Informationen für den Kalendermonat Mai 2009
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Inhaltsverzeichnis:
Arbeitsrecht:
- Rechtsprechungsänderung: Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
- Kündigungsrecht: Sonderkündigungsschutz für Abfallbeauftragten
- Kündigungsrecht: Verstoß gegen betriebliches Rauchverbot kann zur Kündigung berechtigen
- Kündigungsrecht: Keine fristlose Kündigung wegen Mekka-Fahrt
Baurecht:
- Festpreisvereinbarung: Anspruch auf Preisanpassung ist regelmäßig ausgeschlossen
- Architektenvertrag: Festgelegter Kostenrahmen gilt als vereinbartes Kostenlimit
- Immissionsschutzrechtliche Anlagen: Keine Anordnung regelmäßiger umfassender Eigenüberwachung durch externe private Sachverständige
Familien- und Erbrecht:
- Neue Rechtsprechung: Zur Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalts
- Volljährigenunterhalt: Orientierungsphase endet mit Ablehnungsbescheiden der ZVS
- Erbrecht: Wenn der Erbe Schulden erbt
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):
- Schönheitsreparaturklausel: Pflicht zum Außenanstrich von Türen und Fenstern ist unwirksam
- Kündigungsrecht: Kündigung von Mietverhältnissen wegen Abbruch des sanierungsbedürftigen Gebäudes
- Behördliche Anordnung: Mieter muss bauliche Maßnahme in seiner Wohnung dulden
- Mieterhöhungsverlangen: Mietspiegel muss nicht in jedem Fall beigefügt werden
Verbraucherrecht:
- Onlineauktion: Haftung des Inhabers eines eBayAccounts
- Reiserecht: Abkürzung der Verjährungsfrist in Allgemeinen Reisebedingungen
- Hauskauf: Aufklärungspflicht des Verkäufers bei Asbest
- Haftungsrecht: Betreiber eines Fitnessstudios muss Trainingsgeräte regelmäßig kontrollieren
Verkehrsrecht:
- Unfallschadensregulierung: Sachverständiger muss keine Internetangebote berücksichtigen
- Drogenfahrt: Fahrlässigkeit kann bei längerer Zeitspanne zwischen Drogenkonsum und Fahrtantritt fehlen
- Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Kein „Unfall im Straßenverkehr“ bei Ladetätigkeit
- Absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger: Verstoß setzt Mindestkonzentration voraus
Steuerrecht:
- Entfernungspauschale: Rechtslage 2006 wird per Gesetz fortgeführt
- Handwerkerrechnungen: Steuerermäßigung auch bei Wohnungswechsel
- Steuererklärung 2008: Im Januar 2009 gezahlte Depotgebühren ansetzen
- Zuzahlungen zum Firmen-Pkw: Zwei Nichtanwendungserlasse im Fokus
- Werbungskosten: Keine 30km Grenze bei Einsatzwechseltätigkeit
- Ehrenamtspauschale: Anwendungsschreiben und neue Übergangsfrist
Wirtschaftsrecht:
- Aktuelle Gesetzgebung: Bundestag verabschiedet neues Bilanzrecht
- Vorsteuerabzug: Angabe des Lieferzeitpunktes ist verpflichtend
- Vertretungsbefugnis: Zur Unterzeichnung des Investitionszulagenantrags
Abschließende Hinweise:
Arbeitsrecht
Rechtsprechungsänderung: Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erlosch der Urlaubsabgeltungsanspruch, wenn der Urlaubsanspruch aufgrund der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht erfüllt werden konnte. Diese Rechtsprechung hat das BAG nun aufgegeben.
Die Entscheidung betraf eine Frau, die von August 2005 bis Ende Januar 2007 als Erzieherin tätig war. Nach einem Schlaganfall war sie von Juni 2006 über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus durchgehend arbeitsunfähig. Sie verlangte die Abgeltung der gesetzlichen Urlaubsansprüche aus den Jahren 2005 und 2006.
Die Richter gaben ihrer Klage im Unterschied zu den Vorinstanzen statt. Sie stellten nun klar, dass Ansprüche auf Abgeltung des gesetzlichen Teil- oder Vollurlaubs nicht erlöschen, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Damit folgt das BAG der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der kürzlich bereits ebenso entschied (BAG, 9 AZR 983/07; EuGH, C-350/06, C-520/06).
Kündigungsrecht: Sonderkündigungsschutz für Abfallbeauftragten
Hat der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zum Betriebsbeauftragten für Abfall bestellt, so ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig. Das Arbeitsverhältnis kann nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden.
Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) im Falle eines Arbeitnehmers hin. Im Arbeitsvertrag war festgehalten, dass dem Mann neben seiner Tätigkeit als Betriebsleiter auch die des Betriebsbeauftragten für Abfall oblag. Der Arbeitgeber erstellte im Mai 2006 ein Organigramm, das den Kläger als Abfallbeauftragten auswies. Im Oktober 2006 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bot dem Kläger eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen an.
Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage des Klägers stattgegeben. Der BGH bestätigte diese Entscheidungen nun. Die ordentliche Kündigung sei wegen Verstoßes gegen den im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz geregelten Sonderkündigungsschutz nichtig. Dieser Sonderkündigungsschutz setze eine wirksame Bestellung als Abfallbeauftragter voraus. Die Bestellung bedürfe der Schriftform und müsse regelmäßig gesondert dokumentiert werden. Im Einzelfall könne sie bereits im schriftlichen Arbeitsvertrag erfolgen. Vorliegend habe der Arbeitgeber den Kläger bereits mit Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags wirksam zum Abfallbeauftragten bestellt, sodass der Sonderkündigungsschutz greife (BAG, 2 AZR 633/07).
Kündigungsrecht: Verstoß gegen betriebliches Rauchverbot kann zur Kündigung berechtigen
Verstößt ein Arbeitnehmer mehrfach gegen das betriebliche Rauchverbot, kann eine fristgerechte Kündigung wirksam sein.
Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln im Fall eines Arbeitnehmers, der in der Lebensmittelproduktion beschäftigt war. Im Lager galt zum Schutz der Lebensmittel und aus Brandschutzgründen ein Rauchverbot. Als der Arbeitnehmer vom Geschäftsführer rauchend dort angetroffen wurde, erhielt er eine Abmahnung. Weniger als drei Monate danach rauchte der Arbeitnehmer erneut im Lager. Daraufhin wurde ihm fristgerecht gekündigt. Zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat wurde jedoch vereinbart, dass wegen des Alters und der langen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers die Kündigung zurückgenommen werden sollte, wenn dieser innerhalb der Kündigungsfrist nicht mehr gegen die Betriebsordnung verstoße. Weil kein neuer Verstoß festgestellt wurde, wurde das Arbeitsverhältnis über den Kündigungstermin fortgesetzt. Wenige Monate später wurde der Arbeitnehmer jedoch wieder beim Rauchen im Lager erwischt. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin erneut fristgerecht. Die Kündigungsschutzklage gegen diese Kündigung blieb in allen Instanzen erfolglos (LAG Köln, 4 Sa 590/08).
Kündigungsrecht: Keine fristlose Kündigung wegen Mekka-Fahrt
Es besteht grundsätzlich ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung, wenn der Arbeitnehmer einen nicht genehmigten Urlaub gleichwohl eigenmächtig antritt. Im Einzelfall kann die Kündigung jedoch auch unwirksam sein.
Das zeigt eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln im Fall einer als Schulbusbegleiterin tätigen Frau. Diese wollte als gläubige und praktizierende Muslima an einer Pilgerreise nach Mekka teilnehmen. Obwohl der Arbeitgeber die Urlaubserteilung verweigerte, trat sie die Reise gleichwohl an. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin fristlos.
Das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam. Die erforderliche Interessenabwägung falle zugunsten der Arbeitnehmerin aus. Der Urlaub sei ihr versagt worden, weil dieser nur während der Schulferien genommen werden könne. Die „große Pilgerfahrt“, die zu den fünf Geboten für Moslems zähle, könne aber nur zu bestimmten Terminen angetreten werden. Ein solcher Termin falle erst in 13 Jahren in die Ferien. Dann wäre die Frau aber bereits 64 Jahre alt. Es sei ihr unzumutbar, solange zuzuwarten (ArbG Köln, 17 Ca 51/08).
Baurecht
Festpreisvereinbarung: Anspruch auf Preisanpassung ist regelmäßig ausgeschlossen
In der Vereinbarung eines Festpreises liegt eine stillschweigende Übernahme des Risikos von Leistungserschwerungen durch Erhöhung der Selbstkosten im Sinne einer Preisgarantie. Ein Anspruch des Auftragnehmers auf Anpassung des Vertrags ist daher regelmäßig ausgeschlossen.
Das musste sich ein Bauunternehmer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf sagen lassen. Er hatte für Stahlbeton- und Maurerarbeiten ein Festpreisangebot abgegeben. Als nach Vertragsschluss die Stahlpreise stark stiegen, verlangte er eine Vergütung der Mehrkosten.
Die Richter wiesen seine Klage jedoch ab. Der Bauunternehmer habe keinen Anspruch auf Vertragsanpassung. Durch sein Festpreisangebot habe er eine Preisgarantie abgegeben. Er müsse daher das Risiko für unerwartete Kostenerhöhungen selbst tragen. Dieses unternehmerische Risiko könne er nur durch eine andere Vertragsgestaltung vermeiden. Er hätte beispielsweise hinsichtlich des Stahlpreises einen Preisvorbehalt vereinbaren können (OLG Düsseldorf, 23 U 48/08).
