeit, in elektronisch geführte Daten und Aufzeichnungen Einsicht zu nehmen und diese maschinell auszuwerten. Damit ist die Finanzverwaltung in der Lage, große Datenmengen innerhalb kurzer Zeit effektiv zu überprüfen.

Nach einer Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum neuen Datenzugriffsrecht umfasst diese Einsicht aber nicht eine freiwillig erstellte elektronische Buchhaltung eines Einnahme-Überschuss-Rechners. Gesetzliche Aufzeichnungs- und in der Folge entsprechende Aufbewahrungspflichten treffen zwar auch Einnahme-Überschuss-Rechner. Da das Finanzamt im Streitfall aber Einsicht in gesetzlich nicht geforderte Aufzeichnungen verlangt hatte, war das Verlangen rechtswidrig.

Der Aufbewahrungspflicht und dem Datenzugriff unterliegen grundsätzlich alle Unterlagen und Daten, die zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen von Bedeutung sind. Nicht dazu gehören dagegen Unterlagen und Daten, die z.B. private, nicht aufzeichnungspflichtige Vorgänge betreffen, aber auch Unterlagen und Daten, die freiwilligen, also über die gesetzliche Pflicht hinausreichenden Aufzeichnungen zuzuordnen sind. Soweit sich für sie eine Aufbewahrungspflicht nicht aus anderen Gesetzen ergibt, können sie vom Steuerpflichtigen jederzeit vernichtet oder gelöscht werden.

Hinweis: Die Entscheidung des BFH hat auch für die neue Aufbewahrungspflicht von sechs Jahren bei den privaten Überschusseinkünften (z.B. Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit oder Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung) Bedeutung, sofern die Summe der positiven Einkünfte im Kalenderjahr mehr als 500.000 EUR beträgt. Diese über das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz eingeführte Regelung erfasst auch den Datenzugriff auf Aufzeichnungen und Unterlagen, z.B. über Mieteinnahmen und Werbungskosten (BFH-Urteil, VIII R 80/06).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2009 beträgt 0,12 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

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Steuertermine im Monat November 2009

Im Monat November 2009 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 10.11.2009 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 7.11.2009.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 10.11.2009 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 7.11.2009.

Gewerbesteuerzahler (Monatszahler): Zahlung – mittels Barzahlung – bis zum 16.11.2009 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 13.11.2009.

Grundsteuerzahler (Monatszahler): Zahlung – mittels Barzahlung – bis zum 16.11.2009 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 13.11.2009.

Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend von dem vierteljährlichen Zahlungsgrundsatz verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal grundsätzlich am 15. August und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 15. Februar und am 15. August zu zahlen sind. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch jeweils am 1. Juli in einem Jahresbetrag entrichtet werden.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.11.2009 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 19.11.2009 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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