Informationen für den Kalendermonat Februar 2007
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Inhaltsverzeichnis:
Arbeitsrecht:
- Befristete Arbeitsverträge: Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?
- Urlaub: Anspruch von unregelmäßig beschäftigten Teilzeitkräften
- Betriebsübergang: Umfang der Unterrichtungspflichten
- Familienangehörige: Es ist durch Auslegung zu bestimmen, ob ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde oder Familienhilfe vorliegt
Baurecht:
- VOB/A: Zweiteiliger Vergabe-Rechtsschutz ist verfassungsgemäß
- Vertragsanpassung: Ansprüche des Bauunternehmers bei fehlerhaftem Ausgangsmaterial
- Werkvertragsrecht: Ermittlung des Leistungsstands nach Kündigung
- Werkvertragsrecht: Zahlung der Abschlagsrechnung als Vertragsanerkenntnis
- Haftungsrecht: Informationspflichten können auch den Bauleiter treffen
Familien- und Erbrecht:
- Kindesunterhalt: Voraussetzungen der Unterhaltspflicht für eine zweite Berufsausbildung
- Hartz-IV: Fahrtkosten für Kinderbesuche
- Unterhaltsrecht: Unterhaltsschuldner muss umfangreiche Bewerbungen vornehmen
- Erbrecht: Ausschlagungsfrist beginnt erst mit zuverlässiger Kenntnis von der Erbschaft
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):
- Aktuelle Gesetzgebung: Wohnungseigentum soll gestärkt werden
- WEG: Vermietung einer Eigentumswohnung an eine Wohngemeinschaft
- Falscher Mieter: Recht zur Mietminderung bei sich verschlechternder Mieterstruktur
- Verwaltungsunterlagen: Einsichtsrecht nur in den Geschäftsräumen des Verwalters
Verbraucherrecht:
- Krankenhaus: Pflicht zur Zahlung von Schmerzensgeld für Verletzung durch ungeschicktes Einschieben in Krankenwagen
- Versicherungsrecht: Hund entwischt aus Auto und beißt Pferd – greift die Tierhalter- oder die Kfz-Haftpflichtversicherung?
- Kaufvertrag: Bezeichnung als „Vorvertrag“ muss ausgelegt werden
- Vereinsvorstand: Unwissenheit schützt nicht vor der Haftung für Steuerschulden
Verkehrsrecht:
- Unfallschaden: Nachträgliche Einreichung einer Werkstattrechnung möglich
- Ordnungswidrigkeit: Palm-Organizer darf im Straßenverkehr nicht benutzt werden
- Mietwagenkosten: Geschädigter muss seine Informationspflicht erfüllen
- Schadenersatzprozess: Staat haftet bei unbefugter Benutzung eines Polizeifahrzeugs mit
Steuerrecht:
- Aufbewahrung privater Unterlagen: Abhängig von steuerlicher Relevanz
- Aufbewahrung betrieblicher Unterlagen: Mögliche Vernichtung ab 1.1.2007
- Pauschalierung der Lohnsteuer: Erhebung der Kirchensteuer ab 2007 neu
- Kein geldwerter Vorteil: Parkplatzgestellung durch den Arbeitgeber
- Bauabzugssteuer: Vergessene Pflichten sind auch weiterhin zu beachten
Wirtschaftsrecht:
- Aktuelle Gesetzgebung: Bundestag beschließt Sicherung der Altersvorsorge Selbstständiger
- Einzelhändler: Keine Haftung für explodierte Limonadenflasche
- Wettbewerbsrecht: Werbung mit prozentualem Abschlag von „Mondpreis“ ist irreführende Werbung
- Betriebsaufspaltung: Zu den Betriebsgrundlagen einer Gütergemeinschaft
- Keine steuerpflichtige Veräußerung: Kündigung einer stillen Gesellschaft
- Förderprogramme: Schnell und einfach mit der Bundes-Förderdatenbank
Abschließende Hinweise:
Arbeitsrecht
Befristete Arbeitsverträge: Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?
Befristete Arbeitsverträge spielen im Berufsleben eine wichtige Rolle. Gerade wenn ein vorübergehender Personalmangel bzw. -ausfall aufzufangen ist (z.B. wegen Elternzeit oder Langzeiterkrankungen), bieten sich befristete Arbeitsverhältnisse an. Viele Arbeitgeber nutzen das Mittel der Befristung auch für die Dauer der sechsmonatigen Probezeit. Der Vorteil besteht darin, dass der Arbeitgeber sich dann zum Ende der Probezeit gegebenenfalls auch von solchen Mitarbeitern trennen kann, die besonderen Kündigungsschutz haben, z.B. aufgrund von Schwangerschaft oder Schwerbehinderung.
Der folgende Beitrag beleuchtet, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise Arbeitsverträge wirksam befristet werden können.
A. Befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund
Ein Arbeitsvertrag darf nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds auf bis zu zwei Jahre
befristet werden.
Beachten Sie: Bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch höchstens eine dreimalige Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags zulässig.
Voraussetzungen für eine wirksame Befristung
Damit die Befristung wirksam ist, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
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Es muss eine genaue Vertragslaufzeit angegeben werden. Eine bloße Zweckbefristung genügt nicht.
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Mit dem Mitarbeiter, mit dem das befristete Arbeitsverhältnis geschlossen wird, hat noch nie ein Vertragsverhältnis bestanden. Dies heißt: Der betroffene Mitarbeiter ist nie zuvor in dem Unternehmen, auch nicht als Student, Praktikant oder Auszubildender tätig gewesen. Er darf auch nicht in einer Filiale tätig gewesen sein.
Änderungen des Arbeitsvertragsverhältnisses
Werden während der Dauer des Arbeitsvertrags von einer der Vertragsparteien Änderungen der Vertragsbedingungen gewünscht,
müssen sie entweder über eine Änderungskündigung oder einen Änderungsvertrag durchgesetzt werden.
Wird das Mittel der Änderungskündigung gewählt, müssen sich die Vertragsparteien darüber im Klaren sein, dass eine Änderungskündigung gleichzeitig auch die Befristung vollständig aufhebt.
Unser Tipp: In diesem Fall sollte der Arbeitgeber zusammen mit der Änderungskündigung direkt einen neuen befristeten Arbeitsvertrag mit den gewünschten geänderten Bedingungen vorlegen.
Wird das Mittel des Änderungsvertrags gewählt, um einzelne Vertragsbedingungen wirksam ändern zu können, sollte er darauf achten, dass der Änderungsvertrag die Unberührtheit der übrigen Vertragsbedingungen vorsieht, also auch der vereinbarten Befristung.
Hinweis: Soll der befristete Arbeitsvertrag im Rahmen der Zwei-Jahres-Frist verlängert werden, muss dies unbedingt vor Auslaufen der ursprünglichen Befristung vereinbart werden.
B. Befristete Arbeitsverträge mit sachlichem Grund
Mit sachlichem Grund befristete Arbeitsverträge können hingegen auch mit solchen Mitarbeitern vereinbart werden, die bereits
zuvor schon einmal für das Unternehmen tätig gewesen sind. Auch muss hier nicht zwingend kalendermäßig befristet werden. Denkbar
sind vielmehr Zweckbefristungen, also eine Befristung für einen bestimmten Zeitraum bis ein bestimmtes (definiertes) Ereignis
eintritt.
Sachgründekatalog
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz regelt in einem so genannten Sachgründekatalog die verschiedenen in Betracht kommenden
Gründe. Der Sachgrund muss im Arbeitsvertrag genau angegeben werden. Folgende Sachgründe kommen besonders häufig vor:
-
Vorübergehender betrieblicher Bedarf: Dies ist beispielsweise der Fall, wenn saisonbedingte Mehrarbeit erforderlich ist oder vorübergehend erhöhte Auftragseingänge zu verzeichnen sind. Genauso kann auch künftiger Minderbedarf vorliegen, wenn zum Beispiel Rationalisierungsmaßnahmen oder Betriebsschließungen anstehen.
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Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium. Dabei muss das Anstellungsverhältnis nicht an eine Ausbildung im gleichen Betrieb anknüpfen.
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Vertretung wegen Krankheit, Beurlaubung oder aus ähnlichen Gründen.
-
„Erprobung“: Im Gegensatz zur klassischen Probezeit muss im Fall der Befristung zur „Erprobung“ die Notwendigkeit einer besonderen Erprobung begründet werden.
-
„In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe“: Solche liegen vor, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitsplatz eine soziale Überbrückung beabsichtigt. Das heißt, wenn eine vorübergehende entgeltliche Tätigkeit bis zu einem bestimmten Datum für den Arbeitnehmer aus persönlichen Gründen dringend erforderlich ist. Es kommen aber auch sehr persönliche Gründe wie Familie, Umzüge, Aufenthaltserlaubnis sowie Erreichen des Rentenalters in Betracht.
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Sachliche Gründe liegen letztlich auch vor, wenn die befristete Beschäftigung ihren Grund in einem gerichtlichen Vergleich hat.
C. Schriftform bei befristeten Verträgen
Bei der Befristung von Verträgen muss darauf geachtet werden, dass sowohl der befristete Vertrag als auch die vereinbarten
Verlängerungen von beiden Vertragsparteien unterzeichnet werden. Andernfalls ist die Befristung unwirksam. Folge ist, dass
das Arbeitsverhältnis automatisch unbefristet wird. Das gilt unabhängig davon, ob die Befristung mit oder ohne sachlichen
Grund erfolgt.
Hinweis: Die Befristung kann ausnahmsweise auch elektronisch vereinbart werden. In diesem Fall muss der Aussteller der Befristungserklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.