Architektenvertrag: Festgelegter Kostenrahmen gilt als vereinbartes Kostenlimit
Gehen in einem Architektenvertrag sowohl der Architekt als auch der Bauherr gemeinsam von einer bestimmten Kostenbasis aus und machen diese unter der Überschrift „Kostenrahmen“ übereinstimmend zur Grundlage ihres Vertrags, handelt es sich nicht lediglich um eine Berechnungsgrundlage zur Honorarermittlung, sondern um die vertragliche Vereinbarung eines Kostenlimits.
Hierauf machte das Oberlandesgericht (OLG) Celle aufmerksam. Könne der Architekt das Bauvorhaben innerhalb des vereinbarten Kostenrahmens nicht realisieren, liege ein Mangel vor. Der Bauherr könne in einem solchen Fall das bereits gezahlte Honorar für die Leistungsphasen 1 bis 4 der HOAI zurückfordern. Er habe weiterhin einen Schadenersatzanspruch in Höhe seiner Aufwendungen für Statik und Baugenehmigung (OLG Celle, 14 U 115/08).
Immissionsschutzrechtliche Anlagen: Keine Anordnung regelmäßiger umfassender Eigenüberwachung durch externe private Sachverständige
Eine immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmung, die dem Anlagenbetreiber eine Eigenüberwachung mittels turnusmäßiger Überprüfung des laufenden Betriebs anhand sämtlicher rechtlicher Anforderungen durch einen externen privaten Sachverständigen auferlegt, ist rechtswidrig.
Mit dieser Entscheidung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) ein Urteil des Verwaltungsgerichts München bestätigt. Geklagt hatte die Betreiberin einer Asphaltmischanlage. Im Rahmen einer Änderungsgenehmigung gab die Landeshauptstadt München ihr in einer Nebenbestimmung auf, die Asphaltmischanlage in regelmäßigen Abständen durch einen externen privaten Gutachter vor Ort umfassend auf Übereinstimmung mit sämtlichen rechtlichen Vorgaben, nicht nur des Immissionsschutzrechts überwachen zu lassen.
Nach Auffassung des BayVGH war die Nebenbestimmung aufzuheben, da die Verpflichtung zu einer Eigenüberwachung durch externe Sachverständige einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfe, an der es jedoch fehle. Eine rechtliche Grundlage hierfür finde sich weder im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) noch in einer aufgrund des BImSchG erlassenen Verordnung. Vielmehr bestehe hinsichtlich der behördlichen Anordnungen zur betrieblichen Eigenüberwachung ein sehr ausdifferenziertes Regelungssystem, das den Schluss auf eine abschließende gesetzliche Regelung nahelege. Dadurch seien die zuständigen Landesbehörden gehindert, über die gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus weitergehende Anforderungen zur betrieblichen Eigenüberwachung im Wege von Einzelanordnungen festzusetzen, wie dies im zu entscheidenden Fall geschehen sei. Abgesehen davon bleibe es den Immissionsschutzbehörden grundsätzlich unbenommen, sich aus fiskalischem Interesse mit dem Ziel der Personaleinsparung für die Überwachungsform mit geringerer behördlicher Beteiligung (Anleitung zu betreibereigener Überwachung) zu entscheiden, die – im Gegensatz zur regelmäßigen umfassenden Eigenüberwachung durch externe private Sachverständige – auch im Gesetz vorgesehen sei (BayVGH, 22 BV 08.1164).
Familien- und Erbrecht
Neue Rechtsprechung: Zur Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalts
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich erstmals mit Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem zum 1.1.2008 geänderten Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt zu befassen.
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Die seit Januar 2000 verheirateten und seit September 2003 getrennt lebenden Parteien sind seit April 2006 rechtskräftig geschieden. Ihr im November 2001 geborener Sohn wird von der Klägerin betreut. Er besuchte seit 2005 eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung. Seit September 2007 geht er zur Schule und danach bis 16.00 Uhr in einen Hort. Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig. Das Amtsgericht hat den Beklagten für die Zeit ab Januar 2008 zur Zahlung nachehelichen Betreuungs- und Aufstockungsunterhalts in Höhe von monatlich 837 EUR verurteilt. Die Berufung des Beklagten, mit der er eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 416,32 EUR und eine zeitliche Befristung der Unterhaltszahlungen bis Juni 2009 begehrt, wurde zurückgewiesen.
Auf seine Revision hat der BGH die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dabei hatte der BGH über die in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Rechtsfragen zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen dem betreuenden Elternteil eines Kindes Betreuungsunterhalt zusteht und ob dieser Anspruch zeitlich befristet werden kann.
Nach § 1570 BGB in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
Mit der Einführung des „Basisunterhalts“ hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die Entscheidung überlassen, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will. Ein gleichwohl während der ersten drei Lebensjahre erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch. Der betreuende Elternteil kann deswegen in dieser Zeit auch eine schon bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er gleichwohl eigene Einkünfte, weil das Kind auf andere Weise betreut wird, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen allerdings nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen.
Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus Billigkeitsgründen zu (s. o.). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kind- und elternbezogenen Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich.
Im Rahmen der Billigkeitsprüfung haben kindbezogene Verlängerungsgründe das stärkste Gewicht. Vorrangig ist deswegen stets der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Betreuung des Kindes auf andere Weise gesichert ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung durch die Eltern gegenüber einer anderen kindgerechten Betreuung aufgegeben hat. Damit hat der Gesetzgeber auf den zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen aufgebaut, die den Eltern dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können, insbesondere auf den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tagespflege. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen.
Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen, sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar.
Wenn die Betreuung des Kindes sichergestellt oder auf andere Weise kindgerecht möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils allerdings auch andere Gründe entgegenstehen, insbesondere der Umstand, dass der ihm verbleibende Betreuungsanteil neben der Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. Hinzu kommen weitere Gründe nachehelicher Solidarität, etwa ein in der Ehe gewachsenes Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung.
Diesen gesetzlichen Vorgaben des neuen Unterhaltsrechts trug die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend Rechnung. Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung der Erwerbspflicht der Klägerin vorrangig auf das Alter des Kindes abgestellt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass es nach Beendigung der Schulzeit bis 16.00 Uhr einen Hort aufsucht und seine Betreuung in dieser Zeit auf andere Weise sichergestellt ist. Konkrete gesundheitliche Einschränkungen, die eine zusätzliche persönliche Betreuung in dieser Zeit erfordern, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Ferner hat das Berufungsgericht auch nicht ermittelt, ob die Klägerin als Lehrerin im Falle einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (26 Wochenstunden) über 16.00 Uhr hinaus arbeiten müsste. Die Billigkeitsabwägung, ob der Aspekt einer überobligationsmäßigen Beanspruchung durch Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung oder durch andere elternbezogene Gründe zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit führt, obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und kann vom Bundesgerichtshof nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Zwar mag die Entscheidung des Kammergerichts im Ergebnis gerechtfertigt sein. Da es indes an den erforderlichen Feststellungen und der entsprechenden Billigkeitsabwägung durch das Berufungsgericht fehlt, hat der BGH das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die vom Beklagten begehrte Befristung des Betreuungsunterhalts scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung eine Sonderregelung für diese Billigkeitsabwägung enthält und insoweit bereits alle Umstände des Einzelfalls abschließend zu berücksichtigen sind. Das schließt es aber nicht aus, die Höhe des Betreuungsunterhalts in Fällen, in denen keine ehe- oder erziehungsbedingten Nachteile mehr vorliegen, nach Ablauf einer Übergangszeit zu begrenzen. Im Einzelfall kann dann der von einem höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitete Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen auf einen Unterhaltsanspruch nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten herabgesetzt werden. Diese Voraussetzungen lagen hier indes nicht vor, weshalb der Senat die Entscheidung des Kammergerichts, den Unterhalt nicht zusätzlich zu begrenzen, gebilligt hat (BGH, XII ZR 74/08).
Volljährigenunterhalt: Orientierungsphase endet mit Ablehnungsbescheiden der ZVS
Die Orientierungsphase, die einem Unterhaltsberechtigten nach Abschluss der Schule zuzubilligen ist, ist bei einem Abiturienten spätestens mit den Ablehnungsbescheiden der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen beendet.
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg im Falle einer Abiturientin, die ihren Vater auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch nehmen wollte. Die Richter hielten ihre Klage jedoch größtenteils für unbegründet und wiesen daher ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Zwar sei dem Unterhaltsberechtigten nach Abschluss der Schule eine sogenannte Orientierungsphase zuzubilligen. Nachdem die Klägerin im Sommer 2008 ihr Abitur bestanden hatte, sei diese Orientierungsphase allerdings spätestens mit Ablauf des Monats Oktober 2008 abgeschlossen. Denn bereits mit den Ablehnungsbescheiden der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen vom14.8.2008 und 23.9.2008 sei das Auswahlverfahren beendet gewesen. Der zu gewährende Unterhalt umfasse daher keine weiteren Wartezeiten bis zur Erlangung eines Studienplatzes. Gleiches gelte für einen Ausbildungsplatz. Die Klägerin habe sich zwar umfassend beworben. Die Absagen im angestrebten tiermedizinischen Berufsfeld würden jedoch zeigen, dass sie gegenwärtig nicht mehr nachhaltig mit einer derartigen Berufsausbildung rechnen könne. Aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern und der Klägerin sei sie daher gehalten, ab November 2008 zumindest bis zur Berufsaufnahme eine Nebentätigkeit anzunehmen. Eine derartige Tätigkeit sahen die Richter im Verhältnis zum betriebenen Bewerbungsaufwand als bedarfsdeckend an, sodass kein Anspruch auf Unterhalt mehr bestehe (OLG Naumburg, 3 WF 294/08).