Urlaub: Anspruch von unregelmäßig beschäftigten Teilzeitkräften
Der Urlaubsanspruch unregelmäßig beschäftigter Teilzeitkräfte muss im Einzelfall berechnet werden. Schwankt die Zahl der Arbeitstage von Woche zu Woche, richtet sich der Urlaubsanspruch nach den durchschnittlich geleisteten Arbeitstagen in einem längeren Zeitraum von beispielsweise drei Monaten. Ferner kommt es darauf an, wie viele Urlaubstage Vollzeitbeschäftigte haben und wie viele Arbeitstage diese pro Woche leisten. Das folgende Beispiel zeigt, wie Sie richtig rechnen:
A arbeitet an zwei bis fünf Tagen pro Woche. In den letzten drei Monaten hat er durchschnittlich vier Tage pro Woche gearbeitet. In seinem Arbeitsvertrag ist eine Arbeitszeit von Montag bis Freitag vorgesehen. Vollzeitmitarbeiter im selben Betrieb haben 30 Tage Urlaub im Jahr. Sie arbeiten an fünf Tagen in der Woche. A hat Anspruch auf 24 Urlaubstage. Er kann sechs volle Wochen in Urlaub gehen.
30 Tage Urlaubsanspruch x 4 durchschnittliche Arbeitstage des Teilzeitmitarbeiters pro Woche | ||||
Urlaubtage | = | |||
5 Arbeitstage eines Vollzeitmitarbeiters pro Woche |
Betriebsübergang: Umfang der Unterrichtungspflichten
Ein Arbeitnehmer muss vom bisherigen Arbeitgeber oder vom neuen Betriebsinhaber über einen Betriebsübergang unterrichtet werden. Die Unterrichtung dient dazu, dem betroffenen Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung des Widerspruchsrechts zu geben.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dabei auch sorgfältig über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs informiert werden müsse. Eine Unterrichtung, die den Arbeitnehmer fehlerhaft über die Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Betriebsinhabers informiere, sei nicht ordnungsgemäß. Folge sei, dass die einmonatige Widerspruchsfrist nicht ausgelöst werde. Der Arbeitnehmer könne also auch noch später dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen (BAG, 8 AZR 763/05).
Familienangehörige: Es ist durch Auslegung zu bestimmen, ob ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde oder Familienhilfe vorliegt
Ob es sich bei der Arbeit eines Familienangehörigen um Mitarbeit auf familienrechtlicher Grundlage, oder um eine Arbeitsleistung auf der Grundlage eines – mündlich geschlossenen – Arbeitsverhältnisses handelt, ist durch wertende Betrachtungsweise zu ermitteln.
Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hin. Die Richter machten aber auch deutlich, dass sie ein Arbeitsverhältnis nicht nachträglich anders beurteilen könnten, wenn die Parteien
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gerade neben den während einer Ehe und einer gemeinsamen Haushaltsführung immer anfallenden familienrechtlichen Leistungen ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis gewollt und gelebt und
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nach außen hin konkrete Zahlungsbeträge als Vergütung deklariert hätten.
In diesem Fall hätte der mitarbeitende Ehepartner für seine arbeitsvertragliche Arbeitsleistung Anspruch auf Auszahlung einer gesonderten, vom Familienunterhalt unabhängigen und ihm frei zur Verfügung stehenden Vergütung. Der Arbeitgeber könne sich bezüglich der Erfüllung der Lohnansprüche nicht darauf berufen, dass der mitarbeitende Ehepartner seinen Lebensunterhalt vom gemeinsamen Konto bestritten hätte (LAG Schleswig-Holstein, 3 Sa 156/06).
Baurecht
VOB/A: Zweiteiliger Vergabe-Rechtsschutz ist verfassungsgemäß
Die unterschiedlich strenge Kontrolle bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden. Es akzeptiert damit, dass
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nur bei Vergaben über dem Schwellenwert von fünf Mio. Euro schon während des Verfahrens gegen die beabsichtigte Vergabe an einen Konkurrenten Einwendungen erhoben werden können,
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bei Vergaben unterhalb des Schwellenwerts nur im Nachhinein Schadenersatzklagen des nicht berücksichtigten Bieters möglich sind.
Das BVerfG begründet seine Entscheidung damit, dass es hinreichende Gründe für die Zweiteilung des Vergaberechts gebe. Aufträge der öffentlichen Hand unterhalb des Schwellenwerts seien ein Massenphänomen. Kontrollverfahren würden das Verfahren verteuern und verzögern. Deshalb sei es gerechtfertigt, bei Vergabeverfahren unterhalb des Schwellenwerts nur im Nachhinein Rechtsschutz über Schadenersatzansprüche zu gewähren (BVerfG, 1 BvR 1160/03).
Vertragsanpassung: Ansprüche des Bauunternehmers bei fehlerhaftem Ausgangsmaterial
Ist die Werkherstellung aufgrund der Beschaffenheit des Ausgangsmaterials nur unter Mehraufwand möglich, ist der Unternehmer erst auf der Grundlage einer Vertragsanpassung wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage zur Weiterarbeit verpflichtet.
Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Bauunternehmers, der das vom Auftraggeber gelieferte Baumaterial wegen dessen Mangelhaftigkeit nur mit erheblichem Zuatzaufwand verarbeiten konnte. Die Richter entschieden, dass dies nicht in den Verantwortungsbereich des Bauunternehmers falle. Er müsse daher die Zusatzkosten nicht tragen. Vielmehr könne er vom Auftraggeber eine Fristverlängerung und eine Werklohnerhöhung verlangen (BGH, X ZR 178/04).
Werkvertragsrecht: Ermittlung des Leistungsstands nach Kündigung
Wird ein Bauvertrag vorzeitig gekündigt, muss der Auftragnehmer den Umfang der von ihm erbrachten Leistungen darlegen.
Normalerweise ist dazu ein Aufmaß erforderlich. Was aber gilt, wenn das Aufmaß nicht erfolgen kann, zum Beispiel weil der Bauherr ihm den Zutritt zur Baustelle verwehrt und die Arbeiten unverzüglich fortgesetzt wurden? Dann muss er – so der Bundesgerichtshof (BGH) in einer aktuellen Entscheidung – Tatsachen vortragen, die es einem Gericht ermöglichen, gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen seine Mindestvergütung zu schätzen.
Hinweis: Hat der Auftragnehmer die Massen geschätzt und hat der Auftraggeber durch einen Bevollmächtigten (zum Beispiel Bauleiter oder Architekturbüro) die Richtigkeit dieser Angaben bestätigt, ist vieles gewonnen. Der Auftraggeber kann dann zwar immer noch bestreiten, dass die Rechnung prüffähig und/oder rechnerisch richtig ist. Diese Behauptungen muss er dann aber beweisen, so der BGH (BGH, VII ZR 202/04).
Werkvertragsrecht: Zahlung der Abschlagsrechnung als Vertragsanerkenntnis
Manchmal ist nicht ganz klar und später auch nicht aufklärbar, wer von mehreren beteiligten Personen der Auftraggeber ist.
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat eine für den Auftragnehmer erfreuliche Entscheidung gefällt. Habe der Grundstückseigentümer Abschlagsrechnungen bezahlt, sei das als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten. Die Folge sei, dass er alle Bauleistungen bezahlen müsse.
Im konkreten Fall hatte ein Bauunternehmen auf einem Hausgrundstück auf Basis eines mündlichen Auftrags Bauarbeiten durchgeführt.
Die erste Abschlagsrechnung war auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Rechnungsempfänger ausgestellt. Adressat
der zweiten Rechnung war der Grundstückseigentümer. Beide Rechnungen wiesen eine identische Projekt- und Kundennummer aus.
Der Grundstückseigentümer bezahlte auf beide Rechnungen jeweils rund 85 Prozent. Die Schlussrechnung dagegen zahlte er nicht.
Das Bauunternehmen verklagte den Grundstückseigentümer und die GbR. Die Klage war in Bezug auf den Grundstückseigentümer erfolgreich.
Zahle er den ganz überwiegenden Rechnungsbetrag einer Abschlagsrechnung, so beinhalte das Anerkenntnis durch schlüssiges Verhalten,
Vergütung für die in der Rechnung aufgeführten Leistungen zu schulden, so das OLG. Dabei müsse die Zahlung auf eine Abschlagsrechnung
als Auftragserteilung insgesamt gewertet werden. Denn Abschlagsrechnungen würden typischerweise nur erteilt, wenn der Auftrag
erst teilweise erfüllt sei, also noch Leistungen und entsprechende Vergütung ausstünden (OLG Köln, 22 U 204/05).
Haftungsrecht: Informationspflichten können auch den Bauleiter treffen
Nicht nur der bauführende Architekt, sondern jeder auf der Baustelle tätige Mitarbeiter ist aus Treu und Glauben heraus verpflichtet, erkannte Gefahrenquellen so zu übermitteln, dass der Eintritt des Schadens verhindert werden kann.
Mit dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg klargestellt, dass es nicht reiche, wenn ein Bauleiter die Gefahrenlage erkenne und die Verursacher, nämlich die vor Ort tätigen Mitarbeiter des anderen Unternehmens, warne. Sofern diese auf die Warnung nicht reagieren würden und den Mangel bestehen ließen, hafte das Unternehmen des Bauleiters für den Schaden. Seine Warnung müsse vielmehr an den Bauherrn oder den bauleitenden Architekten gehen, damit diese eingreifen könnten (OLG Hamburg, 1 U 18/03).
Familien- und Erbrecht
Kindesunterhalt: Voraussetzungen der Unterhaltspflicht für eine zweite Berufsausbildung
In bestimmten Fällen können Eltern verpflichtet sein, ihrem Kind Ausbildungsunterhalt auch über eine abgeschlossene Ausbildung hinaus zu leisten.
Dies bekräftigte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Unterhaltsrechtsstreit. Die Richter unterstrichen dabei den gesetzlich vorgegebenen Grundsatz, dass der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf umfasse. Geschuldet werde danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspreche und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern halte. Eltern, die ihrem Kind eine solche Berufsausbildung gewähren, seien nicht mehr verpflichtet, Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Allerdings gebe es keinen Grundsatz ohne Ausnahme. Eine weitergehende Unterhaltspflicht ergebe sich beispielsweise in den folgenden Fällen:
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wenn der Beruf aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen nicht ausgeübt werden kann.