Erbrecht: Wenn der Erbe Schulden erbt
Tun sich nach Annahme der Erbschaft unerwartet Schulden des Erblassers auf, kann es dem Erben rasch an den eigenen Geldbeutel gehen. Auch wenn gegen den Erblasser bereits gerichtliche Zahlungstitel bestanden, kann der Erbe aber seine Haftung noch auf das Ererbte beschränken.
Das zeigt ein vom Landgericht (LG) Coburg entschiedener Fall, bei dem sich eine Erbin erfolgreich gegen die Zwangsvollstreckung in das schon vor dem Tod ihres Mannes ihr gehörende Vermögen wehrte. Noch zu Lebzeiten des Mannes hatte eine Firma gegen ihn einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Rund ein Jahr nach dem Tod wollte das Unternehmen aus diesem gerichtlichen Titel gegen die Erbin vollstrecken. Der Erbin drohte damit auch der Verlust eigener, nicht geerbter Vermögenswerte. Sie machte deshalb gegenüber der Firma die „beschränkte Erbenhaftung“ geltend und erhob Vollstreckungsgegenklage, als die weiter vollstreckte.
Mit Erfolg: Das LG erklärte die Zwangsvollstreckung in das nicht zum Nachlass des Ehemannes gehörende Vermögen der Erbin für unzulässig. Zwar könne ein Erbe diese Beschränkung seiner Haftung eigentlich nur geltend machen, wenn ihm dies in dem gerichtlichen Titel – hier dem Vollstreckungsbescheid – vorbehalten sei. Das gelte aber nur, wenn der Erbe die Möglichkeit hatte, den Vorbehalt in den Titel aufnehmen zu lassen. War der Vollstreckungstitel noch gegen den Erblasser selbst ergangen, könne der Erbe sein eigenes Vermögen daher auch nachträglich vor dem Zugriff der Gläubiger des Erblassers bewahren (LG Coburg, 11 O 380/08).
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)
Schönheitsreparaturklausel: Pflicht zum Außenanstrich von Türen und Fenstern ist unwirksam
Eine Klausel über die Vornahme von Schönheitsreparaturen ist insgesamt unwirksam, wenn sie die Verpflichtung enthält, auch den Außenanstrich von Türen und Fenstern vorzunehmen.
Das musste sich ein Vermieter vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen. Er hatte nach Beendigung des Mietverhältnisses von seinem ehemaligen Mieter unter anderem Schadenersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen in Höhe von 8.696,66 EUR gefordert. Dabei hatte er sich auf eine Klausel im Mietvertrag gestützt. Diese sah vor, dass der Mieter Schönheitsreparaturen einschließlich Streichen von Außenfenstern, Balkontür und Loggia zu tragen habe.
Diese Klausel erklärte der BGH jedoch für unwirksam. Darin liege eine unangemessene Benachteiligung des Mieters, weil diese Arbeiten nicht unter den Begriff der Schönheitsreparaturen fallen würden, der in der Zweiten Berechnungsverordnung definiert sei. Diese Bestimmung bilde den Maßstab dafür, welche Arbeiten dem Mieter in einer Formularklausel auferlegt werden dürfen. Danach gehöre zu den Schönheitsreparaturen nur das Streichen der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen, nicht aber der Außenanstrich von Türen und Fenstern. Ebenso wenig gehöre der Anstrich einer Loggia zu den Schönheitsreparaturen. Die Unwirksamkeit der Verpflichtung des Mieters zum Außenanstrich von Türen und Fenstern sowie zum Anstrich der Loggia führe zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel über die Vornahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter. Es könnten nicht nur einfach die unwirksamen Teile der Klausel gestrichen werden. Dies liefe der Sache nach auf eine – nach dem Gesetz unzulässige – geltungserhaltende Reduktion hinaus (BGH, VIII ZR 210/08).
Kündigungsrecht: Kündigung von Mietverhältnissen wegen Abbruch des sanierungsbedürftigen Gebäudes
Es besteht ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn er ein stark sanierungsbedürftiges Wohnhaus abreißen und einen Neubau errichten möchte.
Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Hauseigentümers. Dieser beabsichtigte, das 1914 errichtete, stark sanierungsbedürftige Gebäude abzureißen und ein größeres Gebäude mit sechs Eigentumswohnungen zu errichten. Als er die baurechtliche und denkmalschutzrechtliche Genehmigung für den Abriss sowie die Baugenehmigung für das geplante Vorhaben erhalten hatte, kündigte er sämtliche Mietverhältnisse fristgemäß. Die Mieter wiesen die Kündigung jedoch als unzulässig zurück und weigerten sich auszuziehen.
Der BGH entschied nun, dass der Hauseigentümer zur Kündigung der Mietverhältnisse berechtigt war. Die geplanten Baumaßnahmen würden eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks darstellen, weil sie von vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen getragen seien. Eine Sanierung würde Investitionen mit hohem Kostenaufwand in das vorhandene reparaturbedürftige Gebäude bei einer verhältnismäßig geringen Restnutzungsdauer erforderlich machen. Durch den bereits genehmigten Neubau werde zudem in erheblichem Umfang zusätzlicher Wohnraum geschaffen. Zudem würden dem Hauseigentümer durch die Fortsetzung der Mietverhältnisse erhebliche Nachteile entstehen. Bei der Beurteilung sei eine Abwägung der Bestandsinteressen der Mieter und des Verwertungsinteresses des Hauseigentümers unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Müsste der Hauseigentümer die Mietverhältnisse fortsetzen, hätte er nur die Möglichkeit einer Minimalsanierung. Dabei würde der Gebäudezustand entweder eine umfassende Sanierung oder einen Abriss mit anschließendem Neubau gebieten. Nach den Feststellungen des Gerichts sei zudem die Durchführung der dringendsten Maßnahmen mit erheblichen Kosten verbunden, ohne dass sich eine Verlängerung der Nutzungsdauer des Gebäudes erzielen ließe. Angesichts dieser wirtschaftlichen Risiken könne dem Eigentümer nicht das Interesse abgesprochen werden, eine dauerhafte Erneuerung alsbald und nicht erst bei vollständigem Verbrauch der Bausubstanz durchzuführen (BGH, VIII ZR 7/08, VIII ZR 8/08, VIII ZR 9/08).
Behördliche Anordnung: Mieter muss bauliche Maßnahme in seiner Wohnung dulden
Muss der Vermieter aufgrund einer behördlichen Anordnung oder rechtlichen Verpflichtung bauliche Maßnahmen in der Wohnung durchführen, ist der Mieter verpflichtet, diese zu dulden.
Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) und wies damit einen Mieter in seine Schranken. Dieser hatte den Einbau einer neuen Heizungsanlage verweigert. Dieser war dem Vermieter unter Bußgeldandrohung durch das Umweltamt aufgegeben worden, da die alten Gaseinzelöfen in den Wohnungen nicht die Abgasgrenzwerte einhielten. Die Richter erläuterten ihre Entscheidung dahingehend, dass bauliche Maßnahmen aufgrund einer behördlichen Anordnung nicht unter die Maßnahmen fallen würden, für die das Gesetz bestimmte formelle Anforderungen an die Mitteilungspflichten vorsehe. Vielmehr würden sich die Anforderungen an die Ankündigung hier nach den konkreten Umständen unter Berücksichtigung der Dringlichkeit und des Umfangs der Maßnahme richten. Insbesondere sei der Mieter verpflichtet, an einer zeitnahen Terminsabstimmung mitzuwirken (BGH, VIII ZR 110/08).
Mieterhöhungsverlangen: Mietspiegel muss nicht in jedem Fall beigefügt werden
Für ein ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen ist es nicht erforderlich, den Mietspiegel beizufügen, wenn dieser im Kundencenter des Vermieters eingesehen werden kann.
Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) Im Fall einer Vermietungsgesellschaft hin. Diese hatte von einem Mieter die Zustimmung zur Erhöhung der Grundmiete gefordert. Zur Begründung berief sie sich unter Erläuterung der begehrten Mieterhöhung auf den Mietpreisspiegel der betreffenden Stadt. Sie wies darauf hin, dass der Mietspiegel unter anderem beim Mieterschutzverein erhältlich sei und in ihrem Kundencenter eingesehen werden könne. Der Mieter stimmte der Mieterhöhung nicht zu, weil der Mietspiegel nicht beigefügt gewesen sei.
Die Richter wiesen darauf hin, dass die Beifügung des Mietspiegels zur ordnungsgemäßen Begründung des Mieterhöhungsverlangens nicht erforderlich sei, wenn dieser allgemein zugänglich sei. In einem solchen Fall sei es dem Mieter zumutbar, zur Prüfung der Angaben des Vermieters auf den ohne Weiteres zugänglichen Mietspiegel zuzugreifen. Nichts anderes gelte, wenn die Einsichtnahme in den Mietspiegel wie im hier zu entscheidenden Fall im Kundencenter des Vermieters gewährleistet sei. Der Mietspiegel habe auch nicht etwa beigefügt werden müssen, um eine rechtliche Beratung des Mieters – z.B. durch einen Rechtsanwalt – zu ermöglichen. Dessen Kenntnis von dem Inhalt des Mietspiegels könne vorausgesetzt werden (BGH, VIII ZR 74/08).