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wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg anzusehen ist und von vornherein angestrebt war, oder während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung deutlich wurde.
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wenn ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert hat und sich erst danach zu einem Studium entschließt (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Hier müssen allerdings die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und die praktische Ausbildung und das Studium sich jedenfalls sinnvoll ergänzen.
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wenn die Eltern das Kind in einen unbefriedigenden, seinen Begabungen nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt haben.
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wenn dem Kind eine angemessene Ausbildung verweigert wurde und es sich aus diesem Grund zunächst für einen Beruf entschieden hat, der seiner Begabung und seinen Neigungen nicht entspricht.
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wenn die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht.
(BGH, XII ZR 54/04)
Hartz-IV: Fahrtkosten für Kinderbesuche
Geschiedene Hartz-IV-Empfänger haben in der Regel keinen Anspruch auf zusätzliche Erstattung der Kosten, die ihnen im Umgang mit getrennt lebenden Kindern entstehen.
Diese Entscheidung traf das Bundessozialgericht (BSG). Im vorliegenden Fall wollte ein Mann höheres Arbeitslosengeld II zugesprochen bekommen. Er trug vor, dass er Fahrtkosten für den Umgang mit seinen Kindern habe, da diese bei ihrer Mutter in einer anderen Stadt wohnen würden. Die Richter sahen dies anders. Nach ihrer Ansicht seien die Kosten bereits in den pauschalisierten Leistungen des SGB II enthalten.
Hinweis: Die Richter wiesen jedoch auch darauf hin, dass möglicherweise ein Anspruch auf Ausgleich der höheren Lebenshaltungskosten für die Tage bestehe, während denen die Kinder bei ihrem Vater wohnen. Voraussetzung sei, dass den Kindern ein eigener Anspruch auf die Regelleistung zustehe (BSG, B 7b AS 14/06 R).
Unterhaltsrecht: Unterhaltsschuldner muss umfangreiche Bewerbungen vornehmen
Ein arbeitsloser Unterhaltsschuldner muss praktisch die gesamte Zeit, in der ein voll Erwerbstätiger berufstätig wäre, für die Arbeitssuche aufwenden. 20 bis 30 Bewerbungen im Monat sind daher grundsätzlich zumutbar.
Dies musste sich eine Unterhaltsschuldnerin vom Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg sagen lassen. Wegen ihrer Arbeitslosigkeit hatte sie auf Wegfall ihrer Unterhaltspflicht gegenüber ihrer minderjährigen Tochter geklagt. Das OLG wies die Klage jedoch ab. Die Richter begründeten die Entscheidung damit, dass die Unterhaltsschuldnerin eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit treffe. Das bedeute insbesondere, dass sie ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise bestmöglich einsetzen müsse. Soweit sie keine Arbeit habe, müsse sie sich ausreichend um Arbeit bemühen. Dazu reiche allerdings die regelmäßige Meldung bei der Agentur für Arbeit nicht aus. Vielmehr müsse eine intensive Privatinitiative entwickelt werden. Hiervon eingeschlossen seien Bewerbungen auf Stellenangebote in Zeitungen, eigene Stellenannoncen sowie sonstige mündliche und schriftliche Bewerbungen. Zumutbar seien dabei 20 bis 30 Bewerbungen im Monat. Entsprechende Bemühungen habe die Unterhaltsschuldnerin nicht nachweisen können. 54 Bewerbungen in 2003, 62 Bewerbungen in 2004 und 11 Bewerbungen in 2005 seien nicht ausreichend. Nach Ansicht der Richter habe auch der Umstand, dass die Agentur für Arbeit nur Bewerbungskosten i.H.v. 260 EUR jährlich übernehme, nicht zur Folge, dass von der Unterhaltsschuldnerin nur vier bis fünf Bewerbungen monatlich verlangt werden könnten (OLG Brandenburg, 10 UF 133/05).
Erbrecht: Ausschlagungsfrist beginnt erst mit zuverlässiger Kenntnis von der Erbschaft
Die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft beginnt erst, wenn der Erbe zuverlässige Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund seiner Berufung hat.
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) München hin. Die Richter verdeutlichten, dass eine zuverlässige Kenntnis vom Grund der Berufung nicht gegeben sei, wenn
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der durch eine auslegungsbedürftige letztwillige Verfügung berufene Miterbe mit vertretbaren Gründen annimmt, er sei Alleinerbe aufgrund Gesetzes.
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das Nachlassgericht einen nicht näher begründeten Hinweis gibt, die Erbfolge richte sich nach dem Testament, dessen Auslegung zwischen den Beteiligten streitig ist.
(OLG München, 31 Wx 45/06)
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)
Aktuelle Gesetzgebung: Wohnungseigentum soll gestärkt werden
Der Deutsche Bundestag hat die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes verabschiedet. Das vorgesehene Gesetz soll die Verwaltung von Eigentumswohnungen vereinheitlichen und das Gerichtsverfahren in Wohnungseigentumssachen mit dem in anderen privatrechtlichen Streitigkeiten vereinheitlichen.
Der Gesetzgeber will mit dem Gesetz auf den gestiegenen Renovierungsbedarf in vielen Wohnungseigentumsanlagen reagieren. Besonders in mittleren und größeren Wohnanlagen ist die bislang erforderliche Einstimmigkeit für Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen vielfach nicht oder kaum zu erreichen. Die neuen Regelungen sollen die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaften stärken.
Zu den Regelungen im Einzelnen:
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Der Gesetzentwurf lässt verstärkt Mehrheitsentscheidungen der Wohnungseigentümer zu. Künftig können die Wohnungseigentümer beispielsweise mit Mehrheit auch über die Verteilung von Betriebs- und Verwaltungskosten entscheiden. Sie können dabei etwa einen Maßstab zugrunde legen, der sich am individuellen Verbrauch orientiert. Die Wohnungseigentümer können ferner bei der Umlage von Kosten für eine Instandhaltungs- oder Baumaßnahme von der gesetzlichen Verteilung nach Miteigentumsanteilen abweichen. Dies führt zu gerechteren Ergebnissen, da es künftig auf den Nutzen für die einzelnen Miteigentümer ankommt. Qualifizierte Mehrheitsentscheidungen sind auch möglich, wenn die Wohnungseigentümer ihr gemeinschaftliches Eigentum an den Stand der Technik anpassen wollen, etwa durch den Einbau eines Fahrstuhls oder durch Maßnahmen zur Energieeinsparung und Schadstoffreduzierung. Für alle diese Maßnahmen ist nach geltendem Recht grundsätzlich Einstimmigkeit erforderlich.
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Die rechtlichen Verhältnisse zwischen Eigentümergemeinschaft, Wohnungseigentümern und Gläubigern der Eigentümergemeinschaft werden klarer geregelt. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer rechtsfähig. Diese Rechtsprechung hat in manchem Punkt Klarheit geschaffen und einiges vereinfacht, aber auch eine Vielzahl von Folgeproblemen entstehen lassen. Der Entwurf trägt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs Rechnung und gibt der Praxis gleichzeitig die nötige Klarheit. Das betrifft vor allem die Frage der Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer für Forderungen gegen die Gemeinschaft. Die Außenhaftung der Wohnungseigentümer bleibt erhalten, wird aber auf ihren Miteigentumsanteil begrenzt. Damit zahlt jeder Miteigentümer im Außenverhältnis das, was er im Innenverhältnis auch den anderen Miteigentümern schuldet. So bleibt die Höhe der Außenhaftung für ihn berechenbar. Beträgt zum Beispiel der Miteigentumsanteil 1/10, so haftet dieser Eigentümer dem Handwerker bei einer Rechnung von 1.000 EUR auf 100 EUR.
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Künftig soll sich das Verfahren in Wohnungseigentumssachen nach der Zivilprozessordnung (ZPO) und nicht mehr wie bisher nach dem Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) richten. Das FGG-Verfahren ist häufig aufwendiger als das der ZPO. Das ist für Wohnungseigentumssachen nicht länger gerechtfertigt, da sich ihr Gegenstand von dem eines normalen Zivilprozesses nicht unterscheidet.
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Der Gesetzentwurf verbessert die Möglichkeiten, sich über den Inhalt der aktuellen Beschlüsse der Gemeinschaft näher zu informieren. Dazu wird eine Beschluss-Sammlung beim Verwalter eingeführt. Das kommt insbesondere Erwerbern von Wohnungseigentum zugute, die sich besser Klarheit darüber verschaffen können, welche Rechte und Pflichten auf sie zukommen.
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Schließlich führt der Gesetzentwurf für sog. Hausgeldforderungen der Wohnungseigentümer ein begrenztes Vorrecht vor Grundpfandrechten in der Zwangsversteigerung ein. Dadurch wird die Stellung der Wohnungseigentümer gestärkt, wenn sie Forderungen gegenüber einem zahlungsunfähigen oder -unwilligen Wohnungseigentümer geltend machen.
WEG: Vermietung einer Eigentumswohnung an eine Wohngemeinschaft
Oftmals ist innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft strittig, wie die einzelnen Räumlichkeiten genutzt werden dürfen. Dies betrifft vornehmlich Gewerberäume. Allerdings können auch Wohnungen betroffen sein.
Fall: Der Eigentümer einer sehr großen Wohnung möchte diese an eine studentische Wohngemeinschaft vermieten, nachdem der bisherige Mieter gekündigt hat. Die anderen Eigentümer „laufen Sturm“ gegen die beabsichtigte Vermietung und fragen, ob sie etwas dagegen unternehmen können.
Schauen Sie in die Teilungserklärung
In vergleichbaren Fällen ist zunächst die Teilungserklärung einzusehen. Diese regelt die sachenrechtlichen Beziehungen der
Eigentümer untereinander. Hierin werden z.B. bestimmte Räumlichkeiten als Wohnungseigentum oder als Teileigentum bezeichnet.
Meist sind Wohnungseigentumseinheiten nur als „Wohnungseigentum Nr. ...“ bezeichnet. Nur bei Teileigentumseinheiten finden sich genauere Bezeichnungen, z.B. „Laden“, „Gaststätte“ o.ä.