Verbraucherrecht
Onlineauktion: Haftung des Inhabers eines eBayAccounts
Hat der Inhaber eines Mitgliedskontos (Accounts) bei der Internet-Auktionsplattform eBay seine Zugangsdaten nicht vor dem Zugriff Dritter gesichert, muss er dafür haften, wenn andere Personen unter Nutzung seines Accounts Waren anbieten und dabei Rechte Dritter verletzen.
Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mannes, der bei eBay ein Mitgliedskonto unterhielt. 2003 wurde unter seinem Mitgliedsnamen unter der Überschrift „SSSuper ... Tolle ... Halzband (Cartier Art)" ein Halsband zum Mindestgebot von 30 EUR angeboten. In der Beschreibung des angebotenen Artikels hieß es unter anderem: "... Halzband, Art Cartier ... Mit kl. Pantere, tupische simwol fon Cartier Haus ...“. Die Klägerinnen haben hierin eine Verletzung ihrer Marke „Cartier“, eine Urheberrechtsverletzung sowie einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gesehen und den Mann auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch genommen. Der Mann hat die Auffassung vertreten, er sei für das beanstandete Angebot nicht verantwortlich. Seine aus Lettland stammende Ehefrau habe sein Mitgliedskonto bei eBay ohne sein Wissen zum Verkauf persönlicher Gegenstände benutzt. Dabei habe sie das Schmuckstück versteigert.
Der BGH stellte klar, dass der Mann mangels Vorsatzes zwar nicht für die möglicherweise von seiner Ehefrau begangenen Rechtsverletzungen als Mittäter oder Teilnehmer hafte. Es komme jedoch eine Haftung als Täter einer Schutzrechtsverletzung sowie eines Wettbewerbsverstoßes in Betracht. Er habe nicht hinreichend dafür gesorgt, dass seine Ehefrau keinen Zugriff auf die Kontrolldaten des Mitgliedskontos erlange. Benutze ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskontos gelangt sei, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert habe, müsse der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, wie wenn er selbst gehandelt hätte. Der selbstständige Zurechnungsgrund für diese Haftung bestehe in der von dem Inhaber des Mitgliedskontos geschaffenen Gefahr einer Unklarheit darüber, wer unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt habe und im Falle einer Vertrags- oder Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden könne (BGH, I ZR 114/06).
Reiserecht: Abkürzung der Verjährungsfrist in Allgemeinen Reisebedingungen
Ein Reiseveranstalter kann sich nur auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, wenn er sie dem Reisenden vor Vertragsschluss in zumutbarer Weise zur Kenntnis gegeben hat.
Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Reiseveranstalters. Buche der Reisende seine Reise in einem Reisebüro, werde ihm diese Möglichkeit nur verschafft, wenn ihm der Reiseveranstalter die Reisebedingungen noch vor Vertragsschluss vollständig übermittelt. Die Richter wiesen zudem darauf hin, das in einem zweiten Schritt zudem die inhaltliche Wirksamkeit der betreffenden Klausel der Allgemeinen Reisebedingungen zu prüfen sei. Solle mit ihr die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche des Reisenden wegen eines Mangels der Reise abgekürzt werden, sei sie wegen Verstoßes gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB insgesamt unwirksam, wenn die in diesen Klauselverboten bezeichneten Schadenersatzansprüche nicht von der Abkürzung der Verjährungsfrist ausgenommen würden (BGH, Xa ZR 141/07).
Hauskauf: Aufklärungspflicht des Verkäufers bei Asbest
Sind in einem Gebäude die Gesundheit gefährdende Asbestzementplatten verbaut, muss der Verkäufer beim Verkauf des Hauses darauf hinweisen. Unterlässt er die Aufklärung, kann er sich gegenüber dem Käufer schadenersatzpflichtig machen.
Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Hauseigentümers. Dieser hatte sein Hausgrundstück unter Ausschluss der „Gewähr für Fehler und Mängel“ verkauft. Das Wohngebäude war im Jahre 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. In der Außenfassade waren Asbestzementtafeln verarbeitet worden. Über diesen Umstand klärte der Verkäufer den Käufer nicht auf, obwohl zuvor bereits ein anderer Kaufinteressent wegen der Asbestverkleidung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Der Käufer verlangte Schadenersatz in Höhe der Kosten für die Asbestsanierung. Land- und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht meinte, eine im Jahr 1980 mit Asbestzementplatten errichtete Hausfassade stelle keinen Mangel dar, der Gegenstand einer Offenbarungspflicht habe sein können. Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss seien ausgeschlossen.
Das sah der BGH jedoch anders. Er hat das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung und Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Nach Ansicht der BGH-Richter können Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, einen offenbarungspflichtigen Sachmangel begründen. Das sei jedenfalls anzunehmen, wenn Baumaterialien Stoffe enthalten, die schon in geringen Dosen krebserzeugend wirken, und die ernsthafte Gefahr besteht, dass diese Stoffe bei üblicher Nutzung, Umgestaltung oder Renovierung des Kaufobjekts austreten. Insbesondere liege eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit eines Wohngebäudes vor, wenn übliche Umgestaltungs-, Renovierungs- und Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorgenommen werden könnten. Das gelte jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des Fachhandwerks vorgenommen würden. Das Oberlandesgericht muss nun klären, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind (BGH, V ZR 30/08).
Haftungsrecht: Betreiber eines Fitnessstudios muss Trainingsgeräte regelmäßig kontrollieren
Wer sich zum Training in ein professionelles Fitnessstudio begibt, darf sich darauf verlassen, dass die Trainingsgeräte in einem ordnungsgemäßen Zustand sind. Den Studiobetreiber treffen daher hohe Kontrollanforderungen. Wird er diesen nicht gerecht, so haftet er seinen Kunden für Schäden.
Das verdeutlicht eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Coburg, mit der der Betreiber eines Sportstudios zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld an einen seiner Kunden verurteilt wurde. Der war erheblich verletzt worden, als ein Stahlseil an einem Rückenzuggerät riss und er von einer Metallstange am Kopf getroffen wurde. Dabei erlitt er eine klaffende Kopfplatzwunde und eine Schädelprellung, die Hörfähigkeit ist auf Dauer eingeschränkt und er leidet unter Tinnitus und Schwindel.
Das LG sprach ihm Schmerzensgeld und Schadenersatz zu. Den Studiobetreiber würden wegen des Verletzungsrisikos seiner Kunden hohe Sorgfaltsanforderungen treffen. Von ihm könne verlangt werden, dass er mit geschultem Blick in kurzen Intervallen seine Sportgeräte einer fachkundigen Überprüfung unterziehe. Verfüge er nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse, könne er sich dazu fachkundiger Hilfe bedienen. An dem Stahlseil hätte er rechtzeitig mit bloßem Auge braunen Rost und den Bruch einzelner Drähte erkennen können und das Seil auswechseln müssen. Für die erlittenen Schmerzen muss er dem Kunden nun ein Schmerzensgeld von 4000 EUR zahlen. Außerdem muss er ihm auch die künftigen Schäden ersetzen (LG Coburg, 23 O 249/06).
Verkehrsrecht
Unfallschadensregulierung: Sachverständiger muss keine Internetangebote berücksichtigen
Der vom Geschädigten mit der Schadensschätzung beauftragte Sachverständige hat bei der Ermittlung des Fahrzeugrestwerts grundsätzlich nur solche Angebote einzubeziehen, die auch sein Auftraggeber berücksichtigen müsste.
So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Autofahrers, der einen unverschuldeten Unfall erlitten hatte. Er ließ durch einen Kfz-Sachverständigen ein Gutachten anfertigen. Dieses wies auf der Basis zweier Angebote von örtlichen Restwertaufkäufern und eines in der Region tätigen Autohändlers einen Restwert des unfallbeschädigten Pkw von 3.500 EUR aus. Online-Restwertbörsen blieben ungenutzt. Für 3.500 EUR wurde der Pkw auf dem regionalen Markt verkauft. Der Gutachter der gegnerischen Haftpflichtversicherung schätzte den Restwert dagegen auf mindestens 9.000 EUR. Daraufhin verlangte diese von dem Autofahrer Ersatz des Differenzbetrags zuzüglich der Kosten für das eigene Gutachten. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Die Revision blieb erfolglos.
Auch nach Ansicht des BGH ist die Versicherung zwar in den Schutzbereich des Gutachtenvertrags einbezogen. Sie könne Schadenersatz verlangen, wenn der Gutachter eine vertragliche Pflicht verletzt habe, die auch zu ihren Gunsten als Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer besteht. Eine solche Pflichtverletzung hat der BGH indessen verneint. Der Sachverständige hätte seinem Auftrag entsprechend denjenigen Restwert zu ermitteln gehabt, der auf dem regional zugänglichen allgemeinen Markt zu erzielen gewesen sei. Zu weiteren Erhebungen und Berechnungen sei er nicht verpflichtet gewesen. Der Gutachtenumfang werde durch den Inhalt des Auftrags und nicht durch das Interesse des Versicherers an einer möglichst geringen Belastung bestimmt. Da der Geschädigte nach ständiger Rechtsprechung Internetangebote nicht berücksichtigen müsse, seien sie vom Gutachter auch nicht einzubeziehen (BGH, VI ZR 205/08).
Drogenfahrt: Fahrlässigkeit kann bei längerer Zeitspanne zwischen Drogenkonsum und Fahrtantritt fehlen
An der Erkennbarkeit der fortdauernden Wirkung von Cannabis kann es bei einer Ordnungswidrigkeit nach dem Straßenverkehrsgesetz fehlen, wenn zwischen Rauschmittelkonsum und Fahrtantritt eine größere Zeitspanne liegt.
Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle kam einem Autofahrer zugute, der am 10.5. gegen 19 Uhr Cannabis konsumierte. Am 11.5. befuhr er um 17.50 Uhr öffentliche Straßen. Die Untersuchung einer um 18.25 Uhr entnommenen Blutprobe ergab einen Tetrahydrocannabinol-Gehalt von 2,7 ng/ml. Deswegen wurde er vor dem Amtsgericht wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen das Straßenverkehrsgesetz verurteilt.
Seine Rechtsbeschwerde hatte jedoch Erfolg. Das OLG hielt die Ausführungen des Amtsgerichts zur Fahrlässigkeit für nicht ausreichend. Nach allgemeiner Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung genüge nicht etwa das bloße Wissen um den Cannabis-Konsum. Fahrlässigkeit sei vielmehr nur ohne Weiteres anzunehmen, wenn der Betroffene sich in zeitlicher Nähe zum Cannabiskonsum an das Steuer eines Kfz setze. Grundsätzlich sei es nämlich nicht erforderlich, dass er sich einen spürbaren oder messbaren Wirkstoffeffekt vorgestellt habe, zumal die Unberechenbarkeit von Rauschdrogen nicht außer Betracht bleiben könne. An der Erkennbarkeit der fortwährenden Wirkung des Rauschmittels zum Tatzeitpunkt könne es aber ausnahmsweise fehlen, wenn zwischen Drogenkonsum und Fahrt eine größere Zeitspanne liege. Das sei auch bei einer Zeitspanne von knapp 23 Stunden zwischen Drogenkonsum und Fahrt der Fall. Dann müsse das Gericht nähere Ausführungen machen, aufgrund welcher Umstände sich der Betroffene hätte bewusst machen können, dass der Cannabiskonsum noch Auswirkungen haben könnte (OLG Celle, 322 SsBs 247/08).
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Kein „Unfall im Straßenverkehr“ bei Ladetätigkeit
Es liegt kein Verkehrsunfall im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB (Fahrerflucht) vor, wenn im stehenden Verkehr beim (noch nicht beendeten) Be- oder Entladen ein Gegenstand von einem Lkw auf einen danebenstehenden Pkw fällt, da sich in diesem Geschehen in keiner Weise irgendein typisches Unfallrisiko gerade des Straßenverkehrs verwirklicht hat.
So entschied das Amtsgericht (AG) Berlin-Tiergarten im Fall eines Mannes, der auf einem öffentlichen Parkplatz einen Transporter mit Sichtschutzzaunelementen beladen hatte. Dabei kam es zur Beschädigung eines geparkten Pkw, an dem ein Schaden von ca. 1.100 EUR entstand. Der Mann entfernte sich, ohne die Feststellung seiner Personalien zu ermöglichen. Die Staatsanwaltschaft hat den Erlass eines Strafbefehls wegen Verstoßes gegen § 142 StGB beantragt.
Das AG hat diesen Antrag zurückgewiesen. Es liege kein Unfall im Sinne der Strafvorschrift vor. Zwar könnten auch Schadensereignisse im ruhenden Verkehr Verkehrsunfälle sein, wenn sie verkehrsbezogene Ursachen hätten. Hier sei das Schadensereignis aber nicht durch die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verursacht worden. Zwar sei in der Rechtsprechung das Hinunterklappen der Bordwand eines parkenden Lkw, durch das ein parkendes Fahrzeug beschädigt wurde, als „Verkehrsunfall“ angesehen worden. Auch liege ein Verkehrsunfall vor, wenn ein Teil der Ladung von einem Lkw stürze und dadurch ein parkendes Fahrzeug beschädigt werde. Das gelte unabhängig davon, ob sich der Lkw im Betrieb befunden oder seinerseits geparkt gewesen sei. Hier sei jedoch der Schaden nicht durch ein Fahrzeugteil oder die Ladung als solche, sondern durch fehlerhaftes Beladen entstanden. Der Schadenseintritt sei auch nicht im ruhenden, sondern im stehenden Verkehr erfolgt.
Hinweis: Das AG entfernt sich mit dieser Entscheidung weit von der obergerichtlichen Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof (BGH) fordert für die Annahme eines Unfalls i.S. des § 142 StGB nur, dass der Schadenseintritt in ursächlichem und unmittelbarem Zusammenhang mit den spezifischen Gefahren des Straßenverkehrs steht. Die Unterscheidung, ob es sich um ruhenden/stehenden oder fahrenden Verkehr handelt, macht der BGH nicht. Ihm geht es nur darum, die auf deliktisches Handeln zurückzuführenden Schadensereignisse aus dem Anwendungsbereich des § 142 StGB auszuschließen. Danach hätte hier aber ein „Unfall“ angenommen werden müssen. Denn in dem schädigenden Ereignis hat sich eine typische Gefahr des Straßenverkehrs verwirklicht. Zum Straßenverkehr zählt nämlich auch noch das Beladen eines Fahrzeugs (AG Berlin-Tiergarten, 290 Cs 3032 PLs 5850/08).
Absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger: Verstoß setzt Mindestkonzentration voraus
Grundsätzlich ist von einer Wirkung genossener alkoholischer Getränke im Sinne des § 24c Abs. 1 StVG (Alkoholverbot für Fahranfänger) noch nicht auszugehen, wenn bloß Alkohol im Blut nachgewiesen wird, sondern erst ab einer gewissen Mindestkonzentration.
Mit dieser Begründung sprach das Amtsgericht (AG) Herne einen Fahranfänger frei. Von einer „Wirkung alkoholischer Getränke“ im Sinne des Gesetzes sei nicht schon auszugehen, wenn überhaupt Alkohol im Blut nachgewiesen werde. Vielmehr gelte dies erst ab einer gewissen Mindestkonzentration. Diese sei bei dem Fahranfänger nach den Feststellungen aber nicht erreicht gewesen.
Hinweis: Erforderlich ist die Wirkstoffkonzentration des Alkohols in einer Höhe, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit als möglich erscheinen lässt. Davon wird erst ab einem Wert von 0,2 Promille Alkohol im Blut oder 0,1 mg/l Alkohol in der Atemluft ausgegangen (AG Herne, 15 OWi 60 Js 584/08 5/08).
Steuerrecht
Entfernungspauschale: Rechtslage 2006 wird per Gesetz fortgeführt
Ende letzten Jahres hat das Bundesverfassungsgericht die Kürzung der Pendlerpauschale ab dem 1.1.2007 als verfassungswidrig verworfen. Daraufhin erließen die Finanzämter geänderte Steuerbescheide und gewährten wieder 0,30 EUR vom ersten Entfernungskilometer an, aber nur unter Vorbehalt. Mit dem „Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale“ wird die alte Rechtslage wieder in geltendes Recht überführt. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 3.4.2009 zugestimmt.
Hinweis: Durch die „Reaktivierung“ der alten Rechtslage sind nicht nur die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab dem 1. Kilometer abzugsfähig. Zwei weitere Vorteile sind zu beachten:
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Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind abziehbar, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.
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Als außergewöhnliche Aufwendungen sind Unfallkosten nicht durch die Pendlerpauschale abgegolten (Entwurf eines Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale).
Handwerkerrechnungen: Steuerermäßigung auch bei Wohnungswechsel
Für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gewährt der Fiskus eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 % der Arbeitskosten, maximal aber 1.200 EUR im Jahr. Die Steuerermäßigung setzt u.a. voraus, dass die Leistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht worden ist.
Verlegt ein Steuerzahler seinen Haushalt in eine andere Wohnung, kann er die Aufwendungen für Renovierungsarbeiten in der alten und neuen Wohnung steuermindernd geltend machen. Voraussetzung ist, dass die Maßnahmen in beiden Wohnungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang zum Umzug stehen. Für die Frage, ab wann bzw. bis wann es sich um einen Haushalt des Steuerpflichtigen handelt, ist
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bei einem Mietverhältnis der im Mietvertrag vereinbarte Beginn des Mietverhältnisses oder bei Beendigung das Ende der Kündigungsfrist und
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bei einem Kauf/Verkauf der Übergang von Nutzen und Lasten (wirtschaftliches Eigentum) entscheidend.
Hinweis: Ein früherer oder späterer Zeitpunkt kann nachgewiesen werden (z.B. Meldebestätigung der Gemeinde, Bestätigung des Vermieters). In Zweifelsfällen kann auch auf ein Übergabe- bzw. Übernahmeprotokoll abgestellt werden (OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer 3/2009).