Was ist eine „zweckbestimmungswidrige“ Nutzung?
In der Bezeichnung als „Wohnungseigentum“ liegt eine so genannte Zweckbestimmung. Das bedeutet, dass die Räumlichkeiten als Wohnung und nicht zu gewerblichen Zwecken
genutzt werden dürfen. Zweckbestimmungswidrige Nutzungen sind unzulässig. Fraglich ist, wann eine zweckbestimmungswidrige
Nutzung vorliegt. Hierzu hat die Rechtsprechung eine Faustformel entwickelt:
„Unzulässig ist jede Nutzung, die mehr stören kann als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung.“
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der jeweilige Eigentümer die Wohnung selber nutzt oder ob er sie Dritten überlässt (z.B. vermietet). § 14 Abs. 1 WEG räumt nämlich jedem Eigentümer das Vermietungsrecht ein. Er muss nur dafür sorgen, dass die Mieter bestimmte Pflichten einhalten. Das bedeutet für den konkreten Fall: Es muss geprüft werden, ob die Vermietung an eine studentische WG mehr stören kann als die übliche Nutzung zu Wohnzwecken (egal, ob durch den Eigentümer persönlich oder durch einen Mieter). Abwägungskriterien sind z.B.:
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Handelt es sich um eine Anlage, die von vielen jungen Familien bewohnt wird oder von vielen – ruhebedürftigen – Senioren?
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Handelt es sich um eine intensivierte Wohnnutzung gegenüber einer Nutzung durch eine Einzelperson oder eine Familie mit Kindern?
Ob bei der Vermietung an eine WG ein Unterlassungsanspruch besteht, ist fraglich. Zu Wohnzwecken dient eine Wohnung nämlich auch, wenn Kinder und Jugendliche dort langfristig in familienähnlichen Gruppen untergebracht sind. Abzugrenzen davon sind Fälle, in denen ein ständiger Wechsel der Bewohner nach Art einer Pension oder das Zusammenleben einer Vielzahl nicht familiär oder sonstwie verbundener Personen nach Art eines Heims vorliegt.
Falscher Mieter: Recht zur Mietminderung bei sich verschlechternder Mieterstruktur
Qualität und Quantität des Besucherverkehrs von Mitmietern können als Mangel im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses bewertet werden.
Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Fall eines gewerblichen Mieters. Dieser hatte Büroräume mit exklusivem Ambiente in außergewöhnlicher Lage angemietet. Der Mietzins lag über dem Höchstsatz des örtlichen Mietspiegels für Gewerbeobjekte. Andere Mieter waren eine Versicherungsgruppe, eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei und eine Arztpraxis. Der Zugang zum Gebäude war nur mit einer Codekarte oder durch Anmeldung über die Sprechanlage möglich. Später mietete die Agentur für Arbeit mehrere Etagen des Hauses für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen und arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern („Hartz IV-Abteilung“) sowie für eine Suchtberatungsstelle und eine Schuldnerberatung an. Dort verkehrten täglich bis zu 500 Besucher. Da die Zugangskontrollanlage diesen Besucherverkehr nicht mehr bewältigen konnte, stand die Eingangstür zu den Öffnungszeiten der Agentur für Arbeit offen. Zum Schutz ihrer eigenen Mitarbeiter hatte die Agentur für Arbeit einen Sicherheitsdienst beauftragt, der auf den Fluren innerhalb der angemieteten Stockwerke patrouillierte.
Der Mieter machte eine Mietminderung von 50 Prozent geltend, da die Anzahl und das Verhalten der „Hartz IV- Behörde“ Besucher negative Auswirkungen auf das Mietobjekt habe. Die fehlende Zugangskontrolle führe dazu, dass unangemeldete Besucher der Behörde auch vor den Büros und Praxen erschienen und sich auch in der Tiefgarage aufhielten.
Das OLG hielt eine Mietminderung von 15 Prozent für angemessen. Die Mietsache sei mängelbehaftet. Der Betrieb einer Zugangskontrollanlage sei vertraglich geschuldet. Die Außerbetriebnahme sei von den Mietern auch nicht akzeptiert worden. Eine vergleichbare Sicherheitslage sei auch nicht durch eine an der Drehtüre postierte Person geschaffen worden. Der Vermieter schulde hier die Vermietung der übrigen Flächen an solche Mitmieter, deren Besucherverkehr in quantitativer Hinsicht einem Bürobetrieb entspreche und durch eine Zugangskontrollanlage in Verbindung mit der Türsprechanlage bewältigt werden könne. Auch in qualitativer Hinsicht müsse der Besucherverkehr zumindest den durchschnittlichen Anforderungen gerecht werden. Zwar wiesen die Richter ausdrücklich darauf hin, dass ein erheblicher Teil der Besucher dem Durchschnitt der Bevölkerung entspreche. Es könnten aber auch nicht die Augen davor verschlossen werden, dass sich unter den Besuchern der Hartz IV-Abteilung, der Suchtberatungsstelle und der Schuldnerberatung ein überdurchschnittlicher Anteil von sozial auffällig gewordenen Personen befinde (OLG Stuttgart, 13 U 51/2006).
Verwaltungsunterlagen: Einsichtsrecht nur in den Geschäftsräumen des Verwalters
Ein Wohnungseigentümer ist nicht berechtigt, die Verwaltungsunterlagen an einem andern Ort als im Büro des Verwalters einzusehen.
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Fall eines Wohnungseigentümers, der Einsicht in die Unterlagen des Verwalters verlangte. Die Einsicht sollte allerdings nicht im Verwalterbüro, sondern an einem „neutralen“ Ort erfolgen. Begründung: Es bestanden Divergenzen zwischen dem betreffenden Wohnungseigentümer und dem Verwalter.
Das OLG entschied, dass sich der Wohnungseigentümer schon in das Büro des Verwalters bemühen müsse, wenn er die Unterlagen einsehen wolle. Leistungsort für die Tätigkeit des Verwalters – dazu gehöre auch die Gewährung des Einsichtsrechts – sei der Sitz des Verwalters. Entsprechend müsse er auch nur dort Auskünfte erteilen und die gewünschte Einsicht ermöglichen (OLG Köln, 16 WX 241/05).
Verbraucherrecht
Krankenhaus: Pflicht zur Zahlung von Schmerzensgeld für Verletzung durch ungeschicktes Einschieben in Krankenwagen
Wird ein Patient durch unsachgemäßes Verbringen in einen Krankenwagen verletzt, hat er einen Anspruch gegen das Krankenhaus auf Zahlung von Schmerzensgeld.
Mit dieser Entscheidung stärkte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Rechte von Krankenhauspatienten. Im vorliegenden Fall sprach er einer 65-jährigen Patientin ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 Euro zu. Die Frau wurde bei einem Transport zu einer urologischen Untersuchung in ein anderes Krankenhaus auf einer Liege derart unsachgemäß in den Krankenwagen eingeschoben, dass sie dabei mit dem Kopf gegen die Oberkante des Fahrzeugs anstieß. Hierdurch erlitt sie neurologische Ausfälle mit der Folge einer in Teilbereichen auftretenden Querschnittslähmung.
Das OLG hielt das Krankenhaus für diesen Vorfall für schadenersatzpflichtig. Aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Krankenhausaufnahmevertrags sei das Krankenhaus verpflichtet, die Patientin vor vermeidbaren Schädigungen zu bewahren. Diese Pflicht sei dadurch verletzt worden, dass die auf einer Liege befindliche Frau derart unsachgemäß in den Transportwagen eingeschoben wurde, dass sie dabei mit dem Kopf gegen die Oberkante des Fahrzeugs anstieß. Das Anstoßen an das Wagendach beruhe auf einem schuldhaften Verhalten der Mitarbeiter der Transportfirma, welches sich das Krankenhaus zurechnen lassen müsse. Für ein Verschulden spreche bereits eine tatsächliche Vermutung. Es handele sich nämlich um ein voll beherrschbares Risiko, den Anstoß eines Patienten beim Einschiebevorgang in ein Transportfahrzeug zu verhindern. Diese Verschuldensvermutung falle nicht dadurch weg, weil die Patientin sich möglicherweise – wie vom Krankenhaus behauptet – in dem Moment aufgerichtet habe, als sie in das Fahrzeug eingeschoben wurde. Es sei vielmehr Sache des den Transport ausführenden Personals gewesen, Bewegungen der Klägerin auf der schräg gestellten Liege einzukalkulieren und auch bei einem plötzlichen Aufrichten den Anstoß zu verhindern. Irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen wie eine mündliche Warnung oder das Absichern der Klägerin seien aber nicht getroffen worden. Der ordnungsgemäße Transport der Patientin zu einem auswärtigen Krankenhaus falle ferner in den vertraglichen Pflichtenkreis des Krankenhauses, da es zu einer umfassenden ärztlichen Versorgung der Klägerin verpflichtet war (OLG Hamm, 3 U 182/05).
Versicherungsrecht: Hund entwischt aus Auto und beißt Pferd – greift die Tierhalter- oder die Kfz-Haftpflichtversicherung?
In Privathaftpflichtversicherungen (hier z.B. die Jagdhaftpflichtversicherung) ist üblicherweise die Haftpflicht wegen Schäden ausgeschlossen, die der Versicherungsnehmer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht. Diese so genannte „Benzinklausel“ soll Überschneidungen zwischen Versicherungsfällen der Privathaftpflichtversicherung und der Kfz-Haftpflichtversicherung vermeiden.