Steuererklärung 2008: Im Januar 2009 gezahlte Depotgebühren ansetzen
Für Depotgebühren und andere im Zusammenhang mit der Konto- und Depotführung regelmäßig wiederkehrende Leistungen gilt der Zehn-Tages-Zeitraum. Dieser besagt, dass regelmäßig wiederkehrende Zahlungen, die 10 Tage nach dem Ende des Kalenderjahres abfließen, in dem Jahr zu berücksichtigen sind, für das sie geleistet wurden.
Da Werbungskosten durch die Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden können, ist es nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums sachgerecht, den Zehn-Tages-Zeitraum bis zum 31.1.2009 zu verlängern. Somit können derartige Aufwendungen noch dem Veranlagungszeitraum 2008 zugeordnet werden.
Hinweis: Soweit die tatsächlichen Werbungskosten allerdings nicht höher sind als der Werbungskosten-Pauschbetrag, ist dieser von den Einnahmen abzuziehen. Er beträgt 51 EUR. In Fällen der Zusammenveranlagung von Ehegatten werden 102 EUR gewährt (BMF-Schreiben, IV C 1 – S 2000/07/00009).
Zuzahlungen zum Firmen-Pkw: Zwei Nichtanwendungserlasse im Fokus
Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug auch zur privaten Nutzung, liegt ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil vor. Dieser Vorteil kann alternativ nach der pauschalen Ein-Prozent-Regel oder nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt werden.
Sofern der Arbeitnehmer Zuzahlungen leistet, stellt sich die Frage, wie diese steuerlich zu behandeln sind. Im Oktober 2007 urteilte der Bundesfinanzhof in zwei Fällen, in denen es um Zuzahlungen des Arbeitnehmers zum Kaufpreis und zu den laufenden Kosten des überlassenen Firmenwagens ging. Das Bundesfinanzministerium wendet diese Urteile über den Einzelfall hinaus jedoch nicht an. Die Auffassungen des Bundesfinanzhofs und der Finanzverwaltung werden im Folgenden vorgestellt.
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Ermittelt der Steuerpflichtige den geldwerten Vorteil über die Fahrtenbuchmethode, müssen die Gesamtkosten für das Fahrzeug nach Auffassung des Bundesfinanzhofs auch die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Aufwendungen enthalten. Diese führen dann zu Werbungskosten. Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums ist der Arbeitnehmer jedoch in Höhe der selbst getragenen Aufwendungen nicht bereichert, sodass bei der Fahrtenbuchmethode keine von ihm selbst getragenen Aufwendungen in die Gesamtkosten einfließen. Sie erhöhen daher den geldwerten Vorteil genauso wenig wie bei der Ein-Prozent-Regel und stellen auch kein Nutzungsentgelt dar.
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In einem weiteren Urteil sah der Bundesfinanzhof Zuzahlungen zum Pkw-Kaufpreis durch den Arbeitnehmer auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit an, wenn der Nutzungsvorteil nach der Ein-Prozent-Regelung besteuert wird. Die Aufwendungen sind wie Anschaffungskosten für das Nutzungsrecht zu behandeln. Damit kann hierauf die lineare Abschreibung wie für ein materielles Wirtschaftsgut vorgenommen werden. Diese Auffassung teilt die Finanzverwaltung ebenfalls nicht und sieht in Höhe der Zuzahlungen des Arbeitnehmers anstatt Werbungskosten eine Minderung des geldwerten Vorteils. Der Arbeitnehmer soll insoweit nicht bereichert sein. Dafür können die Zuzahlungen zum Kaufpreis des Firmenwagens entgegen den Lohnsteuerrichtlinien nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den Folgejahren auf den geldwerten Vorteil angerechnet werden. Diese Änderung gilt im Vorgriff auf eine entsprechende Richtlinienänderung in allen offenen Fällen.
(BMF-Schreiben, IV C 5 – S 2334/08/10003, DOK 2009/0046712 und IV C 5 – S 2334/08/10003, DOK 2009/0046728; BFH, VI R 57/06 und VI R 59/06).
Werbungskosten: Keine 30km Grenze bei Einsatzwechseltätigkeit
Ein Arbeitnehmer kann die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten (Einsatzwechseltätigkeit) unabhängig von der Entfernung entweder in tatsächlicher Höhe oder mit 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer als Werbungskosten berücksichtigen.
Mit dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof die 30-km-Grenze bei Einsatzwechseltätigkeit auch für die Veranlagungszeiträume 2007 und früher aufgehoben. Demnach kann z.B. ein Bauarbeiter, der ständig zu anderen Einsatzstellen fährt, auch bei einer Entfernung von weniger als 30 km die tatsächlichen Kosten ansetzen und nicht wie bisher nur die Entfernungspauschale, die lediglich den einfachen Weg berücksichtigt.
Hinweis: Aufgrund mehrerer BFH-Urteile wurde das Reisekostenrecht durch die Finanzverwaltung ab 2008 neu geregelt. Im Zuge der Neuregelung wurde auch die 30-km-Grenze bei der Einsatzwechseltätigkeit aufgehoben. Für Veranlagungszeiträume vor 2008 hielt die Finanzverwaltung allerdings noch an der 30-km-Grenze fest, was der Bundesfinanzhof nunmehr ablehnte (BFH, VI R 39/07).
Ehrenamtspauschale: Anwendungsschreiben und neue Übergangsfrist
Das Bundesfinanzministerium hat ein Schreiben zur Anwendung der 2007 eingeführten steuerfreien Ehrenamtspauschale veröffentlicht. Danach ist die Steuerbefreiung von 500 EUR im Gegensatz zum Übungsleiterfreibetrag nicht auf bestimmte nebenberufliche Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich beschränkt. Begünstigt sind z.B. die Tätigkeiten von Vorstandsmitgliedern, von Kassierern, Bürokräften, des Reinigungspersonals, des Aufsichtspersonals, der Betreuer oder Platzwarte. Die Tätigkeit von Amateursportlern ist nicht begünstigt.
Der Freibetrag wird nur gewährt, wenn die Tätigkeit im Dienst oder im Auftrag einer der im Einkommensteuergesetz genannten Personen erfolgt. Auftraggeber kann danach eine gemeinnützige Körperschaft oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein. Eine Tätigkeit im Dienst oder Auftrag einer steuerbegünstigten Körperschaft muss für deren ideellen Bereich einschließlich ihrer Zweckbetriebe ausgeübt werden und der Erfüllung des Satzungszwecks zumindest mittelbar zugute kommen.
Eine Tätigkeit wird nebenberuflich ausgeübt, wenn sie – bezogen auf das Kalenderjahr – nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nimmt. Es können deshalb auch solche Personen nebenberuflich tätig sein, die im steuerrechtlichen Sinne keinen Hauptberuf ausüben, z.B. Hausfrauen, Vermieter, Studenten, Rentner oder Arbeitslose.
Der Freibetrag ist ein Jahresbetrag. Dieser wird auch dann nur einmal gewährt, wenn mehrere begünstigte Tätigkeiten ausgeübt werden. Er ist nicht zeitanteilig aufzuteilen, wenn die begünstigte Tätigkeit lediglich wenige Monate ausgeübt wird.
Die Steuerbefreiung ist bei Ehegatten personenbezogen vorzunehmen. Auch bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten kann der Freibetrag demnach von jedem Ehegatten bis zur Höhe der Einnahmen, höchstens 500 EUR, die er für eine eigene begünstigte Tätigkeit erhält, in Anspruch genommen werden. Eine Übertragung des nicht ausgeschöpften Teils des Freibetrags eines Ehegatten auf höhere Einnahmen des anderen Ehegatten aus der begünstigten nebenberuflichen Tätigkeit ist nicht zulässig.
Hinweis: Wenn die Vereinssatzung aber eine ehrenamtliche oder unentgeltliche Tätigkeit des Vorstands vorschreibt, droht bei Zahlung der Ehrenamtspauschale der Entzug der Gemeinnützigkeit. Obwohl die gemeinnützige Körperschaft in diesen Fällen gegen das Gebot der Mittelverwendung für steuerbegünstigte satzungsmäßige Zwecke verstößt, sind Vergütungen an Vorstandsmitglieder bis jährlich 500 EUR jedoch unschädlich, wenn die Mitgliederversammlung bis zum 30.6.2009 eine Satzungsänderung beschließt, die eine Bezahlung der Vorstandsmitglieder zulässt und die Zahlungen nicht unangemessen hoch gewesen sind. Ursprünglich war als Stichtag der 31.3.2009 vorgesehen, der durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 9.3.2009 um drei Monate verlängert worden ist (BMF-Schreiben, IV C 4 – S 2121/07/0010 sowie BMF-Schreiben, IV C 4 – S 2121/07/0010 DOK 2009/0149389).
Wirtschaftsrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Bundestag verabschiedet neues Bilanzrecht
Der Bundestag hat das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) verabschiedet. Das Gesetz soll die Wirtschaft finanziell in erheblichem Umfang entlasten und das Bilanzrecht des Handelsgesetzbuchs für den Wettbewerb mit internationalen Rechnungslegungsstandards stärken. Das bewährte, kostengünstige und einfache HGB-Bilanzrecht wird im Kern beibehalten. Der handelsrechtliche Jahresabschluss bleibt die Grundlage der Gewinnausschüttung und der steuerlichen Gewinnermittlung.