Oft ist jedoch unklar, ob die „Benzinklausel“ greift oder nicht. So war es auch im Fall eines Jägers, der für seinen Jagdhund eine Jagdhaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. Er fuhr mit seinem Geländewagen, der bei einer anderen Versicherung haftpflichtversichert war, zu einem Pferdegestüt. Seinen Hund ließ er im Wagen zurück. Das Fenster war leicht geöffnet. Es gelang dem Hund jedoch, aus dem Fenster des Wagens zu springen, in den Stall zu laufen und einem hochklassigen Turnierpferd in die Hinterbeine zu beißen. Das angeleinte Pferd erschrak dabei so stark, dass es stieg, ausrutschte und auf den Rücken fiel. Der sofort hinzugerufene Tierarzt stellte einen Hüftbruch fest, so dass das Pferd eingeschläfert werden musste. Die Jagdhaftpflichtversicherung lehnte eine Deckung ab. Sie war der Auffassung, dass das Schadenereignis auf den Gebrauch des Geländewagens zurückzuführen sei, weil der Hund technische Einrichtungen des Kraftfahrzeugs, nämlich den automatischen Fensterheber bedient habe. Nur deshalb sei es ihm gelungen, das Fahrzeug zu verlassen.
Das Landgericht folgte dieser Argumentation nicht und hat der Klage stattgegeben. Die Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Die Richter stellten fest, dass der Tatbestand der „Benzinklausel“ nicht erfüllt ist. Der Jäger habe den Schaden nicht durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht. Das würde voraussetzen, dass das Fahrzeug im Zusammenhang mit der Schaden stiftenden Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt worden sei. Der Schaden sei nur dann durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht, wenn sich dabei ein spezifisches Risiko des Kraftfahrzeuggebrauchs verwirklicht habe oder die Gefahr von dem Fahrzeug selbst ausgehe. Das sei hier nicht der Fall. Es habe sich vielmehr das Risiko verwirklicht, das von dem Jagdhund ausgehe. Der Fall sei nicht anders zu beurteilen, als wenn sich der Hund von der Leine losgerissen und dann in gleicher Weise das Pferd gebissen hätte. Das gelte auch, wenn der Hund das Seitenfenster mit dem elektrischen Fensterheber betätigt habe. Auch in diesem Fall hätte sich bei der gebotenen wertenden Betrachtung die von dem Hund ausgehende Tiergefahr, nicht die vom Fahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht. Der Schaden sei hier durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht entstanden, die den Jäger als Tierhalter treffe, nämlich seinen Jagdhund unter Kontrolle zu halten. Die den Kraftfahrer treffende Pflicht, das Fahrzeug durch Abstellen der Zündung gegen ungewollte Fortbewegung zu sichern, habe mit dem eingetretenen Schaden ersichtlich nichts zu tun. Die beklagte Jagdhaftpflichtversicherung müsse daher für den Schaden aufkommen (OLG Karlsruhe, 12 U 133/06).
Kaufvertrag: Bezeichnung als „Vorvertrag“ muss ausgelegt werden
Auch ein als „Vorvertrag“ bezeichnetes und unterschriebenes Schriftstück ist danach auszulegen, ob die Parteien eine verbindliche Kaufzusage oder eine unverbindliche Absichtserklärung abgeben wollten.
Der dieser Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Daun zugrunde liegende Rechtsstreit betraf den Vertrag zwischen einem Autohändler und einem Fahrzeughalter. Auf ein Inserat des Händlers hatte der Fahrzeughalter diesem per Fax sein Fahrzeug zum Kauf angeboten. Nach einem Besichtigungstermin unterzeichneten die Parteien einen vom Händler vorgefertigten Vertrag. Dieser war ursprünglich mit „Kaufvertrag“ überschrieben. Dieses Wort wurde jedoch vom Eigentümer des Pkw durchgestrichen. Stattdessen wurde der Vertrag handschriftlich mit „Vorvertrag“ überschrieben. Neben der Bezeichnung der Parteien, des Kaufgegenstands und des Preises enthielt die Urkunde als Zeitpunkt der Übergabe den Eintrag „nach Erhalt des neuen“. Die Parteien stritten um die Verbindlichkeit dieses Vertrags. Während der Händler von einer verbindlichen Einigung ausging, stellte der Fahrzeugeigentümer dies in Abrede.
Das Amtsgericht wies die Schadenersatzklage des Händlers ab. Es wies darauf hin, dass es sich bei dem Begriff des „Vorvertrags“ nicht um einen feststehenden Rechtsbegriff handele. Es müsse daher durch Auslegung ermittelt werden, ob tatsächlich eine Bindung gewollt sei, oder aber lediglich eine Absichtserklärung abgegeben worden sei. Ein bindender Vorvertrag werde in der Regel nur gewählt, wenn noch nicht alle für einen Hauptvertrag wesentlichen Daten vorlägen. Vorliegend seien aber sämtliche relevanten Daten bei Unterzeichnung bekannt gewesen. Es hätte daher nahegelegen, sofort einen verbindlichen Kaufvertrag abzuschließen. Der Händler habe aber nicht dargelegt, warum gleichwohl ein verbindlicher Vorvertrag abgeschlossen worden sein solle. Es bestünden daher Zweifel an der Verbindlichkeit. Diese Unklarheiten würden zulasten des Händlers gehen, da sich dieser hierauf berufen habe (AG Daun, 3 C 509/05).
Vereinsvorstand: Unwissenheit schützt nicht vor der Haftung für Steuerschulden
Vorstandsmitglieder eines Vereins können sich bei ihrer Tätigkeit nicht auf fehlende steuerliche Kenntnisse berufen. Im Zweifel müssen sie rechtlichen Rat in Anspruch nehmen. Anderenfalls haften sie persönlich für von ihnen verursachte Steuerschulden des Vereins.
Mit dieser Entscheidung bestätigt das Finanzgericht (FG) München in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung die Rechtsprechung zur Steuerhaftung ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder. Die Vorstände eines Fanclubs (eingetragener Verein) hatten für eine Großveranstaltung zum Vereinsjubiläum eine ausländische Musikgruppe engagiert, aber den Steuerabzug für Einkommen- und Umsatzsteuer nicht vorgenommen. Da der Verein nicht über das erforderliche Vermögen zur Tilgung der festgestellten Steuerschulden verfügte, nahm das Finanzamt beide Vorstandsmitglieder in Anspruch.
Das FG bestätigte nun das Vorgehen des Finanzamts. Ohne Erfolg blieb der Einwand des Vorstands, es fehle das für eine Haftung notwendige Verschulden, weil der Verein keinerlei Erfahrungen mit solchen Veranstaltungen gehabt habe. Dass sich der Fanclub über seine Pflichten im Abzugsverfahren geirrt habe, sei nach Ansicht der Richter jedoch unerheblich. Zum einen mache die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung die Haftung nicht von einem Verschulden abhängig. Zum anderen hätten sich die Vorstandsmitglieder über das Abzugsverfahren auch unterrichten können und müssen (FG München, 14 K 1035/03).
Verkehrsrecht
Unfallschaden: Nachträgliche Einreichung einer Werkstattrechnung möglich
Ein unfallgeschädigter Kfz-Eigentümer kann der Versicherung des Unfallgegners auch noch nachträglich eine Werkstattrechnung zur Erstattung vorlegen. Er ist nicht ohne Weiteres an die vorangegangene Abrechnung auf Totalschadenbasis (Ersatz der geringeren Wiederbeschaffungskosten) gebunden.
Diese für Autofahrer mit Haftpflichtschäden wichtige Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Unfallsache mit wirtschaftlichem Totalschaden getroffen. Der Weg zur Nachforderung war frei geworden, nachdem der Geschädigte sein Fahrzeug – etwa fünf Monate nach dem Unfall – in einer Werkstatt hatte reparieren lassen. Schadenrechtlich war er dazu legitimiert, weil die kalkulierten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um weniger als 30 Prozent überstiegen (BGH, VI ZR 249/05).
Ordnungswidrigkeit: Palm-Organizer darf im Straßenverkehr nicht benutzt werden
Ein mit Telefonfunktion ausgestatteter Palm-Organizer steht einem Mobil- und Autotelefon gleich. Seine Benutzung ist dem Fahrzeugführer im Straßenverkehr daher untersagt.
Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall eines Autofahrers, der während der Fahrt in der rechten Hand einen Palm-Organizer hielt und hierin gespeicherte Daten betrachtete. Dabei wurde er von einer Polizeistreife beobachtet und mit einem Bußgeldbescheid in Höhe von 40 Euro bedacht.
Das OLG bestätigte nun den Bußgeldbescheid. Bei dem mit Mobiltelefonfunktion und Mobilfunkkarte versehenen Palm-Organizer handele es sich nach Ansicht der Richter um ein „Mobiltelefon“ im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Gemessen am allgemeinen Sprachgebrauch und Sprachverständnis falle ein solches Gerät durchaus unter den Begriff des Mobiltelefons. Es sei zudem nach Ausstattung, Funktion und Zweck zum Führen von Telefonaten geeignet und bestimmt. Dass das Gerät auch über weitere Funktionen verfüge, lasse hingegen dessen Eigenschaft als Mobiltelefon nicht entfallen. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Betroffene das Gerät mittels einer „Twin-Card“ betreibe, die es ihm ermögliche, wahlweise über ein weiteres Mobiltelefon Telefonate zu führen oder entgegenzunehmen. Auch die Tatsache, dass der Betroffene zum Zeitpunkt der Fahrt das von ihm in der Hand gehaltene und bediente Gerät nicht zum Telefonieren, sondern bei deaktivierter Mobilfunkkarte zum Abfragen des Datenspeichers benutzt habe, führe zu keiner anderen rechtlichen Einstufung des Geräts. Denn dieses sei aufgrund der eingeführten Mobilfunkkarte auch als Mobiltelefon verwendbar gewesen, auch wenn weitere Bedienungsschritte erforderlich gewesen wären (OLG Karlsruhe, 3 Ss 219/05).
Mietwagenkosten: Geschädigter muss seine Informationspflicht erfüllen
Der bei einem Verkehrsunfall Geschädigte darf nicht einfach ohne jede Nachfrage einen Leihwagen anmieten. Er muss sich vielmehr vorher informieren, ob der Mietpreis angemessen ist, und ob an anderer Stelle ein Leihfahrzeug günstiger gemietet werden kann. Dieser Informationspflicht kommt er ausreichend nach, wenn er sich von seinem Autovermieter Preislisten anderer Vermieter vorlegen lässt, und die Preise seines Vermieters nach seiner Feststellung üblich und angemessen sind.