Die wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfs im Einzelnen:
1. Deregulierung
Die Neuregelung entlastet die Unternehmen von vermeidbarem Bilanzierungsaufwand. Mittelständische Einzelkaufleute, die nur
einen kleinen Geschäftsbetrieb unterhalten, werden von der handelsrechtlichen Buchführungs-, Inventur- und Bilanzierungspflicht
befreit. Für Kapitalgesellschaften wie AG und GmbH werden ebenfalls Befreiungen und Erleichterungen bei der Bilanzierung vorgesehen.
Insgesamt ist aufgrund dieser Maßnahmen mit einer Senkung der Bilanzierungskosten in Höhe von 1,3 Mrd. EUR zu rechnen. Laut
Jahresbericht der Bundesregierung 2008 zum Bürokratieabbau ergibt sich unter Berücksichtigung auch der Buchführungs- und Inventurerleichterungen
nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamts insgesamt sogar ein Einsparpotenzial von etwa 2,5 Mrd. EUR pro Jahr.
Konkret geht es um folgende Maßnahmen:
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Einzelkaufleute, die bestimmte Schwellenwerte (500.000 EUR Umsatz und 50.000 EUR Gewinn pro Geschäftsjahr) nicht überschreiten, werden von der Verpflichtung zur Buchführung, Inventur und Bilanzierung nach den handelsrechtlichen Vorschriften befreit.
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Die Größenklassen, die darüber entscheiden, welche Informationspflichten ein Unternehmen treffen, werden angehoben: Die Schwellenwerte für Bilanzsumme und Umsatzerlöse in § 267 HGB werden um 20 Prozent erhöht. So kommen mehr Unternehmen als bisher in den Genuss der Erleichterungen, die für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften gelten. Der Aufwand bei der handelsrechtlichen Rechnungslegung wird verringert. Abhängig davon, ob eine Kapitalgesellschaft als klein, mittelgroß und groß einzustufen ist, muss sie mehr oder weniger weitreichende Informationspflichten erfüllen. Kleine Kapitalgesellschaften brauchen z.B. ihren Jahresabschluss nicht von einem Abschlussprüfer prüfen zu lassen und müssen nur die Bilanz, nicht aber die Gewinn- und Verlustrechnung offenlegen. Mittelgroße Kapitalgesellschaften können auf eine Reihe von Angaben verzichten, die große Kapitalgesellschaften machen müssen, und dürfen Bilanzpositionen zusammenfassen.
Als klein gelten künftig solche Kapitalgesellschaften, die nicht mehr als rd. 4,8 EUR Bilanzsumme (bisher rd. 4 Mio. EUR), rd. 9,8 Mio. EUR Umsatzerlöse (bisher rd. 8 Mio. EUR), bzw. 50 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt aufweisen. Von den Kriterien muss eine Kapitalgesellschaft mindestens zwei erfüllen, um als klein klassifiziert zu werden. Als mittelgroß gelten künftig solche Kapitalgesellschaften, die nicht mehr als rd. 19,2 Mio. EUR Bilanzsumme (bisher rd. 16 Mio. EUR), rd. 38,5 Mio. EUR Umsatzerlöse (bisher rd. 32 Mio. EUR), bzw. 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt aufweisen.
2. Verbesserung der Aussagekraft der HGB-Abschlüsse
Das modernisierte HGB-Bilanzrecht ist auch eine Antwort auf die International Financial Accounting Standards (IFRS), die vom
International Accounting Standards Board (IASB) herausgegeben werden. Die IFRS sind auf kapitalmarktorientierte Unternehmen
zugeschnitten. Sie dienen dem Informationsbedürfnis von Finanzanalysten, berufsmäßigen Investoren und anderen Kapitalmarktteilnehmern.
Die weit überwiegende Anzahl der rechnungslegungspflichtigen deutschen Unternehmen nimmt den Kapitalmarkt aber gar nicht in Anspruch. Es ist deshalb nicht zu rechtfertigen, alle rechnungslegungspflichtigen Unternehmen auf die kostenintensiven und hochkomplexen IFRS zu verpflichten. Auch der vom IASB beratene Entwurf eines Standards „IFRS für kleine und mittelgroße Unternehmen“ ist keine gute Alternative für die Aufstellung eines informativen Jahresabschlusses. Die Praxis in Deutschland hat den Entwurf des IASB scharf kritisiert, weil seine Anwendung – im Verhältnis zum HGB-Bilanzrecht – immer noch zu kompliziert und kostenträchtig wäre.
Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz wählt deshalb einen anderen Ansatz: Es baut das bewährte HGB-Bilanzrecht zu einem Regelwerk aus, das den internationalen Rechnungslegungsstandards gleichwertig, aber wesentlich kostengünstiger und in der Praxis einfacher zu handhaben ist. Insbesondere bleibt es dabei, dass die HGB-Bilanz Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung und der Ausschüttungsbemessung ist. Dies ermöglicht insbesondere den mittelständischen Unternehmen, weiterhin nur ein Rechenwerk – die sog. Einheitsbilanz – aufzustellen, das Grundlage für alle genannten Zwecke ist.
Mit folgenden Maßnahmen wird die Aussagekraft des handelsrechtlichen Jahresabschlusses verbessert:
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Selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
Immaterielle selbstgeschaffene Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie zum Beispiel Patente oder Know-how können künftig in der HGB-Bilanz angesetzt werden. Das ist vor allem für innovative Unternehmen wichtig, die intensiv forschen und entwickeln – beispielsweise die chemische oder pharmazeutische Industrie oder die Automobilindustrie nebst ihren Zulieferern. Insbesondere profitieren auch kleine und sogenannte Start-up-Unternehmen von der Vorschrift. Auch sie können ihre Entwicklungen – ihr Potenzial – künftig in der Handelsbilanz zeigen. Dadurch können die Unternehmen ihre Eigenkapitalbasis ausbauen und ihre Fähigkeit verbessern, sich am Markt kostengünstig weiteres Kapital zu beschaffen. Steuerlich bleiben die Aufwendungen nach wie vor abzugsfähig; sie stehen auch nicht für die Gewinnausschüttung zur Verfügung. Das fördert die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Standort für innovative Unternehmen.Beispiele:
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Ein großer Teil der in der pharmazeutischen Industrie anfallenden Kosten entfällt auf die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente. Wenn sich künftig beispielsweise aus klinischen Studien ergibt, dass ein Medikament die Marktzulassung erhalten wird, können die Entwicklungskosten als Herstellungskosten eines selbst erstellten Vermögensgegenstands des Anlagevermögens, beispielweise eines Patents oder von einfachem Know-how aktiviert werden. Das heißt, die Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens wird nicht belastet, und der bilanzielle Gewinn fällt höher aus.
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Ein Start-up-Unternehmen, das sich beispielsweise mit der Entwicklung von Software befasst, kann die Kosten für die Entwicklung der Software als Herstellungskosten der Software innerhalb der selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ausweisen und muss diese nicht wie bisher aufwandswirksam erfassen.
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Bewertung von Finanzinstrumenten zum Marktwert
Kreditinstitute müssen Finanzinstrumente wie Aktien, Schuldverschreibungen, Fondsanteile und Derivate, soweit sie im Handelsbestand gehalten werden, künftig zum Bilanzstichtag grundsätzlich mit dem Marktwert (Fair Value) bewerten. Das entspricht der bisherigen Praxis der Kreditinstitute, vereinfacht und vereinheitlicht die handelsrechtliche Rechnungslegung, ist international üblich und wird nun auch im HGB-Bilanzrecht verankert. Dadurch erhöht sich die Aussagekraft des Jahresabschlusses im Hinblick auf jederzeit realisierbare Gewinne und Verluste. Die Kreditinstitute müssen dabei einen angemessenen Risikoabschlag berücksichtigen und einen ausschüttungsgesperrten Sonderposten als zusätzlichen Risikopuffer bilden. Dieser Sonderposten ist in guten Zeiten aus einem Teil der Handelsgewinne aufzubauen und kann in schlechteren Zeiten zum Ausgleich von Handelsverlusten verwendet werden. Er wirkt daher antizyklisch. Hier sind Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise gezogen worden.Beispiel: Eine Bank kauft 10 Aktien zu einem Kurs von 100 EUR pro Aktie. Die Aktien wurden mit der Zielsetzung erworben, Kursgewinne zu erzielen und können börsentäglich wieder verkauft werden. Zum Bilanzstichtag haben die Aktien einen Kurs von 125 EUR pro Aktie. Bei Bewertung der Aktien zum Marktwert (125 EUR) abzüglich eines Risikoabschlags (z. B. 5 EUR) sind sie in der Bilanz mit insgesamt 1.200 EUR (10 Stück x 120 EUR) anzusetzen. Es ergibt sich für die Bank ein Gewinn von 200 EUR. Von den Gesamthandelserträgen sind dann noch 10 Prozent in einen gesperrten Sonderposten einzustellen, der bei Handelsverlusten aufgelöst werden kann.