Mit dieser Entscheidung zog das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) eine Grenze zugunsten des Unfallgeschädigten. Dieser hatte nach einem Unfall bei einem regionalen mittelständischen Autovermieter ein Fahrzeug zum Unfallersatz-Pauschaltarif gemietet. Ihm war eine Preisliste anderer Autovermieter vorgelegt worden. Verglichen damit hielt er die Preise seines Vermieters für üblich und angemessen. Damit habe er nach Ansicht der Richter alles Notwendige getan, um seiner Schadenminderungspflicht nachzukommen. Weitere Anforderungen an den Geschädigten seien überzogen. Er habe hier seine Informationspflicht erfüllt. Als Ergebnis seiner Nachforschungen konnte er darauf vertrauen, dass ihm eine Anmietung zu einem günstigeren „Normaltarif“ nicht zugänglich gewesen sei (OLG Thüringen, 4 U 61/06).
Schadenersatzprozess: Staat haftet bei unbefugter Benutzung eines Polizeifahrzeugs mit
Lassen Polizeibeamte den Streifenwagen unverschlossen am Einsatzort stehen und den Zündschlüssel im Zündschloss stecken, begründet dies ein Mitverschulden beim anschließenden Diebstahl des Fahrzeugs.
Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle sollte allen Polizeibeamten als Warnung dienen. Im vorliegenden Fall waren die Beamten wegen einer Sachbeschädigung zu einer Vereinsfeierlichkeit gerufen worden. Ein angetrunkener Gast der Feier war daraufhin in den unverschlossenen Streifenwagen gestiegen. Da der Schlüssel noch steckte, hatte er das Fahrzeug gestartet und zu einer Spritztour genutzt. Diese endete recht schnell an einer Häuserwand; der Streifenwagen hatte nur noch Schrottwert.
Das OLG sprach dem Land einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 80 Prozent des entstandenen Schadens zu, die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Nach Ansicht der Richter hafte der „Entführer“ für den von ihm verursachten Schaden nämlich nicht vollständig allein. Vielmehr müsse sich das klagende Land ein Mitverschulden zurechnen lassen, weil die Polizisten den Streifenwagen unverschlossen und mit dem Zündschlüssel im Zündschloss hatten stehen lassen. Sie hätten damit gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, nach der der Fahrer das Fahrzeug beim Verlassen gegen unbefugte Benutzung sichern müsse. Von dieser Verpflichtung seien sie vorliegend auch nicht befreit gewesen. Das Nichteinhalten der allgemeinen Verkehrsregeln sei nur ausnahmsweise zulässig, wenn es zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten sei. Diese Voraussetzung habe im vorliegenden Fall aber nicht vorgelegen. Die Polizeibeamten seien lediglich zur Aufklärung einer Sachbeschädigung gerufen worden. Eine besondere Eile habe dabei nicht bestanden (OLG Celle, 14 U 205/05).
Steuerrecht
Aufbewahrung privater Unterlagen: Abhängig von steuerlicher Relevanz
Für Privatbelege, die beispielsweise im Zusammenhang mit Mieteinnahmen, Werbungskosten oder Sonderausgaben anfallen, besteht keine generelle Aufbewahrungspflicht. Die Belege werden lediglich für die entsprechende Veranlagung benötigt. Nach Rückgabe durch das Finanzamt müssen diese Belege regelmäßig nicht mehr bereit gehalten werden. Dies gilt auch, wenn Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen. Eine Ausnahme besteht hier nur, wenn der Steuerpflichtige darauf hingewiesen wird, dass es im Hinblick auf ein späteres Verfahren in seinem Interesse ist, die Belege aufzubewahren.
Auch bei der Abgabe der Steuererklärung mittels ELSTER besteht eine Besonderheit. Hier werden die Betroffenen bereits durch einen Hinweis in der Anlage zu der „elektronischen Steuererklärung“ darauf aufmerksam gemacht, dass Belege bis zum Eintritt der Bestandskraft bzw. bis zur Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung aufzubewahren sind.
Eine weitere Besonderheit besteht für Empfänger von Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück. Das betrifft Umsätze, die sich z.B. auf die Bebauung, Verwertung, Unterhaltung, Veräußerung oder den Erwerb selbst beziehen. Auch hier sind Privatpersonen generell verpflichtet, Rechnungen, Zahlungsbelege (Kontoauszüge, Quittungen) oder andere beweiskräftige Unterlagen (Bauverträge, Abnahmeprotokolle) zwei Jahre lang in lesbarer Form aufzubewahren. Der Fristlauf beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Eine Verpflichtung zur Aufbewahrung besteht in diesen Fällen auch dann, wenn der leistende Unternehmer darauf nicht hingewiesen hat.
Betroffen sind dabei neben herkömmlichen Bauleistungen auch Reparatur-, Instandhaltungs-, Wartungs- und Malerarbeiten, die Vermietung von Containern, Entsorgung und Gerüstbau, die Reinigung von Räumen und Flächen und Beurkundungen durch Notare sowie die Vermittlung von Maklern und Leistungen von Architekten und Gärtnern. Ausgenommen sind allerdings der Kauf im Baumarkt, Rechts- und Steuerberatung in Grundstücksangelegenheiten sowie werbliche Maßnahmen.
Aufbewahrung betrieblicher Unterlagen: Mögliche Vernichtung ab 1.1.2007
Nach handels- und steuerrechtlichen Vorschriften müssen Kaufleute bzw. Unternehmer Geschäftsunterlagen sechs bzw. zehn Jahre lang geordnet aufbewahren. Der Fristlauf beginnt jeweils mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem beispielsweise die letzte Eintragung in Geschäftsbücher gemacht, der Abschluss festgestellt, das Inventar aufgestellt oder Handels- und Geschäftsbriefe empfangen bzw. abgesandt worden sind. Das Handelsgesetzbuch sieht allerdings eine Erleichterung vor. Demnach können alle Unterlagen – mit Ausnahme von Jahresabschluss, Eröffnungsbilanz und Zollanmeldung – auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn gewährleistet ist, dass:
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dies den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht und
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sowohl die Daten mit den Unterlagen übereinstimmen als auch
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die Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind.
Die Aufbewahrungsvorschriften gelten für Kaufleute und für alle, die nach Steuer- oder anderen Gesetzen zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet sind, soweit diese für die Besteuerung von Bedeutung sind. Nachstehend aufgeführte schriftlich und elektronisch erstellte Geschäftsunterlagen können ab dem 1.1.2007 vernichtet werden:
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Aufzeichnungen aus 1996 und früher, wie z.B. Anlagevermögenskarteien, Bewertungs- und Bewirtungsunterlagen oder Kassenberichte,
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Geschäftsbücher mit letzter Eintragung in 1996 oder früher,
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Jahres-, Konzern-, Zwischenabschlüsse, Eröffnungs-, Handelsbilanzen, Lageberichte und Inventare sowie Jahresabschlusserläuterungen, die 1996 oder früher aufgestellt wurden. Hierzu zählen auch die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
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Buchungsbelege wie Rechnungen, Lieferscheine, Kantinenunterlagen (soweit Buchungsbelege), Kostenträgerrechnungen oder Kontoauszüge aus 1996 oder früher,
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Änderungsnachweise und Arbeitsanweisungen der EDV-Buchführung (soweit zum Verständnis der Buchführung erforderlich), die 1996 oder früher erstellt wurden,
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Kopien der Ausgangsrechnungen und die Originale der Eingangsrechnungen bei Zugang bis Ende 1996 gemäß den gesetzlichen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes,
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Lohnkonten gemäß den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften und die in diesem Zusammenhang aufzubewahrenden Belege mit Eintragungen aus 2000 und früher,
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Lohnunterlagen für die Sozialversicherung bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Jahres,
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erhaltene Handels- oder Geschäftsbriefe im Original und versendete in Kopie, die im Jahr 2000 oder früher empfangen bzw. abgesandt wurden,
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sonstige für die Besteuerung bedeutsame Belege wie Ein- und Ausfuhrlieferunterlagen, Geschenknachweise, Mahnvorgänge sowie Handelsregisterauszüge aus 2000 oder früher.
Betriebsinterne Aufzeichnungen wie Kalender oder Fahrberichte sind nicht aufbewahrungspflichtig. Der Zeitpunkt der Vernichtung richtet sich daher nach der innerbetrieblichen Notwendigkeit.
Hinweis: Vor der Entsorgung ist jedoch in jedem Fall zu beachten, dass die Aufbewahrungsfrist nicht abläuft, soweit und solange die Unterlagen für noch nicht verjährte Steuerfestsetzungen von Bedeutung sind. Das gilt etwa dann, wenn die Unterlagen noch benötigt werden könnten für eine begonnene Außenprüfung, für eine vorläufige Steuerfestsetzung, für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen, für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfverfahren oder zur Begründung von Anträgen, die an das Finanzamt gerichtet sind.