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Änderung der Rückstellungsbewertung
Rückstellungen von Unternehmen für künftige Verpflichtungen werden in Zukunft realistischer bewertet. Die gegenwärtige bilanzrechtliche Behandlung von Rückstellungen ist in der öffentlichen Diskussion immer wieder als Schwachstelle der handelsrechtlichen Rechnungslegung bezeichnet worden. Gerade bei Pensionsrückstellungen lasse sich derzeit die wahre Belastung der Unternehmen nicht aus der handelsrechtlichen Rechnungslegung ablesen, weil die bisherigen Wertansätze nach übereinstimmender Einschätzung zu niedrig seien. Bei der Bewertung der Rückstellungen sollen deshalb künftige Entwicklungen (Lohn-, Preis- und Personalentwicklungen) stärker als bisher berücksichtigt werden. Zudem sind die Rückstellungen künftig abzuzinsen. Die Bewertung der Rückstellungen wird also dynamisiert. Die Neuregelung wird zumindest bei den Pensionsrückstellungen zu einer Erhöhung führen. Dies ist aber unerlässlich, wenn man zu einer realitätsgerechten Rückstellungsbewertung gelangen will. Um diese Effekte abzumildern, sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, die Rückstellung über einen Zeitraum von mehreren Jahren anzusammeln. Die steuerlichen Vorschriften in diesem Punkt bleiben unverändert, sodass es nicht zu Steuerausfällen kommen wird.Beispiel: Der Grund und Boden eines Unternehmens ist mit Chemikalien verseucht. Die Behörden geben dem Unternehmen auf, die Altlast zu beseitigen, sobald das Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb einstellt. Damit ist in fünf Jahren zu rechnen. Zum Bilanzstichtag betragen die Kosten für den einzusetzenden Bagger 100 EUR/Std. Es ist davon auszugehen, dass die Baggerstunde in fünf Jahren 120 EUR kostet. Nach der bisherigen Rechtslage ist für die Bemessung der Rückstellung – dem Stichtagsprinzip folgend – von 100 EUR/Std. auszugehen, künftig hingegen von 120 EUR, weil die künftigen Entwicklungen zu berücksichtigen sind.
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Abschaffung nicht mehr zeitgemäßer Wahlrechte
Darüber hinaus wird das HGB-Bilanzrecht vom „Ballast“ der vergangenen Jahre befreit. Nicht mehr zeitgemäße Bilanzierungsmöglichkeiten, die den Unternehmen eingeräumt wurden, werden eingeschränkt oder aufgehoben. Diese beeinträchtigten zum Teil den Informationsgehalt und die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen. Dies gilt beispielsweise für die auch steuerlich nicht anerkannte Möglichkeit, Rückstellungen für eigenen künftigen Instandsetzungsaufwand zu bilden.Beispiel: Ein Unternehmen renoviert die ihm gehörenden Verwaltungs- und Betriebsgebäude im Abstand von zehn Jahren. Den zur Durchführung der Renovierung erforderlichen Betrag sammelt das Unternehmen – ohne dass bereits Vereinbarungen über die Durchführung der Renovierung mit Dritten getroffen worden wären – über die Dauer der zehn Jahre in einer steuerlich nicht anerkannten Aufwandsrückstellung an. Derartige steuerlich nicht anerkannte Aufwandsrückstellungen können künftig nicht mehr gebildet werden.
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Transparenz bezüglich der Zweckgesellschaften
Das Gesetz enthält auch Regelungen für mehr Information und Transparenz im handelsbilanziellen Umgang mit Zweckgesellschaften. Die wirtschaftliche Situation der Zweckgesellschaft und das wirtschaftliche Risiko für den Konzern sollen besser aus dem Jahresabschluss des Konzerns abzulesen sein. Zum einen müssen die Unternehmen künftig schon dann in den Konzernabschluss einbezogen werden, wenn das Mutterunternehmen unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Mehrheit der Risiken und Chancen der Zweckgesellschaft trägt. Bisher kommt es darauf an, ob das Mutterunternehmen an der Zweckgesellschaft eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung hält. Zum anderen müssen die Unternehmen künftig im Anhang über Art, Zweck und finanzielle Auswirkungen von nicht in der Bilanz erscheinenden Geschäften berichten, soweit dies für die Beurteilung der Finanzlage notwendig ist. Damit wird eine EU-rechtliche Vorgabe umgesetzt. Außerdem haben die Unternehmen künftig darzulegen, welche Überlegungen ihrer Risikoeinschätzung im Hinblick auf Eventualverbindlichkeiten zugrunde liegen. Hier genügt es nicht, den Abschlussadressaten nur über die Summe der bestehenden Eventualverbindlichkeiten zu informieren, die dahinterstehenden Risiken und die Einschätzung ihres Eintritts aber im Dunkeln zu lassen. -
Weitere, aus EU-rechtlichen Vorgaben resultierende Änderungen
Sonstige EU-rechtlichen Vorgaben, insbesondere die Vorgaben zum Unternehmensführungsbericht und zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses werden „eins zu eins“ – also mit geringst möglicher Belastung für die Unternehmen – in deutsches Recht umgesetzt. Zum Beispiel müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen, die bereits ein Aufsichtsorgan haben, jedenfalls dann keinen Prüfungsausschuss einrichten, wenn dessen Aufgaben durch das Aufsichtsorgan wahrgenommen werden. Auch werden den Unternehmen keine Vorgaben für die Einrichtung eines internen Risikomanagementsystems gemacht. Die Entscheidung über die Einrichtung und die Art und den Umfang eines Risikomanagementsystems liegt im Aufgabenbereich der geschäftsführenden Organe eines Unternehmens.
3. Inkrafttreten
Das Gesetz soll unmittelbar nach Zustimmung durch den Bundesrat, Ausfertigung und Verkündung in Kraft treten. Die neuen Bilanzierungsregelungen
sind verpflichtend für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2010 anzuwenden. Sie können freiwillig bereits für den Abschluss 2009
angewendet werden, jedoch nur als Gesamtheit. Einige Vorschriften, insbesondere zur Umsetzung EU-rechtlicher Vorgaben, gelten
verpflichtend schon für das Geschäftsjahr 2009. Bilanzierungserleichterungen für kleine und mittelgroße Unternehmen können – soweit dies noch möglich ist – schon für das Geschäftsjahr 2008 in Anspruch genommen werden.
Vorsteuerabzug: Angabe des Lieferzeitpunktes ist verpflichtend
In einer Rechnung ist der Zeitpunkt der Lieferung auch dann zwingend anzugeben, wenn er mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist. Diese Angabe hält der Bundesfinanzhof für erforderlich, weil dies dem Gemeinschaftsrecht entspricht und die Finanzverwaltung hierüber den Zeitpunkt der Steuerentstehung und des Vorsteuerabzugs überprüfen kann. Im Urteilsfall ließ sich das Lieferdatum weder über die Rechnung noch über den Lieferschein erkennen. Daher entfiel der Vorsteuerabzug.
Hinweis: Ausnahmen gibt es nur für Rechnungen über An- oder Vorauszahlungen (BFH, XI R 62/07).
Vertretungsbefugnis: Zur Unterzeichnung des Investitionszulagenantrags
Anträge einer Personengesellschaft auf Investitionszulage haben deren „besonders Beauftragte“ zu unterschreiben. Als „besonders Beauftragter“ einer GmbH & Co. KG kommt neben der Komplementär-GmbH – vertreten durch ihren Geschäftsführer als gesetzlichem Vertreter – auch ein Kommanditist in Betracht, dem die Wahrnehmung der steuerlichen Vertretung der KG wirksam übertragen wurde, so der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil.
Der Antrag einer GmbH auf Gewährung der Investitionszulage ist grundsätzlich nur wirksam, wenn er von dem Geschäftsführer eigenhändig unterschrieben ist. Nicht ausreichend ist die Unterschrift eines Prokuristen oder eines sonstigen Vertreters.
Für Personengesellschaften – wie Kommanditgesellschaften – handelt dagegen regelmäßig deren Geschäftsführer als „besonders Beauftragter“. Dies entspricht auch dem amtlichen Antragsvordruck zur Investitionszulage, der die eigenhändige Unterschrift des Anspruchsberechtigten fordert und ergänzend erläutert: „Der Antrag ist bei Körperschaften vom gesetzlichen Vertreter, bei Personengesellschaften (Gemeinschaften) von einer zur Geschäftsführung oder Vertretung berechtigten Person zu unterschreiben.“ Somit kann eine GmbH & Co. KG sowohl durch ihre zur Vertretung und Geschäftsführung befugte Komplementär-GmbH als auch von anderen Personen als „besonders Beauftragte“ vertreten werden (BFH, III R 107/07).
Abschließende Hinweise
Verzugszinsen
Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2009 beträgt 1,62 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
- für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,62 Prozent
- für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,62 Prozent
- für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,62 Prozent
Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:
- vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
- vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
- vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
- vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
- vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
- vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
- vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
- vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
- vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
- vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
- vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
- vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
- vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
- vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
- vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
- vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
- vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent
Steuertermine im Monat Mai 2009
Im Monat Mai 2009 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:
Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 11.5.2009 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 8.5.2009.
Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels Barzahlung – bis zum 11.5.2009 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 8.5.2009.
Gewerbesteuerzahler: Zahlung – mittels Barzahlung – bis zum 15.5.2009 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 12.5.2009.
Grundsteuerzahler: Zahlung – mittels Barzahlung – bis zum 15.5.2009 und – mittels Zahlung per Scheck – bis zum 12.5.2009.
Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend nach dem vierteljährigen Zahlungsgrundsatz gemäß § 28 Abs. 2 GrStG verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal am 17.8.2009 und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 16.2.2009 und am 17.8.2009 zu zahlen sind. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch jeweils am 1. Juli in einem Jahresbetrag entrichtet werden.
Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.5.2009 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 18.5.2009 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!/p>