Pauschalierung der Lohnsteuer: Erhebung der Kirchensteuer ab 2007 neu
Die Finanzverwaltung hat die Erhebung der Kirchensteuer für ab 2007 gezahlte Arbeitslöhne und sonstige Bezüge neu geregelt. Davon betroffen sind die Lohnsteuerpauschalierung in besonderen Fällen, die Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte sowie bei bestimmten Zukunftssicherungsleistungen. Hier hat der Arbeitgeber für die Ermittlung der Kirchensteuer die Wahl zwischen einem vereinfachten Verfahren und einem Nachweisverfahren. Die Wahl hat er sowohl für jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum als auch für die jeweils angewandte Pauschalierungsvorschrift und darüber hinaus für die in den einzelnen Vorschriften aufgeführten Pauschalierungstatbestände:
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Vereinfachungsregelung
Bei der Vereinfachungsregelung hat der Arbeitgeber in allen Fällen der Pauschalierung für sämtliche Arbeitnehmer Kirchensteuer zu entrichten. Dabei ist ein ermäßigter Steuersatz anzuwenden, da davon auszugehen ist, dass nicht alle Arbeitnehmer Angehörige einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft sind. Diese Beträge sind in der Lohnsteueranmeldung bei der Kennzahl 47 gesondert anzugeben. -
Nachweisverfahren
Bei dem Nachweisverfahren kann der Arbeitgeber insoweit von der Entrichtung der auf die pauschale Lohnsteuer entfallenden Kirchensteuer absehen, als er nachweisen kann, dass einzelne Arbeitnehmer keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehören. Für die Übrigen gilt dann der allgemeine Kirchensteuersatz. Diese Nichtzugehörigkeit ist durch die dem Arbeitgeber vorzulegende Lohnsteuerkarte nachzuweisen; bei kurzfristiger Beschäftigung reicht eine Erklärung nach einem amtlichen Verwaltungsmuster. Diese Unterlagen des Arbeitnehmers sind vom Arbeitgeber als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren.
Hinweis: Aus Vereinfachungsgründen darf auch die gesamte pauschale Lohnsteuer im Verhältnis der kirchensteuerpflichtigen zu den kirchensteuerbefreiten Arbeitnehmern aufgeteilt werden. Der auf die kirchensteuerpflichtigen Mitarbeiter entfallende Anteil ist dann die Bemessungsgrundlage für den allgemeinen Kirchensteuersatz (Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass).
Kein geldwerter Vorteil: Parkplatzgestellung durch den Arbeitgeber
Stellt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unentgeltlich Parkplätze zur Verfügung, handelt es sich auch weiterhin nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Die Finanzverwaltung reagiert damit auf die Entscheidung des Finanzgerichts Köln aus dem Jahr 2006. Das Finanzgericht war dort von einer grundsätzlichen Lohnsteuerpflicht ausgegangen. Diese Ansicht teilt das Finanzministerium ausdrücklich nicht und hält an der bisherigen lohnsteuerlichen Behandlung fest. Damit bleibt es bei einer generellen Nichtbesteuerung (FinMin Nordrhein-Westfalen, S 2334 – 61 – V B 3).
Bauabzugssteuer: Vergessene Pflichten sind auch weiterhin zu beachten
Bereits seit 2002 bestehen hinsichtlich des Steuerabzugs für Vergütungen von im Inland erbrachten Bauleistungen gesetzliche Verpflichtungen (Bauabzugsteuer), die bei vielen Unternehmern zunehmend in Vergessenheit geraten sind. Das kann sich aktuell negativ auswirken, da viele der maximal drei Jahre gültigen Freistellungsbescheinigungen zum Ende des Jahres 2006 ausgelaufen sind. Unternehmerisch tätige Empfänger von Bauleistungen können damit wieder zum Steuereinbehalt verpflichtet sein. D.h., Betroffene haben grundsätzlich vom Bruttoentgelt einer entsprechenden Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmers einen Steuerabzug in Höhe von 15 Prozent vorzunehmen.
Zu den betroffenen Unternehmern als Empfänger von Bauleistungen zählen auch bereits private Vermieter von mehr als zwei Wohnungen. Die Abzugsverpflichtung betrifft nur den unternehmerischen Bereich des Auftraggebers und somit nicht die Privatwohnung, sofern diese nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet ist. Bei nicht ordnungsgemäßer Durchführung haftet der Leistungsempfänger für den nicht abgeführten Betrag. Dies gilt unabhängig von einem Verschulden, wenn keine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat. Von dieser Pflicht wird man nur dann befreit, wenn:
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der leistende Unternehmer eine im Zeitpunkt der Bezahlung gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt oder
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der Bruttobetrag der Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht über 5.000 EUR je Werkunternehmer bzw.
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nicht über 15.000 EUR je Werkunternehmer liegt, wenn der Leistungsempfänger ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt.
Hinweis: Zu beachten ist, dass die Freistellungsbescheinigung in der Regel erst der Rechnung beiliegt, sodass es bei der Auftragsvergabe noch unklar sein kann, ob später die Bauabzugsteuer einzubehalten ist. Von der Bauabzugsteuer sind Leistungen betroffen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das betrifft etwa den Einbau von Fenstern, Türen, Bodenbelägen, Heizungsanlagen oder Ladeneinbauten. Planerische Leistungen von Statikern, Architekten oder Ingenieuren bleiben genauso außen vor wie Reinigungs- oder Wartungsarbeiten. Das gilt auch für die Materiallieferung und die Gestellung von Geräten, Containern und Gerüsten sowie Bepflanzungen mit Ausnahme einer Dachbegrünung. Die Bauabzugsteuer ist grundsätzlich an das Betriebstättenfinanzamt des leistenden Unternehmers anzumelden und abzuführen, spätestens zehn Tage nach Ablauf des Zahlungsmonats. Stammt der leistende Unternehmer aus dem Ausland, ist je nach Herkunftsstaat ein anderes Finanzamt bundesweit zentral zuständig. Eine aktuelle Aufstellung hierzu hat die Oberfinanzdirektion Hannover veröffentlicht (OFD Hannover, S 0123 – 3 – StO 142).
Wirtschaftsrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Bundestag beschließt Sicherung der Altersvorsorge Selbstständiger
Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge abschließend beraten. Künftig soll die Altersvorsorge Selbstständiger in gleicher Weise vor dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger geschützt sein wie der Rentenanspruch abhängig Beschäftigter. So sollen selbstständige Unternehmer besser abgesichert werden.
Ausgangslage
Einkünfte Selbstständiger genießen bislang keinen Pfändungsschutz. Sie unterfallen unbeschränkt, also selbst wenn sie ausschließlich
der Alterssicherung dienen, der Einzel- oder Gesamtvollstreckung. In Einzelfällen kann dies dazu führen, dass Personen ihre
gesamte Alterssicherung verlieren und im Alter auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Das Gesetz sichert damit nicht
nur das Existenzminimum Selbstständiger im Alter, sondern entlastet auch den Staat von Sozialleistungen.
Empfänger von Leistungen aus einer gesetzlichen oder betrieblichen Rentenversicherung sind diesem Risiko nicht ausgesetzt. Ihnen verbleiben die Rentenansprüche aus der Rentenversicherung, die nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können.
Neuregelung
In einem ersten Schritt sollen insbesondere die am weitesten verbreiteten Formen der Alterssicherung Selbstständiger, die
Lebensversicherung und die private Rentenversicherung, gegen einen schrankenlosen Vollstreckungszugriff abgesichert werden.
Das Gesetz ist aber offen genug formuliert, um auch andere Geldanlagen abzudecken, die der Altersvorsorge gewidmet sind.
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Schutzumfang
Die Rentenzahlungen, die auf solche Versicherungen erbracht werden, sollen in gleicher Weise geschützt werden wie die aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies setzt einen zweifachen Pfändungsschutz voraus. Zum einen sind die nach Eintritt des Versicherungsfalls von dem Versicherungsgeber zu zahlenden Renten in gleicher Weise zu schützen wie Renten aus einer gesetzlichen Rentenversicherung. Um den Menschen den Aufbau einer solchen Alterssicherung überhaupt erst zu ermöglichen, ist es zum anderen geboten, auch das anzusparende Vorsorgekapital einem Pfändungsschutz zu unterstellen. -
Verhinderung von Missbrauch
Um zu verhindern, dass Vermögenswerte missbräuchlich dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden, ist der Pfändungsschutz auf solches Vorsorgekapital beschränkt, das von dem Berechtigten unwiderruflich in seine Altersvorsorge eingezahlt wurde. Die Leistungen aus dem angesparten Kapital dürfen erst mit Eintritt des Rentenfalls oder im Fall der Berufsunfähigkeit ausschließlich als lebenslange Rente erbracht werden. Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer unwiderruflich darauf zu verzichten, über seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen. Außer für den Todesfall darf kein Kapitalwahlrecht vereinbart sein. Nach einer im Gesetzgebungsverfahren vorgenommenen Ergänzung werden auch Hinterbliebene in den Schutzumfang einbezogen. -
Progressive Ausgestaltung des Vorsorgekapitals
Die Höhe des pfändungsgeschützten Vorsorgekapitals ist strikt limitiert und vom Lebensalter des Berechtigten abhängig. Geschützt wird nur ein Kapitalstock, aus dem im Fall einer regelmäßigen Beitragszahlung mit Vollendung des 65. Lebensjahrs eine Rente erwirtschaftet werden kann, die in etwa der Pfändungsfreigrenze entspricht. Die Staffelbeträge, die jährlich unpfändbar angelegt werden können, reichen von 2000 EUR bei einem 18-jährigen bis zu 9000 EUR bei einem über 60-jährigen. Grund für die Staffelung ist, dass lebensjüngeren Menschen mehr Zeit verbleibt, um ihre Altersvorsorge aufzubauen. In den Pfändungsschutz werden auch die Renten aus steuerlich geförderten Altersvorsorgevermögen einbezogen.
Einzelhändler: Keine Haftung für explodierte Limonadenflasche
Kommt es zur Explosion einer Limonadenflasche, weil sie in einem Verbrauchermarkt trotz sommerlicher Temperaturen nicht kühl gelagert wurde, muss der Einzelhändler dem verletzten Kunden keinen Schadenersatz leisten.
Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Kunden, der durch eine solche explodierende Flasche erheblich verletzt worden war. Der BGH machte deutlich, dass eine durch Klimatisierung herbeigeführte künstliche Kühlung vom Einzelhändler nicht verlangt werden könne. Zwar sei derjenige, der eine Gefahrenlage schaffe, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Allerdings könne eine absolute Sicherheit im praktischen Leben nicht erreicht werden. Haftungsbegründend werde eine Gefahr deshalb erst, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergebe, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden könnten. Auch dann seien jedoch nur solche Sicherheitsvorkehrungen erforderlich, die dem Verkehrssicherungspflichtigen den Umständen nach zuzumuten seien. Nach diesen Grundsätzen sei ein Einzelhändler nicht verpflichtet, seine Verkaufsräume zu kühlen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen habe die Explosion der Flasche im Wesentlichen auf vorhandenen Mikrorissen beruht. Dieses Risiko habe der Gesetzgeber dem Hersteller zugewiesen, der dafür regelmäßig nach dem Produkthaftungsgesetz hafte. Auch würde sich bei einer Kühlung von Verkaufsräumen das Risiko nicht so erheblich verringern, dass dies den erforderlichen Aufwand für die Kühlung rechtfertigen könne. Im Übrigen würde die Kühlung für die Verbraucher ihrerseits Explosionsrisiken mit sich bringen, etwa beim Verbringen in ein warmes Fahrzeug oder Berühren mit warmer Hand (BGH, VI ZR 223/05).
Wettbewerbsrecht: Werbung mit prozentualem Abschlag von „Mondpreis“ ist irreführende Werbung
Es ist irreführend und damit wettbewerbswidrig, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, wenn dieser zuvor nicht verlangt worden ist.
Das musste sich ein Unterhaltselektronik-Markt sagen lassen, der mit dem Slogan geworben hatte: „Heute zahlt Deutschland keine MWSt – Alle Produkte dadurch 16 Prozent billiger!“ Ein Wettbewerber hat daraufhin Klage erhoben und geltend gemacht, die Werbung sei irreführend und damit unzulässig. Bei einigen Produkten sei nicht der versprochene Preisnachlass in Höhe von 16 Prozent gewährt worden. Der Wettbewerber hat dazu anhand von fünf konkreten Produkten dargelegt, dass diese in den Tagen vor der Aktion zu bestimmten Preisen beworben und verkauft wurden. Als Ausgangspreis für den Abzug von 16 Prozent seien dagegen höhere Preise zugrunde gelegt worden. So sei etwa ein Fernsehgerät in einer Werbebeilage zu einem Preis von 547 EUR angeboten worden, während bei der Berechnung des Rabatts nicht dieser Preis, sondern ein höherer Ausgangspreis von 599 EUR zugrunde gelegt worden sei.
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe schrieb dem Markt-Betreiber ins Stammbuch, dass es irreführend sei, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, wenn dieser zuvor nicht verlangt worden sei. Nachdem hier unmittelbar zuvor niedrigere Preise verlangt worden waren, sei es Sache des Markt-Betreibers darzulegen, dass er ansonsten höhere Preise für diese Produkte verlangt habe. Nachdem der Markt-Betreiber hierzu trotz gerichtlichem Hinweis nichts vorgetragen habe, seien die unmittelbar vor der Aktion geforderten Preise zugrunde zu legen. Allein die Behauptung, es habe sich dabei um Sonderangebote gehandelt, sei nicht ausreichend. Danach habe sich ergeben, dass der gewährte Preisnachlass nicht, wie angekündigt, bei 16 Prozent lag, sondern deutlich niedriger, etwa bei dem Fernseher nur 8 Prozent betrug. Damit habe sich die Werbung, mit der ein Preisnachlass von 16 Prozent auf sämtliche Produkte versprochen worden war, als unzutreffend und irreführend erwiesen (OLG Karlsruhe, 6 U 227/05).
Betriebsaufspaltung: Zu den Betriebsgrundlagen einer Gütergemeinschaft
Eine Betriebsaufspaltung ist gegeben, wenn ein Unternehmen von einem anderen Unternehmen ein Wirtschaftsgut mietet oder pachtet und die beiden Unternehmen sachlich und personell miteinander verflochten sind. So liegt sie regelmäßig vor, wenn ein bisher einheitliches Unternehmen in zwei rechtlich selbstständige Unternehmen aufgespaltet wird. Sie entsteht etwa durch die Übertragung eines Teils des Betriebsvermögens auf eine Betriebsgesellschaft, wohingegen die wesentlichen Betriebsgrundlagen, wie z.B. Unternehmensgrundstücke, bei der bisherigen Gesellschaft verbleiben, die nunmehr als Besitzgesellschaft fungiert. Diese vermietet z.B. die Grundstücke zukünftig an die Betriebsgesellschaft. Üblicherweise besteht eine Betriebsaufspaltung aus einem Besitzunternehmen (Vermieter oder Verpächter) in der Form einer Personengesellschaft und einem Betriebsunternehmen (Mieter oder Pächter) in der Form einer Kapitalgesellschaft.
Überlassen in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten zum Gesamtgut gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen (hier: Grundstücke) an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), liegen die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung bereits vor, auch wenn nur ein Partner an der GmbH beteiligt ist. Das ist immer dann der Fall, wenn die Gesellschaftsbeteiligung ebenfalls zum Gesamtgut gehört. Denn in diesem Fall liegt eine personelle Verflechtung vor, weil Beteiligungsidentität an Besitz- und Betriebsunternehmen besteht. Sowohl das Grundstück als auch die GmbH-Anteile gehören zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft, auch wenn die Beteiligung nur von einem Ehegatten erworben wurde. Das hat zur Folge, dass die Überlassung der Grundstücke an die GmbH zu gewerblichen Einkünften führt.
Hinweis: Ausgeschlossen davon sind aber zum Vorbehalts- oder Sondergut gehörende Gegenstände (BFH, IV R 22/02).
Keine steuerpflichtige Veräußerung: Kündigung einer stillen Gesellschaft
Die Rechte und Pflichten eines typisch stillen Gesellschafters beschränken sich ausschließlich auf das Innenverhältnis. Er nimmt am Verlust der Gesellschaft regelmäßig nur bis zur Höhe seiner Einlage teil oder aber ist ganz von der Verlustbeteiligung ausgeschlossen. Erhält ein typisch stiller Gesellschafter nun anlässlich seiner Kündigung ein Auseinandersetzungsguthaben, liegt keine entgeltliche Veräußerung vor. Nach Ansicht des Bundsfinanzhofs erhält der stille Gesellschafter nach der Kündigung im Gegenzug lediglich sein Guthaben in Geld zurück. Dadurch erhält er nicht mehr, als es seiner Beteiligung entspricht. Eine Besteuerung des Unterschieds zwischen Anschaffungspreis und zurückgezahltem Kapital als Gewinn aus einem Veräußerungsgeschäft erfolgt demnach nicht.
Die durch Kündigung bedingte Auflösung der stillen Gesellschaft führt zu einer Auseinandersetzung zwischen Inhaber und stillem Teilhaber. Dabei wird das Guthaben des stillen Gesellschafters berichtigt. Dieses Guthaben entsteht aber nicht erst mit der Auflösung der Gesellschaft, sondern existiert bereits – ausgedrückt durch das Einlagenkonto – während des Bestehens der Gesellschaft. Somit erhält der stille Gesellschafter nur etwas, was ihm schon vor der Auseinandersetzung wirtschaftlich zuzuordnen war. Seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit steigert sich mit der Auszahlung des Guthabens nicht.
Hinweis: Erhält der stille Gesellschafter jedoch eine die Einlage übersteigende Abfindung, handelt es sich insoweit um einen Gewinnanteil als Nutzungsentgelt, der als steuerpflichtige Kapitaleinnahme zu erfassen ist (BFH, IX R 7/04).
Förderprogramme: Schnell und einfach mit der Bundes-Förderdatenbank
Die neue Förderdatenbank des Bundes im Internet präsentiert sich seit Ende des Jahres 2006 mit erweiterten Suchmöglichkeiten und zusätzlichen Inhalten. Es stehen dort detaillierte Informationen über mehr als 1.000 Förderprogramme von Bund, Ländern und Europäischer Union zum Abruf bereit. Das erweiterte Angebot umfasst u.a. einen Förderassistenten, der interessierte Gründer und Unternehmer Schritt für Schritt zum passenden Förderangebot führt.
Mit der Förderdatenbank gibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie einen vollständigen und aktuellen Überblick über die Förderprogramme. Im Mittelpunkt stehen Finanzhilfen für Existenzgründer sowie für kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Dabei werden auch die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Programmen aufgezeigt, die für eine effiziente Nutzung der staatlichen Förderung von Bedeutung sind.
Hinweis: Die Förderdatenbank richtet sich gleichermaßen an Nutzer ohne Vorkenntnisse wie an Kenner der Wirtschaftsförderung.
Abschließende Hinweise
Verzugszinsen
Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 30. Juni 2007 beträgt 2,7 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
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für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 7,7 Prozent
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für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 5,2 Prozent
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für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 10,7 Prozent
Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:
- vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
- vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
- vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
- vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
- vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
- vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
- vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
- vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
- vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
- vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
- vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
- vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
- vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent
Steuertermine im Monat Februar 2007
Im Monat Februar 2007 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:
Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer – mittels Barzahlung – bis Monatag, den 12. Februar 2007 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Freitag, den 9. Februar 2007.
Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer – mittels Barzahlung – bis Montag, den 12. Februar 2007 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Freitag, den 9. Februar 2007.
Gewerbesteuerzahler: Zahlung – mittels Barzahlung – bis Donnerstag, den 15. Februar 2007 und – mittels Zahlung per Scheck – bis Montag, den 12. Februar 2007.
Grundsteuerzahler: Zahlung – mittels Barzahlung – bis Donnerstag, den 15. Februar 2007 und -mittels Zahlung per Scheck – bis Montag, den 12. Februar 2007.
Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend nach dem vierteljährigen Zahlungsgrundsatz gemäß § 28 Abs. 2 GrStG verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal am Mittwoch, den 15. August 2007 bzw. am Donnerstag, den 16. August 2007 und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am Donnerstag, den 15. Februar 2007 und grundsätzlich am Mittwoch, den 15. August 2007 bzw. am Donnerstag, den 16. August 2007 zu zahlen sind. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch jeweils am 1. Juli in einem Jahresbetrag entrichtet werden.
Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am Donnerstag, den 15. Februar 2007 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am Montag, den 19. Februar 2007 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!